Anterhaltungsblatt des Vorwärts

. 71.

Freitag, den 11. April.

( Nachdrud verboten.)

Auf der lehten Schäre.

Roman von Gustab af Geijerstam.

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1902

auf dem Wege zeigte er sich, und unten bei der Dampfschiffbrüde tam er ebenfalls nicht zum Vorschein. Mutter Beda ging den Weg heim mit kurzen, trippelnden Schriften, das Kopftuch tief in die Stirne gezogen und das reine Taschentum um das Pfalmenbuch geschlagen. Sie war fömlich aufgebracht daß ihre Nachforschungen so mißglückt

Fille Bumm ging inzwischen allein weit weg am Strande umher, wo niemand ihn sehen konnte und war fuchsteufelswild. Er setzte sich nieder und starrte auf den Tang, der die Klippe bis hinab zum Meeresgrunde bekleidete, und rief alle Teufel, die er nur kannte, am helllichten Sonn­tagvormittag an.

Die Kirchenglocken läuteten und riefen alle zusammen, waren, aber noch mehr darüber, daß sie in ihrem Gebete und die Männer, die in den Fischerbooten heimgekommen Gott nicht erreicht hatte. Und sie fonnte den Gedanken nicht waren und nächste Woche wieder das Meer durchziehen verscheuchen, daß sie, ohne es zu wissen, vielleicht etwas sollten, die Frauen, die ihre Männer wieder daheim hatten Böses verbrochen habe, das an Nets heimgesucht werden und nächste Woche aufs neue mit ihrer Unruhe und ihrer fonnte. Erwartung zu Hause sizen würden, alle hatten sie sich eingefunden, und alle saßen sie, als die Glocken verstummt waren, und die neue Orgel der Stolz der Insel zu spielen begann, auf den alten Bänken und warteten darauf, das Gebet für die Seefahrenden zu hören und die Danksagung für die, die glücklich heimgekehrt waren. Da faßen sie alle, Groß- Lars und Olausson, Mutter Albertina und ihre Tochter und zwischen beiden der kleine Algot, frisch und munter, in Feiertagskleidern. Selbst die erwachsene Jugend war heute in die Kirche gegangen. Sowohl Märta als Niels waren da, obgleich sie in schicklicher Entfernung von einander saßen, und in Reihen sah man die Besatzung des Polarsterns", des Delphins" und der andren Boote, alle mit neuen, lichten Halstüchern, weißen Krägen, geschoren, hoch aufgerichtet, ernsthaft und still

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War es vielleicht seine Schuld? Gab es einen Menschen, der sagen konnte, daß es seine Schuld war? Kannte nicht das ganze Dorf die Alte des schwarzen Jakob und ihre Rangen, und konnte er wissen, daß sie um sein Haus herum­liefen und ihr Unwesen trieben und seinen Hund auf den Tod erschreckten?

Die Sache war die, daß Fille Bumm, als er an diesem Sonntagmorgen, kaum in die Kleider geschlüpft, die Flur­So lange die Predigt währte, mag es wohl sein, daß thür geöffnet hatte und hinters Haus gehen wollte, plöglich einer oder der andre abfiel und in seinen eignen Gedanken ein Schreien und Laufen und Toben hörte, als sei Feuer dasaß. Denn die Hitze ist start zur Sommerszeit, und das los. Da war der Lärm von eilenden Schritten über Felsen, Fleisch ist schwach zu allen Jahreszeiten. Aber als endlich Kinderschreie, Thüren, die zugeschlagen wurden, und Hunde­das Gebet fam, auf das alle gewartet hatten, da ging ein gebell. Zuerst hörte er, daß sein eigner Phylar bellte. Seufzer durch die kleine Gemeinde, der zeigte, daß jezt Dann antworteten ein paar andre, gröbere Hundeſtimmen alle mit dabei waren. Und als nach dem letzten Psalm die von der andern Seite der Insel, und hierauf durchschnitt eine Orgel erflang und das schwere Traben der Füße auf freischende Weiberstimme den Lärm: Jesus  , der Bub!" Dann dem Holzboden der Kirche laut wurde, da war es manchen, wurde es grabesstill, und wie ein Pfeil fam Phylay daher­als hätte in dieser Stunde Gott der Herr im Himmel ihnen geschossen, den Schwanz zwischen den Beinen, und schlüpfte die Versicherung gegeben, daß er sie, wenn wieder eine Zeit durch die Flurthür herein. verstrichen war, aufs neue vollzählig und wohlbehalten an demselben Orte versammeln wollte.

Bumm hatte sich noch kaum gefaßt und die wenigen Schritte auf die Klippe zurückgelegt, welche ihn auf die Mutter Beda hatte auch andächtig dagesessen und der gleiche Höhe mit seinem eignen Dach brachten, als er ein Predigt gelauscht und sie hatte das Gebet gleich den altes Weib mit einem heulenden Kinde an der Hand auf sich andern gesprochen. Aber trotz aller Anstrengungen fühlte zukommen sah, und bevor Bumm noch fragen konnte, was es sich Mutter Beda zerstreut und sie wußte sich nicht zu gab, zeigte die Alte ihm den blutenden Finger des Jungen helfen. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit lauter welt- und begleitete diese Vorweisung mit einem Schauer von lichen Dingen. Mutter Beda fühlte gleichsam einen fleinen Schimpfivorten.

Stich im Herzen, als sie merkte, daß die Worte des Gebets Bumm und die Alte des schwarzen Jakob waren von alters an ihr vorbeigeglitten waren, ohne daß sie tiefere Andacht her just nicht die besten Freunde. Das gereizte Weib war gefühlt und wirklich mit Herz und Mund die Worte des nämlich für den Alltag sanft und weich, und man behauptete, Gebets nachgesprochen, und sie konnte sich von der Ahnung daß ihre Gabe, sich einzuschmeicheln, recht einträglich sei, wenn nicht befreien, daß dies vielleicht etwas Böses für Niels zu fie von Pfarrhof oder vom Kramladen kam und sich unglücklich bedeuten hatte, der auf der andren Seite der Kirche saß, mit gestellt hatte, um nicht das bezahlen zu müssen, was sie und halb aufgerichtetem Kopfe und einem harten, verbitterten die Rangen aßen. Dies war wenigstens Bumms Auffassung, Ausdruck in seinen Zügen. Mutter Beda fühlte sich so un- und die hatte er auch öfters als einmal ehrlich ausgesprochen, sicher, daß sie in aller Stille versuchte, das Gebet für sich und Bumm wußte mir zu gut, daß die Alte das nie vergessen selbst zu wiederholen, nachdem der Pastor längst zu etwas hatte, ebensowenig wie Jakob, ihr Herr und Gemahl. Dieser andrem übergegangen war. Aber die Andacht, die einmal Jakob gehörte zur Besagung des Delphin  ", und er war aus ihrem Herzen gewichen, ließ sich nicht wiedererringen. gerade derjenige, welcher geknurrt hatte, als die Kameraden Mutter Beda murnielte die Worte des Gebets, doch sie fühlte beschlossen, den kleinen Algot mitzunehmen und ihm seinen selbst, daß sie ohne Wirkung blieben. Anteil an den Fischen zu geben, um so der Mutter zu helfen, die eben Witwe geworden. Dies hatte seinerzeit dem Wohlwollen, das Fille Bumm für die ganze Familie hegte, neue Nahrung gegeben, und als Fille Bumim die Geschichte zu hören bekam, hatte er mitten auf der Dampfschiffbrücke gestanden und so gelacht, daß man es ein gut Stück Weg weit hörte, und dann hatte er gesagt, es sollte ihn freuen, die alte Here an dem Tage zu sehen, an dem der Alte er­soffen wäre. Dies hatte Bumm gesagt, und dafür stand er ein. Daß es denen, welchen es galt, ordentlich und richtig rapportiert worden war, dafür hatte er im Laufe der Jahre zahlreiche Beweise erhalten, und um sollte er wohl den Dank CE für alles einheimisen.

Die Ursache von alledem lag darin, daß Mutter Beda, wie sie dasaß, die ganze Zeit mit den Augen in der Kirche herumgesucht hatte, um zu ergründen, ob sie nicht irgendwo Fille Bumms ansichtig werden konnte. Während der ganzen Predigt hatte sie gegen ihre fündige Lust gekämpft, sich um zudrehen und ganz rückwärts in die Kirche zu schauen, um herauszubekommen, ob er nicht etwa dort war. Aber die ganze Zeit waren die Augen des Geistlichen gerade auf sie gerichtet gewesen, und ehe Mutter Beda ihrem eigenen Pastor gezeigt hätte, daß sie Gottes Wort nicht mit Andacht hörte, würde sie sich lieber die Zunge abgebissen haben. Doch die Folge davon war, daß Mutter Beda ihre Gedanken auf jeden Fall nicht gesammelt halten konnte, und als sie sich erhob, um zu gehen, war ihr erster Gedanke, nachzusehen, ob sie Bumm irgendwo hinter sich hatte oder nicht.

to Aber Bumm war nirgends aufzufinden. Er war nicht in der Kirche und nicht auf dem Kirchenhügel. Auch nirgends

Darum ließ er die Alte feifen und stand selbst nur mit grimmiger Miene dabei, und als sie Atem holte, be­

merfte er:

,, Wenn Du glaubst, daß dabei ein Verdienst für Dich herausschaut, dann bist Du wohl auf dem Holzweg."