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Zeichnung auf Stein, werden immer mehr in derselben Richtung und verzerrt. Seine boshaften Darstellungen der hochtrabenden entwickelt. Helden der Comédie Française   geben fast nur ein paar Konturen,

An Mar Liebermanns Zeichnungen mit dem bunten und doch steht immer der ganze Mensch darin vor dem Beschauer. und dem schwarzen Stift läßt sich besonders beobachten, welche Wir- Neben diefen beiden Künstlern sind von den Franzosen besonders fungen in dieser Art zu erzielen jind. Liebermann bringt in diesem Carrière mit seinen Porträts, die wie aus einem Nebel heraus­Jahre eine Ueberrraschung, indem er eine Anzahl Motive aus schauen und in ganz weichen Flächen modelliert sind, 2 unois mit Italien  , besonders aus Venedig   und Florenz  , ausstellt. Von dem, glänzend farbigen Lithographien aus dem spanischen Theaterleben und was man als Studien aus Italien   zu sehen gewöhnt ist, sind diese Balloton mit Holzschnitten vertreten; auch von Manet   sieht Stizzen allerdings weit entfernt. Sie geben nicht die beliebten man zehn Blatt charakteristische Radierungen. Ebenso ist die Art Architetturmotive und Straßenbilder, sondern Kleine Ausschnitte, der übrigen Meister, die aus dem Auslande zu der Ausstellung etwa einen Blick über die roten Dächer von Florenz  , auf den charakte herangezogen sind, hier des öfteren charakterisiert worden. Es sei ristischen Höhenzug im Hintergrunde und darüber ein Stück grauen daher nur hingewiesen auf die in ihrer Schlichtheit ergreifenden Simmel; man sieht einen Turm in die Luft hineinragen oder ein Radierungen von Jozef Jsraëls, dem Altmeister der Holländer, Silofter, das einen sanft ansteigenden Berg krönt. In flüchtigen die mit großen Strichen der Nadel hingefehten und lebensprühenden Elizzen wird mit ein paar Strichen der Eindruck festgehalten, den Radierungen des Schiveden Anders Zorn  , die bekannten man von der Riva degli Schiavoni in Venedig   erhält, die sich im Porträts von Jan Veth   und die Radierungen von Whistler  , großen Bogen um den Canale an seinem Ende entlang zieht, man die älteren Datums sind, und noch mit festen Strichen arbeiten, die Schaut tief hinein in eine Baumallee, oder es steigt in einigen großen später ganz in feine, weiche Strichlagen aufgelöst werden. Andeutungen toie eine Vision ein Gesamtbild von Rom   auf. In solchen Blättern ist in der That mit wenigen oft scheinbar zusammen­Hanglosen Linien das Wesentliche gesagt, diese Rudimente geben der Phantasie die Anregung, große Bilder zu sehen. Auch darin find die kleinen Studien für Liebermann bedeutungsvoll, daß sie wieder sein Streben nach einer weichen, aber frischen Farbigkeit zeigen, das sich in seinen Arbeiten der letzten Jahre so deutlich er­tennbar machte.

Kleines feuilleton.

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Von einem Neujahr möchte ich heute erzählen, dem ersten, das ich in Berlin   erlebt habe. Im Frühjahr zuvor war unser Blatt ge­Es ist unmöglich, die Fülle der ausgestellten Blätter auch nur gründet worden. Berliner   Voltsblatt" hieß es damals. aunähernd zu charakterisieren. Im allgemeinen find die deutschen Es haufte in demselben Viertel, wie wir jetzt, sonst aber sah die Maler und Zeichner, die ausgestellt haben, in dieser Art auch sehr Aufmachung etwas anders aus. In einem noch unbezogenen Neu­bekannt. Es ist jedoch immer reizvoll, von den durch Reproduktion bau war ein Raum, der die Maße eines mäßigen Grünframladens in den Wizblättern schon bekannten Zeichnungen eines Ober- hatte, durch Coatsfeuer schnell ausgetrocknet worden. Das war die länder oder der" Simpliciffimus"-Zeichner Wilte, Thöny und Expedition. Als Kasse diente ein rundes Holzschüsselchen. Nach dem Paul die Originale zu studieren, die immer wieder zeigen, wie Hof zu lag ein schiefes Loch. Das Waffer lief die Wände herab, viel auch bei der besten Reproduktionstechnik von der ursprünglichen der eiserne Ofen glühte den ganzen Tag. Der Nedakteur hatte Frische des Entwurfs verloren geht. Von einer neuen Seite zeigt geles Haar, große Sommerflecken im Geficht und faß an einem sich aus diesen Streifen nur Thomas Theodor Heine  , der Tischchen, die Nase kaum anderthalb Fuß von der weinenden Band. neben Zeichnungen aus dem" Simplicissimus" auch Studien und Ich habe von ihm immer dieselbe Auskunft erhalten. Er ließ Einen Entwürfe ausgestellt hat. Man ist überrascht, aus den Studien, ausreden. Und hatte man seinen Zustand dargelegt, über was man die allerdings wohl älteren Datums sind, zu sehen, wie sorgfältig schreiben wolle, daß man vor Arbeitsfreudigkeit ja ordentlich dampfe, der Künstler daran gearbeitet hat, sich mit den Einzelformen der daß das und das und das für das Boltsblatt" geradezu ein gefundenes Natur vertraut zu machen, ehe er zu seinen freien Entwürfen tam. reffen" fei, dann hob er die Hand mit dem Bleistift, ließ fie auf Da sieht man Studien nach einer Hand, nach einem Gesicht, die fast das Tischchen zurückfallen, daß es tak machte, und sagte ganz ruhig leinlich in ihrer Durchführung find. An Entwürfen zu bekannten und langsam:" Wir brauchen nichts!" Man fah ihn an, und noch Blättern beobachtet man, wie er für die anscheinend so leicht in einmal. Wir brauchen nichts!" Und dann machte man die Thüre einem großen Zuge hingeworfenen Zeichnungen genaue Vorstudien von draußen zu. So bin ich Mitarbeiter unsers Parteiblattes ge­gemacht hat, in denen die wesentlichen Elemente vollkommen ent- worden. halten find. Eine neue Erscheinung ist auch der Münchener   Es war ein harter Winter damals, anno 1884. Ich wohnte im Ignatius Taschwer, der sich bisher durch seine humor- schönsten Scheunenviertel, wo die Leute schier übereinander hodten. vollen Holzstatuetten bekannt gemacht hatte, mit ansprechenden So kam die Feuerung billig, aber essen wollte man doch auch etwas. farbigen Blättern in einer eigentümlichen Technik, die er Radierung Das ging nicht so leicht, wie der dumme, junge Magen meinte. nennt, die mit der gewöhnlich so genannten aber taum etwas zu Anfänger, fremd und mit einem Geldsack weder verwandt noch ver­thun hat. Hugo von Habermann   hat mehrere Studien schwägert armer Belletriste, wie hast Du damals mich oft der­in Pastell und Aquarell in seiner großzügigen, in den Farben sehr barmt! feinen Art gesandt. Von den Berliner   Zeichnern hat sich diesmal Weihnachten hatte es noch auf gekochtes Schweinefleisch mit auch der Zeichner der Lustigen Blätter" Ernst Heilemann   Kartoffel gelangt, dann hatte das Kommißbrot wieder herhaiten mit einer Anzahl flotter Augenblicksstudien" beteiligt. Heinrich müssen. Einen Schnellsieder hatte ich noch, gestaltete sich also der 3ille tritt mit seinen grotesten Bildern aus dem Arbeiterleben Küchenzettel folgendermaßen: Früh Brotsuppe mit Salz; mittags stärler hervor. Etwas reichlich vertreten ist der in Rom   lebende Brotjuppe( eingebröselte) mit Salz und Schmalz, abends Brot mit Salz Radierer Otto Greiner  , der Klinger- Schüler, dem man einen und Schmalz. So war's auch am Silvester gewesen, und da die Lampe bald großen Saal eingeräumt hat. Mit erstaunlichem Fleiß macht der ihre Arbeit eingestellt hatte, war ich ins Bett getrochen. Ich hatte sünstler immer neue, bis ins einzelnste durchgeführte Studien, ehe schon längere Zeit gefchlafen, da ging's nebenan bei den Wirtsleuten ec zu seinem Werte übergeht; aber das Ergebnis entspricht diesen los. Die acht jungen Mädchen, die da Tag für Tag feidene Frauen­Bemühungen nicht recht. Die Studien sind wertvoller, als die danach unterröcke nähten, schrien: Profit Neujahr!", und die Gläschen ausgeführten Blätter, die etwas Mühsames haben, das besonders lingelten. Dann ein Getuschel, schlurfende Tritte, die Thür drehte peinlich wirkt, wenn es sich um phantastische Entwürfe handelt. sich. Und schon hörte ich die Stimme der Wirtin: Herr, darf ich Aber auch die Studien wirken bei aller Sorgfalt der Durchzeichnung Ihnen vielleicht nicht, als wären sie nach dem lebenden Körper gemacht, sondern nach einem Bronzemodell.

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Los schnarchte ich, wie ein Landfuhrmann, mit zufammen­gebissenen Zähnen, und eine Wut war in mir! Die Thür hatte ich längst geschlossen, die Mädchen waren die Treppe hinabgesprungen, ich lag noch immer mit starren Augen. An den Punsch mußte id) denken, den ich nicht gemocht hatte, ich Efel, und da, auf einmal, fiet mir ein, wie ich als Bub als einer der Dreifönigsfänger" gegangen. Kasper, Malcher, Balzer, Suppensalzer, wenn er net hupft, so schnalzt Süßen Schnaps hatten uns die Bäuerinnen gegeben, wenn wir unser hatten und den krachenden Gesangel" herunter hatten und Fußfall gethan, und dann Suchen eingestopft: Kuchen mit Käse, Weinbeeren und fleingeschnittenen Mandeln, goldgelbem einer mit Lage Lebkuchen überdeckt, Kuchen

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Das Ausland ist in diesem Jahre ziemlich stack herangezogen, und es ist besonders erfreulich, daß einige hervorragende Ausländer mit einer größeren Zahl ihrer Werke vertreten sind. An erster Stelle steht der in Paris   lebende Theophil Steinlen, von dem gegen 150 Blätter, Zeichnungen, Stizzen, Stiche und Litho­graphien, zu sehen find. Sie ermöglichen einen Ueberblick über sein gesamtes Wert, in dem die socialen Darstellungen einen hervor ragenden Plab einnehmen. Diese haben Steinlen wohl zunächst bekannt gemacht; aber es scheint, wenn man sie hier unter den andren sieht, als ob die reinen Tendenzblätter künstlerisch seine suchen mit Schwächeren Leistungen wären. Am besten wirkt er da, wo er ein Bild Zimmt und Zucker. Etwas altbaden war ja der Kuchen, er stammte aus dem Pariser   Vorstadtleben oder eine Figur aus dem Volte ohne den ganzen Mund voll. Das war ein Kuchen! Herrjeh und Zu­von Weihnachten her, aber wenn man hineinbiß, hatte man gleich jede Nebenabsicht giebt. Seine Bilder der Wäscherinnen, der Lauf­madel prägen fich fofort ein; fie sind in ihrem Bewegungsmotiv mit gebunden! Und ich schlief ein und träumte. Von nichts als von Kuchen. einer prachtvollen Lebendigkeit festgehalten; in der Figur einer und Kleingeschnittenen Mandeln und Zimmt und Zuder. Und ich Von Kuchen mit goldgelbem Käse, von Lebkuchen und Weinbeeren Wäscherin, die einen schweren Hentelforb im Arm über die Straße faute, faute, faute. Ich glaube, ich hab mich in selbiger Nacht ins schleppt, erreicht er geradezu einen Eindruck monumentaler Größe. Schlaraffenland hinein und wieder hinaus gegessen. Der Stofffreis Steinlens ist erstaunlich weit, wenn auch die Nacht­seiten des Lebens in stärkerem Maße darin zum Ausdruck kommen. Der Künstler, der die Kunst, in wenigen charakteristischen Strichen das Wesen eines Menschen darzustellen, am weitesten treibt, ist der geniale Karikaturist Toulouse Lautrec  . Wenn er faritiert, Eine sterbende Stadt. Die einst durch ihren Theehandel und so trifft er damit doch Wesenszüge, die er ins Lächerliche übertreibt Sen sibirisch- chinesischen Grenzverkehr berühmte und blühende Stadt

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Am andern Morgen war meine Kehle trocken und ausgedorrt wie ein Stiefelbeinling.

Seit der Zeit mag ich keinen Kuchen mehr.-

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