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etiva anderthalb Jahrzehnten aus dem Verbande der Comédie fünstlich die höchsten Erwartungen erregt hatte. Frau Bouchetat française ausgetreten, als Wandernder fast die ganze Welt durch- sprach die Rolle der Baronin Baubert mit vieler Verve, doch ohne streift hat, ist jetzt zum erstenmal nach Berlin gekommen. besonderen Reiz des Mienenspiels.

Sollte er sich darum so lange gesträubt haben, weil er fürchtete, man möchte in Deutschland ihn als den Vertreter national französischer Kunst mit chauvinistischem Mißtrauen empfangen? Das scheint kaum denkbar. So schlimm es auch in Sachen des Chauvinismus bei uns bestellt sein mag, soweit, daß solche Regungen die Freude au fremder Kunst und die Empfänglichkeit für sie zu trüben vermöchten, ist es denn doch noch nicht gekommen. Der festliche Empfang, der ihm bei der Eröffnung seines Gastspiels von dem dichtgedrängten Hause beantwortet wurde, wird ihm wenn das notwendig war jeden Zweifel benommen haben.

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Den Abschluß bildeten zwei Coquelinsche Monologe": ein fleiner, die Sprachverlegenheiten des Ausländers persiflirender Scherz und ein effektvolles Deklamationsstück, die Erzählung eines Schiffbrüchigen. Die Geschichte hätte nicht malerischer, nicht lebendiger vorgetragen werden können. Aber es waren zu viel der Effekte. Zumal nach der Sandeauschen Komödie hatte man Hunger nach etwas Substantiellerem, nach Seelentiefen und einfacher Natur. -dt.

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Aus dem Tierreiche.

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Leuchtende Tausendfüßler kommen auch in Schade mur, daß das Stück, mit welchem Coquelin begann, selbst Europa vor, wenigstens hat ein Mitarbeiter der Nature" in Süd­so weit hinter der feinen Charakterkunst, die der große Schauspieler England ein solches Tier beobachtet. Er sah eines Abends muter in ihm entwickelte, zurückblieb. Es ist ein Intriguenspiel im alten der Thür seines Hauses in Kies ein Licht von glänzender grünlich­Scribefchen Geschmack, in welchem die Personen wie Schachfiguren blauer Färbung. Es bewegte sich vorwärts und ließ einen Licht­hin und her geschoben werden. Nur eine Rolle, die des Herrn schweif hinter sich, der sich allmählich in verstreute, leuchtende Seiglière, macht beim Lesen auch heute noch einen lebendigeren Punkte auflöſte. Das bleibende Licht hatte die Form eines faden­Eindruck. Sie erinnert in ihrer Tendenz an Bérangers berühmtes artigen Körpers. Der Beobachter zündete ein Streichholz an und Spottlied auf die unverschämte aristokratische Emigrantenfippe, stellte nun fest, daß die zerstreuten Lichtpunkte im Gefolge des die, als Napoleon gestürzt war, nach Frankreich zurückströmte, um leuchtenden Körpers etwa ein Dugend roter Ameisen waren, und hier all' ihre verstaubten, durch die große Revolution längst dieser selbst eine Erdassel, die von jenen verfolgt wurde. Der kleine annullierten Rechtsansprüche wieder geltend zu machen: Hut ab, Tausendfüßler mußte wohl eine leuchtende Flüssigkeit ausgesondert der Herr Marquis von Carabas!" Die Arroganz, die Groß- und auf seine Feinde übertragen haben. Das Tier wurde aufe sprecherei, der Leichtsinn, die Unwissenheit, die bornierte Selbst: genommen und in ein Glas gejezt, 100 es zu leuchten sucht diefer fossilen Herrschaften ist in dem Typus des Marquis fortfuhr. Als sein Beobachter es zufällig aufaßte, Seiglière Sandeau sehr pikant und Inftig farifiert. Durch eine auf der Flucht zurück zu halten, fühlte er pröglich cin wie den Fingern, Schenkung ist der Herr in das Schloß seiner Väter" wieder ein- heftiges Prickeln etiva bei der gesezt. Da erscheint der totgeglaubte Sohn des früheren Besitzers, Berührung mit einem schwachen elektrischen Strom entsteht, so day Der unter Napoleons Fahnen gefochten, um das zu Umrecht verschenkte er die Hand hastig zurückzog. Er rief dann einen Freund, um feft­Gut zurückzufordern. Und nun beginnt ein ausgeflügeltes Intriguen zustellen, daß dieser ganz dieselbe Empfindung bei der Berührung spiel. Die Sache des jungen Mannes wird von dem pfiffigen Ad- des Tausendfüßlers hatte. Der Leuchtstoff schien in einzelnen blan vokaten Destournelles, die des alten Barons von der Marquise Vaubert grünen Bligen aus dem Tierförper hervorzugehen. Bald hörte vertreten, einer Dame, die spekulativen Sinnes die Verlobung übrigens die Erscheinung auf, da die Erdassel wahricheinlich im ihres Sohnes mit der Tochter des Barons eingefädelt hat. So Kampf gegen die Ameisen ihre Leuchtkraft bereits erschöpft hatte. Es egoistisch berechnend die Alten, so überschwenglich delikat und groß- muß wohl angenommen werden, daß diese Ausscheidung auch eine mütig sind die Jungen. Der von den Schlachtfeldern Rußlands giftige Eigenschaft besitzt, vermöge derer sich das kleine Tier gegen zurückgekehrte Störenfried verliebt sich in die Tochter des Barons, seine Feinde zu schügen sucht. die von seinen Ansprüchen an den Herrensiz der Seiglières nichts ahnt. Doch da das Fräulein einem andren schon versprochen ist, und da er keinen Adelstitel ihr zu bieten hat, wagt es der kühne Strieger nicht, an Gegenliebe zu denken. Er will Abschied nehmen und schweigend auf sein Recht verzichten. Herr Destournelles der für alte Bosheiten der Barouin wie des Herrn von Seigelière noch Revauche zu nehmen bat, veiß aber die Entsagungspläne seines Klienten zu freuzen. Er spielt Vorsehung für die jungen Leute, führt eine Liebeserklärung herbei, und versteht es, indem er eine früher is a Volkslied!" in dem Prozesse ihm ertheilte Vollmacht ausnutt, den windigen Baron so zu erschrecken, daß diefer in die schreckliche Mesalliance zu willigen bereit ist. Eine Reihe neuer Großmutsausbrüche unter den jungen Leuten, der Liebhaber, die Tochter des Varons, und ihr Berlobter wetteiferu gradezu darin stellt alles wieder in Frage. Steiner will etwas von dem andren annehmen. Doch schließlich triumphiert Herr Destournelles auch über diese Hindernisse. Die Die, Elf Scharfrichter" sind von der Münchenes Intrigue der Baronin wird zerrissen, Bernhard bekommt seine Helene Polizei für eine öffentliche Bühne erklärt worden; sämtliche und der Marquis von Seiglière fann als glücklicher Schwiegervater zum Vortrag kommenden Scenen und Lieder müssen fortan der bis ans Ende seiner Tage das Schloß seiner Väter" zieren. Censur vorgelegt werden. Coquelin als Advokat, entschädigte für die vielen toten Stellen-Seine kleine", eine große Verliner Ausstattungsposse, des Stückes. Die kleine Rolle wurde mit wahrer Meisterschaft ge- wird am Sonnabend im Thalia Theater zum erstenmale spielt. So oft man seine kurze elastische Gestalt mit den dünnen, in gegeben. schwarzen Advokatenstrümpfen steckenden Beinen und dem mächtigen, Weingartners neue Oper Orestes " wird Mitte bei aller Häßlichkeit jo ausdrucksvollem Stopfe auf der Bühne fah, Februar im Leipziger Stadttheater die Erstaufführung bekam alles Spannung und Leben. Jede Geberde, jedes Lächeln, jede erleben. Neigung des Kopfes, Toufall, Selang und Tempo der Nede, alles Das Glück ", eine Märchenoper von Rudolf zeigte von der absoluten Sicherheit, von dem klaren Verstande, mit v. Prochaska, fand bei der Erstaufführung im Düsseldorfer welcher der Künstler seine Mittel beherrscht. Wie ein Fechter mit Stadttheater eine freundliche Aufnahme.

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der geschmeidigen stlinge, ſo ſpielte viejer Advotat sedie mit der Waffe des Wortes. Es gab da nichts, was eindringlicher zum Herzen hätte sprechen können. Die Nolle selbst schließt jeden tieferen Naturlaut aus. Die Bewunderung war Bewunderung des Verstandes, aber als solche echt und aufrichtig. Prächtig vor allem wirfte die schalthaft durchtriebene leberlegenheit, mit welcher Coquelin im letzten Afte, auf den Gerichtsbefehl gestützt, den kindisch aufbrausenden Baron Schritt vor Schritt in die Enge treibt und ihm tropfenweis als einzige Rettung den verabscheuten Gedanken der Mesalliance suggeriert. Welches Spiel des ganzen Körpers! Man sah es seinen Arm­bewegungen förmlich an, wie er den alten, eitlen Tropf einwickelte, wie er Faden um Faden straffer anzog!

Sehr munter spielte auch Jean Coquelin, wenn wir nicht irren, ein Sohn des großen Coqueliu, den Marquis; freilich etwas allzu falstaffmäßig, mehr als reichgewordenen, dicken Bourgeois, wie als blaublütigen Aristokraten. Die Jagdpassionen, die in dem Stücke die größte Leidenschaft des Herrn Siglière sind, ließen sich diesem forpulenten Herrn nicht wohl zuzutrauen. Frau Dürand, die be­kannte Gründerin der Fronde", einer der Vorkämpferinnen der fran­ zösischen Frauenbewegung, die sich der Coquelinjchen Truppe an­geschlossen hat, schien wie nur natürlich auf der Bühne noch nicht recht heimisch. Die jugendliche Rolle der Helene paßte nicht für sie. Das war um so schlimmer, als eine außerordentlich laute Reklame Verantwortlicher Redacteur: Cart Veid in Berlin .

oumoriftifces.

-Prosaisch. Freundin: Ich sah Dich diefen Nach mittag mit einem fremden Herrn auf der Gartenbaut sigen; hat fich zivischen euch etwas entiyonnen?"

Backfisch: Ach nein, der Anfang ist gemacht worden..., aber später hat sich jemand zwischen unsere Herzen gesezt!" Proy: Marie hör sofort auf, das Lied zu fingen, es ( Megg. bum. BI.")

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Notizen.

- Der goldene Schlüssel", ein Drama von Rudolf Presber , ist vom Schauspielhaus in Frankfurt a. M. zur Aufführung angenommen worden.

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Mahlers vierte Sinfonie hatte bei ihrer Auf­führung durch die Wiener Philharmoniker einen bestrittenen Erfolg. -- -Die Ausstellung der Berliner Secession " Zeichnende in st e" wird bis zum 20. Januar gröffnet bleiben.

Die von Werner Vegas geschaffene Portraitbüste Rein­ hold Begas ' ist vom Kultusministerium für den Staat angekauft worden; fie wird im neuen Gebäude der akademischen Hochschule für die bildenden Künste aufgestellt werden.

Henry van de Velde übernimmt die Leitung der Weimarer Kunstschule .-

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Ein Thermometer für tiefe Temperaturen hat der Franzose Baudin konstruiert, indem er statt Quecksilber oder Alkohol einen leichten Petroleumäther von der Dichte 0,647 bei 15 Grad Celsius anwandte. Dieses Thermometer gefriert selbst bei der Temperatur flüssiger Luft, also bei- 220 Grad Celsius, nicht. Graduiert wurde es bei vier festen Punkten, bei dem Siedes punkt des Methylchlorids und bei dem Schmelzpunkt des Eises. In der Nähe des Hafens von Zengg( bei Fiume) wurde dieser Tage ein 51/2 Meter langer und 3000 Kilogramm schwerer Hai­fisch gefangen. Im Wagen dieses See- lugeheners wurden ein Baar Hosen, menschliche Ueberreste, dann eine Kuhglocke und ein Stiefel vorgefunden.

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Druck und Verlag von Mag Bading in Berlin .