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Throne und Szepter zu den Selbstloften geliefert. Der Schnee. Blauweiß breiten sich Hänge und Halden; auf allen Abel ist rückwärts erblich, und je nach der Zahl der ver- 8weigen, auf allen Aesten drückt die schimmernde Last. Wo sie zusammen liehenen Ahnen abgestuft. Berlust des Vermögens zieht den Verlust einlaufen mit den Stämmen, wo ein Knorpelchen, ein Höcker sich des Titels nach fich, indessen können bei betrügerischem Bankrott unter bietet, überall glänzt es und gleißt und funkelt. In das eintönige gewiffen Bedingungen die bisherigen Würden erhalten bleiben. Die Einerlei der schwarzen Stämme hat der Schnee ein Gewirr Befriedigung über diese Neuordnung ist allgemein. Nur vermißt leuchtender Linien gezogen. Sie fließen ineinander und verschlingen man Bestimmungen, in welcher Weise die einzelnen Ränge mit sich, sie streben empor und neigen sich nieder: der ganze Wald ein einander auf dem Wege der Heirat in Verbindung treten dürfen. Märchenland, ein zauberhaft verschnörkelter weißer Korallenstein. Man befürchtet Mesalliancen. Und durch all die funkelnde Herrlichkeit saust der Schlitten. Manchmal kommen niedere Schonungen , da stehen die Tannen im Schnee wie Weihnachtsbäume, auf denen weiße Glimmerwatte glänzt; manchmal öffnet sich eine Schneise, da schaut man waldein in ein weißes Schneeland. Drüben hinter den Hügeln steht der Eispalast der Schneekönigin. Wollen wir hin? Vorüber saust der Schlitten.

Die nationale Begeisterung ist zum Taifun angewachsen. Zehn Anarchisten wurden des Landes verwiesen. Man ist Emma Goldmann auf der Spur.

Eine Frau, die deutsch sprach, wurde von dem erregten Volle erwürgt. Man will eine solche Verhöhnung der deutschen Gäste mit Recht nicht dulden.

Freitag. Präsident Roosevelt hat die letzte Hand an seine legte Ansprache gelegt. Er ist ziemlich erschöpft, aber unendlich glücklich und enthusiastisch gestimmt. Er wird zunächst etwa 25 Ansprachen halten, u. a. über Joachim II. , das Intareich, die rauchfreie Verbrennung, Goethe und Marc Twain, Beethoven und Souza, die religiöse Entwicklung Berlins und der Vororte in den lezten drei Jahrhunderten, die Zukunft der Schiffsschraube, die Fabris tation von Lanolin, u. f. w.

Heute wurden alle Blätter foufisciert, weil sie ihre Begrüßungs­artikel irrtümlich mit der Wendung: Es lebe die Republik !" ge­schlossen hatten. Dieses scharfe Borgehen wird allgemein gebilligt. Bir dürfen feine derartige Berhöhnung des monarchischen Gefühls

dulden.

Man hat schwere Besorgnisse wegen der Anarchisten, die sich dreist auf der Straße zeigen. Die Spur Emma Goldmanns ist

wieder verloren.

Eine junge Dame, die außerehelich heute ein Mädchen ge­boren hatte, wurde samt dem Kinde sofort erschlagen, obwohl fie fich dazu bereit erklärt hatte, das Mädchen Heinrich zu taufen. Die Strafe ist streng aber gerecht.

Freitag mitternachts. Erfahre foeben, daß die Union den Antrag stellen wird, als Bundesstaat dem deutschen Reiche ein verleibt zu werden.

Die Begeisterung wächst immer noch.

Heute wurden 1200 Menschen vom Herzschlag getroffen, weil fie die Aufregungen des ungeduldigen Wartens nicht mehr ertragen

fonnten.

Emma Goldmann wird verfolgt. Gelyncht wurde lezthin ein alter Mann, der ein grimmiges Geficht schnitt( angeblich wegen Zahnschmerzen aber wer glaubt das!) und ein sechszehnjähriges Fräulein, das höhnisch lachte( angeblich über ihren Geliebten, aber wem kann man das einreden!)

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Sonnabend.( Dringendes Kabeltelegramm.) Hurra, hurra,

Hurra!

Ana Bier Wochen später.

Hente wurde das Gefeß publiziert, das gegenüber den deutschen Baren Zollzuschläge zwischen 200 und 300 Broz. verfügt. Diese Bollsäge treten in Kraft, wenn der deutsche Zoütarif Gesetz ge­worden ist. talion into a local Joc. ( mit d

Kleines Feuilleton.

ee. Winterfahrt. Winterfahrt! Wißt Ihr eigentlich, was das bedeutet, Ihr da drinnen in der großen Stadt? Winterfahrt über knirschenden Schnee, durch verschneite Heiden, dem Wind entgegen bei Schlittenglockentlang! Ihr wißt ja noch nicht einmal, was Schnee ist, Ihr da drinnen in der großen Stadt. Wenn Ihr mit der Stadt­bahu nach Halensee fährt und ein paar weiße Felder sich vor Euch aufthun, denkt Ihr schon, Ihr habt den Winter gesehen.

Ach ja, der Winter!

Wundervoll ist der Winter, wenn man ihn draußen trifft, ganz weit draußen, da wo die Stadt nicht hinkommt mit ihrem Lärm und ihrer Lust. Nach Halensee, nach dem Grunewald tommt sie! Aber hier draußen... Die Schlittenglocken flingeln und die Pferde greifen aus. Das ist eine Fahrt. Endlos debut sich die Chaussee ins Weite. Die langen Baumreihen laufen zusammen, öffnen sich und laufen wieder zusammen, es ist eine Schlange ohne Ende. Und rechts und

links Wald.

Märkische Kiefernheide ist es, eintönig, etvig gleich. Ewig gleich? Drüben, wo die Sonne zu Mittag über den Föhren steht, ist der Schnee schon lange von den Aesten verschwunden, hier und da noch ein wenig, au schattiger Stelle, wenn der Wind durch die Wipfel streicht, finft auch er; durch das flimmernde Sonnengold fintt er wie eine Flut funkelnder Diamanten. Grün und frisch hängen die Nadeln oben an den Zweigen, saftvoll und kraftvoll. Es ist ein Schwellen und Keimen darin, ein Gruß vom Frühling.

Der Hafelstrauch am Wegesrand hat seine Lenzfahnen auch fchon herausgehängt: lange, grüne Käßchen flattern im Winde. Ueber den Birken hängt ein roter Duft. Nur kurze Zeit noch, dam werden die fahlen Aeste wieder grün. Drüben an der Nordseite ist davon freilich noch nichts zu merten, Da liegt die Heide noch im

Und lichter wird der Wald, und rechts und links dehnen sich Felder. In endlose Weiten geht der Blick, über Aecker und Wiesen, über Hügel und Niederungen. Hier und da ein Erlenbusch, eine Pappelallee, ein verlornes Gehöft im Schnee vergraben. Durch Strauchwerk und Hecken windet sich ein Fließ. Krähen steigen aus dem dürren Riedgras und streichen krächzend dem Walde zu. Das einzige Leben auf der ganzen Fläche.

Nein, doch nicht das einzige!

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Fernher flingen Schlittengloden, und mum fommt es heran­gebraust: einer, zwei, immer mehr. Dorfschlitten find es, ungeheuer­liche Dinger, die meisten Holztufen mit Stroh umflochten, bemalt nach Urgroßväterart. Es ist aber ein Jubeln darin, sie kennen fich alle, oder doch die meisten, und lachen und winken und rufen ein­ander zu.

Und dann kommt ein ganz eleganter, zierlich gebaut mit präch tigen Decken, die feurigen Rappen haben abgestimmtes Geläut. Fein und silberu, wunderlieblich zittert es durch die Winterluft. Aber die Damen in den eleganten Belzen lachen und rufen und winken nicht mit. Stumm und stolz fahren sie vorüber.

Gut."

Der Kutscher wirft ihnen einen Blick nach:" Die sind vom

Aber die Pferde seßen sich in Trab und nun noch eine Biegung um den Eichenkamp, da liegt das Dorf im Sonnenschein. Solch' ein märkisches Dorf, ein wirkliches Dorf. Gott , Ihr Berliner , was wißt Jhr davon? Keine stolzen Willen, wie in Halensee , teine statt. lichen Gärten; niedere Häuser aus Lehm und Fachwerk; man tann das Dach mit der Hand erreichen. Wenn die Hausthür aufgeht, zieht auch heraus, mitten auf dem Hausflur liegt die Küche. Und der Herd ist aus Ziegelsteinen; Steine decken den Boden, harte Steine.

Und die lange Front hat nur wenig Fenster, und die Fenster find niedrig und schmal. Wer vorübergeht, kann hineinschauen, Armseliger Hausrat steht in der engen dumpfen Stube, arme Leute wohnen darin, Tagelöhner drüben vom Gut.

Das Gut ist prächtig. Hoch und stolz blickt das Schloß aus dem weiten Bart. Schloß ist eigentlich zu viel gesagt, aber ein Herrenhaus ist es, weit und stattlich mit großen Sälen und hohen schimmernden Spiegelfenstern mit Balkons und Erlern und Thürmen. Und der Park hat weite Alleen und freie Plätze, und das Fließ geht mitten hindurch, da muß es sich gut träumen, wenn der Sommer tommt, wenn auf den Felderu die Sonne brennt, wenn die Tages Löbner feuchen in der Hundstagsglut und hier das Eichlaub grüne Dämmerung spinnt.

Aber jetzt liegt alles im Schnee.

Im Schnee liegt die Kirche, und sie ist groß und stattlich und trägt an der Thür ein herrliches Schild, darauf steht in goldnen Lettern verzeichnet, was die Gutsherrschaft für die Kirche gethan.

Im Schnee liegt auch die Schule. Sie ist flein und erbärmlich und hat nur eine Klaffe, darin A- b- c- Schüßen und Konfirmanden zu­sammen Lebensweisheit lernen. Es ist aber auch nur die Schule für Tagelöhnerkinder, es meldet auch lein Schild in Goldbuchstaben, daß überhaupt schon jemand etwas für die Schule gethan,

Ueber Reichtum und Elend deckt seine Hülle weiß und weich der Schnee.

alind

Aber der Wind geht scharf übers Feld und die Sonne finkt; hinter dem hohen Turm des Schlosses glüht ein blutiges Abendrot. Der Kutscher wendet den Schlitten zur Umfehr, er sieht in die rote Glut und haucht in die Hände: Ick glow, dat will wedder freren tau Nacht. Ich glöw, wi frigen harte Liden."

was

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ss. Ueber den Nährwert des Eics plaudert ein Mitarbeiter der Blätter für Voltsgesundheitspflege". Es ist gar nichts Un­gewöhnliches, daß einem Kranten das Eigelb in der Suppe ver­rührt, das Eiweiß aber vorenthalten wird. Das ist ziemlich das Verkehrteste, denn mit einem Ei thun kann, man fein wertvollster Bestandteil ist im Eiweiß in erheblich enthalten größeren Mengen als im Eigelb. Das Eidotter hat allerdings auch einen sehr bedeutenden Nährwert, aber haupt­fächlich wegen feines Fettgehalts. Das Eiweiß, wie es als Bestand­teil des Eies vorkommt, ist in seiner Zusammensetzung keineswegs dasselbe wie das Eiweiß nach dem Sprachgebrauch des Chemikers, denn es besteht nur zu etwas über 13 Broz. aus eigentlichem Eiweiß und zu fast 87 Broz. aus Waffer. Immerhin verhält sich der Eiweiß­gehalt im Eiereiweiß zu dem im Eigelb wie 5: 8. Da nun das Eiweiß als der wichtigste Nährstoff und als die hauptsächlichste Quelle der Lebensenergie angesehen wird, so kann das Urteil über das Wert­verhältnis der beiden Bestandteile des Eies nicht zweifelhaft sein.