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ob der Maarfeldener Müller ihr vernünftiges Angebot anf zuwerfen: Warum haben wir uns hier ansässig gemacht? Ich feine Mühle vielleicht jetzt annehme, sie würden sich dann schon glaube, von Ihnen allen mit wenigen Ausnahmen würde ich die Ant­mit der Sparbank arrangieren und ihm noch was heraus- wort erhalten: weil wir das enge, gedrängte Zusammenwohnen der Menschen als gesundheitsschädigend erkannt haben! Weil wir unsre bezahlen; bei Zwangsverkauf fiele doch so gut wie gar nichts Familie vor Strankheit und Siechtum bewahren, weil wir ihr den mehr für ihn ab aber da erboste sich Hannes so gewaltig, Ernährer auf eine möglichst lange Zeit erhalten wollen!( Stürmische daß er den harmlosen Mittelsmann zum Hause hinauswarf. Zustimmung.) Ja, meine Herren! Darum handelt es sich! Wir Nun war's aus- ha! Er empfand's fast wie eine Er- fönnen nicht dulden, daß der Krankheitskeim in unsre Häuser getragen lösung. Von den Rivalen eine Gnade annehmen, und sei's wird! Wer die Veranlassung dazu giebt, stiehlt uns von unserm auch nur eine Gefälligkeit -nein! Dann lieber mit Bauten Leben! Er handelt im höchsten Grade unsocial und inhuman, indem und Trompeten kaput gegangen! Der Bank alles in den Rachen er die pflichtmäßige Rücksicht auf seine Mitmenschen außer acht läßt! ( Händeklatschen.) geschmissen, aber auch alles! Muntz( lächelt).

( Fortsetzung folgt.)]

( Nachdruck verboten.)

Die fabrik.

Hackmesser: Der Mann lacht noch! Idk möchte jerne die Fründe wissen, wie der Mann dazu kommt, uns die Luft zu ver= stänkern, die wir mit schweren Kies berappt haben! Wozu läßt er seine Fabrike nich da, wo se is? Er braucht ja nich rin zu jehn, wenn er feene Lust hat. Er kann ja hierbleiben!

Mun Sehr gütig. Ich habe natürlich keine Veranlassung, Herrn Hackmesser über meine Gründe, die geschäftlicher und technischer Natur sind, Auskunft zu geben. Wenn es aber zur Beruhigung der

( Scene aus einer Sizung des Grundbesitzervereins zu Waldfrieden.) Anwesenden dient, so will ich bemerken, daß die Fabrikgebäude an

Von Ernst Preczang .

Das Vereinszimmer ist überfüllt, die Mitglieder befinden sich in einer erregten Unterhaltung. Präses( läutet): Ich bitte um Ruhe.( Es wird mäuschen­still.) Meine Herren! Wir kommen nun zu dem wichtigsten Punkt unsrer heutigen Tagesordnung( mit erhobener Stimme): Wie stellen sich die Grundbesitzer der Villenkolonie Waldfrieden zu der beabsichtigten Errichtung einer Fabrit?" Meine Herren! Aus Ihrem so zahlreichen Erscheinen ersehe ich zu meiner Freude, ein wie lebhaftes Intereſſe Sie alle an dem unerhörten Projekt nehmen, das uns bedroht. Ich kann wohl sagen, daß die erste Mitteilung von diesem Plan in unsre fleine, weltabgeschiedene Gemeinde wie eine Bombe eigeschlagen hat!( Lebhafte Zustimmung.) Wie eine Bombe, die von ruchloser Hand in das stille Heim friedliebender Menschen geschleudert wird! Denn dieses unglaubliche Projekt bedeutet in der That die Zerstörung unsrer Ruhe, die Vernichtung unsres mit Mühe und Opfern errichteten Heims, die vollständige Umivälzung! Wenn dieser Plan, was Gott verhüten möge, zur Ausführung kommt, so ist der Name Waldfrieden ein Sohn auf die Wirklichkeit!( Bravo ! Der Redner wischt sich den Schweiß von der Stirn). Ich ver­lese Ihnen zunächst die bezügliche Notiz aus der letzten Nummer des Kreisblattes. Sie lautet: Unfrer benachbarten, so idyllisch ge­legenen Villenkolonie Waldfrieden steht eine Veränderung bevor, die den anheimeinden Charakter des fleinen Häuserkompleres in sein Gegenteil verkehren dürfte. Herr Heinrich Münz, langjähriger Villenbefizer in Waldfrieden, bekannt durch seine umfassenden Land­anfäufe in hiesiger Gegend, beabsichtigt, seine Berliner Fabrik mit einem Personal von ca. 500 Köpfen nach Waldfrieden zu verlegen. Mit den notwendigen Bauten soll sofort nach behördlicher Genehmigung der Pläne begonnen werden."( Große Unruhe.) Meine Herren! Herr Munz ist anwesend. Bevor wir in unsre Verhandlungen ein­treten, richte ich die Fage an den Genannten, ob diese Mitteilung der

Wahrheit entspricht.

Muntz( lächelnd): Thatsache.( Empörung.) Präses: Nun! Es ist mir besonders schmerzlich, daß ein angesehenes Mitglied unsres Vereins es unternimmt, unsre Be strebungen in einer so frappanten Weise zu ignorieren und geradezu illusorisch zu machen! Auch Herrn Munz dürfte es doch wohl bekannt sein, daß der Hauptzived unsrer Vereinigung darin besteht, den in gewisser Beziehung erklusiven Chrafter unsrer Kolonie zu wahren. Wir wollen nicht Hinz und Kunz in unfrer Mitte haben! Die Er richtung der Fabrik aber bedeutet eine Ueberschwemmung unsrer Gegend mit Elementen, die nicht hierher gehören Leuten, welche die Herrlichkeit und den Frieden unsrer Naturumgebung nicht zu schätzen wissen. Es wird also unsre Aufgabe sein müssen, Mittel und Wege zu suchen, um die Realisierung der Munkschen Pläne zu ver­hindern.( Allseitige Zustimmung.)

Kaufmann Müller: Ich schicke voraus, daß ich auch kein Freund von ungewaschenen Gesichtern bin. Aber ich möchte doch darauf hinweisen, daß für die wenigen hier ansässigen Geschäftsleute eine fleine Vermehrung der Einwohnerzahl höchst wünschenswert sein muß. Vielleicht könnten auch wir darauf verzichten, wenn die hier bereits wohnenden Herrschaften nicht den größten Teil aller Waren aus Berlin beziehen würden. So, wie die Dinge jezt liegen, können wir Geschäftsleute nicht leben und nicht sterben.( Ber­einzeltes Bravo!)

Rentier Hackmesser: Was die Jeschäfte anbelangt, so jeht meine unmaßjebliche Meinung dahin, daß man er st Jeld verdienen muß und dann in de Filla ziehn. Hier is natürlich nischt zu holen. Wer zu uns kommt, muß Asche mitbringen. Ich habe mir meine Moneten ooch erst uff'n Centralviehhoff jeholt, eh' ich mir mein Häuſeken jebaut habe. Hungerleider woll'n wir in unsre bessere Je­sellschaft nich haben und unjebildte Ellemente schon jarnich. Meine Meinung jeht also dahin, det ick jejen det Perjekt bin.

Präses: Ich möchte die Aufmerksamkeit der Anwesenden namentlich auf die gesundheitliche Seite der Frage lenken. Es ist zweifellos, daß der Qualm, welcher Tag und Nacht aus den Fabrik schornsteinen strömt, nicht nur die Vegetation hemmen und den Wald verräuchern wird, sondern eine allgemeine Luftverschlechterung wird die Folge sein. Da ist es wohl angebracht, einmal die Frage auf­

die äußerste Ostgrenze meiner Ländereien placiert werden sollen, Villa. Der gefürchtete gesundheitschädigende Einfluß dürfte mithin das heißt: eine gute Viertelstunde entfernt von der nächstgelegenen gleich Null sein. Es wird doch niemand geglaubt haben, daß ich mir die riesigen Strecken Land gekauft habe, um Schafe darauf zu

weiden?

Dr. med. Sarst: Ich kann mich dem Protest gegen das Projekt nicht anschließen. Und zwar hindern mich daran gerade all­gemeine Rücksichten humaner Natur. Wenn es auch wahr sein mag, daß eine minimale Luftverschlechterung die Folge der Inbetrieb­fehung jener Fabrik sein würde, so müssen wir doch daran denken, welche wesentliche Verbesserung ihrer gesundheitlichen Verhältnisse für die in der Fabrik beschäftigten 500 Personen eintreten müßte! Fabrikarbeit sich um ein Bedeutendes reducieren; gesunde Arbeiter­In unsrer reinen Athmospäre würden die schädigenden Einflüsse der wohnungen, vielleicht Ein- und Zweifamilienhäuser, würden ein übriges in dieser Hinsicht thun, und die Arbeiterjugend könnte unter wesentlich günstigeren Bedingungen als sonst heranwachsen. Die hohen Mortalitätsziffern der Industriestädte beweisen aufs hand­greiflichste, daß eine Verbesserung der hygienischen Arbeits- und Rebensbedingungen gerade für die breiten Boltsmassen zu einer Not­wendigkeit geworden ist. Darum müssen wir wünschen gehe noch weiter: wir müssen mit allen Mitteln es zu fördern suchen, ja, ich daß die großen Fabriken in den gesündesten Gegenden unsres Vater­landes isoliert werden, allen Hindernissen zum Trok. Ich begrüße deshalb das Projekt des Herrn Munk aus allgemeinen socialen Gründen mit großer Freude.( Murren und Gelächter.) zu viel is, is zu viel. Am Ende schicken wir die Rasselbande noch Hackmesser: Der Doktor is' n janz netter Kerl, aber wat ne höfliche Einladung, was? Die Arbeiter soll'n man jesund leben, denn werden se ooch jesund sein! Ich habe zwanzig Jahre in Berlin jehauſt und nun seh'n Se mir an: sehe ich aus wie Gener, der ins Frab sinkt? Ich sage, die Luft hat mit die Jesundheit jarnischt zu Shun! Ob ick in Berlin in' n Keller wohne oder hier in meine

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illa, det is immer jefund, wenn man die richtige Lebensart da isl( Beifall.) So viel Luft, wie der Mensch braucht, kriegt er überall umsonst!

Präses: Es wünscht niemand das Wort mehr. Ich be= antrage, dem Vorstand unsres Vereins aufzugeben, einen gehar­nischten Protest auszuarbeiten und diesen in unsrer Kolonie cirkulieren zu laſſen. Derselbe wird dann mit den Namensunterschriften an die Die gemachten Einwände haben mich zuständige Behörde abgehen. nicht überzeugt. Ich hoffe im Gegenteil, daß die Optimisten unter uns sich eines Besseren besinnen und sich dem Protest anschließen werden. Sie sind es, wie gesagt, sich selber und ihrer Familie schuldig. Wer also nicht will, daß unser herrliches, friedliches Waldfrieden ein schmutziger Proletenort wird, stimme für meinen Antrag!( Stürmischer Beifall. Der Antrag wird mit 47 gegen 5 Stimmen angenommen.)

Kleines feuilleton.

oe. Die Verwandten. Hier ist ein Brief gekommen," meldete das Mädchen. Sie brachte ihn auf einem Teller herein und prä­sentierte ihn der Hausfrau. Die nahm ihn und drehte ihn hin und her. Aus Berlin N.? Nanu, von wem kann denn der sein?"

"

Auch die beiden Töchter famen und betrachteten ihn neugierig. Die Schrift kenne ich gar nicht," sagte Dlga; aber Hedwig wider­sprach:" Doch das große" A" hab' ich schon wo gesehen, es ist eine Damenhand." Ich habe aber gar keine Bekannte in Berlin N." Die Mutter überlegte.

" Na aber, pozz Kuckuck! Macht den Brief doch auf 1" rief der Vater von seinem Schreibtisch her. Er schüttelte den Kopf: Jesses, ist mir sowas vorgekommen! Ueberlegen' ne Stunde, von wem der Brief sein kann, statt einfach aufzumachen."

Ja das ist eigentlich auch wahr," nickte die Mutter und löste das Couvert. Sie überflog das Briefblatt und stieß einen Ruf der Ueberraschung aus: Ach wißt Ihr von wem? Von Lene."