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jetzt hatte er es wohl nach seinem Geschmack, da er näher zur aufgehört hatte, in den Nächten zu leuchten. Man schrieb Stadt tam. schon Ende Februar, und noch lag die Eisdecke blank da, so Dieses Ereignis empfanden Niels und Märta als Er- iveit das Auge reichte. Und alles war stumm. Das Meer leichterung, und es war wohl auch ihnen zuliebe herbeigeführt hatte sich verborgen, es war unter die Decke der Kälte geworden. Aber es brachte doch nicht die Veränderung mit sich, trochen, und seine starke Stimme schwieg. die Märta gehofft hatte. Es brach das Schweigen nicht, Da ging eines Nachts Niels hinaus auf die Felsenplatte welches über dem Zusammenleben der beiden Gatten lastete. vor dem kleinen Hause, das am weitesten draußen auf der Dieses Schweigen kam mit den Mahlzeiten, wenn das Essen Klippe lag. Der Wind heulte und pfiff um die Dachziegel, auf dem Tische stand, oder wenn sie nach beendeter Mahlzeit warf Niels Klumpen von Eis und Schnee ins Gesicht, und beisammen saßen. Es kam, wenn Niels im Hause saß und fegte den Hügel vor ihm von den tanzenden Flocken rein. schnitte und Märta ihren häuslichen Pflichten nachging. Niels hielt eine Laterne in der Hand, und der Schein derAber am sichersten kam es in der Dämmerstunde und den selben fiel auf seine erregten Züge. Als er sich gegen den langen Abenden, wenn der Wind um die Hausecken heulte Bind wendete, warf das Licht den Schatten des Mannes wie und das Meer schwarz war, mit weißem Schaum an den ein Riesengespenst hinauf auf den beschneiten Hügel, wo die Ufern. Da schlugen die Lichtwellen des Leuchtturms wie breite Beine wie zitternde schwarze Bänder lagen, während der Flammen gradlinig durch das Dunkel, und der Schimmer Körper und das Gesicht über das Hausdach stiegen und in den erhellte das kleine Zimmer, in dem sie saßen. Wenn sie zu Wolken verschwanden. Der Mann und der Schatten glitten weiter Bette gegangen waren und die Lampe gelöscht hatten, lagen über den Hügel hinab zum Dorfe. In den kleinen Gäßchen sie schweigend wach, und in bestimmten Zwischenräumen tam zersplitterte sich der Riesenschatten, zitterte auseinander und kroch diefes Licht vom Leuchtturm und wurde so stark gegen die zusammen. Und der Mann, der die Laterne trug, blieb vor Wand der Kammer geworfen, daß der eine das Gesicht des einem Fenster stehen und schlug hart gegen die Scheibe. andern sehen konnte. Es war, als säße drinnen in dieser Niels war in Aufruhr und er rief laut. Eine weibliche Lichtflut, wie in einer unsichtbaren Riesenuhr, ein ungeheures Stimme antwortete von drinnen und nach einer Weile Pendel, das auf der weiten Fläche des Meeres hin und her waren ihrer zwei, die beim flackernden Schein der Laterne schwang. Dieses Pendel maß die Minuten, die gingen, durch das Dorf gingen, hinauf über die schneeigen Klippen begrub die bergangenen in der großen, unerreichbaren Tiefe bis zur Landspite im Westen, auf der des Lotsen Heim lag. und rief neue hervor, die ihrerseits in der ungeheuren Um- Da traten sie ein, und, Verzweiflung im Herzen, stand armung der Bogen versinken sollten. Und während das Licht- Niels und hörte, daß die große Arbeit des Gebärens drinnen pendel, das kam und verschwand, Niels und Märta das Gefühl vom begonnen hatte. Ratlos stand er da und vor der Wirklichkeit Gange der Zeit gab, war es, als finge das Schweigen zwischen vergaß er etwas von den Gedanken, die ihn gemartert und ihnen an, beredt zu werden und sie ohne Worte einander die er nie hatte verraten wollen. Aber er hielt es nicht aus, näher zu bringen. Sie schliefen im Dunkel ein, mit dem drinnen zu sein. Er ging nur zum Bett hin und streichelte Schimmer seiner lekten Schwingung in den Augen und das die Stirn seines Weibes. Dann nahm er seinen schwersten Meeresrauschen im Ohr. Rock und wanderte hinaus in das Schneegestöber.
Aber wie gut auch der eine wußte, was der andre dachte, so war doch in Niels etwas, was arbeitete und kochte und wovon Märta nichts ahnte. Wohl wußte Märta, daß die Stunde, die sie lange erwartet, bald schlagen würde, und sie erbebte in der Angst vor dem, was dann geschehen sollte. Wohl bereitete sie Wäsche und Windeln, so gut es möglich war, im geheimen vor, damit Niels nichts zu sehen brauchte.
Niels ging nicht weit vom Hause fort. Er stieg hinauf zur Hütte des Lotsenausgucks. Dort stand die Thür offen, und dort, wußte er, konnte er allein sein. Er setzte sich drinnen nieder und schob die Luke beiseite, so daß er hinaussehen konnte.
Wie er dasaß, mußte er daran denken, was er gefühlt haben würde, wenn es nun sein Kind gewesen wäre, das Denn fie ahnte, daß er es nicht sie beide erwartet hätten. Er ballte die Hände vor Vorertrug, daran erinnert zu werden. Aber dennoch wußte bitterung, aber er drängte den Gedanken weg und versuchte, sie nicht, daß es der Gedanke an diese Stunde war, und das Gefühl aufzubauen, das ihn einmal gerecht und weich besonders an das, was darauf folgen sollte, der Niels' Zunge gemacht. Und wie er dasaß, dünfte es ihn, daß er es verband und ihn tagaus tagein in stummen Grübeleien an ihrer mochte und daß der Ingrimm, der so lange in ihm gegärt, Seite figen ließ. Sie wußte nicht, daß in Niels gegen jenes gedämpft ward und andern Gefühlen Play machte. In der neugeborene Kind eine Raserei wuchs, gegen die er kämpfte Erinnerung sah Niels, wie er einmal zuvor einsam gesessen, wie gegen einen Dämon. am selben Morgen, an dem Märta ihm gesagt, wie alles stand, und wie er fühlte, daß sich die Wellen des Bluts zur Ruhe legten und der Sonnenschein die harte Schale seines Bornes und seiner Verachtung durchbrach.
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Niels fühlte in seinem Herzen, daß er es nie ertragen würde, dieses Kind zu sehen, das er anerkannt, aber das nicht sein war. Und hier halfen weder Gedanken noch Vernunftgründe. Niels war wohl einig mit sich selbst, daß er so ge- Niels faß Stunde um Stunde und dachte an dies. Im handelt, wie er sollte. Oder richtiger er wußte, daß er Often zeigte sich schon die matte Röte, die den Tag verniemals anders hätte handeln können. Aber gleichzeitig fündigt, und in der Luft lag Sturm. Niels war es, als fürchtete er das, was kommen sollte, so wie der Mensch hätte er gerade so, wie er jegt saß, damals gesessen- an das Schicksal fürchten kann, das er selbst auf sein Haupt jenem unvergeßlichen Tage, als der große Entschluß gefaßt herabbeschworen. Er fühlte Haß gegen dieses Kind, wurde, als er trotz allem Märta an sich band fürs ganze das noch nicht geboren war, und er war überzeugt, Leben. Er glaubte sich zu erinnern, was er gedacht, gefühlt, daß das Kind eines andern das Heim zerstören gejagt und gethan von dem Augenblick an, als Märta gemußte, das für ihn selbst im Bau begriffen und noch nicht sprochen, bis zu der Stunde, in der er vor schmerzlicher Freude bollendet war. bebend auf den Knien vor ihrem Bette lag. An alles erinnerte Und inzwischen schritt der Winter vorwärts. Er kam er sich. Er konnte jedes Wort sagen, jedes Gefühl aufs neue mit Nordwind, Eis und Schnee. Seit Jahren konnte man sich an einen solchen Winter auf der Westküste nicht erinnern. Er fesselte die zornigen Wellen des Meeres unter einer Decke von Eis, und meilenweit ins Meer lag die Eisdecke fest. Die Leute auf den verschiedenen Schären besuchten einander, zu Fuße gehend oder Schlittschuh laufend. Es wimmelte von fremden Besuchern auf der Sonnenschäre. Fischerei, Lotsenfahrten, Frachtenbeförderung- die ganze Arbeit der Schären lag danieder, und auf Meilen im Umkreis hatte sich die Inselgruppe in einen Ort verwandelt, wo man Umgang pflegte und Besuche machte Handel trieb und seinen Vergnüguugen nachging, mit einem Worte, in einer Weise Festland spielte, wie die jungen Menschen es wohl schildern gehört, aber nie in Wirklichkeit mitgemacht hatten.
Niels und Märta wohnten zu weit abseits, um eigentlich bon dem Leben berührt zu werden, das im Dorfe geführt wurde. Der Unterschied für sie war eigentlich nur der, daß Niels jest nie auf Lotfenfahrten fort war und der Leuchtturm
empfinden, und Worte und Gefühle stiegen auf starten Schivingen in ihm empor. Seine Brust hob sich frei, und was Niels nun empfand, fegte die Grübeleien aus seinem Sinn, nahm den wahnwißigen Haß gegen ein unschuldiges Kind mit sich und machte ihn zu einem neuen und stärkeren Menschen. Er hatte noch einmal dasselbe durchlebt, und er empfand es als ein Wunder.
Von demselben Gefühle getrieben, das ihn einmal schon zurückgeführt, als er in die Frre gegangen war, erhob sich Niels, und es war ihm, als schaufelte sich das Eis feld vor seinen Augen. Wie er es einmal zuvor gethan, so wollte er es jetzt machen. Er wollte in die Rammer treten und in Märtas Ohr Worte flüstern, die ihre Qual leicht machten, Worte, die ihr helfen sollten, zu tragen. Es fand sich in ihm keine Härte mehr. Die Worte zitterten auf seinen Lippen wie Thränen.
Er ging mit raschen Schritten über die Klippen und blieb vor der Thür stehen, um zu horchen, ob er von drinnen