Schliffenveifen.

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( Nachdrud verboten.) Ifpiel von unvergleichbarer Zaubergewalt. Soweit das Auge schweift, eine weiße, glänzende. sügelige Ebene, ein zu Eis erstarrter Ocean! Mit gewaltiger Schnelligkeit eilen wir den Rücken einer dieser Wogen hinab und verschwinden unten am Abhange in das bewegte Meer. Geblendet und betäubt durch den Stoß, haben wir nicht einmal Zeit, uns umzuschauen; und schon klettern die Renntiere wieder den entgegengesetzten Abhang hinan, uns grausam hin- und herschaukelnd.

Während der Winter in den meisten Ländern Europas   auf vielen Gebieten des Erwerbslebens einen völligen Stillstand, auf andern wenigstens eine bedeutende Einschränkung herbeiführt und daher in weiten Kreisen der Bevölkerung gefürchtet ist, wird sein Erscheinen im hohen Norden mit Freuden begrüßt und bildet sein Höhepunkt zugleich auch den Höhepunkt der Handelsthätigkeit. Einen Auf solchen Expeditionen macht die Karawane, gewöhnlich um Beweis für diese Behauptung bildet die Thatsache, daß gerade in der Mittag, Salt, um die Zugtiere ihr Futter einnehmen zu lassen. fältesten Jahreszeit, Ende Januar und Anfang Februar, die großen Märkte Gerade dieser Umstand, daß man sich weder um sein Futter vorher und Messen stattfinden, von denen besonders die berühmten Belzwaren fümmern noch für dasselbe schwerwiegende Vorräte mitnehmen muß, messen zu Frbit in Sibirien   und Nischnij- Nowgorod   in Rußland   auch von bildet einen der Vorzüge in der Verwendung des Renntiers als deutschen   Händlern besucht zu werden pflegen. Viele Hunderte von Bugtier in dem unfruchtbaren Lande. Im Winter nährt es sich von Meilen bringen die Bewohner des Nordens zu ihnen ihre Produkte; einer in der ganzen nördlichen Zone sehr reichlich vorkommenden aber auch von Niederlaffung zu Niederlassung, von Dorf zu Dorf Flechte, die fait den ganzen Boden der Wälder bedeckt. Macht die entwickelt sich zur Winterszeit in jenen Gegenden ein lebhafter Sarawane Halt, so scharrt der Führer mit einem Stocke den Schuce Handel, um im Warenaustausch nachzuholen, was ihnen die Ver- auf, legt ein Stück Boden frei, und sofort beginnen die Renntiere hältnisse des Sommers nicht gestatteten. Lappland  , das nördliche mit ihren Hufen den Schnee weiter zu entfernen und wie Maultiere Rußland   und Sibirien   find im Sommer nämlich von ungeheuren in ihm zu wühlen, bis sie schließlich die ersehnte Flechte erreichen. Sümpfen durchzogen, und der durchweichte Boden bildet eine Masse, Sehr häufig machen die Reisenden in einem Lappenlager Raft. die jeden Verkehr unmöglich macht. Die Kälte des Winters festigt Diese Lager sind zugleich Herbergen und Stationen inmitten der aber den Boden und bedeckt ihn mit einer Eismaffe, über die dann Schneegefilde. Man kann sich in ihnen an einer Tasse Kaffee, ein der Schnce eine zweite Lage bildet. Nummehr kann der Ein- Getränk, das die Eingebornen sehr lieben, erwärmen oder, wenn die geborne daran denken, seine Thätigkeit aufzunehmen. Die gewaltigen Tiere ermüdet find, andre anspannen. Entfernungen, die er dabei zurückzulegen hat, bilden für ihn keinen Die Dressur des Renntieres ist sehr unvollkommen. Es galop­Gegenstand der Furcht, da die uns primitiv erscheinenden Transport- piert nach eignem Gutdünken, und das primitive Geschirr erlaubt mittel es ihm ermöglichen, mit einer erstaunlichen Schnelligkeit über eine regelrechte Zügelung; es trägt feine Kantare, sondern einen die weiten Schneefelder dahinzusausen. Halfter. Wenn man einen Wald durcheilt, so ist der Neisende Das einzige Transportmittel des hohen Nordens ist der Schlitten, Lauf zwischen den Bäumen dahinstürmt, streift es fie oft, un­manchen Gefahren ausgesetzt. Während das Tier in eilendem zu dessen Bespannung, da in den dem Nördlichen Eismeer benachbekümmert um den Schlitten, den es zieht; ihm genügt es, Blaz barten Gegenden das Pferd aus Mangel an Nahrung nicht leben kann, ausschließlich das Renntier und der Hund Verwendung finden. zur Passage zu haben, und da sind denn Kopf- und Rippenstöße Die in den weiten Gebieten vom Nordkap   bis zur Behringstraße nicht selten, so daß der Neisende die Wohlthat der mit Eiderdaunen zerstreuten Bölferschaften haben für ihre Wintervehitel sehr ver- gefüllten Lappenmüze schätzen lernt. Außerdem hat das so fried­schiedene Formen adoptiert. Am originellsten ist der Schlitten der fertig erscheinende Nenntier bisweilen seine bösen Launen und Zappländer, Bulk genannt. Der Bult läßt sich am besten mit einem Tücken, und wenn sein Führer es antreibt oder seine Be­Nachen mit plattem Boden in Gestalt eines Schuhes vergleichen, in wegungen zu ändern sucht, so drückt es seine Unzufrieden welchem der Reisende der Länge nach sich ausstreckt, indem er sich beit durch einen Angriff mit den Hörnern aus. Auch gegen eine nicht gerade weiche Rückseite lehnt. Wie die Boote mit den unglücklichen Gedanken täme, feinen Schlitten zu ver fennt das Tier wenig Geduld. Ein Reisender, der auf glattem Boden leicht von Sturzwellen übergossen werden, so tentert auch dieser Schlitten mit der größten Leichtigkeit, so daß der Reisende laffen, ohne das Gespann zu befestigen, wäre, da das Tier häufig mit dem Schnee unerwünschte Bekanntschaft macht. Zwei ohne weiteres weiter laufen würde, inmitten der Schneewüste, italienische Forschungsreisende, Eini und Sommier, die mitten im in welcher er bei der schweren Kleidung faum einen Schritt gehen könnte, Winter Lappland   vom Nördlichen Eismeer bis zum Baltischen rettungslos verloren. Meere durchquert haben, schildern uns recht anschaulich eine solche Bulfreise.

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Die Lappen haben keine genaue Borstellung von Längenmaßen, so daß es ihnen schivér fällt, Angaben über die Schnelligkeit der Renntiere zu machen. Aber nach den von dem Forschungsreisenden Bürtel gemachten Beobachtungen soll das Tier 200 bis 300 Meter in der Minute zurücklegen, also etwa 10 Kilometer in 35 bis 50 Minuten. Nach andren Autoritäten ist seine Schnelligkeit allers dings etwas geringer; andrerseits ist es nicht sehr stark; ein Schlitten, in der ein einziger Mann sigt, bildet für das Steuntier schon eine genügende Last.

Nachdem sie das Nordkap   unter furchtbaren Schneestürmen er stiegen hatten, kamen die beiden Reisenden nach Bossekop, wo der große Markt Lapplands   abgehalten wird. Bossekop besteht aus einem Dutzend Hütten, um die herum die zu verkaufenden Waren auf dem Schnee ausgebreitet liegen. Ein Verderben der Waren ist nicht 811 befürchten; sie bestehen aus Holz, gefrorenem Renntierfleisch, trockenem Fisch, Pelzwerken, und alles das wird aus weiter Ferne auf von Renntieren gezogenen Schlitten herbei- Als Zugtier wird das Nenntier nur im Norden Europas   und geführt. Hundert, ja zweihundert Meilen aus der Runde kommen die im westlichen Sibirien   benuẞt; die übrigen sibirischen Völkerschaften Lappen, um die Erzeugnisse ihrer Industrie gegen Manufaktur- und und Bewohner der arktischen Zone, die Eskimos, die Indianer Kolonialwaren auszutauschen; denn auch sie sind große Kanadas   und nach deren Beispiel die Trapper bedienen sich des Verehrer von Kaffee, Zucker und Tabak geworden. Das Thermo- Hundes; die zur Bespannung eines Schlittens nötige Anzahl von meter weift 40 Grad unter Null auf; das einzige Mittel, sich gegen Hunden ist sehr verschieden. In Grönland   verwendet man acht, in die Kälte zu schüßen, ist die Gepflogenheit der Eingeborenen, über Stanada vier für den Tobbogen", im öftlichen Sibirien   zwölf und die Kleider ein langes Gewand aus Henntierfellen zu legen, das selbst bis vierundzwanzig, wenn der Schlitten schwer beladen ist. nur am Halse für den Kopf eine Oeffnung läßt, und darüber ein An den Ufern der Lena vermögen zwölf Hunde einen Schlitten mit Kragen aus Bärenfell; ebenso zieht man Schuhe und Gamaschen einem Gewicht von 180b is 225 Kilogramm zu ziehen. In einigen aus Renntierfell an, während der Kopf durch eine mit Eiderdannen Ländern ist die Mente frontweise angespannt, in andren zu je zweien. gefüllte Müge geschützt wird. Wenn der Schnee stark gefroren ist, so weist er sehr harte Stellen auf, an denen sich die Hunde die Pfoten verlegen würden; um ke gegen solche Verlegungen zu schüßen, ziehen ihnen die Estimos Hand­schuhe, kleine, dicke Fellsäcke an.

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Auf diese Weise ausstaffiert," erzählt Sommier, nehmen wir Platz in unfren Schlitten. An der Tête befindet sich natürlich das Gespann des Führers; hinter diesem Pult ist das Renntier des jenigen gespannt, den mein Gefährte besteigt, und an der Rückseite In Grönland   werden die Gespanne durch einen Chefhund" ge= dieses wieder das Tier, das meinen Schlitten zieht; hinter meinem leitet, der seine Hundegesellschaft forrigiert, wenn sie nicht gut die Gespann endlich ist ein Remntier mit den Hörnern angebunden; es Richtung halten. Der Führer des Schlittens ist außerdem mit einer zieht keinen Schlitten. Wenn Sie tentern, so werfen Sie sich nach langen Beitsche mit furzem Stiel bewaffnet, die er mit bewunderns­der andren Seite, indem Sie die rechte Hand und das linke Bein würdiger Geschicklichkeit handhabt. Unter der Drohung mit diesem nach außen strecken," empfiehlt uns unser Führer. Anfangs geht Instrument ziehen die Hunde, wie man sagt, sehr ruhig und friedlich alles gut; von Zeit zu Zeit schwankt der Schlitten; aber dank der ihre Last. Wenn sie aber irgend ein Wild aufspüren, so bleiben uns von unfrem Lappen angeratenen Gymnastik gelingt es fie allen Befehlen gegenüber taub und rebellisch. Sofort machen uns, das Gleichgewicht zu behalten. Aber später, als die sie sich in rasendem Lauf an die Verfolgung des aufgespürten Oberfläche immer hügeliger wird, giebt es feinen Augen Wildes. Kein Hindernis hält sie bei dieser Jagd auf; über Berge blick der Ruhe; fortwährend müssen wir bald Sie Beine und Thäler eilen sie dahin, rasen an Abhängen hinunter und rechts, bald die Arme links und umgekehrt werfen. Bisweilen ist erklimmen die eis: und schneebedeckten Hügel. Schwere Verlegungen fast der ganze Körper außerhalb des Pulks. Mit dem Rücken und felbft tödliche Stürze der Schlitteninfassen sind in solchen Fällen streifen wir den Schnee, während Arme und Beine arbeiten als ob nicht selten. wir auf dem Rüden schwimmen würden; angenehm ist solche Lage nicht. Aber das ist nichts gegenüber den Stößen, die wir beim Herabfahren fühlen müssen. Da erst offenbart sich der Nutzen des hintersten Renntieres. Es dient dem Zuge zum Hemmen.

Der Hund begnügt sich nicht wie das Renutier mit Flechten. Dennoch bekümmert auch sein Besitzer sich wenig um seine Ernährung. Der Hund frißt die Abfälle der Haushaltung, und diese sind une färglich, da die Eskimos, Tungusen und Jakuten von einem Vogel Wenn an den Abhängen die Schlitten eine zu große Schnellig- oder Fisch nichts übrig lassen. Aber die Not macht erfinderisch, und feit annehmen, so widersteht das an den Hörnern sich fortgezogen die Hunde des Nordens erhalten in der Ausübung des Diebstahls fühlende Tier mit den Füßen und mäßigt so den Lauf. Bald steigen eine hohe Geschicklichkeit. Um die Vorräte während ihrer Abwesen wir wieder die Plateaus hinan. Von oben eröffnet sich ein Schau- heit gegen die Diebesgelüfte zu schüßen, internieren die Eskimos den