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Lebewesen, eine Uebertragung diefer beiderseitigen Eigenschaften auf( geben, dadurch wird eine neue Vererbungsmasse mit neuen Deters eine Person. as su minanten zugeführt. Die Auswahl an geeigneten Deter Was war nun für ein Borteil dabei, daß sich die Qualitäten minanten ist also dann viel größer, das neue Individuum alveier Wesen vereinten? Boveri ist der Meinung, daß dadurch die Möglichkeit gegeben war, aus vorhandenen Eigenschaften neue voll­tommenere zu erzeugen. Die Qualitätenmischung erwies fich als eine sehr geeignete Einrichtung, um Arten sich höher entwickeln zu Lassen. In der ganzen Natur spielt die Entwicklung der Arten zu neuen, ihrer Umgebung beffer angepaßten Arten eine große Rolle. So ist denn auch in dem Reiche der Organismen die Trennung in Geschlechter, die mit der Befruchtung in Zusammenhang steht, fast überall durchgeführt, es beruhen darauf auch die vielen Einrichtungen, welche eine Befruchtung zu naher Verwandter verhüten, weil dadurch eben nur die Vermischung recht ähnlicher Eigenschaften befördert würde.

vermag sich alsdann viel leichter und besser den Verhältnissen anzu­passen. Weismann   ist ein strikter Anhänger der Darwinschen Zucht­wahltheorie. Immerhin sieht er in der Vermischung der Geschlechter ein Mittel, das die Ausmerzung unmäßig vieler Individuen unnötig macht. Denn eben indem im Körper eines Individuums selbst die Determinanten zweier verschiedener Vererbungssubstanzen einen Kampf ums Dasein bestehen, wird das Lebewesen möglicherweise so verändert, daß es nicht in Person einen Kampf ums Dasein auszu­fechten hat. Nur in den Fällen, wo beide Vererbungssubstanzen keine geeigneten Determinanten aufweisen, wird das Individuum zu Grunde gehen. Erwies fich die Befruchtung, die Vermischung zweier verschiedener Bei der Befruchtung verschmelzen Samenzelle und Eizelle in Bellen, als vorteilhaft, so ergab sich daraus die Folge, daß auch eine der Weise miteinander, daß sich ihre Kerne mit einander vereinen. Die Differenzierung der Geschlechter eintreten mußte. Eine totale Ver­Kerne sind nach August Weismann   die Träger der Vererbungssubstanz mischung zweier Jndividuen konnte ja mur bei einzelligen Lebewesen des Keimplasmas. Allein über die Bedeutung der Verschmelzung der eintreten, bei mehrzelligen war sie unmöglich. Bei ihnen mußten beiden Sterne weichen doch andre Forscher von Boveris Meinung ab. sich besondere Keimzellen absondern, die sich ihrerseits vermischten. R. Hertwig, der schon im vorigen Jahre in den Sigungsberichten Wären nun diese Keimzellen äußerlich gleich gewesen, so wäre es der Münchener Akademie über Besen und Bedeutung der Befruchtung ganz dem Zufall anheimgestellt gewesen, ob auch zwei Keimzellen gesprochen hat, sieht in der Kernverschmelzung mehr einen regula- fich gegenseitig auffinden und mit einander vermischen würden. torischen Vorgang. Auf Grund seiner Beobachtung von Mikro- Dadurch daß aber zwei Arten von Keimzellen entstanden, männliche organismen nämlich ist er der Ansicht, daß zwischen Kern und Proto- und weibliche, die für die gegenseitige Auffindung eins plasma der Zelle fich häufiger Gleichgewichtsstörungen einstellen, die gerichtet waren, 1 wurde der Zufall bedeutend beseitigt. Sternsubstanz vermehrt sich zu stark auf Kosten des Protoplasmas. Um Das Princip der gegenseitigen Auffindung verbesserte sich im Laufe dieses zu verhindern, trete Befruchtung ein. Bei dieser wird in den meisten der Zeiten mehr und mehr. Der Gegensatz der Keimzellen über­Fällen eine Verminderung der Kernsubstanz beobachtet. In dieser trug sich mehr und mehr auf die Individuen, es entstanden männ Kernreduktion sowie in dem Eintritt eines neuen Kerus sieht liche und weibliche Individuen, die nicht nur in ihren Keimzellen Hertwig eine Verhütung des einseitigen Wachstums des genterns differierten, sondern in ihrer ganzen Natur, in ihrem ganzen Aeußern auf Kosten des Protoplasmas. Es ist freilich nicht recht einzusehen, geschlechtlich individuelle Wesen wurden. So wurde das Aufsuchen daß die in der Natur so allgemein verbreitete und ohne Zweifel sehr der Geschlechter untereinander zu einem Justinkt, beim Menschen wichtige Erscheinung der Befruchtung lediglich in der Gleichgewichts verfeinerte sich hier das Princip zu jenem wunderbaren Gefühl der Störung der Bellbestandteile ihre Ursache finden sollte. Da gab es Liebe, das halb unbewußt, halb bewußt, die Geschlechter zu einander wohl doch noch andre Wege, um dieser Störung vorzubeugen. Die führt.- Bedeutung der Befruchtung fann hierin nicht liegen, doch mag man wohl annehmen, daß physiologisch hier der Ausgangspunkt der Be fruchtung liege, ähnlich wie im Hungergefühl der Antrieb zur Nahrungsaufnahme liegt. Aber die Bedeutung der Nahrungs aufnahme liegt nicht darin, den Hunger zu stillen, sondern den Körper zu ernähren. So mag wohl die Gleichgewichtsstörung zwischen Kern und Protoplasma die Befruchtung veranlassen, aber die biologische Bedeutung der letzteren muß doch eine andre sein, als nur dieses Gleichgewicht wieder herzustellen.

Kleines Feuilleton.

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th. Anf einer Fahrt. Der Wagen war voll, so voll wie ein Wagen vierter Klaffe nur immer fein kann. Männer, Frauen, Kinder, Stiften und Kaften, Körbe, Pakete, Reisetaschen, alles bunt durch ein­

ander.

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Es herrschte trotzdem eine gemütliche Stimmung, jene freund­liche Unterwegsstinumung", die die Fremdesten einander nahe­bringt. Man schwaßte und lachte, debattierte und stritt über alles Mögliche und Unmögliche, man wechselte sich ab im Sigen und im Stehen, so daß schließlich jeder auf ein Weilchen einen Blaz bekam und war's auch nur ein Blag auf einem Koffer.

Eduard Strasburger   hält ebenfalls, wie er in einem Artikel in der Botanischen Zeitung"( Jahrgang 59, Nr. 23) ausführt, die Ver­mischung der Qualitäten für das wesentlichste an der Befruchtung. Aber auch er weicht in seiner Ansicht über die Bedeutung der Qualitätenkombination von Boveri ab. Nach ihm sollen die beiden Qualitäten teine neue dritte hervorbringen, sondern sie sollen viel­Nur einer schien ausgeschlossen von alledem: Ein Mann so von mehr die Differenzen wieder ausgleichen, die unter den mannigfaltig dreißig Jahren etwa. Er stand in der Mitte des Wagens ohne jeden variierenden Wesen einer Art entstanden sind. Das ist also genau Stüßpunkt. Er stand da schon, so lange der Zug fuhr, drei Stunden das Gegenteil von Boveris Ansicht. Dieser sieht in der Vermischung lang.

getrennter Eigenschaften ein vorzügliches Mittel zur Höherentwicklung Es war keine angenehme Situation, es bot ihm aber trotzdem der Organismen, Strasburger dagegen findet vielmehr einen Aus- niemand Platz an.

gleich der individuellen Verschiedenheiten, ein Mittel, die Art Er pazte nicht recht zu den andern. Die andern waren gut an rein und konstant zu erhalten. gezogen, Leute, die billig fahren wollten, sich aber sonst durchaus nicht vierter Klaffe" fühlten.

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Er nimmt an ich an Weismanns Vererbungs- Aber was war mit dem Mann? Den andern machte es fein Kopf­

2013

Die Ansicht Boveris erscheint aber doch als die einfachste, sie steht im richtigen Verhältnis zu Der Mann trug einen schlichten Arbeitsrock, sauber, aber viel Wichtigkeit, welche die Segualität offenbar in der Natur befizt. Auch geflickt. Er trug ein Baunuvollenhemd, ohne weiße Wäsche, und in der Bedeutung, ber der bekannte Biologe Auguft Weismann, der soeben die Arbeit feines einen Hut, der schon vor Alter glänzte. Dazu hatte er ein Geficht... Lebens in einem zwveibändigen Werfe Vorträge über Descendenz- ein Gesicht! Es war ein Geficht mit einer Geschichte. theorie"( Jena  , Gustav Fischer, 1902) zufammengefaßt hat, ist deres stand etwas geschrieben in diesem Gesicht, in diesen ein­Meinung, daß die Befruchtung die Bedeutung habe, zwei Vererbungsgefallenen Schläfen, diesen hohlen Wangen, dieſem verlorenen Blid, substanzen miteinander zu verbinden. Um den Ausdruck Vererbungs- der über die Köpfe der andern weg hinauszugehen schien ins Leere. substanz ganz zu verstehen, muß theorie erinnern. in den Keimzellen ein be- zerbrechen. Sie plauderten und debattierten weiter. Auf einmal sonderer Keimstoff, das Keimplasma, enthalten sei, das bei der Teilung aber tam der Wagen an eine Surve, es gab einen Rud und alles der Zellen von Kern zu Kern übergehe und so den ganzen Organis stieß an einander, der Mann in der Mitte kam ins Schwanken, er mus durchdringe. Nun besteht aber das Keimplasma nach Weismann   taumelte gegen einen Reisekorb und hatte alle Mühe, sich aufrecht aus einer Menge Kleiner Lebenseinheiten, fleiner Jde, die unter zu halten, das brachte ihn offenbar in die Erinnerung der andern einander verschieden sind. Jedes Jd enthält wieder zahlreiche zurück. Determinanten, welche die Anlagefubstanz für jedes Organ, ja für Die eine Frau sagte leise zu ihrer Nachbarin: Ach Gott, der jeden Teil des Körpers find. Beim Wachsen eines Lebewesens geht steht ja immer noch." mum das Keimplasma mit seinen Jden und Determinanten von Zelle Ja, der steht schon von Berlin   her." zu Zelle über, die Determinanten gelangen an die erforderliche Stelle und wachsen hier zu den entsprechenden Knochen, Muskeln, Nerven usw. aus. Nun besteht aber auch zwischen diesen fleinsten Lebenseinheiten, den Determinanten, wie Weismann  annimmt, ein Kampf ums Dasein. Au jeder Stelle des Körpers find mehrere Determinanten, und diejenigen, welche fich gerade für die dort erforderlichen Bedürfnisse am ge= eignetsten erweisen, werden am meisten gebraucht, infolge deffen am meisten ernährt und gedeihen am besten, während andre un­brauchbare verkümmern. Wenn sich nun aber ein Individuum ohne geschlechtliche Mischung vermehrt, so wird die Verschiedenheit der Determinanten teine sehr große sein; es werden vor allem nicht immer die geeigneten Determinanten vorhanden sein, die sich für Die ganze linte Wagenseite tam ins Tuscheln, auch rechts wurde eine Verbesserung der Lebensstellung des betreffenden Individuums man aufmertjam. Man horchte und fragte. Die, die in der Mitte eigneten. Durch die Befruchtung ist aber nun diese Möglichkeit ge- lauf Körben und Kasten saßen, vermittelten das Thema, Neugierige,

must

Gottchen, der muß ja reine hin sein."

Na, in Schönow   steigen welche ans, denn wird er wohl Plak

triegen.

"

Wir woll'n aber zusammenrücken, daß er nicht neben uns

fommit."

"

Nee, das möchte ich auch nicht."

" Das habe ich meinem Manne auch schon gesagt," tuschelte eine dritte, bloß zusammenrücken, den möcht ich nicht neben mir haben." Ja, er hat so was.. so was na. Der Mann wiegte das Haupt.

Er sieht so komisch aus. So... man weiß gar nicht wie." Zum Fürchten."