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andre Wagen sich an, bis sie eine lange Reihe bildeten. Der Aus diesem Zug erschafft die Phantasie des Lesers das Antlik deut Bischof wartete am bischöflichen Palast; es wurde für ihn licher, als es bei einer noch so ausführlichen Einzelbeschreibung unmittelbar hinter dem Wagen des Gouverneurs Platz ge- möglich wäre. Wie täglich muß da jede Schauspieltunst, und wäre macht. die Darstellerin die hübscheste, die schminkkundigste und in jeder Beziehung eine Virtuofin der Nachahmung, hinter dem Originalbild, das der Dichter zeichnet, zurückbleiben! Und wie ums Aeußere, so steht's ums Junerliche der Gestalt. Das beste in der Erzählung ist eben das, was jeder Bühnennachahmung sich von vornherein völlig entzicht.
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( Fortsetzung folgt.)
Kleines Feuilleton.
Ein Künstlerstreit. Zwei norwegische Maler, der bekannte Seceffionist und Symbolist E. Munch und sein fünstlerischer Gegenpol, der sich stets im Rahmen der typischen Thatsachen" haltende, auf dem Kunstmarkt wohl angeschriebene v. Ditten, leben seit einiger Zeit in erbitterter Fehde. Diese führte öfter schon zu fern haften Wechselgesprächen, deren Ausartung zu Thätlichkeiten mur durch wohlmeinende Freunde verhindert wurde. Eines schönen Tages aber, so erzählt man den Münchener Neuesten Nachrichten", war Ditten so unvorsichtig, vor seiner neu erworbenen Villa in Aasgardstrand Posten zu fassen, um seinen gegen über wohnenden Widersacher ein wenig zu ärgern; mun war endlich der ersehnte Augenblick der Schlußabrechnung gekommen. Der Impressionist erfchien am offenen Fenster, in der einen Hand ein aufgefchlagenes Stizzenbuch, in der andren einen scharf geladenen Revolver von beunruhigendem Umfang, und forderte den tödlich erschrockenen Landschafter auf, sich gütigst zehn Minuten ruhig auf dem Fleck zu halten, damit er eine hübsche Karifatur von ihm malen tönne. Der" Typische" kam der peinlichen Einladung mit schlotternden Knien nach, gelobte sich aber im stillen, blutige Rache zu nehmen. Als beide am nächsten Morgen auf öffentlichem Markte aufs neue zusammenprallten und Ditten seinen Gegner zur Rede zu stellen versuchte, ergriff Munch, der darauf nur gewartet zu haben schien, Dittens silberbezwingten Spazierstock und verabfolgte ihm eine ausführliche Tracht Prügel. Dic um stehende Menge fonnte natürlich eine so schöne Gelegenheit unmöglich vorübergehen lassen und schlug alsbald mit vereinten Kräften teils auf die Ditten zu Hilfe gerufene Polizei, teils auf Ditten selbst los. Nachdem die allgemeine Balgerei eine Beits lang fortgedauert hatte und mittlerweile eine entsprechende Anzahl Fensterscheiben durch umberfliegende Stöcke, Bierflaschen und andre gefällige Geschosse eingeworfen war, fand es die Ortsbehörde von Aasgardstrand angezeigt, mit kräftigerem Geschütz aufzufahren. Eine große Handspriße der Feuerwehr wurde heimlich nach einem nahegelegenen Hofe geschoben, dort mit Wasser gefüllt, worauf ein Diener der hl. Hermandad hinter einem schützenden Bretterzaune hinweg den Leitungsschlauch in Thätigkeit treten ließ. Bis auf die Haut durchnäßt, zog sich männiglich alsbald in seine Reviere zurück, während der unglückliche v. Ditten spornstreichs zum Kadi lief, um diesem sein Leid zu melden. Damit war für einst weiligen Waffenstillstand gesorgt. Die Christianiaer Künstler Bohême hat es sich nicht nehmen lassen, Munch nachträglich eine bes geisterte Huldigung zu bereiten, während v. Ditten sich bis auf weiteres damit begnügen muß, in sämtlichen Witzblättern der Residenz als Held des Tages verwendet zu werden.
Theater.
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Die Handlung" hat bereits in der Novelle an mancherlei Stellen etwas Schleppendes, zuweilen selbst künstlich Konstruiertes. Auch scheint sie hier und da zu klein für die Länge der Erzählung. Aber der bilderreiche Humor, die Junigkeit, die ebenso heitere wie tiefe Psychologie in der Charakterentwicklung der Heldin hilft leicht darüber hinweg. Ja der bequeme Schlendergang hat seine eignen Vorzüge. Es eilt wirklich nicht so, daß die Heiterethei unter die Haube tomme! Auf der Bühne ist alles anders. Wohl oder übel rückt da die" Handlung" in den Vorders grund, und all das üppige, freie Phantasie Gerant, das in den Nahmen dieser„ Handlung" nicht hineinpaßt, wird ges kappt. In drei Aften, oder zweieinhalb Stunden, muß das Kunststück gelöst werden, daß die eigensinnige Heiterethei dem eigensinnigen Frizz Holder um den Hals fällt. Was zu diesem Schlußeffekt in Bes zichung, ihn fördert oder ihn als feindliche Intrigue kreuzt, das muß, so oder so für Bühnenzwecke zurechtgestußt, ins Stüd hinein, was sich nicht stußen läßt, bleibt eben draußen. Es ist ein unbarmherziges Nupfen, Biegen und Zusammenpressen. Kein Wunder, wenn Ludwigs frisch gepflückte Waldblummen in diesem künstlichen Drahtstrauß so ver welkt und duftios erscheinen. In der Sache selbst, vielmehr als etwa in einem besonderen individuellen Nugeschick des Herrn Welcker ist das gründliche Mißlingen das Theatralisierungsversuches begründet. Eine Bauernkumedie", nicht besser nnd nicht schlechter als es ihrer zu Dugenden giebt, ist so herausgekommen. Und die Heitereithei in diesem Werke sieht bei aller äußeren Uebereinstimmung von Worten und Handlungen sich selbst so wenig ähnlich, wie sie in der Novelle ihrer Schwester ähnlich sieht. Die Kraftproben, die Herr Welder fie auf der Bühne verrichten läßt, haben keine Spur von der naiven Ergöglichkeit der Schubkarrengeschichte, und der lachende, sorglose ebermut, um den wir sie am meisten lieben, kommt in dem Ges spinste der Theaterhandlung völlig zu kurz. Man weiß nicht recht, warum man sich für sie und ihre Heiratsgeschichte viel mehr intereffieren sollte, als für die irgend eines Broneli oder Marieli oder wie sonst brave und truzigliche Heldinnen in Bauernkomödien heißen.
Was das Stück immer noch über Waffer hielt, war die Auf führung. Aus den Possenfiguren der Ringwirtin und des angstvollen Schneidermeisters machten Frau Schramm und Herr Vollmer, was daraus gemacht werden konnte, Herr Stägemann war ein guter Fritz Holder, und Fräulein Lindner überraschte geradezu durch die herbe Straft, mit der sie die Hauptrolle gestaltete. Das spröde Wesen, die Energie und der Trozz kamen vorzüglich zum Ausdruck, nur mußte man eben nicht an das unnachahmlliche Urbild mit den goldbraunen Wangen und dem„ immerwährenden Erbleichen und Erröten" zurückdenken.
Der Beifall blieb nicht ohne Opposition. Auch die Kleine dramatisierte Humoreske Hochzeitsreife", von Herrn Böttcher und Fräulein Hausner flott heruntergeplaudert, brachte es zu teinem Erfolge.- dt.
Schauspielhaus.„ Die Heiterethei", Thüringer Boltsstück von Heinrich Welder. Die Hochzeitsreise", Freie Voltsbühne. John Gabriel Borkman ", Tragikomödie in einem Aufzug von Wilhelm Wolters . Schauspiel in vier Aufzügen von HeuritJbsen.-Das vorgenannte Daß einem, der Otto Ludwigs alte, behaglich- humoristische Thüringer Drama, dessen bedeutsame Aufführung am letzten Sonntage im Dorfgeschichte von der„ Heiterethei" liest, der Gedanke kommt, vie Metropol Theater vor dem Verein Freie Volksbühne statthii usch es wäre, das prächtig- frische Mordsmäd't mit dem tanz gefunden hat, nimmt unter Jbsens Werken eine besondere Stellung mäßig hüpfenden Spignamen, den tecken, selbstbewußten, eigen ein, sowohl in stofflicher, als auch in technischer Hinsicht.--Zunächst fimigen Spottvogel, der sich endlich doch in den Schlingen der Liebe frappiert diese großartige Tragödie des gründlich bankrott gefängt, leibhaft vor sich zu sehen, ihr munteres Gerede selbst mit wordenen Egoismus und kapitalistischen Menschheitsbeglückungsanzuhören, zeugt ganz gewiß von keinem schlechten Geschmacke. Es Ideals durch das in ihr verkörperte Berhältnis zu früheren, übergeht dem Leser nicht anders, wie all den Luckenbacher Mannstenten, wundenen und zu neuen Lebensauffassungen und Idealen des vom federleichten Schneiderlein bis zu dem rauflustigen, riesenstarken Dichters. An Vorkman zeigt er, daß selbst ein Verbrecher Fritz Holder; er muß an dem eigenartig reizenden Geschöpf und Zuchthäusler nicht aufhört, eine feelische und geistige verliebtes Wohlgefallen haben. Aber den Wunsch, die Phantasies Individualität zu sein und daß es, veiti auch in vers gestalt leibhaft zu sehen und zu hören, dadurch verwirklichen zu änderter Form, eben wieder nur eine menschliche eine menschliche Gemeinheit wollen, daß man das Mädchen samt all dem Kleinvolt, zwischen ist, ihn mit allen seinen Rechten auf die Freiheit des Daseins ges dem es sich in der Novelle bewegt, auf die Bühne bringt, das ist wissermaßen für vogelfrei zu erklären. So wirkt das Drama wie freilich ein arges Stück. Wer die Heiterethei" wirklich lieb hat, der ein Tribunal, vor welchem Ibsen lange Jahre hinter dem gesühnten hätte ihr dies Unrecht nicht anthun sollen! Im Lampenlichte muß Verbrechen Borkmans diesen verteidigt. Ein zweites Merkmal fie notwendig das beste persönlichste Teil ihrer Schönheit, törperlich bildet hier das Verhältnis der Geschlechter zu einander. Wir wissen und seelisch, verlieren. Was uns in sie verliebt macht, das ist die ja, daß Jbsen in allen seinen voraufgegangenen Dramen den Frauen Liebe, mit der der Dichter selbst von ihr erzählt, die Liebe, die ihm auch insofern eine besondere Stelle zuerkennt, als er gewöhnlich die hundert fleine, im Theaterbilde gar nicht wiederzugebende Züge er Männer für das Los und Schicksal jener verantwortlich macht. Vortfinden läßt. Was bleibt von dem Gesichte der Heiterethei"," wenn man läßt er dagegen das Weib als Spielverderberin brandmarken. man das reizvollste darin, das simmerwährende Erbleichen Nicht Eines sei gut und im Lebenskampf müsse mindestens jemand und Wiedererröten vor Kraft, das Spiel der weißen, rasch untergehen, ganz gleich wer. Als drittes Merkmal soll endlich Jbsens in dunklere Färbung übergehenden Druckflecken", die jede Stellung zur Natur hervorgehoben sein. Wie diese schon in der selische Bewegung in den prallen, goldbraunen Wangen Fran vom Meere" und in der Wildente" gespenstisch und hervorrnft, auslöscht? Es ist dies faſt das Einzige, höhnend in das Leben seiner Menschen hineinragt, jo läßt was Ludwig uns von ihrem Antlig erzählt, aber ein Zug, so Ibsen auch Borkman in die freie Landschaft, als das Traumreich malerisch, so charakteristisch für die wogende, gesunde und leicht seiner einstigen Jugend hinaustreten und hier sein Leben enden. erregbare Straft ihres Wesens, daß er mit vollem Recht in des Dichters Erzählung als eine Art Leitmotiv wieder und wieder kehrt.
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Nun die Aufführung selber. Die drei Hauptrollen der Tragödie wurden durch drei hervorragende Darsteller ganz bedeutsam vers