Sohn zu, wie er seine beste Weste anzog und den feinen schwarzen Kirchenrock. Wohin willste denn eweil fahren?" ,, Nach Wittlich !"
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" Nach Wittlich ? So weit?" Matthes war baß entsegt. " Wohin anders!" Ein funkelndes Licht glomm auf in des Hannes Augen, die heute tief unter den zusammengezogenen Brauen lagen. Wir fahren zum Herr Adfekat ich und nun reckte er sich auf einmal wieder, stellte sich breitspurig hin und blies die Backen auf und steckte die Hände in die Hosentaschen ,, ich flagen eweil!" Wat flagen?" Der Alte sprang auf:„ Du willst klagen fürwahr un enklich?"- Nun kriegte er aber einen Schreck. s et menschenmöglich?! Klagen- hm, hm!" hm, hm!" Er kratzte sich den Kopf und rückte die Mütze von einem Ohr aufs andre.
wat
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Was, der Vater konnte da noch Bedenken tragen?! Und Hannes begann zu erzählen, was ihm gestern beim Bürgermeister widerfahren. Still sein sollte er, sich alles gefallen lassen von der Packasch, die ihm's Wasser wegfing und die Forellen?! Schindluder sollte er mit sich spielen lassen und nech„ danke" sagen, wie ein Bettelmensch?! Nein, das fiel ihm nicht ein; sein Recht mußte er kriegen! Und der Laufeld mußte anch dran, der war die Wurzel von allem lebe!! I ja, das war der auch! Da mußte der Alte voll zustimmen. Wenn der nicht wär' und immer intriguierte, dann wär' alles anders. Wer weiß, am Ende hatte der auch die beiden Konkurrenten hergezogen gerade dem Hannes zum Possen umsonst war er nicht so gut Freund mit den weißen Mühlen und fuhr auch oftmals hin, und die Müller besuchten ihn. Und daß er den Bürgermeister im Sadt hatte, war aus gemachte Sache, wo hätte der Dallmer sonst gegen des Hannes gerechte Sache gesprochen?!
( Fortsetzung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Die goldene Nadel.
Stizze von Mark Stern.
Im Hofe, dritte Thür zur Linken, wohnte Oskar Berg. An der Thür befand sich eine Visitenkarte mit seinem Namen und unter demselben das Wort: Musiker. Und jedesmal, wenn Ostar Berg nach Hause kam und den Schlüssel in das Schloß steckte, las er mit einem gewissen Stolz und Zufriedenheit dieses: Mufiter, das in seinem Dasein das erhebende und tragende Element ausmachte, ohne welches das Leben nun einmal öde und traurig ijt.
Als Oskar Berg jung war, hatte der Bater sich in den Kopf gesetzt, daß er studieren, ein Gelehrter oder vielleicht Geistlicher werden sollte. Oskar konnte aber in der Schule nicht recht vorwärts tommen, und der Direktor gab schließlich seinem Vater den guten Rat, seinen wenig begabten Sohn ohne Eramen in das praktische Leben hinaustreten zu laffen.
In der Schule hatte Oskar keine Rolle gespielt. Er hielt sich auch meistens für sich, sammelte Briefmarken, Stahlfedern, alte Knöpfe und trieb mit ihnen einen einträglichen Handel. Der Vater bemerkte zu seiner Freude, daß der Sohn sparsam war, und tröstete sich damit, daß er trotz seiner geringen Begabung schon durch das
Reben kommen werde.
Der Vater war Kantor und Dirigent des ersten Gesangvereins der kleinen Stadt. Die Mutter hatte in der Jugend die Harfe gespielt und hielt sich für sehr musikalisch. Welch' Wunder, daß Oskar
fich auch der Musik widmete. Er lernte die Flöte blasen. Das Geld zur Anschaffung seines Lieblingsinstruments sparte er sich mühsam zufammen, und eines Tages erschien er mit der in Seidenpapier eingewickelten Flöte im Elternhause, freudeftrahlend und siegesbewußt. Den ganzen Winter hindurch übte er tagtäglich auf der Flöte. Nicht selten hörte man aus seinem Zimmer einen langgezogenen, flagenden Ton, der sich mit bald steigender, bald sinkender Stärke bis in das Unendliche fortzusetzen schien. Und am Sonntagabend, wenn die Familie in der Dämmerstunde versammelt war, mußte Oskar den Seinen vorspielen. Dann tauchten bei der Mutter alte schöne Erinnerungen an die Jugendzeit und das Harfenspiel auf, und der Vater träumte von seinen Orgelfompofitionen, die er nie an die Oeffentlichkeit gebracht hatte.
Da kam der Zeitpunkt, daß Oskar die Schule verließ und sich für einen Beruf entscheiden follie. Er ging zum Vater und that diesem fund, daß er Musiker werden wollte.
Vater Berg wurde böse. Das Wort„ Musiler" erschien ihm zu unbestimmt, nicht sicher, nicht hoch genug. Ostar war aber fejt entschlossen und ließ sich nicht von seinem Vorsatz abbringen. Somit mußte der Vater weichen, er verlangte aber von dem Sohn, daß er auch Klarinette und Oboe spielen lernte.
Kurz darauf schloß der Kantor feine Augen für immer, und ein Jahr später folgte ihm seine Lebensgefährtin nach. Nach ihrem Tode fiel Oskar ein fleines Erbe zu, das ihm einige hundert Kronen jährliche Zinsen brachte.
Diese genügten fast zu seinem Lebensunterhalt. Denn er lebte sehr solide und machte außerdem noch fleine sichere Gelegenheits
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geschäfte, die ihm einen bescheidenen Nebenverdienst brachten. Ms eines Tages eine unherziehende Schauspielertruppe Borstellungen in der fleinen Stadt anzeigte, bemühte sich Oskar um einen Play flatternde Leben nicht lange zu. Die Leute waren ihm zu wenig im Orchester und erhielt ihn auch. Doch sagte ihm das umher ernst und solide und paßten so gar nicht zu feinen festen Grundsätzen. Deshalb trennte er sich von ihnen.
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Bei seiner Rückkehr in die Vaterstadt erlebte er seinen ersten Roman. Die Heldin desselben hieß Edith, hatte blaue Augen und einen fleinen Mund und blonde Locken wie es sich gehört Grübchen in den Wangen. Er machte ihre Bekanntschaft auf einem Weihnachtsbazar und verliebte sich sofort in fie. Er sprach nur wenig, mit ihr, denn er war schüchtern, er blickte fie aber unaufhörlich an, und als er am Abend nach Hause kam, dachte er daran, fie zu heiraten.
Er dachte lange, mehrere Tage, ja einige Wochen darüber nach. In demselben Hause mit ihm wohnte aber eine arme Schullehrerfamilie mit neun Kindern. Die neun Kinder machten ihn nachdenklich. Er überlegte, was dazu gehöre, die neun Kinder zu er nähren und zu kleiden.... Er überlegte viele Tage, viele Wochen, und unterdessen verlobte Edith sich mit einem andern. Da trauerte Oskar einen ganzen Abend. Später vergaß er sie und blieb was er gewesen war, Junggeselle und Musiker. So bergingen viele, viele Jahre. Da erfuhr Oskar, daß die Petersonsche Gesellschaft seine Vaterstadt besuchen werde, und eines Tages sandte der Direktor zu ihm und bat um seinen Besuch. Er og seinen besten Rock an, bürstete ihn sorgfältig ab und begab sich frohen Herzens zu dem Theaterleiter, denn er hoffte, bei ihm seine einstmalige Jugendgeliebte, die vergötterte Edith, anzutreffen. Diese war, nachdem sie lange genug auf Oskar gewartet hatte, die Gattin des Direktors Peterson geworden.
mit glattrasiertem Geficht und spärlichem Haar. Der Direktor war ein fleiner, magerer und nervöser Mann Er schritt im Bimmer auf und nieder, während er sprach, und seine Schuhe fnarrten bei jedem Schritt. Er wollte Operetten geben und wünschte, daß Oskar die Stapelle zusammenstellen sollte. Seine eigne Tochter sei Die Primadonna und habe eine große Zukunft vor sich, sagte er. Tochter erschien und er wurde ihr vorgestellt. Dann entfernte sich der Direktor und Oskar sah sich mit der Tochter seiner alten Liebe allein. Von ihr erfuhr er, daß Edith schon seit vielen Jahren tot sei.
Zwei Tage später fand die erste Vorstellung statt. Das Theater war fast ausverkauft und Oskar erblickte das alte bekannte Parkettpublikum, meistens Herren. Als Edith erschien, stellte er fest, daß fie einen guten Eindruck machte. Das Aeußere wirkt oft mehr als die Stimme. Und auch diese war nicht schlecht. Auch das Spiel war gut, leicht, beweglich, liebenswürdig; und sie konnte so natürlich und wohlflingend lachen, ganz wie ihre verstorbene Mutter. Er war förmlich stolz auf sie, ließ sie gar nicht aus den Augen und war schließlich ganz begeistert.
Nach der Vorstellung wurde Oskar vom Direktor zum Abendessen gebeten, als alter Freund der verstorbenen Frau Direktor". Aus diesem Grunde wurde auch beschlossen, daß Edith ihn Onkel nennen sollte, ein Titel, der ihm besonders zusagte. Er fühlte sich gehoben und geschmeichelt und nannte dies fleine Fest das schönste seines Lebens.
Ganz ungetrübt blieb sein Glück indessen nicht. Unsern Freund störte die Anwesenheit eines jungen, dunklen Herrn, des ersten Liebhabers, der zugleich einen ganz hübschen Tenor hatte. Dieser junge Mann machte Edith auffallend den Hof, und Edith waren seine Aufmerksamkeiten scheinbar nicht gleichgültig. Bei dieser Gelegenheit entdeckte der neue Onkel, daß Edith im Gegensatz zu ihrer feligen Mutter reichlich kokett war. Namentlich kokettierte sie zu viel mit den Herren im Parkett. Trotzdem zog sie ihn mit unwiderstehlicher Gewalt an sich. Und so kam es, daß er sich fast den ganzen Tag in der Gesellschaft des Direktors und seiner hübschen Tochter befand.
dem Mittagsessen ständig etwas einnickte, unterhielt er Edith, die Er speiste mit ihnen zusammen, und, während der Direktor nach nach Tische immer eine große, schwere Cigarre rauchte. Die Cigarre gefiel ihm allerdings nicht. Ihre Mutter hatte nie geraucht. Aber, nun, mein Gott, andre Zeiten, andre Sitten.
Wie sie sich die Zukunft gedacht habe? Er hoffe, daß sie recht vernünftig sei.
Nun ja, vernünftig sei sie, das könne der Oheim glauben. Cie wolle nach Stockholm . Dort könne man es zu etwas bringen, eine wirkliche Größe werden. Ob der Onkel es nicht auch meine?
Und Oskar riet ab. Er traute dem Tenor nicht, der denselben Plan hatte und fürchtete für Edith, da Stockholm ja bekanntlich ein gefährliches Pflaster für eine junge Künstlerin sei.
Edith lachte und blickte ihn kokett an. Dabei meinte fie, daß der Tenor sie heiraten wolle.
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Nur zu schnell kam der Tag des Abschieds. Wir treffen den Musiker, toie er in dem obersten Auszug seines alten Schreibtisches umhersucht und schließlich eine leine Schachtel hervorzieht. enthält ein Erbstück, eine antike goldene Nadel, mit der seine selige Mutter ihren Shawl zu befestigen pflegte. Dieses wertvolle Stück wollte er Edith als Andenken mit auf den Weg geben. Er steckte die Schachtel zu sich und machte sich auf den Weg zu seinem alten Freunde, dem Goldschmied Hanson .
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Welchen Wert mag die Nadel haben?"
Run, etwa dreißig Kronen," erklärte der Meister. ,, Kannst Du sie mir bis heute Abend recht schön polieren?"
Ja, das kann ich," meinte der andre. Also ist es doch wahr,
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