Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 6.

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Freitag, den 9. Januar.

( Nachdrua verbolen.)

Der Müllerbannes.

Roman aus der Eifel von Elara Viebig. Draußen tummelten sich die Frau und die Magd in der Küche, ein Knecht wurde auch zur Hilfe gerufen. Der mußte Holzkloben ins Herdloch stopfen und frisch anfeuern. Rahm wurde abgeschöpft und Eier geschlagen; mit hochroten Backen stand Tina am Heuer, und dabei ängstete der Gedanke fie: was wollte der Laufeld vom Hannes? Der fam nicht in guter Absicht! Sie hatte immer Angst.

Drinnen saß der Laufeld auf dem Kanapee, bequem an­gelehnt und musterte die Einrichtung. Er war noch fein alter Mann, einer mit frischfarbenem Gesicht und blanken Augen, aber doch ein gut Stüd älter als Hannes; und er sah auf den mit dem Uebergewicht, das ein ganz solides Befigtum giebt. Müllerhannes fühlte das und blies sich auf.

Sie redeten hin und her, vom Better, von der Ernte, von der Kirmes und vom Viebstand. Auch von der Politik.

Sie friegten bald das Banken. Jakob Laufeld war kein Verbissener, der kaum die Lippen von einander brachte, nur ab und zu ein Wort fallen ließ, als lohne es ihm nicht recht bor dem Hannes, der nichts wert war, wie die Maarfeldener alle. Selbst ihr Pastor war nicht besser. Zucten nicht der Herr Dechant und die andren Amtsbrüder über den Arnoldus Cremer die Achseln, der in niedergetretenen Bastschuhen lief und den Bauern nachts die Weiden am Maar stehlen sollte für seine Körbeflechterei?

1903

dummer Spaß, warum sollte der ihm denn auf einmal die Hypothek kündigen?!

Da legte sich eine zitternde Hand auf seinen Armer sah um seine Frau stand bei ihm und schaute ihn aus ängst­lichen Augen an.

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Ich han't gehört,-ach Jesus , Hannes, den Laufeld fünd't Dir die Hypothek- wie viel is et dann? Kannste se zahlen?!"

Ne," fuhr es ihm heraus; aber als er ihre Angst sah, machte er sich groß: No, leicht! Wat meinste denn, bin ich en Hungerleider, de net piep sagen darf, wenn andre Vögel pfeifen?! Ich sage Dir, den friegt sein Geld auf Martini bei Heller und Pfennig. Dat is mer affurat recht mit der Sündigung, da han ich auch fein Ambra) mehr mit den Zinsen!"

Sie glaubte es ihm nichter sah's an ihrem Gesicht, da packte ihn der Aeger. Wie durfte sie an ihm zweifeln? Mach' net e so en deierlich Bisasch, wie Maria am Streuz! Kotzdonner noch ehe, steht net so da, wie die Kat, wann's donnert!" Er herrschte sie gewaltig an; sie war sein Herrschen gewohnt, manche Thräne hatte sie schon still darum vergossen, aber heut' war's zu arg. Und die Sorge dabei im Herzen!

Laut aufweinend, hielt sie sich die Schürze vors Gesicht und lief davon, ins Haus, in die Kammer. Dort kniete sie nieder vorm Mutiergottesbild.

V.

Sanft Martinius kommit zu Pferd und macht den Bauer Auf Maarfelden ließ Hannes nichts kommen, das war alert" Müllerhannes mußte min doch daran glauben, die ja seiner Mühle benachbart. Und der Cremer, das arme gefündigte Hypothek zu bezahlen; es ging ibm diesen Martini. Männchen? Da follte doch die geistliche Obrigkeit, die selber wie so vielen andren Bäuerlein, die mit Not und Mühe ihre im Jett faß, den befier stellen. Wenn er Beginn Winters paar Groschen zum Zahltag zusammenschrapen. Der Laufeld dem Alten nicht eine Fubre Solz vor die Pfarre schickte und wollte um keinen Preis warten, er hatte noch was Schriftliches ab und zu einen Sad Hobelspäne, mußte der frieren. Und geschickt. Und Hannes, in dem dumpfen Gefühl, daß jener das bißchen, was seine Wirtschafterin, das Engelche, für die ihm nicht wohlwolle, hatte and gar keinen Versuch gemacht, Störbe erlöste, war ihm wohl zu gönnen, dem Noldes, dem ihn zur Rücknahme der Kündigung oder wenigstens zu einem Aufschub zu bewegen. Das sollte ihm einfallen, dem Laufeld spaßigen Männchen. gute Worte geben! Vor dem einen Kragfuß machen nein, niemals.

Den Laufeld , was er auch dachte, entsetzte doch diese re­spektlcje Rede. Gut, daß jetzt die Magd mit den gold­geränderten Lassen fam und Frau Tina einen Berg frischer Waffeln hereinbrachte.

Da langte der Laufeld wader zu und trank auch ver­fchiedene Schnäpse; dann, als er so recht did, satt und be­friedigt war, legte er die flade Hand auf den Tisch und fagte:

Des Hannes Geficht fab trotig aus, als er am Vormittag

des ciften November gen Manderscheid suhr. Das Thai war eng; noch hatten sich die Nebel darin nicht gelüftet; sie hochten auf dem gewundenen Pfad und hingen um die vorspringenden Nasen der Felsen, wie nasse Schleierfetzen. Jetzt war alles Grin dabin. Die Brombeeren und wilden Rosenheden hielten nur hier und da noch ein letztes rostbraunes Blatt, cine ver­schrumpfte Hagebutte feft; widerlich schrie ein Häher aus dem Hannes sah ihn ganz verdust an Sypothet dürren Eichenbusch. Ein ganzer Schwarm hungriger Krähen fündigen Martini war der Laufeld schon bejoffen? scheute auf vom Beitichentuall und firebte mit schwerfälligent Die Hypothef, die schon seit mehr als zwanzig Jahren auf der Schlagen der nassen Flügel den winzigen Saatstreifchen auf der Höhe zu. Mühle stand-?!

Ja, wat ich eweil nod sagen wollt' ich fündigen Euch die Hippethek. Martini muß ich mein Geld haben."

Hohohooo!"

Ha, ha, hoho Aber Jakob Laufeld blieb ganz ernsthaft, erhob sich und Knöpfte seine Weste zu, die er sich während des Schmanses ein wenig gelodert.

Seid e so freundlich, Müller, laft anspannen. Eweil fahren ich."

Bleibt doch noch, bleibt doch en halb Stund'." nötigte der Hausherr. Ich han noch des Bernfafifer im Steller, den müssen wir noch chs probieren."

Aber der andre bestand darauf, fortzufahren. Dem Knecht, der das Pferd gefüttert und jetzt das Chaischen vor die Thür brachte, gab er fünf Pfennig Trinkgeld. Dann, schon mit einem Juß auf den Wagentritt, die Peitsche in der Hand, drehte er den Kopf noch einmal halb herum und sprach so über die Schulter:

Also auf Martini eveil ist Ihr't. Bringt nur dat Geld selber, et soll mir angenehm sein. Ich han auch das Bernfafiler im Steller. Se, willste gehn, bahrii" er schlug auf den Gaul- adjus! Vis Martini Gut Beit!"

Fort rollte das Chaischen, und Müllerhannes sah ihm nach mit offenem Munde und weit aufgerissenen Augen. Er fam sich ganz dumm vor was batte der Laufeld ge­faselt? Sypothet fünftausend Thaler das waren fünfzehntausend Mark ein gehöriger Batzen!

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Streuzgewitterparaplei!" Ach, das war ja alles ein

Wild braufte die Kleine Kyll. Das war kein Bach mehr, das war ein Fluß, der die Wiesen rechts und links über schwemmte, fast die Breite des ganzen Thälchens einnahm und faum die Straße freilicß. Des Mühlenhannes Stirn umnwölfte sich. Hier unten, dort jenseits, da wo der Rosenberg abstürzt und seine Geröll­halde in ein sammetweiches Uferland übergeht, baute sich einer ein Müller! Schon stand das Haus unter Dach an nächsten Sommer war's wohl beziehbar schon zeigte sich das Gestühl fürs große Rad, und ein paar riesige Mühlfieine lagen schon auf dem Hof. Und hier, tausend Schritt bachaufwärts, famt noch ein zweiter Müller zu wohnen, der Bruder vom untern der eine eine Schneidemühle, der andre eine Mahl­mühle schöne Aussicht das!-

Hannes blidte grimmig drein. Das war cine ganz infame Frechheit, sich ihm so auf die Nase zu setzen! Wie konnten die sich unterstehen? War er nicht da, er, der Müller­hannes?!. Für so viel Mühlen war tein Verdienst hier zu Land. Und das Wasser würden sie ihm abfangen! Wenns mit dem Zufluß aus dem Maar knapp geworden, hatte er doch immer fein gut Teil aus der Meinen Styll gekriegt, mun sollte ihm die auf einmal nicht mehr allein gehören?! No, wart, das wollte er ihnen zeigen, was es heißt, den Müllerhannes. embarras,