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fein hohes Intereffe erregt haben, fermen zu lernen. Und so hat der Kaifer, als die Generale ium ihren Wunsch unterbreiteten, ihm in der liebenswürdigsten Weise Erfüllung zugesagt.
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Es ist zu hoffen, daß auch das deutsche Volt, insonderheit Berlin , dem Beispiel des kaiserlichen Herrn folgen und Generale mit allen Ehren empfangen wird. Es ist im Blan, bei der Berliner Stadtverwaltung die Ausschmückung des Brandenburger Thores anzuregen. Man denkt daran, die Säulen in den Nationalfarben Transvaals zu übermalen.
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Einzelne englische Blätter überbieten sich in pöbelhaften Angriffen und Beschimpfungen Deutschlands , weil die heldenmütigen Boerengenerale in Berlin einen würdigen und jubelnden Empfang finden werden. Wir bestreiten dem aufgeregten englischen Vetter das Recht, sich in unsre inneren Angelegenheiten zu mischen. Deutsch Land fann empfangen, wen es will. Wir lassen uns keine Vorschriften von einem Volte machen, das ja allerdings allen Anlaß haben mag, den Generalen zu zürnen, weil es diesen paar Männern gelang. das mächtige britische Weltreich an den Rand des Abgrunds zu drängen.
Wir sind Herren im eignen Hause. Wir hätten umsonst die deutsche Einheit mit Blut und Eisen geschmiedet, umsonst in drei großen Kriegen gesiegt, umsonst rauschte der Hohenzollern- Alar über unfrem Lande, wenn wir uns den Launen und Befehlen der englischen Zeitungsschreiber fügen sollten. Wir möchten diesen ehren werten Leuten dringend empfehlen, wenn sie an Zahnschmerzen leiden, sich die Giftzähne ausziehen zu lassen.
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Die Ausschreitungen gewisser deutscher Blätter haben leider wieder dazu geführt, daß die öffentliche Meinung England sich in ziemlich erregter Weise über den bevorstehenden Empfang der Boerengenerale ausläßt.
Um die offenbar jenseits des Kanals herrschenden Mißverständnisse zu beseitigen, sei auf Grund erstklassiger Information zur endgültigen Aufklärung des flaren und einfachen Sachverhalts das Folgende festgestellt:
Seine Majestät der Kaiser empfängt selbstverständlich die Generale nicht in ihrer früheren Eigenschaft als Kriegsführer eines England verfeindeten Voltes, sondern in ihrem neuen Charakter als treue Unterthanen Seiner Majestät des Königs Eduard VII . Es wäre eine unverzeihliche Unhöflichkeit, wenn man sich deutscherseits weigern würde, Unterthanen des so intim befreundeten Herrschers zu empfangen.
Um auch die letzte Spur eines möglichen Mißverständnisses auszuschließen, ist Borsorge getroffen, daß die Generale nur dann Zutritt erhalten, wenn sie ausdrücklich von ihrem Könige die Er laubnis nachsuchen und erwirken, daß ihr Besuch am Berliner Hofe genehm und erwünscht sei.
Angesichts diefer unzweidentigen Thatsachen wird niemand mehr zu bezweifeln wagen, daß die Audienz nichts ist wie eine feinsinnige Huldigung für den glänzenden Sieg Englands, gewissermaßen die legte feierliche Besiegelung der so erfolgreich herbeigeführten neuen Bergrößerung der englischen Macht.
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Kleines feuilleton.
th. Der Schandfleck. Er war in jener Stimmung, wo man am liebsten die ganze Welt umarmit. Immer drei Stufen auf einmal sprang er die Treppe hinauf. Dabei pfiff er laut und lustig vor sich hin, er pfiff noch, als er auf dem Korridor stand und Joppe und Hut an den Ständer hing.
„ Aber Otto," sagte die große Schwester, die geöffnet hatte, ,, man pfcift doch nicht durch das Haus, was ist denn das für ein pöbelhaftes Betragen."
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" Na, hab' Dich man nich wejen pöbelhaft, der Meester hat mich mächtig jelobt, da werd' ich woll noch verjnügt sein können. „ Das lernt er in der Werkstatt," höhnte der Gymnasiast, der auch mit auf den Korridor gekommen war. " Affel"
Du
fannst übrigens gleich nach der Berliner Stube gehen, ich hab' " Otto, sei doch nicht so ordinär, das ist ja schrecklich mit Dir. Dir Dein Abendbrot zurechtgestellt."
„ Aber Ihr sikt ja vorn?" Ter junge Mann sah nach den Zimmern rechts, aus denen ein Lichtschein drang.
" Onkel Fritz ist da," sagte Luise, Du brauchst aber nicht erst rein zu kommen, wir haben ihn schon gesagt, daß Du immer müde aus dem Geschäft kommst und Dich gleich schlafen legit.
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" Ich bin aber gar nicht müde. Onkel Friß ist da! Hurra! Nee, da muß ich erst guten Tag jagen." Er stürmte den Sorridor entlang.
In der guten Stube saß die Familie zusammen und plauderte. Als Otto die Thüre aufriß, entstand ein verlegenes Schweigen. Er fchien es aber nicht zu bemerken, er stürmte gerade auf den Gast zu und hielt ihm die Hand hin:
„ Hurra, Onkel Friße, lange nich jesehn! Und denn denten se ich wer' schlafen gehn, wenn Du da bist."
Der alte Herr auf dem Sofa nahm des Neffen Hand, es lag aber nichts Herzliches in seiner Stimme:" So, das ist Otto? Groß und stämmig bist Du geworden!"
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„ Das macht de Arbeet, Onkel!" Otto schwenkte die Arme wie im Vollgefühl seiner Jugendkraft. Was denkst'n, Onkel, die schweren aber heut hat der Meester Bretter heben und sägen und hobeln mich jelobt und jefagt, ich werd' mal' n düchtiger Tischler." „ Otto, wie sprichst Du denn," mahnte die Mutter, Meester und düchtig... Du bist hier nicht beim Böbel."
„ Das lernt er in der Werkstatt," sagte der Vater; er sagte es mit demselben höhnischen Tonfall, mit dem vorhin der Gymnasiast gesprochen.
doch beim Jus?" " Tischler wirst Du also?" fragte der Onkel.„ Aber Karl bleibt
" Der thuts nicht unterm Rechtsanwalt," sagte der Vater stolz. " Ja unser Karl ist strebfam."
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Strebfam find die Benekens sonst alle," meinte Onkel Frib etwas spitzig.
" Ich will auch ein tüchtiger Mees- Meister werden," sagte Es antwortete ihm aber niemand. Er sah von einem zum andern; ein Schatten flog über sein Gesicht. Er ging langsam nach der Thür:„ Ja denn wer' ich nu doch man erst essen und schlafen gchn, gute Nacht." Es hielt ihn keiner.
Gegenüber der nicht enden wollenden Beunruhigung der öffent lichen Meinung in England wiederholen wir nochmals unsre Er- Otto. flärung, daß, wie längst bekannt ist, niemals daran gedacht worden ist, die Boerengenerale in Berlin zu empfangen, ja, daß ihnen die Audienz ausdrücklich verweigert worden ist. Was an den umlaufenden Gerüchten wahr ist, besteht lediglich in dem winzigen Kern, daß Seine Majestät die Boerengenerale auffordern ließ, ihn zu besuchen. Anfangs waren die Boerengenerale auch geneigt, der Einladung Folge zu leisten. Dann aber lehnten sie ab. Somit ist der Plan gescheitert.
Wir wiederholen: Von einer Audienz war und konnte niemals, in feinem Augenblick, die Rede sein. Alle etwaigen Aspirationen der Boerengenerale mußten mit Rücksicht auf unser so imiges Verhältnis zu England zurückgewiesen werden.
Das unerhörte Benehmen der Boerengenerale, die das überaus edle Anerbieten des deutschen Kaisers so brutal, ja geradezu taktlos zurüdwiesen, hat in allen nationalempfindenden Kreisen einen einzigen Auffchrei der Empörung hervorgerufen. Selbst die alldeutschen Schwärmer haben jetzt eingesehen, daß gegenüber einem solchen lebermaß frevelhafter Undankbarkeit nur ein Mittel geboten ist: falte Verachtung. Wir fönnen nur wiederholen, was wir vor vierzehn Tagen so zutreffend schrieben:" Die lange irregeleitete Deffentlichkeit erkennt mun endlich das innerste Wesen des Boerentums. Das also ist der Dank, so sieht man jetzt ein, für die unfägliche Liebe und Teilnahme, die man den Leuten verschwenderisch dargeboten hat!".
Eine lange Pause. Dann räusperte fich Onkel Friz:" Hm, ia... aber sagt mal, wenn er auch sonst nicht begabt ist, aber gerade Tischler, es ist doch eigentlich so gut wie Arbeiter, mußt er denn gerade Tischler werden?"
„ Es war doch das, wozu er Talent und Lust hat. Und außer dem wird er Kunsttischler." Die Mutter fuchte zu begütigen, aber der Vater lachte grimmig auf:" Nee, fag' man: Tischler. Wir sind ja unter uns. Und das muß mein Sohn sein!" Er schlug mit der Faust auf den Tisch. Zum Lernen zu dumm, bloß zum Handwerk nicht. Und fühlt sich auch noch wohl dabei. Muß man sich nicht schämen, solchen Sohn zu haben?"
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ck. Ein Schauerroman. Zu all den schönen Dingen, über deren Verschwinden zu lagen heutzutage Mode geworden ist, gehört auch der Schauerroman. Das stellt der untrügliche Ernest Blum in seinem letzten Journal d'un Baudevilliste" wehmütig fest, wenn er fich auch damit tröstet, daß er eines Tages in seinem Glange wieder auferstehen wird. Und dann erzählte er eine eigene Erfahrung auf diesem Gebiete:" Ich habe ein Geständnis zu machen. Es ist lange mein geheimer Ehrgeiz gewesen, der Verfasser einer dieser endlosen Romane zu werden, die so viele Geschlechter unterhalten haben. Zu der Zeit, als ich mit Ponson du Terrail, dem Meister auf diesem Gebiet, verkehrte, kam mir eines Morgens der Gedanke, ihm Kon= turrenz zu machen. Ich überlegte also einen Plan, und als ich ihn genügend entwickelt zu haben glaubte, suchte ich Ponson du Terrail auf, um ihn um seinen Rat zu bitten. Er hörte mich mit väterlichem Wohlwollen an und sagte:„ Wieviel Feuilletons wollen Sie denn daraus machen?"" Wenigstens hundert." Ich sehe aber nur eins." Oho!" ilm hunderi Feuilletons zu machen, dazu gehört mehr Phantasie, als Sie zu haben scheinen, besonders darf man fein Sujet haben."„ Ach!"" Oder ein sehr einfaches, das nicht stört; ich werde Joc. Ihnen eins geben, aus dem sie bequem 30 000 Zeilen fchinden
Wahrlich, dies Volt ist nicht wert, den Ehrennamen englischer Unterthanen zu tragen.
Nachbemerkung. Soeben erfahre ich, daß der Geheim sekretär, dem Herr Hamann die obigen überzeugten und überzeugenden lichtvollen Darlegungen diftiert hat, wegen geistiger Heberanstrengung eine Heilanstalt aufsuchen mußte. Der bedauernswerte Mensch bildet sich ein, dreißig offiziöse Zeitungsschreiber verschludt zu haben.