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mit dem Gedankenaufbau haperte es; er beging einen Fehler, den sein Vorbild sich nur selten zu schulden kommen ließ, er wurde langweilig. Was Herr Friedmann fagte, tann man viel schöner, mit viel mehr Amusement im achten Stapitel von Reinecke Fuchs nachs lesen, in der köstlichen Unterhaltung, die Reinecke und sein Oheim Grimbart miteinander pflegen, als sie zum Königshofe gehen. Gar schwer mit der Schuld seiner Streiche und Schliche beladen, beklagt der Fuchs fich eindringlich über die Verdorbenheit der frevelnden fündigen Welt:
„ Auch das Gute wissen sie zivar von großen und kleinen Herren, doch schweigt man davon, und felten kommt es zue Sprache. Doch das schlimmste find' ich den Dünkel des irrigen Wahnes, Der die Menschen ergreift: es könne jeder im Taumel Seines heftigen Wollens die Welt beherrschen und richten." die Sünden und Erbärmlichkeiten der Zeit besser als seinem Vorbild. Herrn Friedmann erging es mit seiner weitläufigen Klage über Es war fein Grimbart zur Stelle, der ihm antwortete:
blüffende Klangmalerei und vor allem die Kontrastwirkung in der die Geschichte flug, sehr flug. zurecht gelegt; Goethe vor Augen, war mannigfachsten Ausnutzung, das alles find Mittel, die er mit immer er tecken Mutes vor die Rampe getreten. Nur mit der Ausführung, größerer Meisterschaft und Prägnanz beherrschen gelernt hat. Er hat seine Verslein mit großem Bedacht gebaut. Wer fie freundlich in die Hand nimmt, etiva wie Spieluhren, wird vielleicht finden, daß sie trotz bummeligen Aussehens doch teilweise im Leben geglüht, mit Fleiß gehämmert und nicht unzweckmäßig zusammengesezt find." Das nimmt er selbst einmal für sie in Anspruch. Bedeutsamer scheint mir die Entwicklung, die Wilhelm Busch als Zeichner durchgemacht hat. Man muß einmal die ganze Reihe feiner Arbeiten, von den ersten, noch recht unbeholfenen Versuchen, felbst noch von„ Max und Morig", bis zum„ Tobias Knopp" durch gehen, um zu ermessen, was für eine außerordentlich künstlerische Leistung Busch vollbracht hat. Er hat sich einen karikaturistischen Stil herausgearbeitet, in dem ihm niemand gleichkommt. Er hat sich die schwierigsten Aufgaben gestellt, in feinen in feinen Zeichnungen ist gerade das Durcheinander der kompliziertesten Bewegungen das Charakteristische, und er hat sie wie spielend gelöst. Mit einer erstaunlichen Schärfe des Blickes hat er die wesentlichen Momente eines jeden Bewegungsmotives erkannt und komisch über treibend dargestellt. In ein paar flüchtigen Strichen, Halen und Schnörkeln läßt er ganze Scenen erstehen, die stets klar in ihrer Disposition und mit einem Blick zu erfassen sind, auch wenn es sich um die verwegenſten Stürze, um einen ganzen Knäuel von Menschen, die in der schönsten Prügelei sind, oder etwas Aehnliches han delt. Die Gesten, die er seinen Helden giebt, sind so charakteristisch wie ihre Physiognomien geiſtrich erfaßt. Die nur so hingeworfenen Linien haben eine völlige Beherrschung der Formen und diese eine beweihräucherung, und er flocht Citate in seine Rede so falsch, als ungeheure Sicherheit der Beobachtung und des Gedächtnisses, das Friedmann endlich fertig war, zeigte es sich, daß die Tugend doch ob er Redacteur der„ Voffischen Zeitung" wäre. Und als Herr die Hauptlinien festhält, zur Vorausseßung. Wie gut schon der Knabe beobachtet hat, das zeigt seine kleine Selbstbiographie, aus und die neneste Acquisition des Bunten Brettl durfte sich dreimal kein leerer Wahn ist; man flatschte aus Kollegialität wie toll Beifall, der hervorgeht, daß gerade die Typen seiner Umgebung während seiner Kinderzeit in seinen Arbeiten wiederkehren. Eine spaßhafte gerührt vor dem Publikum verbeugen. Einzelheit ist bezeichnend. Er erzählt da von einem Wirt, der lederne Klapppantoffeln und eine gelbgrüne Joppe trug, die das hintere Mienenspiel seiner blaßblauen Hose nur selten zu bemänteln suchte". Das ist das Motiv, das er so viele Jahre später in Herr und Frau Knopp" in einer Reihe von Zeichnungen höchst ergötzlich ausgeführt hat.
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ich find es besonders, Ihr beichtet Fremde Sünden. Was will es Euch. helfen? Mich dünket, es wären Eurer eignen genug."
lichen Dingen, von der Streberei in Amerika und daheim, vom Der vielgereifte Rechtsanwalt von ehedem sprach von allen mögProzeß gegen den Studenten Fischer, von Seceffion und Selbst
Stück Barbarentum,
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Theater.
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Berliner Theater.( Sondervorstellung.) Der bestrafte Es ist eines der vielen Symptome für die auf dem dramatischen GeBrudermord oder Prinz Hamlet von Dänemart. biet jetzt herrschende Dürre, daß ein so findiger Kopf wie Lindau Es ist eine eigne Welt, die in Wilhelm Buschs Karikaturen sich Kuriositäten, die, ohne allen tünstlerischen Wert, nur durch historisches in den Sondervorstellungen seiner Bühne auf allerhand antiquarische vor dem Leser aufthut. Dinge, die im gewöhnlichen Leben ein Den drei, ein wenig fad furchtbares Unglück sein würden, werden behandelt als bedeuteten sie Interesse wirken sollen, zurückgreift. gar nichts; was uns in Wirklichkeit recht tragisch erscheinen würde, moralisierenden Dialogen des alten Klassikers Julian ist jezt ein wie er in der dient hier dazu, uns zu belustigen. Der Dichter trägt sie auch vor, der entgeistete Hamlet, von wandernden engohne eine Miene zu verziehen. Er hat selbst einmal sehr fein weiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bemerkt, daß so ein Konturwesen sich leicht frei von dem Geseze und Staatsaktion aufgeführt wurde, gefolgt. Ein kleiner einleitender lischen und deutschen Schauspielern in Deutschland als Hauptder Schwere macht und, besonders wenn es nicht schön ist, viel aushalten kann, eh' es uns weh thut; man sieht sich die Sach' Vortrag des Oberregisseurs, Herrn Halm, orientierte über das Historische. und schwebt derweil in behaglichem Selbstgefühl über Manuskript eines Shakespeare für die deutsche Bühne„ bearbeitenden" Den Text hat das zufällig erhalten gebliebene den Leiden der Welt". So scheint es uns erklärlich, daß Schmierendirektors geliefert. Die Reden, die man zu hören bemanches, was genau betrachtet, eigentlich als brutal erscheinen müßte, Wie weit sonst in der nicht im geringsten verlegt; es fehlt ihm, infolge der farifierenden tommt, sind also von garantierter Echtheit. Uebertreibungen, die ein ernsthaftes Mitempfinden gar nicht auf- Inscenierung( die bei aller Einfachheit dennoch zu nobel schien) kommen lassen, die Schwere des wirklichen Geschehens. Es ist aber und in der Vortragsweise der Ton der Beit getroffen sein eine merkwürdige Einheitlichkeit des Stils in diesen Versen, die die mag, läßt sich natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen. schrecklichsten Geschichten gelassen hinerzählen, den Bildern, die den hatte man sich nur an das Allgemeine, was über das damalige Text sehr deutlich illustrieren, und in der ganzen Erfindung der Theaterwesen berichtet ward, halten können. So wurde der Wechsel des Schauplatzes allein durch das Auf- und Abroffen der immer schneller aufeinander folgenden Situationen, der drängenden Hintergrunddekoration markiert; so traten die alten Dänen in den Fülle der Bilder, die stets neue Ueberraschungen bieten. Es find für sich abgeschlossene kleine Kunstwerke, für die der Kostümen des 17. Jahrhunderts, die Damen in artigen Reifröden, Vergleich mit der Spieluhr sehr passend ist. In dieser eignen die Herren, je nachdem, in Wadelstrümpfen oder Reiterstiefeln, einige fleinen Welt herrschen zwar dieselben feelischen Triebfräfte wie auch ausgerüstet mit Pistolen und Karabinern auf; so gaben die Schauspieler wohl acht, wie es damals auf der Bühne als aber die körperlichen unsrer großen, Begleit- und Folge- Erscheinungen entwickeln sich sehr viel träftiger und legen die Norm der Schönheit galt, sich recht symmetrisch zu gruppieren und Folge- Erscheinungen entwickeln sich sehr viel kräftiger und legen die in schuldiger Achtung vor dem Publiko gradaus in den Zuschauerersteren dadurch deutlicher bloß. Diese kleinen Werke jezt der Künstler in Bewegung und es ziehen Bilder an uns vorüber, die in ihrer besondren Art doch auch Bilder des Lebens find.
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Es schien mir heute angebracht, auf diese ernste und künstlerische Seite der Werke Wilhelm Buschs hinzuweisen. Daß sie lustig sind und daß man oft Thränen bei den komischen Schicksalsfügungen, die über seine Helden kommen, lachen kann, braucht nicht erst ausdie über seine Helden kommen, lachen kann, braucht nicht erst aus führlich erörtert zu werden; wer sie liest, wird das an sich selbst erfahren. Wohl aber mag mancher seiner vielen Leser nicht daran gedacht haben, daß diese lustigen Geschichtchen ihrem Schöpfer einen Ehrenplatz in der Geschichte der deutschen Kunst verschafft haben.
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oe. Frih Friedmann auf dem Ueberbrettl . Halb Moabit war Sonnabendabend in Herri Bauseweins Buntem Theater am Alexanderplatz versammelt. Ein ehemaliger Kollege, einst der berühmteste der Berliner Advokatenzunft, der vielbeschrieene Doktor Frizz Friedmann wollte sich leibhaftig auf dem Ueberbrettl produzieren. Das Schicksal hat dem Unglücksmann nach seinem Sturz arg mitgespielt; weder in Frankreich noch in Amerika war ihm das Glück hold, und es mag schon ein Stück Verzweiflung gewesen sein, das ihn nach seiner Rückkehr trieb, sich in die Hände eines auf Sensation versessenen Theaterdirektors zu begeben. Allerdings hat Herr Friedmann zum Komödiantentum Geschick, das bewies er, als er mit öliger Stimme fein, Evangelium" zum Besten gab. Er hatte sich
raum zu sprechen.
Hier
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Ein Prologus, in dem die Nacht drei Furien herbeiruft und die Herzen auf schreckensvolle Uebelthaten vorbereitet, leitet sehr stilAber was folgte, überbot doch noch gemäß das Drama ein. Sie Erwartungen. Alle, alle Federn waren dem Adler- Genius Shakespeares ausgerupft; mit watschelndem Gänseschritt, eine gräulich parodistische Mißgestalt, schreitet die Tragödia" einher. Nur die Thatsachen haben vor dem seligen Direktor und seinem Strogend in rotbädiger Gesundheit, mit Feldherrnstab und in prunt Publikum Gnade gefunden, was darüber, das war vom Uebel. voller Rüstung stolziert der Geist des gemordeten Königs( Herr Pittschau) bei hellem Lampenschein über die Bühne und teilt dem blondgelockten Hamlet eilig mit, daß ihm der Oheim ein fubtiles Gift" ins Ohr geträufelt. Hamlet ( Harry Walden spielte den ritterlichen Brinzen sehr lustig, mit einer unablässig wiederholten würdevoll fühnen Schwenkung des rechten Arms) läßt, wie der Geist verschwinden, Horatio Horatio Verschwiegenheit schwören. Ganz wie bei Shakespeare , tönt dann von unten des Geistes Stimme: Schwört!" Und jedesmal, wenn er die Stimme hört, ruft Hamlet voller Schrecken:" Was ist dieses"? Er, so wie der Geist und all die andern Personen sind keine Liebhaber von überflüssigen Worten. Nur Aphelia gegenüber, als er sich wahnsinnig stellt, wird Hamlet etwas gesprächiger und macht ihrem Geschlecht bitterste Vorwürfe, daß es mit Schminke, falschen Zähnen usw. die Junggefellen" verlode". Von Melancholie ist diesem Jünglinge nichts an zumerken. Ja, als er die Ermordung Gonzagos vor dem schuldigen Oheim hat spielen lassen und nach England geschickt wird, entledigt
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