In

- 18 dem Tisch. Er pfiff hinter dem armen Teufel drein, in un reimten fich feine Gedanken: verworrene, schwermütige Reime. solcher Stimmung mußten wohl alle die schönen Kirchenlieder ent­fäglichent Behagen. Dort ritt ein Knecht die Pferdchen, die glatt und kugel- standen sein. Wer nur den lieben Gott läßt walten..."," Ach rund gefütterten, in die Schwemme. Die große Dogge, ein bleib' mit Deiner Gnade..."." Laß mich geh'n, daß ich Jejum   möge jeh'n..." In der Dämmerung huschten allerlei Gestalten vor ihm Brachteremplar, die Hannes sich jüngst um ein paar hundert hin: Märchengestalten, verwunschene Prinzen und verzauberie Mark auf der Hunde- Ausstellung zu Koblenz   erstanden, sprang tief Königstöchter in rauschenden Seidengewändern, mit weichen, füßen belfernd um die Gäule herum und schnackte nach den hängenden Gesichtchen. Aus der dunklen Ecke huschten Zwerggestalten lautlos Beinen des Reiters. Ja, der Nero hatte schon viel Hosen über die Dielen, eine demantene Krone funkelte dort, ein Irrlicht oder zerrissen-Hannes lachte-, aber was thaten die paar Mark, das Diadem einer Sagenfee. es war doch ein Staatsbiest!

Der Müller pfiff dem Hund; der fam mit einemt mächtigen Sab, sprang hoch und legte die breiten Tagen auf die breiten Schultern seines Herrn; die rote, dampfende Zunge hing ihm lang zum Halfe heraus.

Das war ein Rärren:" Fass, Nero, fass'! Käßchen fi, fẞ, kp!" Wild sprang das junge, noch tolpatjchige Tier im Hof herum. Gackernd stoben die Hühner nach allen Seiten; die Sperlinge, die sichh's am verstreuten Korn wohl sein ließen, flüchteten auf den höchsten First, der Stupp rig läffend an der Kette und wollte auch mit vom Spiel sein, im Stall entstand ein Brüllen und Wuhen, ein Grunzen und Medern. Die kleine Fränz kam aus dem Hause gelaufen, suchte mit Gekreisch den Nero am Stachelhalsband zu packen und tollte mit ihm um die Wette. Ein Rumoren war's, daß die toten Steine hätten lebendig werden können. Der ganze Hof war erfüllt von Lärm und Leben und praller Sonne. Breit stand Müllerhannes in seiner Thür und lachte sich eins.

Da kam ein Chaischen vorgefahren. D'rin saß der Lau feld, oben aus Manderscheid  , der reichste Mann in der Runde. Der hatte eine Hypothek hier auf der Mühle, schon seit Menschengedenken her; wären die Zinsen nicht zu zahlen gewesen, alljährlich auf Martini, so hätte Hannes die längst vergessen.

Langsam stieg der Laufeld   vont Wagen; er wartete, bis der Müller ihm entgenkam. Da konnte er lang warten.

Müllerhannes zog erst einmal das buntgewürfelte Zuch aus dem Sack und schneuzte sich umständlich der da sollte nicht denken, daß es ihm prejjierte. War der reich, so war er ja auch reich! Aber dann kam doch die gewohnte gast freundliche Lebhaftigkeit über ihn; er litt nicht, daß der Laufeld  nicht ausspannte. Kozdonner, das wäre doch eine Beleidigung, wenn der Gaul nicht an seiner Krippe fressen sollte, der Hafer war vom besten.

,, Tina, Kaffee, Schnaps, frische Waffeln!" Einen ,, Momang" und alles würde parat sein.

Er führte den Gast ins gute Zimmer, wo Zina rasch den Linenbezug vom Kanapee gerissen, über dem der junge Hannes als flotter Kavallerist abphotographiert und hübsch bunt angetuscht, stolz auf einem sich bäumenden Schecken hing. Ueber dem Bild war auf zwei langen Nägeln am grünen Ledergurt die Jagdflinte befestigt, mit der der Hannes so manchem Rehbock den Garaus gemacht und als Loslediger") zur frohen Hillig und zu mancher Kirmeß und zu jedem Neu­jahr geschossen. Aus ihr hatte er auch den eignen Hillig wohl­gemut den Bergen verkündet.

( Fortsetzung folgt.)]

Ein Almofen.

Von Emil Rosenow  .

( Nachdruck verboten.)

Der junge Pastor saß in der behaglich erivärmten Stube seiner Pfarrwohnung. Er saß in der Ede des Ledersofas und blies bedächtig Tabakwolfen aus seiner langen Pfeife. Die war ihm lieber als Cigarren; es war gemütlicher, und indem man gemächlich an der Spike fog, konnte man seinen Gedanken nachhängen. Um die Füße hatte er eine Dede gewickelt, damit ihn auch nicht ein bißchen fröre, und die Schnur des molligen Schlafrocks hatte er fest um den Leib gebunden. Auf dem Tische fummte im Samowar der Thee und der Pastor ließ sein Auge träumerisch auf dem blauen Flämmchen des Spiritus weilen. Im Kachelofen knisterte das verglimmende Scheit holz. Noch ein Viertelstündchen, dann konnte er dem Mädchen Klingeln, Damit sie die kleine Eisenthüre zuschraubte und der Ofen so die Wärme für den ganzen Abend festhielt.

In dem niedrigen Stübchen lag das ungewisse Halbdunkel des hereinbrechenden Abends. Man konnte kaum noch die Bilder an den Wänden erkennen, aber es war doch besser, die Hängelampe noch nicht anzünden zu lassen. In dieser Dämmerung fühlte sich der Bastor weit wohliger. Sie ging in sein Gemüt über und versehte ihn in Stimmung; in richtige deutsche Märchenstimmung. Es stedte ein Stückchen Poet in ihm. Wenn er so in der Dämmerung träumte,

*) Junggeselle.

Der junge Paftor lächelte. In folcher Stimmung, wenn er sich ganz unbelauscht toußte, holte er gern aus dem Bücherschrein alte Märchenbücher hervor, um darin zu blättern. Niemand sah es ja und er war nun manchmal wie ein großes Kind! Andre hätten viel­leicht Zeitungen durchwühlt, aber er interessierte sich nicht für den wüsten Streit da draußen in der Welt. Er war sich selbst genug und hätte nichts dagegen gehabt, wenn man ihn sein ganzes Leben lang auf dieser einträglichen Pfarrei fihen ließ, zwischen reichen Guts­bejißern und Großbanern, die noch etwas auf Kirche und Pfarrer gaben. Durch Protettion war er hierhin gekommen, und fürwahr, man hatte ihn gut protegiert und er war zufrieden. Er hatte Paus­baden bekommen, ein Untertinn, und fein wohlgefüllter Bauch be= gann ett anzusehen. Nächsten Sommer wollte er vorsichtshalber Auf dem Hofe schlug der Hund an, der gute, wachsame Hund. Auch ein Gottesgeschöpf. Der junge Pfarrherr blidte nach dent niedrigen Fenster. Seit gestern abend schneite es nicht mehr; es war falter geworden und die Schneedecke war hart wie Stein. Ja, ja, ein bitterfalter Winter, in welchem man fich hinterm Ofen am wohlsten fühlte. Stimmen draußen. Das Mädchen öffnete ein wenig die Thüre. Herr Pastor... ein Bettler. Ich hab' ihm die Brotreste ge­

eine Kur machen.

geben.

-

Es ist gut, Christine." Der junge Pastor huschelte sich vieder in feiner Sofaede zurecht, befriedigt, daß man ihn nicht störe. Aber plöblich wie feltfam!-summte ihm eine Weise durchs Ohr, aus feiner Studentenzeit, eine Scheffelsche Weise:

-

Pfarrherr, du fühler, Oeffne das Thor, Fahrende Schüler Stehen davor."

Er schlug mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte, wie er es immer bei plötzlichen Einfällen that.

Christine!... Hören Sie? Schiden Sie mir den Mann doch ' mal rein." Und als das Mädchen ihn erstaunt anjah, machte er eine unwillige Bewegung. Na, vorwärts."

" Jawohl, Herr Pastor." Ein paar Worte draußen, dann öffnete das Mädchen die Thüre. Jemand scharrte auf der Schivelle die Füße. Bescheidenes Klopfen.' N Abend... Herr Pastor, entschuldigen Sie.

Bitte, bitte. Treten Sie' mal rein, mein Lieber."

Eine hohe Mannesgestalt stand im Thürrahmen und drehte ver­tegen den Hut in der Hand.

"

Auf der Wanderschaft... wie?"

" Jaivohl, Herr Pastor. Ich wollte zur Stadt, in die Herberge zur Heimat. Seit vier Stunden laufe ich schon durch die Stälte und da habe ich mir denn erlaubt..."

"

Schon gut, schon gut." Dem Pastor gefiel die Sprechweise des Fremden. Mit einer Handbetvegung hieß er ihn die Thüre schließen. Dann löschte er gemütlich das Spiritusflämmchen, ließ aus dem blizenden, bernidelten Theekessel die gelbe Flüssigkeit in die Tasse dampfen, griff mit den Fingerspiken zwei Zuderſtüdchen... eins... zlvei, und fah behaglich zu, wie sie Bläschen warfen und sich auf dem Tassengrunde auflösten. Dann entforkte er die Rumflasche, ließ vor­sichtig ein paar Tröpfchen in die Tasse fallen und rührte mit dem filbernen Löffelchen um.

" Da... bitte."

11

Sie sind sehr gütig, Herr Paftor."

" Brot haben Sie doch von dem Mädchen bekommen, vie?" Struften... jawohl, Herr Pastor."

"

Hm, na... essen Sie sie draußen. Das Brot ist teuer in diesem Winter. Die Bäuerin hätte gern ein paar Pfennige d'rum ge­geben, für Biehfutter, wissen Sie. Aber ich sagte, man sollte es den Bedürftigen aufheben. Na, trinten Sie nur."

Ein paar aufgesprungene rote Hände langten über den Tisch hinüber und griffen flobig nach der Tasse. Der Fremde zog sich nach der Thüre zurüd; dort schlürfte er in langsamen Zügen den Thee aus.

Der junge Pastor stopfte sich eine frische Pfeife und als er das Zündholz anbrannte warf er einen Seitenblick nach dem Manne. Ein alter Rock, dünne Sommerhosen... hm, der mochte schön frieren. " Sagen Sie' mal, hm... m.. m, es sollen in diesem Winter viele auf der Landstraße liegen. Alle Tage führt der Gendarm welche vorbei... Wie?"

...

" Ja, es ist eine große Not, Herr Pastor. Man kriegt keine Ar­beit in den Städten und da muß man denn wegtippeln. Aber es ist nirgends besser."

Nun, man follte doch meinen, iver arbeiten will, findet auch Beschäftigung. Hier sprechen immer Bettler vor, auch wenn noch so viel Arbeitskräfte gesucht werden.

"

" Hm... ja. Nun, jede Arbeit kann auch nicht jeder thun. Wozu man eben qualifiziert ist, das findet man oft nicht. Und dann...