Kleines feuilleton.
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Kein
verstaubten Pergamenten den Anspruch des Königs auf franzöfifche Herzogtümer herleitet? Worte, nichts als Worte. Und trog der k. Den Kampf mit dem Objekt" auf der Bühne behandelt frommen Augenaufschläge, mit denen Shakespeare diesen Heinrich, May Grube in einer unterhaltenden Theaterplauderei, die er der ihm der größte und befte schien, so reichlich ausstattet, was thut in der Februarnummer von„ Belhagen und Klasings Monatsheften" der Ruhmgekrönte anders, als den liftig ruchlosen Nat befolgen, den veröffentlicht. Er knüpft an Vischers Buch„ Auch Einer", dessen er als Prinz von dem sterbenden Vater erhielt: Held den fürchterlichen Kampf mit dem Objeft" führen muß, der Beschäftige stets die schwindligsten Gemüter für den Schauspieler aber noch viel schlimmer ist, weil dies sich auf Mit fremden Zwist, daß Wirken in der Ferne der Bühne nicht immer so leicht helfen kann, wie es im Leben Das Angedenken früherer Tage Terne! wenigstens möglich wäre. Der Schauspieler kann nicht einfach von Welche doppelzüngige Berteidigung in der Art, wie er, der den der Bühne abtreten, wenn ein notwendiges Requisit fehlt, und in noch schlimmere Lagen gerät er, wenn ein falsches in seine Hand Krieg mit Frankreich schon fest beschloffen hat, die Veranitvortung kommt oder das richtige so frech ist, die Dienste, zu denen es fon- für die Ströme Blutes, die fließen werden, von sich dem Feinde, traktlich verpflichtet ist, zu versagen. Grube weiß eine ganze Ander thörichten Herausforderung des Dauphin zuschiebt. zahl Beispiele von solchen bösartigen Requisiten zu erzählen. Stäubchen darf am Schilde dieses nationalen Heros haften bleiben. Ueberall die absichtsvolle, selbstbewußte Kontrastierung englischer Vor allem gehört dazu der Brief, dessen Verbreitung in der neueren Dramatik glüdlicherweise wesentlich eingeschränkt worden ist. Grube Straft und Tüchtigkeit mit fräulischer Windbeutelei, wo doch nach selbst hat einmal als Franz Moor vergessen, den Brief einzustecken, anderthalb Jahrzehnten schon unter dem Banner der Jungfrau von der seinen Bruder ins Unglüd stürzen sollte. Es war bei seinem Orleans aus den Geschlagenen Sieger wurden, die heldenmütig in ersten Auftreten im Dresdener Hoftheater, bei dem er sich in einer gerechtem Kriege die Eindringlinge aus dem Lande jagten. begreiflichen Aufregung befand. Bei den Worten: Laßt mich vorWas aber mehr noch als die offenkundige Tendenz lebendige erst auf die Seite gehen und eine Thräne des Mitleids vergießen Anteilnahme hindert, das ist die überquellende Fülle geschichtlicher für meinen unglücklichen Bruder," suchte er sich in seiner Ver- Thatsächlichkeiten, die in dem Drama bewältigt werden soll. Was zweiflung an eine durch einen Gobelin halbverschlossene Thür nicht hineingeht, hat ein Prologus vor jedem neuen Alt ergänzend öffnung heranzuspielen und rief leise:" Brief! Brief!" in die Coulisse. und erklärend nachzuholen. Es fehlt an Raum, in dem die Phantasie Darauf folgte ein kleiner Auflauf, aber die in den Coulissen Stehen des Dichters, ausruhend von all den Wechselfällen längst verden begriffen seine Todesnot zunächst gar nicht. Endlich drückte ihm gefiener Politik, in freiem Spiel sich gehen lassen könnte. Aus dem ein intelligenter Theaterarbeiter ein fleines Oftavheft in die ausge- lärmenden Getümmel der Verhandlungen, Ausprachen, Schlachten streckte Rechte, er versuchte durch heftiges Schlenkern des Büchleins und Belagerungen in Heinrich V. sehnt man sich nach den köstmit einer Hand seine linke befand sich ja auf der Scene lichen Genrebildern aus dem so viel stilleren Heinrich IV. ein Blatt loszulösen, und es gelang ihm, einen etwa handgroßen nach Falstaff, seinen Gesellen und dem übermütigen noch von feiner Feben abzureißen, von diesem kleinen Wisch mußte er nun das lange Krone gedrückten Prinzen Heinz zurück. Daß Falstaff gleich im Schreiben ablesen. Als dann der Vorhang fiel und er sich von ersten Alte sterben muß, sterben, ohne daß er auch nur einen seiner seinem Schrecken erholte, sah er in dem hübsch ausgestatteten Ge- fröhlichen Späße hier zum Besten gegeben, hinterläßt eine auf mach einen großen Schreibtisch, zu dem er nur hätte hinzugehen richtigere Betrübnis, als der Tod von so und so viel Baronen und brauchen, um einen der vielen dortliegenden Papierbogen zu Königen. Die Witive Hurtig, Nym und Vardolph erscheinen nur nehmen Seitdem hat Grube wie alle erfahrenen, alten auf furze Augenblicke die beiden letzten, um ein garstiges Ende Mimen in jeder Tasche der Bühnengarderobe Papiere stecken, die am Galgen zu nehmen- König Heinrich hat die Munterim Notfalle als Briefe gelten fönnen. feiten feiner prinzlichen Vergangenheit gegen eitel Königstugend und Gottwohlgefälligkeit eingetauscht, und nur Pistol, der renommistische Hafenfuß hält bis zum Schluß, wo die Schläge Fluellens, des wackeren irischen Kapitäns, ihm das Kriegshandwerk verleiden, die alte Fahne aufrecht.
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lebel ist es auch, wenn ausgeschriebene Briefe verwechselt werden oder statt eines solchen gar ein leeres Blatt in die Hände des Darstellers gelangt. Es ist zwar eine alte Erfahrungsregel, daß auch folche zur Rolle gehörende Briefe auswendig gelernt werden sollen, aber die Schauspieler scheinen sich diese nicht zu Nuhe zu machen. Ein berühmter Napoleonspieler in Paris erhielt in einer Scene einen langen, für den Verlauf der Verhandlungen entscheidenden Brief. Der Getreue, der ihn zu überbringen hatte, wollte den Kaiser ein wenig in Werlegenheit setzen und reichte ihm ein unbeschriebenes Blatt. Der Napoleon der Bühne hatte aber keine geringere Geistesgegenwart als sein Original, er empfing den Brief, öffnete ihn, überzeugte sich von dem fehlenden Inhalt und gab ihn dem Ueberbringer mit den imperatorischen Worten zurück: " Lesen Sie, General!"
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nut
In der Aufführung des Schauspielhauses war an Fleiß und Mitteln nichts gespart. Fehlerlos gelangen, in ihrem Eindruck durch wundervolle Dekorationen unterstützt, die schwierigen Massenscenen; auch die kleinen Rollen lagen in tilchtigen Händen den Dauphin hätte man sich anders gewünscht Christians repräsentierte trefflich den ritterlichen Fürsten, hochaufgerichtet, gebietend, stolz dem Feind und den Verrätern gegenüber, schlicht und herzlich in dem Gespräche mit den einfachen Soldaten. Fräulein Poppe war eine anmutige, reizend verschämte franzö sische Prinzessin, Pohl spielte, in der Streitscene mit drolligstem Humor, den irischen Kapitän, und Vollmer schuf einen idealen Pistol. Und trotzdem nur Einzelheiten schlugen ein. Als Ganzem blieb dem Stück die Wirkung versagt.
gegangen,
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Von den Erinnerungen Grubes ist noch besonders luftig die Geschichte von einer andren Probe feltener Geistesgegenwart auf dem Theater im Stampfe mit dem widerspenstigen Objekt, die ihm sein Freund Ernst Gettke , der Direktor des Wiener RaimundTheaters, erzählt hat. An einer Kleinen Bühne wurden„ Dic Räuber auf Mariaculm" gegeben. Dieses schöne Ritter- und en. Die Sterblichkeit der Aerzte. Der ärztliche Beruf Räuberstück beginnt damit, daß ein alter Ritter sein Schachbrett, das er als leidenschaftlicher Schachspieler stets am Sattelfnopfe mit berlangt von seinen Vertretern eine besondere Widerstandsfähigkeit, fich zu führen pflegt, ausgerechnet" auf einem Friedhof vergessen da sie nicht nur häufiger als andre Leute gesundheitlichen Gefahren hat. Niemand wagt das Brett um Mitternacht von der schauer- ausgesetzt sind, sondern auch mit ihren Störperkräften und ihren lichen Stätte herzuholen, bis sich endlich die mutige Tochter des Nerven den höchsten Anforderungen Genüge leisten müssen. In den waderen Burgherrn dazu erbietet. Das Stüd beginnt also, der Bereinigten Staaten ist man jüngst mit statistischen Berechnungen weit so Ritter will sein Pariiechen Schach spielen. Wo hab ich denn nur sondern auch die die Todesursachen bei den Aerzten ges die hohe Sterblichkeit, mein Schachbrett?" hebt er an. Mein Schachbrett, wo hab ich es nur? Ich hatte es doch vorhin!" Da der Künstler den Souffleur zu untersuchen, wenngleich fich die Ergebnisse nicht recht verstand, extemporierte er in allen Tonarten an diesem nicht ohne weiteres auf andre Länder übertragen lassen, so einen Sage weiter, und der Requisiteur, der zufällig hinter der Cou- kann man doch annehmen, daß der ärztliche Beruf überall Tiffe ftand, tam auf den Gedanken, das Schachbrett gehöre auf die die gleichen Bedingungen und Gefahren vorfindet. Nach einer Scene und sei in der That vergessen worden. Auf einmal schob Uebersicht des" Journals der Amerikanischen Medizinischen Versich daher aus der Kulisse auf einen nahestehenden Tisch Das einigung" beläuft sich die Zahl der Aerzte in den Vereinigten so sehr und nachdrücklich vermißte Schachbrett. Da stand es groß Staaten gegenwärtig auf etwa 105 000, von denen etwa 95 000 eine und breit vor aller Augen, und das Stück hätte einfach nicht weiter regelmäßige Braris ausüben. Die Sterblichkeit unter ihnen wird gehen können, wenn der Mime sich nicht zu folgendem geistvollen für das Jahr 1902 mit etwa 15 vom Tausend ermittelt, und Ertempore aufgerafft hätte:„ Ach, da steht ja ein Schachbrett!" dies Berhältnis ist günstiger, als man erwarten mag, da Bause! Aber dieses meine ich ja nicht. Ich meine das gute 1 Ha, das hab' ich ja auf dem Kirchhof gelassen. Wer holt es mir von dort?" usw. usw.
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Schauspielhaus. König Heinrich der Fünfte". Bon Shakespeare . Daß dem englischen Publikum Shakespeares dies von Haupt- und Staatsaktionen angefüllte Stück, in dem der fünfte Heinrich, der Ausbund aller Könige" mit Englands tapferem Heer und Goftes Hilfe den französischen Erbfeind zu Paaren treibt. von Herzen gefiel, kann man sich vorstellen. Herausgehoben aus dieser Atmosphäre, losgelöst von der nationalen Tradition, verblassen die Farben des Dramas. Das„ Recht" auf welches Heinrich bei der Kriegserflärung sich beruft, hat auch fein Fünfchen einer die Schranken engsten Hofinteresses durchbrechenden Jdee in sich. Was fümmern einen Sie gelehrten Deduktionen, durch die der Bischof von Canterbury aus
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die Lebensversicherungs- Gesellschaften Lebensversicherungs- Gesellschaften eine höhere Sterblichfeit unter den Aerzten annehmen. In fast der Hälfte der Todesfälle war eine Ursache entweder überhaupt nicht angegeben oder doch nur so ungenau und unvollständig, daß sie für die Statistik nicht verwertet werden konnte. Sonst wurde als häufigste Todesursache Herzkrankheit gefunden, doch gab die Sterblichkeit an Lungenentzündung nur wenig nach. Demnächst forderten die meisten Opfer Paralyse, Tuberkulose und Unfälle verschiedener Art; in weiterem Abstand folgten Nierenentzündung, Typhus und Schlagfluß. An andren ansteckenden Krankheiten wurden im vorigen Jahr nur 31 Todesfälle unter den Aerzten verzeichnet, an Appendicitis 25, ebenso viele an Blutvergiftung; durch Selbstmord endeten 23, durch Mord 18 Aerzte. Unter Herzfrankheiten war vermutlich auch die sogenannte Herzschwäche einbegriffen, unter Paralyse auch Nerven Serantheiten aller Art, die schließlich zur Lähmung führen, und auch der Schlagfluß kann durch verschiedene Ursachen herbeigeführt werden,