Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 64.

J

2]

3nd

Mittwoch. den 2. April.

Nachdrud verboten.)

1902

gefolgt, als sie nach Hause getragen wurde, und der ganze Tag war unter allerlei Beschäftigungen und Handreichungen für den fleinen Bruder vergangen, der auf dem Meere ge­Auf der lehten Schäre. id boren worden war, und der nun abwechselnd schrie und schlief, Roman von Gustab af Geijerstam.in der Klobigen Wiege, in der sie und ihre Geschwister, die ganze Reihe hintereinander, sich fräftig geschlafen hatten. Im selben Augenblid erwachte Lars wieder zur Wirklich Wie in einem Traum war all das an ihr vorbeigeglitten, keit durch einen Schrei, der ihn bis in sein Innerstes er- und als es Abend wurde und still, als Mutter und Vater schütterte. Unwillkürlich beugte er sich hinab, und da sah er im großen Bett in der Kammer schliefen und der Neu­den Kopf eines Kindes, und er ergriff den Kopf und zog und geborene in der Dämmerung der herabgelassenen Roll­zog, bis er einen neugeborenen Knaben zwischen seinen harten gardinen verstummt war, da stieg Märta nicht die kleine Händen hielt. Dann wurde alles still und stumm, und als Treppe hinauf, die in ihr Bodenzimmerchen führte, sondern Lars durch die Thränen sehen konnte, die aus seinen Augen stahl sich hinaus in den lauen Sommerabend, um in Ruhe Srangen, lag sein Weib in seiner eignen, schmutzigen Fischer- über die Frage nachzugrübeln, die ihr keine Ruhe ließ. foje ihm gerade gegenüber und lachte im höchsten Glück. Und der große lange Kerl beugte sich auf die Stoje hinab und

weinte wie ein Kind.

Aber im nächsten Augenblick sprang Lars die Treppe hinauf und verkündete mit fauter Stimme die Neuigkeit, und als er wieder hinauf zu Deck fam, begegnete er der Wehmutter.

Sie faz num ſtill und blickte hinaus aufs Meer, das sich in schäumender Brandung an der Insel brach. Der Wind mehte mit unverminderter Kraft, und draußen auf der Schäre tonnte man den weißen Wasserschaum sehen, der turmhoch in die Luft sprühte. all sito

Aber Märta spürte den Wind nicht, obgleich er mit seiner ganzen Stärke gerade gegen ihren Körper blies und an ihren leidern zerrte. Ihre Augen starrten falt und klar auf den Horizont, als wollten sie das Dunkel durchdringen, und sie wiederholte für sich selbst die Antwort auf die Frage, die sie gestellt: ob jemand den Delphin " gesehen habe?

Dort oben hatte feiner das Berded verlassen. Vom Ernst der Scene ergriffen, die sich, wie sie wußten, unten abspielte, waren sie alle still stehen geblieben, wartend, bis Hilfe vom Lande kam, so daß Lars nicht mehr allein sein mußte. Aber als die weise Frau hinabgegangen war, wurde es lebendig auf dem Deck, und aller Hände streckten sich dem Vater ent Der Delphin" war auch ein Fischerboot. Der Delphin " war nicht so groß wie der Polarstern", Er segelte nicht so gut, und er war nicht der Stolz der Insel. Aber für Märta hatte er das Glück an Bord, und sie saß jetzt und grübelte nach, warum gerade er zuleht heimfehren sollte und warum dnd niemand an Bord des Polarsterns" ihn gesehen.

gegen.

" Wie viele Jungen hast Du jest, Lars?" fragte ein Alter, der daneben stand. ach hab' vier," antwortete Lars. Aber keiner von allen ist so früh auf die See gekommen."

2.

"

"

Das fanden mun alle gut gesagt. Aber so oft die Es giebt viel, was sich einem einsamen Weibe zeigen Geschichte erzählt wurde, versäumte man nie hinzuzufügen, fann, wenn es im Dunkel sigt und über ein rasendes Meer wie schön es aussah, als Lars sein hochgewachsenes Weib hinausblickt. Da kommen die Geschichten, die sie erzählen nahm und sie wie ein Kind die steile Schiffstreppe hinab- gehört hat, und sie schleichen sich im Schuß der Einsamkeit trug. Und als Schluß der Geschichte tamen immer die be- und der Finsternis in ihr Herz. Es sind Erzählungen von wundernden Worte, die eine andre Ehefrau bei diesem Schiffbruch auf dem Meere, die da zum Leben erwachen, Anlaß geäußert hatte:" Er faßte sie so fein an, wie ein Stück und die Angst vor der Gefahr, die wirklich und lebendig ist, Kuchen." beschwört die Schreckensbilder herauf. Wie Märta dasigt. sieht sie die Männer auf dem Fahrzeug vor sich, und sie sieht es mastlos und ohne Rettungsboote auf dem erregten Meere treiben. Ein Mann steht am Steuer, er hat sich an den Steuerpflock festgebunden und blassen Antlizes starrt er hinaus über die Wellen. Ringsumher schimmern bleiche Gesichter und Körper von Männern, die sich in seltsamen Stellungen mit Tauen an einen abgebrochenen Mast festgeschnürt haben, an der Schiffsluke oder am Kajütendach. Da kommt eine gewaltige Belle und verschlingt das Boot in ihrer falten Umarmung; als die Welle fort ist, treibt das Boot weiter, aber er, der am Steuer stand, ist nicht mehr zu sehen, und steuerlos irrt das Boot durch die Wellen und treibt dahin, während es in dem alten Holze knackt, und in dem Steven, der sich aufstellt; der Name Delphin " leuchtet wie Phosphor.

Als die Sonne im Untergehen war und der ganze Himmel über den felsigen Schären im Westen rot glimmte, da schlich sich die junge schöne Märta, Groß- Larsens und Annas Tochter, in aller Heintlichkeit vom Hause fort. Sie ging über die Klippen, wo fein Weg zu sehen war, und sie ging am Lotsenausgud vorbei, wo Gruppen von Männern und Frauen im Gespräch standen, hinaus über das tosende Meer blickend. Sie ging, nein, fie tangte vorwärts, hurtig und leicht, und zuweilen warf sie einen Blick zur Seite, als fürchtete fie, gesehen zu werden. Als sie ganz oben auf dem Felfen angelangt war, von dem man ihre Gestalt wie einen dunkeln Schatten gegen den lichten Himmel sehen konnte, troch sie zusammen und glitt den Abhang hinab. Aber sie ließ sich nicht weiter gleiten, als einige Schritte, so daß der Solche Bilder sieht Märta, wie sie dasigt, und sie kann Felsen sie vor den Blicken der ganzen Insel schüßte. Da sie nicht ertragen. Sie kann auf die Länge nicht glauben, fegte sie sich nieder und große Thränen strömten über ihre daß ein solches Unglück wirklich geschehen sollte. Denn fie Wangen . ist jung, und ihr Sinn ist so leicht, daß sie unmöglich zu Wie ein Traum waren die Geschehnisse des ganzen Tages fassen vermag, daß etwas derartiges fie treffen könnte. an ihr vorbeigezogen. Zusammen mit den andern Frauen Darum reibt sie sich die Augen, und in einer kleinen Weile hatte sie auf dem Felsen gestanden und den Polarstern " zum lacht sie selbst über ihre Angst. Ja, sie lacht ein nach innen ge­Lande steuern sehen. Zusammen mit den andern war sie hinab kehrtes, sonniges Lachen, weil sie daran denken muß, wie viel zu den Booten geeilt und an Bord gestürzt, um den heim- leicht eines Tages eine große braune Hand mit festemt Griff fehrenden Männern die Hand zu drücken. Sie hatte die Mutter ihren Leib umschließen wird, während ein paar blaue Augen erbleichen und wanken gesehen und wie der Vater sie auf seine den ihren entgegenspielen und ein Mann mit Küssen ihren fräftigen Arme hob und hinab in die Kajüte trug. Dann hatte Mund sucht.

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sie wartend bei den andern gestanden, bis alles vor- Aber obgleich sie mitten in ihrer Angst helle Gedanken über- war und der Seufzer der Erleichterung, der aus jeder dachte, war Märta doch nicht die Schatten los. Der Brust emporstieg, Sonnenschein in alle Augen rings um sie Instinkt von Generationen hatte die Furcht vor dem Meere verbreitete. Dann hatte sie sich mit der Frage hervorgewagt, in ihr Herz eingebrannt, und sie war so jung und so un­die ihr die ganze Zeit auf den Lippen brannte. Sie hatte ruhig geduldig, daß sie es nicht vermochte, allein mit der Angst und gleichmütig gefragt, als wäre es nur, um irgend etwas zu zu sein, die sie erstickte. Aber die Sehnsucht machte sie sagen, und sie hatte eine ebenso ruhige und gleichmütige erfinderisch und schlau. Und von alters her wußte Märta, Antwort bekommen. Reiner hatte übrigens ordentlich daß es ein Mittel gab, ein einziges, daß sie versuchen konnte, Bescheid geben fönnen. Es war ja ganz natürlich, daß nie- um sich zu beruhigen. Wenn sie es ergriff, berriet sie vielleicht mand etwas wußte. Und als die Frage gestellt war und es ihr Geheimnis. Vielleicht lachte man sie aus. Aber was nichts mehr hinzuzufügen gab, da war Märta der Mutter machte das? Sollte sie?