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( Nachdruck verboten.)
heute, diesen Morgen, Rügleben wieder zu Recht bringen?" Meister
Eines lutherischen Kirchenpfeilers hatte nämlich den Auftrag, Rügleben der Tortur zweiten Meisterschaft in der Punktierkunft. Fleisch aus dem Rücken zu reißen. In derartigen kanibalischen
Grades zu unterwerfen, mit der Verschärfung, ihm dabei ein Stück Naffiniertheiten war August überhaupt Meister. So hatte er im Juli 1885 mit Hilfe der Punktierkunst ohne irgend einen andern Beweis herausgefnobelt- daß die Frau seines Rates Hans v. Taubenheim ihm eine erschreckliche Leibesschwachheit" angehert habe. Dafür ließ er die alte Bettel" verbrennen, nachdem sie vorher auf der Folterbank zerrissen" worden war; nach seiner gottseligen Ausdrucks weise bestand letzteres in einem„ dehnen lassen, daß man ihnen die Kaldannen im Leibe sehe."
von Punktierungen wegen der zweiten Heirat des Prinzen von Oranien , der seine erste Gemahlin, eine Nichte August's, zu Gunsten der Charlotte von Bourbon , Tochter des Herzogs von Montpensier, verstoßen hatte; wie August glaubte, auf Veranlassung des ihm verfeindeten reformierten Pfalzgrafen zu Heidelberg . August's Zorn dar über äußert sich in so unflätiger Weise, daß man die bezüglichen Stellen feiner Bunftierbücher nur im Original mitteilen fann, wo sie denn für uns einigermaßen naiv flingen:" Sft des prinzenn vonn Uranien wehb, so er iczo hatt, ehne h... geweffen, als er sye genummenn? urteylle ich, das dysse fraw aus ursachenn, das she shch bei
Die Geomantie oder Punktierkunst, einstmals eine der verbreitetsten Formen menschlichen Aberglaubens, ist heute den meisten wohl nicht einmal dem Namen nach bekannt. Hier und da werden fich aber in zurückgebliebenen Gegenden unter dem Volke doch noch populäre Anweisungen zu dieser Art, Zukünftiges, Ungewisses und Verborgenes zu erkunden, umhertreiben. Es ist das eine mächtig Tomplizierte Sache, in deren Einzelheiten einzudringen heute gänzlich interesselos ist. Kurz gesagt, handelt es sich darum, In einen Abgrund von Gemeinheit schaut man bei Gelegenheit aus Punkten, die in ungezählter Menge hingeworfen und in gewisse Zusammenstellungen gebracht werden, das ge wünschte Resultat herauszulesen auf eine Methode, die dann gerade so zuverlässig ist, wie wenn man zum Beispiel an den Knöpfen abzählt, was man in zweifelhaften Fällen thun foll. Das hindert aber nicht, daß noch im 16. Jahrhundert neben geringeren Größen auch der flügste und gebildetste deutsche Fürst seiner Zeit, Kurfürst August I. von Sachsen( 1553-1586), mit noch größerem Eifer als Bauberei, Sterndenterei und Goldmacherei die Bunktierkunst gepflegt hat. Allein aus vier Jahren sind uns über 5000 Bunftierungen von ihm erhalten, und das will bei dem zeit- ihren eltternu von jugent auff lygens und stellens beslissen und raubenden Charakter dieses Humbugs viel besagen. Im ganzen sych dorinn weydlich gebrauchtt, aller ihrer hab und gutter Tegen von Augusts Beschäftigung mit der Punktierkunst nicht weniger vorluſtick gemachtt und von ihren elternn inn ehn floster gestoßen als 30 mächtige, handschriftliche Folianten Zeugnis ab. wordenn, in wellychem she große h getriben und doraus Darin möchte man mun bloß schätzenswertes Material zum wyder ihrer elternn wyssen und wyllenn entlauffen, und auff das Einstampfen oder zu noch edleren Zweden erblicken. Aber das hieße heylige haus Heydelberd tummen, aldo she wegen ihrer christlichenn vorschnell urteilen. Thatsächlich stellen nämlich Augusts Punktier- relygion und ihres keuschenn wandels und lebens halbenn herlych bücher ungemein wertvolles Material für seine geschichtliche auffgenummen und von do aus sych mitt dem Hauptt aller schelmenn Würdigung dar. Sie sind, wie einige Auszüge daraus zeigen und auffruter, wellicher denn keynes besseren weybes wertt, sych werden, vor allem durch die den Prophezeiungen und Auskünften vormeltt und in eine conjunction der h und buben sych be
nachträglich beigefügten thatsächlichen Erläuterungen hervorragend geben." Das alles ist aus dem kurfürstlichen Daumen gesogene offenherzige Bekenntnisse einer ungewöhnlich schönen Seele. Wir Berleumdung.
C.
sehen da einen Menschen nadt, ohne ministerielle oder anderweitige Diese Proben von Augusts I. Punktierkunst genügen wohl, um Bekleidungsstücke, von dem auch die hösische Geschichtsschreibung mur den frumben Vorkämpfer des Luthertums in seinem wahren Wesen zu rühmen weiß, daß er der erste große Staatswirt unter den erkennen zu lassen. modernen deutschen Fürsten gewesen. Wirklich war er ein tüchtiger Finanzmann, aber nicht im Staats, sondern im Familieninteresse; er sah in Sachsen sein möglichst rentabel
zu
Manche der Fragen freilich sind ziemlich harmlos. Da heißt es 3. B. Hat die fürstliche Witwe zu Weimar das Zipperlein betommen?"" Sind die glatten oder rimzligen Borsdorfer( Aepfel) am besten?"" Ist es wahr, daß ein Knabe in der Grafschaft Holach allerlei giftige Tiere ohne Versehrung esse?" Nicht ohne humoristischen Beigeschmack ist die Erörterung der Frage: Werde ich auch meine Schulden vom Kaiser auf den Termin, wie mir zu
gesagt, bezahlt bekommen?" Das fi date ſpricht sich nicht eben
Kleines Feuilleton.
machendes Landgut. Aber er var nicht bloß ein - Aus dem Leben eines Peers. Der Frankfurter Zeitung großer Schinder seines Volkes, sondern auch eine feste Säule des wird aus London unterm 17. Mai geschrieben: Augustus Arthur Luthertums. Die Herren vom protestantischen Bund freilich, die einen Perceval Earl von Egmont wurde zusammen mit einer elegant ges Beruf daraus machen, gegen die katholische Intoleranz mit der pro- fleideten Dame Namens Lina Perceval in der Nacht vom Donnerstag testantischen Duldsamkeit zu Felde zu ziehen, verabsäumen es zum Freitag um balb ein Uhr im Piccadilly betrunken vorgefunden schmählich, wenn auch nicht ohne Grund, dem teuren Glaubens- und, da sich das Paar nicht weiterbewegen konnte und eine Menschenhelden die gebührende Würdigung angedeihen zu lassen. Denn er ansammlung entstand, verhaftet. Lina Perceval, von der man nicht ist mit seiner grausamen Verfolgung der Calvinisten, der Reformierten, weiß, ob sie nur zufällig denselben Familiennamen führt wie der der beste Beweis dafür, daß der Protestantismus von Haus aus Earl, hatte eine Stunde nach ihrer Verhaftung versucht, sich genau so unduldfam ist wie die alleinfeligmachende Kirche. Dabei im Polizeigefängnisse von Vine Street mit einem Taschen war ihm sein Eintreten für das unverfälschte Luthertum feineswegs tuche zu erdrosseln und war deshalb auch des Selbstmordbon religiösem Fanatismus eingegeben, sondern von der Staats- versuches angeklagt, da Selbstmord nach englischem Geseze raison, von der selbstüchtigen Gefingstyrannei eines absoluten ein strafbares Verbrechen ist. Der Polizeirichter von MarlHerrschers, der in der Religion bloß ein Regierungswertzeng er borough Street entließ Lina Berceval trotz der doppelten Anklage blickt. Was für ein angenehmer Vertreter dieser Wettiner war, das ohne Strafe. Ihr Begleiter, der Earl, hätte es vorgezogen, der Vorlehren feine Punktierbücher. ladung vor dem Bolizeirichter gar keine Folge zu leisten. Der Earl von Egmont ist Mitglied des Oberhauses, Patron von acht Pfarreien und führt außerdem die Titel Biscount Perceval und Baron Lovell und Holland ". Ein Ahnherr seines Geschlechtes, Ascelin Gouel de Perceval, tam mit Wilhelm dem Eroberer nach England herüber und seiner Familie gehörte auch der englische Premierminister Spencer Perce val an, der im Jahre 1812 im Unterhause erschossen wurde. Der jetzt wegen Betrunkenheit verhaftete achte Earl Egmont hat schon meri würdige Erlebnisse hinter sich. Er ist 1856 in Neuseeland geboren günstig aus, aber August tröstet fich damit: Jedoch ist mehr Hoff- und ist jahrelang auf Handelsschiffen Matrose gewesen. nd ift jahrelang auf Handelsschiffen Matrose gewesen. Dann ming zur Bezahlung als zur Nichtbezahlung." Späterhin ift er in die Londoner Feuerwehr eingetreten, die sich vorzugs. stellte sich dann heraus:" Darauf ist erfolgt, daß man weise aus Seeleuten rekrutiert, und in seinem ersten Dienstjahre gern bezahlte, wenn man's hätte." Nicht wenig enttäuscht als Londoner Feuerwehrmann heiratete er eine Buffettdame der mag er gewesen sein, als feine Tochter, die Pfalzgräfin, von unterirdischen Eisenbahn- Station in Sloane Square. Vom Feuers der er auf Grund seiner Punktierkunst erhoffte, fie werde einen Sohn wehrmann avancierte der damalige Viscount Perceval zum Hausgebären, mit einem Mädchen in die Wochen kam. meister des Stadthauses der Londoner Gemeinde Chelsea . Harmlos flingt auch die Frage: Wein oder Bier? Soll man JIn dieser Eigenschaft machte der künftige Garl zum erstenmal ihm in seinem Durst eher Wein oder Bier zu trinken geben?" In in der Oeffentlichkeit von sich reden. Im Stadthause fand eine Wirklichkeit aber hat es darum eine schauerliche Bewandtnis. Mit politische Versammlung statt, die sehr lärmend wurde, und der adlige dem ihm" ist nämlich Dr. Craco gemeint, einer der„ Krypto- Hausmeister stellte dadurch Ruhe her, daß er die Mündung des Feuerlösch calvinisten" oder Geheimreformierten, die der Kurfürst auf die Folter- Schlauches auf die politischen Gegner richtete. Einer der vom kalten bant spannen ließ. In seinen unfäglichen Qualen, che ihn der Tod Wasserstrahl am meisten betroffenen Bolitiker zeigte den Hausmeister erlöste, flehte der Arme beständig um einen Trunk Wein. Der er- und Viscount bei der Polizei wegen Körperverlegung an, und als barmungslose Kurfürst aber ließ ihm hartnäckig bloß Bier ver- diese Anzeige keinen Erfolg hatte, verlangte er vom Gemeinderate abfolgen. Wie er auch sonst mit seinen Widersacheru umsprang, von Chelsea Schadenersatz für seinen durchweichten Anzug. Es gab dafür ist das bekannteste Beispiel das völlig rechtlose Verfahren deswegen stürmische Scenen im Gemeinderate von Chelsea, und der gegen den Oberjägermeister von Rügleben, der, wegen gröblicher Hausmeister des Stadthauses kündigte seine Stellung.Er konnte dies thun, Majestätsbeleidigungen denunziert, von August den ausgesuchtesten da er gleichzeitig eine Summe von 8000 fd. St. geerbt hatte. In dem Folterqualen unterworfen wurde, um das gewünschte Geständnis Monate vor Niederlegung des Hausmeister- Amtes hatte sich der zu erpressen. Die Punktierkunst hatte ihm die Schuld des Unglüd- spätere Earl noch den Scherz gemacht, plöglich alle Lichter im lichen gewiß gemacht; weiter heißt es in den betreffenden Wälzern zum Beispiel:" Wird Rürleben in der Tortur vorhalten? Darauf ist erfolgt, daß er fich gar nicht angreifen lassen, sondern ftracks bekannt." Der Angeklagte nahm die Aussage aber nachträg lich zurück, und so stoßen wir auf die Frage: Wird Meister Kunz
Stadthause auszudrehen, während ein Ball darin stattfand. Seinen Abschied vom Stadthause feierte der Biscount damit, daß es eines Tages alle in der Nähe wohnenden armen Leute in einem eigens gemieteten großen Saale mit einer üppigen Mahlzeit bewirtete. Mit dem Nest der 8000 Pfund Sterl. erwarb der Biscount erst eine