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Winther wandte ihm den Rücken und stellte sich an eines zu Fuß auf den Weg von Rotiweil nach Berlin . Ta follte er die der Fenster. Er blickte in den düsteren Polizeihof hinab, wo Lakaiendienste bei seinem Herrn wieder aufnehmen, fobald dieser zu die Salatschüssel", die ihre volle Ladung bekommen hatte, marschierte die Gesellschaft über Ulm , Nördlingen . Nürnberg , Bays Wagen nachgekommen fein würde. In vierundzwanzig Tagen gerade im Begriff war, abzufahren.
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reuth, Schleiz , Halle, Dessau schließlich bis Spandau und CharlottenSchwer und dröhnend rollte der Wagen in das Thor- burg, und alle Mühjal war vergessen, als Bräder am 7. April 1756 gewölbe hinaus. Ein paar Beamte tauchten aus der Keller- soweit gelangt war:„ An den letzten Orten zumal wimmelte es von stube auf und fandten ihm fachmännische Blide nach, während Militär aller Gattungen und Farben, so daß ich mich nicht satt gucken fie ihre Pfeifen anzündeten. fonnte, die Türme von Berlin zeigte man uns schon, ch' wir nach Eine Hand legte sich ganz leicht auf Winthers Schulter. Spandau tamen. Ich dachte, wir hätten's in einer Stunde erreicht, Er wandte sich um und fah vor sich einen älteren, sanft wie erstaunt' ich darum, als es hieß, wir gelangten erst morgen hin. blickenden Herrn in abgetragenent, am Handbejazz start zer- und nun, wie war ich herzlich froh, als wir endlich die große herrzer- liche Stadt erreicht. Wir gingen zum Spandauer Thor ein, dann fasertem Comptoirrod und mit spärlichem grauen Haar, ( Fortsetzung folgt.)
od
( Nachdruck verboten.)
Ein Rekrut des alten fritz.
durch die melancholisch angenehme Lindenstraße und noch ein paar Gassen durch. Da, dacht' ich Einfaltspinsel, bringt man dich dein Rebtag nicht mehr weg, da wirst du dir dein Glück bauen
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Er sollte alsbald aus allen Wolfen fallen. Anstatt zu Marconi transportierte man ihn nach der Krausenstraße in ein Bürgerquartier, wo schon drei Soldaten lagen, die sich über Bräders Frage nach Sr. Excellenz Herrn Lieutenant Marconi totlachen wollten. So aß er mit sehr wenig Appetit von der„ stockdicken Erbsenkost", die nun aufIn den preußischen Geschichtsmärchenbüchern wird bis zum Etel getragen wurde. Wir waren kaum fertig, als ein alter, hagerer die alte Legende wiedergefäut, daß die kriegerischen Erfolge des alten Steel ins Zimmer trat, dem ich bald ansah daß er mehr als Gemeiner Fris nationale Heldenthaten gewesen und vom deutschen Volk als sein müsse. Es war ein Feldwebel. Er hatte eine Soldatenmoniur folche empfunden worden seien; die Schlacht bei Roßbach z. B. sei in auf dem Arm. die er über dem Tisch ausbreitete, legte ein Sechsganz Deutschland mit Jubel begrüßt worden als ein deutscher Sieg groschenstück dazu und sagte:" Das ist für Dich, mein Sohn Gleich bürgerlichen Schichten Deutschlands dem siebenjährigen Striege mit verd ich Dir noch ein Kommißbrot bringen."„ Was? für mich?". völliger Teilnahmslosigkeit gegenüber, um mit Lessing zu sprechen, als verjett' ich, von wem, wozu?"" Ei! Deine Montierung und Tratteeinem„ blutigen Prozeß unter unabhängigen Häuptern", der die ment, Bursche! Was gilts da Fragen? Bist ja ein Refrute. Alle übrigen Stände nur insofern berühre, als sie unter seinen Folgen zu Einwendungen mußten nichts, und die Stubentameraden machten nach leiden hätten: es war ein Rabinettstrieg um fürstliche Hausmacht, des Feldwebels Entfernung den verzweifelten Schweizer darauf aufso daß ganz unerfindlich ist, warum das deutsche Volt sich für den merksam, Widerfchlichkeit führe zu weiter nichts, daß man ihm König des„ sllavischten Landes in Europa "( Lessing) hätte ereifern auf Wasser und Brot nach der Hauptwache führt, freuzweiß schließt sollen. Die Siege Friedrichs des Großen konnten um so weniger für und Ihn fuchtelt, daß Ihm die Rippen frachen, bis Er content ist!" nationale Großthaten" gelten, als seine Armee gar kein nationales Anderen Tages meldete der Gepreßte sich bei dem Major, um ihm das Heer, sondern ein im Dienste hohenzollernscher Haus- und junker- fchmähliche Unrecht flar zu machen, daß ihm geschehen, fand aber taube licher Standesinteressen zur Schlachtbank getriebener Mechanismus Ohren. Als er sich darauf berief, daß er ja weder Handgeld noch war, der zu einer Hälfte aus teils gewaltsam gepreßten, teils unter Stapitulation bekommen habe, meinte der Major, Handgeld habe er in dem Abbub aller europäischen Nationen geworbenen Ausländern be- den Diensten seines sauberen Patrons von einem Herrn mehr gestand; zur andren Hälfte waren es freilich preußische Landestinder: kriegt, als zehn andere, und eine Kapitulation solle er haben. Alle aber Leibeigene, die von den adligen Stlavenhaltern ans Messer ge- weiteren Einivendungen wurden mit dem kategorischen Beschl abDie so zusammengebrachte Soldatesta war natür geschnitten:„ Canaille! scher' Er fich zum Teufel!", was durch Belich alles andre eher als eine nationale Heldenschar, tonnte vielmehr drohung mit der Fuchtel noch eindringlicher gemacht wurde. bloß durch die allerbarbarischte Behandlung, durch die beständige Angst vor Fuchtel, Spießrutenlaufen und standrechtlicher Füsilierung, verhindert werden, in alle Winde auseinanderzulaufen. Durch ein übles Geschick unter das preußische Militär verschlagen zu werden, war so ziemlich das größte Unglück, das einem Deutschen jener Tage wider fahren konnte. Das geschah damals auch einem jungen Schweizer , deffen Autobiographie 1789 von Füßli in Zürich unter dem Titel: Lebensgeschichte und Natürliche Abentheuer des Armen Mannes im Todenburg" veröffentlicht wurde. In diesem merkwürdigen Buche sind die Abschnitte, die von den Erlebnissen des Verfassers beim preußischen Militär Stunde geben, weitaus die interessantesten: fie geben ein anschauliches Bild preußischen Soldatenlebens zur Zeit des fiebenjährigen Krieges.
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Nolens volens mußte Bräder sich fügen, Kommißbrot und Waffen acceptieren und Sachen verpassen. Dann gings mit zwanzig anderen Rekruten zur Bereidigung beim Obersten: Man führte uns in ein Gemach, so groß wie eine Kirche, brachte etliche zerlöcherte Fahnen herbei und befahl jedem, einen Zipfel anzufassen. Adjutant, oder wer er war, las uns einen ganzen Sad voll Kriegsactikel her und sprach uns einige Worte vor, welche die mehreren nachmurmelten, ich regte mein Maul nicht, dachte dafür, was ich gern wollte, ich glaube an Alennchen; er schivang dann die Fahne über unseren Köpfen und entließ uns." Durch diese feierliche Zeremonie war Ulrich Bräder wohlbestallter preußischer Rekrut in der Compagnie Lüderitz des Regiments Jhenpliz geworden und mochte sehen, wie er Ulrich Bräcker, so heißt dieser preußische Kriegsheld, war als mit den vier Groschen Löhnung, die er noch hatte, seinen Unterhalt Kind armer Leute zu Näbis in der toggenburgischen Gemeinde Watt- für vier Tage bestreiten könne. Die Kameraden, mit denen er im wil geboren und bis zum Alter von zwanzig Jahren als Geißbub, Quartier lag, gingen ihm da mit guten Ratschlägen an die Hand. Vorläufig habe er ja noch seine Bedientenmontierung zum Verkaufen, Knecht und Tagelöhner in seiner Heimat thätig gewesen. Durch glänzende Vorspiegelungen ließ er sich gegen Ende des Jahres 1755 und dann solle er der Menage wegen nur zusehen, wie's die andren machten." Da heben's 3, 4-5 miteinander an, kaufen Dinkel , verleiten, mit ein paar Landsleuten, von denen das arglose Herz Bräckers sich nicht träumen ließ, daß sie Selenverkäufer seien, in die Erbsen, Erdbirnen und kochen selbst. Des Morgens für einen Dreier Fremde zu gehen. Der Weg führte strads nach Schaffhausen , wo ujel und e'n Stück Kommißbrot. Mittags holen sie in der Garfich gerade fünf preußische Werbeoffiziere aufhielten. Einem von füche für e'n andren Treier Suppe und nehmen wieder e'n Stück diesen Herren, Namens Marconi , der im Gasthaus zum Schiff sein Kommißbrot. Des Abends für zwei Pfennig Kovent oder Dünnbier Quartier aufgeschlagen hatte, wurde Bräcker alsbald vorgeführt. Daß und abermals Kommiß." Und als Bräder diese Kommißbrotdiät man ihn sofort mit nackten Füßen an eine Säule unter ein Maß für ein verdemmies Leben erklärt, wird ihm bedeutet:" Jal so kommt stellte, hätte den jungen Toggenburger wohl Lunte riechen lassen man aus und anders nicht. Ein Soldat muß das lernen, denn er tönnen, wenn er mehr Erfahrung besessen hätte. Marconi engagierte braucht noch viel andre Ware: Kreide, Buber, Schuhwachs, Del, dann den jungen hübschen Kerl als Bedienten und speiste seine biede Schmiegel, Seife und was der hundert Siebensachen mehr sind." ren Landsleute mit drei Dukaten ab: zu ihrem großen Miß- Bräder ruft erstaunt:„ Und das muß einer alles von den sechs " Jal und noch viel vergnügen, weil sie Bräcker inzwischen schon an einen von den anderen Groschen[ für 6 Tage Löhnung] bezahlen?" Werbeoffizieren für eine größere Summe verschachert hatten. Der mehr, wie z. B. den Lohn für die Wäsche, für das Gewehrpußen und Vertrauensselige ahnte nicht, daß er an den König von Preußen ver- 10 fort, tvenn er solche Dinge nicht selber tann." Zur Aufbesserung raten und verkauft war, auch dann nicht, als er von einer mitleidigen ihrer Einfünfte arbeiteten die Soldaten massenhaft in der dienstfreien Seele darauf aufmerksam gemacht wurde:" Ja, ja! wart' nur bis Beit beim Ein- und Ausladen der Spreeschiffe, auf den ZimmerD'enmal in Preußen bist, da mußt Soldat sein und Dir den Buckel plähen, am Spinnroden und in allen möglichen Hantierungen. Das braun und blau gerben lassen. Um tausend Thaler möcht' ich nicht gedachte denn auch Bräder zu thun; vorläufig galt es bloß, die Anin Deiner Haut stecken." Er glaubte den entgegengesetzten Versiche fangsgründe des preußischen Drills zu bemeistern. rungen Marconis und führte die nächsten Monate mit seinem Herrn, der ein lockerer Vogel war, ein lustiges Leben in Schaffhausen und dem anstoßenden Süddeutschland . Schließlich wurden die preußischen Werber aus dem Schaffhausener Gebiet ausgewiesen, weil ein junger Schaffhausener über seine Kapitulationszeit hinaus bei den preußischen Angstschweiß von der Stirne tropffe." Bald mußte er selbst daran Fahnen festgehalten wurde. Marconi hatte dort nur drei Mann angelvorben: Erzschurken, die sich Verbrechen wegen auf flüchtigen Fuß sehen mußten." Dazu kam dann in Rottweil noch ein Pole, der bisher in Piemont gedient hatte und desertiert worden war. Die schönen Tage nahmen schließlich Marconis vieler Schulden und geringer Werbeergebnisse halber ein Ende, und am 15. März 1756 machte sich Bräcker in Gesellschaft von Marconis Werbelorporalen
Die erste Woche brauchte er noch nicht auf dem Ererziervlak anzutreten. Er betam aber schon vom bloßen Zuschauen genug:" Ich ging in der Stadt herum, auf alle Erergierpläge, fah, wie die Offiziere ihre Soldaten musterten und prügelten, daß mir schon im Voraus der glauben. Er kam zuerst unter die Fuchtel eines murcijchen Korporals mit schiefer Nase:" Den Kerl mocht' ich für den Tod nicht vertragen; wenn er mir gar auf die Füße flopfte, schoß mir das Blut in den Gipfel." Und wenn er es gerade nicht am eigenen Leibe erleben mußte, so empörte ihm das barbarische Treiben auf dem Ererzierplaß auch, wenn er andre darunter leiden sehen mußte. Da war des Fluchens und Karbatfchens von prügeljüchtigen Junkerleins, und