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Winther schnappfe nach Luff.

Er sah die Spiegelscheiben glänzender Verkaufshäuser, hinter denen

Das war also die Entschuldigung, die ihm für eine un- fie aufgeftapelt lagen. Und er jah warme Stuben, er hörte jubelnde verschuldete, brutale, überflüssige und sinnlose Verhaftung ge- Rinder, er sah den Lichterschimmer der Tannenbäume und er glaubte boten wurde?! Eine Verhaftung, die zweifellos seinen Namen den Geruch von Kuchen und Leckereien zu haben. Mit großen, für lange Zeit beflecken und ihm seine Lebensstellung kosten glänzenden, irren Augen sah er Jubel und Freude und was ihm nur Hunger und Arbeit und Elend bedeutete, die Herstellung der Holz­konnte! In solchen Worten übte ein Hüter des Gesezes den spielwaren, das bereitete den glücklichen Kindern der Reichen fröh­Aft der Gerechtigkeit, der ihm Vergnügen bereiten sollte, so liche Stunden. lange sich noch ein rechtlich denkender und humaner Mann nur freuen kann, daß ein Mitmensch, der den Schein wider sich hatte, doch kein Schurke war! d

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( Fortsetzung folgt.)]

Spielwaren.

( Schluß.)

( Nachdruck verboten.)

Der Junge feuchte in den Hausflur eines Fabrikantenhauses und huckte seinen Tragkorb ab. Der Hausflur war mit Lieferleuten gefüllt, und so konnte er lange warten, bis die Reihe an ihn fam. Es war zugig im Flur. Vom Hofe strich der Wind herein, und wenn die Hausthüre geöffnet wurde, pfiff es, daß die Leute sich schüttelten. Von Zeit zu Zeit kamen Schnipersleute mit leeren Körben aus dem Lieferraum und andre gingen hinein. Den Harrenden war förmlich die Stimme eingefroren. Sie standen schweigend da oder unterhielten sich nur im Flüstertone.

" Nu, Heiner- Karle", fragte ein Alter, hot Dich Deine Mutter o liefern g'schickt?"

Der Junge nickte. " Was hoste?" Soldaten."

Wieviel find's?"

" Hundert Schock."

Der Alte überschlug. Hundert Schock Holzsoldaten, das Schock zu fünfzehn Pfennigen, machte fünfzehn Mark Lieferlohn. Holz, Leim, Farbe machte ungefähr acht Mart Kosten. Da behielten sie ettva sieben Mark zum Leben.

Er sah den Jungen mitleidig von der Seite an. Bist mit der Bahne kommen?"

Der Junge schüttelte den Kopf und rieb seine durchfrorenen Hände.

Ree, ich bin's geloofen."

Un host den schweren Korb geschleppt?" " Ja, des ho'' ch."

Die Lieferleute wurden aufmerksam. Was, den weiten Weg von Seiffen   bis Olbernhan war der Junge mit dem schweren Korbe auf dem Rücken gelaufen? Wie konnte man dem schwächlichen Kinde eine solche Last aufbürden? Aber freilich, wenn die Mutter krank, der Vater tot war und am ganzen hundert Schock, woran eine Woche gearbeitet werden mußte, taum sieben Mark Verdienst blieben, wie konnte es da anders sein!

Der Junge hörte gleichmütig zu. Er war ja den weiten Weg nicht zum erstenmal gelaufen, und war's nicht besser gewöhnt. Wenn er nur Geld genug nach Hause brachte, daß die Mutter Kartoffeln, Leinöl und Salz kaufen konnte.

Er überfah die Menge der Körbe.

Su eene Maffe Zeug, wie se da wieder z'sammeng'schnitzelt ha'm", sagte er zu dem Alten und rieb sich die durchfrorenen Hände.

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Der leere Magen schmerzte, und eine schier unüberwindliche Mattigkeit befiel ihn. Da legte er seinen Korb an den Straßen­rand, mit dem Boden gegen den Wind und kroch hinein. Und als er so dasaß, nur die dünnen Beine herausgestreckt, konnte er der Müdigkeit nicht widerstehen und schlief ein.

Da tam der Flinzner- Bauer in scharfem Trabe von Olbernhau  zurück und als er den Korb sah, zog er ein gräßliches Geficht.

" Do hot schonn wieder Geener seinen Lieferlohn versoffen, un' is' nu besoffen, daß' rn Korb an der Stroße liegen läßt. Batasche, verfluchte!"

Als er aber vorbei wollte, sah er die dünnen Beine Heraus Tagen. Er hielt das Pferd an, sprang ab und sah den kleinen Heiner halb erfroren am Wege figen.

Verflucht noch' mal, das war eine schöne Geschichte! Ließ man ihn liegen, so tam er um, nahm man ihn mit, so starb er vielleicht unterwegens und die Geschichte war nicht besser. Aber es ging nicht anders. Mit einer mürrischon Geberde hob er den Jungen in das Korbwägelchen, wickelte ihn in eine Decke und fuhr scharf zu, den Berg hinan und hinab ins Thal nach Seiffen.

wein wieder zu sich und schafften ihn dann in die elende Drunten brachten sie den Jungen durch Grog und Branni Hütte der Heiner- Witwe, ganz am Ende des Ortes, auf ein langes Krankenlager.

Der Flinzer- Bauer aber fuhr heimwväris mit seinem ewig mürri schen Gesicht. Da hatte er wieder einmal Wohlthäter sein müssen und er hatte doch nichts davon. the onl

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Weihnachtsmulik.

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Die Bemühungen, den Kindern statt der bisherigen unkünft Terischen Eindrücke, die für sie Regel waren, etwas Stünstlerisches zu geben, haben in der bildenden Kunst und in der Lyrik wenigstens einige Früchte getragen. In der Musik und gar erst im Drama sind faum erft Spuren solcher Bemühungen zu finden. Die Nähe der Weihnachtszeit stellt uns wieder vor die Frage, ob es auch darin weiter geht. Das Opern Theater des Westens  " pflegt in dieser Jahreszeit alte Märchen dramatisiert zu bringen und dabei manches mehr nur gelegentliche Darsteller- Personal neben erprobten Kräften vorzuführen. Vorgestern( Montag) tam zum ersten Mal und mit viel äußerem Aufgebot Rübezahl  ". Ein Märchen­spiel usiv. von Karl Straup. Musik von Bertrand Sänger. Der Dichter er gab dieses Werkchen bereits 1893 heraus ist ein erfahrener Theatermann und hat zahlreiche Theater­ftüde und theoretische Theaterschriften geschrieben. Der Komponist ist der uns wohlbekannte Stapellmeister jenes Theaters. Beide haben ein den Kindern oder vielmehr ihrer üblichen geistigen Ernährungs­weise angepaẞtes Werk geliefert, das stark von der landläufigen Ausstattungsoperette beeinflußt ist. Das zappelnde Herumtrippeln von Kindern als Gnomen u. dgl. auf der Bühne, die Elfentänze usw., die getreulich den bekannten Ballettgeist konservieren, und die übrigen fcenischen Hilfen werden ja ihre Wirkung gewiß nicht verfehlen. Bon diesem und dazu noch vom puren Unterhaltungsstandpunkt aus wird der Besuch des Stückes nicht zu widerraten sein. Irgend ein Ehr­geiz, etwas artistisch Neues zu bieten, hat ersichtlich keinen der Vers fertiger des Werkes beseelt. Die Musit ist gute Kapellmeister mujit, mit den gebräuchlichen Hilfsmitteln der Elfenstimmung und dergl., und mit Citaten aus Wagner, Chopin   und Meyerbeer  , die ein originellerer Kopf, wenn sie schon kommen sollen, wohl bis zu inter­essanten Parodien hätte fortbilden können. Die melodramatischen Partien und Partiechen verdienen eine anerkennende Hervorhebung. die Tanzpartien dagegen sind doch etwas gar langweilig. Jm Text hätten Inkonsequenzen gelinde gesagt, wie z. B. zwei öde Couplets, gut wegbleiben können. Die Aufführung flappte zwar manchmal schlecht; aber gewiß haben der Regisseur F. Worm 3 und die Ballettmeisterin G. Stralud y mit diesen zahlreichen Figuranten zu stande gebracht, was da möglich war, und die Lehtgenannte hatte anscheinend manche Mühe, ihre eigene Sololeistung nicht durch die Aufmerksamkeit auf ihre Leute stören zu lassen. Im Mittelpunkt der Darstellung stand eine kleine Elevin, W. Worms, die den Knaben Frik gab. Sie hat ersichtlich nicht wenig gelernt und kann in Sprache und besonders in Mimit mehr als manche sowohl von den regel­mäßigen wie von den gelegentlichen Mitwirkenden. Aber es dürfte eine Aufgabe der Kritik sein, vor einer falschen Behandlung eines Und wieder pfiff der Wind über die Straße, daß es den Jungen solchen Kindes zu warnen. Wir meinen weniger dies, daß sie in der erschauerte. Die andern fuhren nach dem Liefern mit der Bahn in Sprechtechnik noch manches überwinden muß, wie z. B. ein Säufeln das Gebirge hinauf oder sie faßen in den erwärmten Stuben der und ein Verschlucken von Endlauten und eine Berliner   Klangfärbung. Wirtschaften an der Straße. Aber der Junge ging feines Weges Allein vor dem Theatralischen zu behüten, wird um so mehr eine und seine starrgefrorene Rechte umflammerte die paar Mark Liefer- dringende Aufgabe ihrer Erzieher und Bildner fein, als sie ein starkes geld, die er seiner Mutter nach Hause brachte. Komödiantenblut, im guten wie im schlechten Sinn, zu haben scheint. Und während er ging, dachte er der Erzählung des Alten. Er Allerdings ein schweres Stüd Arbeit! Jst jede Bildung zum Künstler­fah seine Holzsoldaten, die er mühsam zusammengeschnigelt hatte, in tum eine die Natur wiederfindende Unnatur, so wird diese Paradorie ben Spielwarenfisten verpackt, in fernste Länder und Städte gehen. I gegenüber einem Kind begreiflicherweise erst recht anspruchsvoll.-

Wo se se bloß lassen woll'n all' die Soldaten, des Viech, die Häuseln, die Beemeln, die Wagen un' Pfer'." Aber der Alte lachte und begann zu erzählen. Er wußte es durch den Buchhalter. Das ganze Jahr hindurch) stapelte der Verleger die Ware auf. Die Hauptsache war, daß er Geld hatte und kaufen konnte. Dann tamen die Einkäufer der großen Exportgeschäfte. Die sahen sich das Musterlager an, und dann wurde abgeschlossen. In großen Kisten, gleich waggonweise, gingen dann die Spielwaren hinaus, nach Leipzig  , nach Berlin  , nach Hamburg  , nach London  , nach New York  , über Länder und Meere. Und sie kamen auf den Tisch der reichen Leute, unter schimmernde Weihnachtsbäume. Jubelnde Kinder bekamen sie in die Hände, die nichts wußten von all dem Hunger und Kummer der Schnizersleute. Die Spielwaren, an denen so viel Thränen und Not flebte, umgab man für sie mit dem sonnigen Reiz der Märchen- Poesie, und dieselben Waren, für die der Spielwarenmacher ein paar Hungerpfennige erhielt, wurden zu Gold für die Verleger, die sie in die Welt sendeten.

So erzählte der Alte in schlichten Worten, und der Junge hörte mit großen glänzenden Augen zu. Als dann die Reihe an ihn fam, zog er seinen Storb in den Lieferraum und ließ seine Ware prüfen. Dann strich er mit den blaugefrorenen Fingern das Geld ein und wanderte, den leeren Korb auf dem Rücken, heimwärts.