MnterhaltungMatt des Horwärts103. Freitag, den 30. Mai. 1902Malbdrit» oerboten.)23} De« Msnksinsnn.Roman von Hall Caine. Autorifiert» llebersetzunz.Philipp fand das Melliahfeld. Zwei Dichend Arbeiter.Männer, Frauen und Kinder, ein Wagen und ein paar Pferdehatten sich darin verstreut. Wo am Tage zuvor dasKorn geschnitten worden, waren die Stoppeln über Nacht miteinem dichten weißen Netz von Spinnweben überzogen, dasbis jetzt weder von der Sonne noch von dem Tritt einesMenschen zerstört worden war. Es roch nach frischem Stroh.die Krähen krächzten in der Schlucht, die noch stehende Gersterauschte im Winde, die Sensen mähten, die Sicheln blitzten.während die Schnitter sich niederbeugten und wieder in dieHöhe richteten; andre banden mit kräftigem Schwung dieGarben zusammen, die Räder des Erntewagens knarrten, derlochende Kopf eines Kindes guckte aus einem Garbenhausenhervor wie ciu Vogel aus dem geborstenen Ei, und ein rot-gekleidetes Mädchen, das Philipp erkannte, obschon es andem fernsten Zaun stand, schwenkte das Kornseil, womit siejemand unten zuwinkte.Philipp sprang in das Feld und wurde von allen dortarbeitenden Frauen, mit Ausnahme Käthens ergriffen, mitStrohseilen festgebunden und erst wieder freigegeben, nachdem er den Zoll des Eindringlings entrichtet und sich los-gekauft hatte.„Aber ich bin gekommen, um zn helfen," wendete erein, und Cäsar, der über die letzten Erntegefchäste nach-dachte, wies ihm seinen Platz neben Käthe an und gab ihn,eiire Sichel.„Er ist ein David und wird Taufende niederwerfen."sagte Cäsar. Tann, weithin über das Feld blickend, rief er:„Ter Vellabeg muß der vorderste sein, er ist ein Mann wievon Eisen; die alte Grete mag ihm zur Seite bleiben, derrote Jakob soll die Nachlese halten, und Robert hinter Mollymit dem Wagen folgen. Nun vorwärts, Leute, ans Werk,beugt den Rücken und nieder mit dem Korn."'Käthe hatte nicht aufgeblickk, als Philipp aufs Feld kam:sie hatte ihn aber wohl gesehen und fuhr ein wenig zusammen. als er in Hemdärmeln neben ihr Platz nahm. Ersagte ihr ein paar herkönimliche Redensarten, die sie kaumbeantwortete, und dann hörte man nur noch die Sicheldurch das Korn rauschen. Sie arbeitete eine Zeitlangstetig fort, und er blickte zuweilen nach ihr hin nud sahihre runden Arme, ihre biegsame Taille, ihren festen Fußund die straffeu roten Strümpfe. Zwei Schmetterlinge:die in der Lust herumflatterten, spielten um ihren Sommer-Hut, und ein Marienkäfer hatte sich ihr aufs Handgelenkgesetzt.Eine Rnhczeit ward ausgerufen, als Nancy Joe durchdas Gatter kam, einen Korb mit Flaschen und eine Kannetragend.„Der Leib ist ein ttebclthäter, der frühere Wohlthat ver-gißt," sagte Cäsar.„Esset und trinket."Darauf bildeten die Männer eine Gruppe um das Bier,die älteren. Frauen tranken Thee, die Kinder, die sich zu-amnten scharren, erhielten Buttermilch, und die jüngerenFrauen, die Säuglinge hatten, liefen mit zartlickym Liebes-rufen au den Zaun, wo die Kleinem sich selbst überlassen undcnigemiraüiit dalagen und entweder m ihren Umschlage tüchernschliefen oder wach auf dem Röcken Hegend nach der wunderbaren Wildnis vou Gänseblümchen grapsten, die neben ihnenemporwucherte u. Alle aber stimmten ein gemeinsamesGeschrei an, als sie die Mütter erblickten, die herzlich stohwaren, ihnen die Brust zu geben, an der sie zu trinkenbegehrten.Die Krähen krächzten in der Schlucht, auch war enistarkes Gesumme der Bienen vernehmbar, und eine Gesellschaftvon. Staren. die im Sonnenschein wie Heringsschuppenglitzerten, flog über ihren Köpfen dahin.„Sie geben uns eine Lehre," rief Cäsar.„Sie gehen zu-sammeu. über das Meer; ans Erden aber sind manche, dieselbst in den Himmel allein eingehen möchten und sich freuenwürden, wenn sie dort ganz für sich und Hahn im Korbewären."Käthe und Philipp standen noch, wo sie gemäht hatten.und unterhielten sich, ohne sichtbares Interesse, einfach undruhig mit einander, während die Arbeitsleute über siesprachen.Zuerst die Männer:„Er führt seine Sichel aber doch wieein Mann."—„O, jedenfalls ein tüchtiger Bursche."—„Gebt ihm nur Raum und er wird seine Sache machen,während andere ans der Bärenhaut liegen."Hierauf die Weiber:„Sie glänzt wie eine Zinnschüsfel,und wenn sie des Gouverneurs Tochter wäre, sie könnte nichthübscher sein."— Auch hat sie ein gutes Herz. Erst letzteWoche hat sie Nachricht von Petes Tode bekommen und sehtmir den roten Unterrock an." Und schließlich Männer undWeiber zusammen:„Laß sie nur gehen, Mutter,'s ist derabscheuliche Roß, der das Mädchen verdirbt."—»Nun. wennich ein Mann wäre, so wüßte ich. was ich thäte."—„Würbenicht trauen. Aber dem Cäsar glückt alles. Der Herr istmit ihm und das Mädchen wird doch noch die Wahl haben."!—„Die Frommen bringen's am weitsten in dieser Welt,'sist als ob man mit einem alten mankifcheu Schilling in eine«Laden geht; man kriegt seinen Peuuywert Zuckerkant undnoch zwölf Pence heraus."—„So reiche uns mal den Krugher. Junge. Nichts mehr darin? Ja. Cäsar ist wunderbari fromm, aber es giebt nie viel zn trinken bei ihm."Cäsar, der die Garbenhausen durchschritt, kam an Philippund Käthe vorbei.„Wird es viel ausgeben, Mr. Cregecn?" fragte Philipp.„Möglich acht Bolls, der Morgen. Stroh aber kaum derRede wert." antwortete Cäsar.„Nun, Jungen, legt die letzteHand an— Ende gut. alles gut."Die Arbeiter singen aujs neue an und dt« Sichel desBormaunes sauste durch die Luft, als er sich schwer atmendund keuchend immer wieder bückte und los hieb, bis dasgrüne Gras, das sich Hücker ihm emporrichtete, nur noch einkleines Dreieck gelben Korns übrig ließ. Dte zweite Reiheder Arbeiter schnitt mit der ersten um die Wette, so daß vonder ganzen Ernte von Glenmoor bald nichts mehr standals ein kleiner Streifen Aehren, etwa eine Elle lang.Jetzt hielten die Vormätmer im«; alle Mäher des Feldeskamen heran und warfen ihre Sicheln in einem engenKreis auf den Boden, daß es aussah wie eine Garbe vonMondsicheln.„Run gilt's der Melliah". rief Cäsar.„Wer soll Königinfein?"Alles rief„Käthe!" Und sie kam lebhaft herbei, nochimmer frisch, wenn auch warm von der Anstrengung undrosig wie das Nachglühen des Sonnenunterganges, wenn dieSchatten im Westen länger werden.„Schlag sie von den Füßen herunter, Kllth", schrie NancyJoe. und Käthe zog eine der Sicheln heraus, schwang denlinken Arm über das noch stehende Getreide und legte miteinem einzigen Streich ihrer Rechten die letzten Aehren aufden Boden hin.Da entstand ein großes Freudeugefchrei.„Harra, hoch,es lebe die Melliah!" Es tönte weithin durch die Schluchtund hallte von den Bergen wider. Graunie hatte es untenim Thale gehört und sagte vor sich hin:„Casars Melliahist gethan."„Nun haben wir, gelabt sei der Herr, das reise Korn ein-gesammelt," sagte Cäsar.„Was aber wird bei der großenErnte den unreifen Christen geschehen?"Käthe hob ihre letzte Garbe empor und band sie miteinem Stück blauen Bandes zusammen, und Philipp pflückteJakobskraut vom Heckenzaun und reichte es ihr hin, es insBand zu flecken.Nachdem das geschehen war. ging die Melliahkönigin, diefühlte, wie Philipps Slugeu ihr folgten, wieder zurück, währenddie älteste Mäherin vortrat.„Ich habe eüi Krommstück hier, das lange genug inmeiner Tasche gewesen ist, Joney," sagte Casar, sich groß-mutig gebärdend, und er gab der Frau die herkömmlicheSpende. Sie war ein ängstliches, schüchternes Geschöpf mitrunzeligem Gesicht und trug einen kurzen blauen Rock, unter