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mit heftig abwehrender Bewegung, als wollte er die tragische Mit dem scharfen Blick eines Heerführers besichtigte er von Erinnerung an seinen Vater verscheuchen. Dann lächelte er allen Seiten her den Platz, auf den er Sturm wagen wollte, wieder. als ein langer Bursche aus einer Kneipe über die Straße geschritten kam und sich sehr tief vor ihm verneigte.
Sie wissen schon, ich habe mich verheiratet... Ja wohl, mit einer Jugendfreundin. Man hatte uns zu den Zeiten verlobt, da ich reich war, und sie hat sich in den Kopf gesetzt, unter allen Umständen den armen Teufel zu nehmen, der ich inzwischen geworden bin."
Ganz recht, ich habe den Verlobungsbrief erhalten," sagte Saccard, und, denken Sie, ich habe ehedem mit Ihrem Schwiegervater, Herrn Maugendre, Beziehungen gehabt, als er noch in La Vilette seine Zelttuchfabrik hatte. Er muß da ein schönes Vermögen verdient haben."
Dieses Gespräch fand neben einer Bank statt. Jordan unterbrach dasselbe, um einen furzen, dicken Serrn von militärischem Aussehen vorzustellen, der auf der Bank saß und mit dem er bei der Begegnung mit Saccard sich unterhielt.
Der Hauptmann hatte sich erhoben, und Saccard grüßte. Er kannte vom Sehen dieses apoplektische Gesicht mit dem durch den Uniformfragen steif gewordenen Hals. Es war ein Typus jener allergeringsten Spieler gegen Bar, die man von ein bis drei Uhr bestimmt hier trifft. Der Hauptmann trieb ein wahres Scherenschleiferspiel mit einem fast sicheren täglichen Gewinn von fünfzehn bis zwanzig Frank, die an demselben Börsentag noch flüssig zu machen sind.
Jordan hatte mit seinem gutmütigen Lachen hinzugefügt, um seine Anwesenheit zu erklären:
„ Ein schneidiger Börsenmann, mein Onkel! drücke ich ihm so im Vorbeigehen die Hand."
Hie und da
„ Ei," erwiderte der Hauptmann, man muß wohl spielen, da die Regierung mit dem Ruhegehalt mich verhungern läßt!"
Herr Saccard, haben Sie nichts für mich? Ich habe die Bodenkreditbank endgültig aufgegeben und suche nun eine Stellung."
( Fortsetzung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Zwei griechische atopiſten.
rich als der antife Vertreter kommunistischer Ideen namhaft gemacht. Sofrates größter Schüler, der Philosoph Plato , wird gewöhn Seine Schrift vom Staate ist in der That die einzige systematische Verteidigung des Kommunismus, die wir aus altflassischer Zeit be= Herr Hauptmann Chave, ein Onkel meiner Frau!... fizen. Es wäre aber sehr unrichtig, deshalb in Plato den einzigen Frau Magendre, meine Schwiegermutter, ist eine geborene Kommunisten zu erbliden, den die griechisch- römische Civilisation Chave aus Marseille ." hervorgebracht hat. Das Gegenteil würde allein schon daraus erhellen, daß im Frühjahr 392 v. Chr., einige zwanzig Jahre, bevor Blato seinen Staat" veröffentlichte, in Athen eine Komödie aufgeführt ward, die gegen kommunistische Projekte die Pfeile ihres Spoties richtete. In der„ Weiber- Volksversammlung" des Aristophanes bemächtigen sich die Frauen von Athen unter Führung der Praxagora durch List der Herrschaft und führen die Gütergemeinschaft in Verbindung mit der Weibergemeinschaft ein; die lektere wird dann vom Dichter mit einer derartig derben Somit ausgemalt, daß zimperlichen Lesern von heutzutage die Augen übergehen müssen. Kommunismus, die es also damals schon auf griechischem Boden Den einen oder andern Wortführer unter den Anhängern des gegeben haben muß, kennen wir beim Namen. So wird über den Philosophen Protagoras , der um die Mitte des fünften Jahrhunderts vor Christi blühte, die Thatsache berichtet, daß er in einer besondern Schrift ein kommunistisches Programm entwickelt habe; Plato foll dies abgeschrieben haben, was gewiß Uebertreibung ist. Dagegen läßt sich gar nicht bezweifeln, daß Plato feineswegs allein stand als Vorviel weitergehender Form verfochten. Denn während Plato im„ Staat" fämpfer fommunistischer Ideale. Sie wurden sogar von andern in den Kommunismus nur für die regierende Schicht der fordert, wollten andre griechische Schriftsteller die ganze Gesellschaft auf dem Boden des Gemeineigentums neubauen. Die Zeit hat uns leider von den meisten antiken Kommunisten nichts als den Namen gegönnt. Bon Platos Zeitgenossen Diogenes, dem philosophischen Sonderling, haben wir wenigstens etliche beißende Sätze, die mehr oder weniger authentisch sind. Dagegen wissen wir von dem Geschichtschreiber Theopomp , der etwas jünger als Plato war, weiter nichts, als daß er auch einen kommunistischen Staatsroman schrieb. Das gleiche wird von dem jüngeren Hekataeus erzählt, einem Sohne des sonst als Schilbürgerstadt verschrieenen Abdera, und über den älteren Phaleas von Chalcedon ist bloß bekannt, daß er den Vors schlag gemacht hat, die Besizungen aller Bürger müßten gleich sein. Je mehr die wirtschaftliche Berfezung in eine fleine Anzahl von Reichen und eine große Menge von freien Lumpenproletariern, denen eine noch größere Menge rechtloser Sklaven gegenüberstand, Fortschritte machte und in immer zunehmendem Maße die Berarmung und Entvölkerung Griechenlands nach sich zog, um so häufiger traten ideal gerichtete Naturen auf, die sich aus der traurigen Wirklichkeit in das Phantasiereich kommunistischer Utopien flüchteten. Zwei solcher Staatsromane, der des Jambulos und der des Euhemeros , find uns wenigstens auszugsweise erhalten.
Saccard nahm Interesse an dem jungen Mann und an seiner Tapferkeit im Stampfe ums Dasein. Er fragte ihn, ob es mit der Schriftstellerei voran ginge. Und immer fröhlicher erzählte ihm Jordan, wie er seine armselige. Haushaltung in einem fünften Stock der Avenue de Clichy eingerichtet habe, denn Vater und Mutter Maugendre, die einem Dichter nicht recht trauten, glaubten schon genug gethan zu haben, weil sie überhaupt in die Heirat gewilligt hatten. So hatten sie gar nichts mitgegeben, unter dem Vorwande, ihre Tochter würde später einmal ihr Vermögen unversehrt erhalten, noch um ihre Ersparnisse vermehrt. Nein, die Litteratur ernährte ihren Mann nicht; er plante zur Zeit einen Roman, fand aber keine Zeit zum Niederschreiben, denn er war unter die Journalisten gegangen und pfuschte in allem, was dazu gehört, von den Chroniken an bis zu den Berichten aus dem Gerichtssaale und zur Rubrik" Lagesneuigkeiten".
Nun," fagte Saccard, wenn ich mein großes Geschäft in Gang bringe, werde ich Sie vielleicht brauchen. Kommen Sie gelegentlich zu mir."
Er verabschiedete sich und ging hinter der Börse herum. Hier endlich verstummte das ferne Geschrei; das Gebell des Spieles hinter seinem Rücken war nur noch ein wirres Gemurmel, das sich im Gedröhn des Plates verlor. Auch auf dieser Seite waren die Stufen dicht mit Menschen besetzt; aber das Maklerzimmer, dessen rote Tapeten man durch die hohen Fenster sah, trennte die Säulenhalle vom Spektakel des großen Saales. Hier saßen Spekulanten, die feinen, die reichen, gemächlich im Schatten, einige allein, andre in kleinen Gruppen, und machten dieses gewaltige, offene Peristyl zu einem förmlichen Klub. Die hintere Ansicht des Börsengebäudes glich ungefähr der Rückseite eines Theaters mit dem Eingange für die Künstler.
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Die Inhaltsangabe der Utopie des Jambulos, die der sicilische Weltgeschichtsschreiber Diodor seiner" Historischen Bibliothek" einverleibt hat, läßt freilich den Verlust des Originalwertes um so mehr bebauern. Der Auszug Diodors ist nämlich nicht eben mit besonderer Geschicklichkeit und Klarheit angefertigt, sondern giebt vor allem die romanhafte Entkleidung und die phantastischen Einstreuungen wieder, während von dem eigentlichen Angelpunkt des Ganzen, der tommunistischen Gesellschaftsordnung dealstaates nur zwischendurch ein paar Brocken planlos mitgeteilt werden, so daß der Zusammenhang mühsam rekonstruiert werden muß. Aber auch in dieser verstümmelten Gestalt ist das von Jambulos' Schrift Gerettete von nicht geringem Interesse. Er giebt sich für einen Staufmannssohn aus, der sich von Jugend auf Die Straße Notre- Dame- des- Victoires , eine verdächtige Handelsgeschäfte fortgeführt habe. Als er einmal durch Arabien in der freien Künste beslissen, nach dem Tode des Vaters aber dessen und verhältnismäßig ruhige Straße, war mit Weinkneipen, die Gegend zog, woher der Weihrauch kommt, fiel er mit seiner Kaffeehäusern, Bierwirtschaften und Schenken besetzt, in denen Sarawane in die Hände von räuberischen Beduinen und ward zuein sonderbar gemischtes Publikum umherwimmelte. Auch fammen mit einem Reisegefährten als Hirte verwandt. Da ward er die Firmenschilder wiesen auf die ungefunden Pflanzen hin, nochmals samt seinem Genossen von Aethiopiern geraubt und nach die am Rande der Kloake in der Nähe wuchsen: übelberüchtigte den Küstenstrichen Aethiopiens verschleppt, um als Sühneopfer dienen, wie dies Versicherungsgesellschaften, Revolverblätter, Banken, Agen- u aufs Volf alle. 600, Jahre eins turen, Börsencomptoirs, bescheidene Räuberhöhlen in Läden halbes Jahr versehen, steuerten die beiden auf einem kleinen Meer entsandte. Mit genügendem Mundvorrat für oder Entresols, die kaum handbreit waren. Auf den Geh- Schiff in die hohe See hinein, wo sie nach Angabe der Aethiopier wegen und mitten, auf der Fahrstraße, überall schlichen fern im Süden eine glückliche Insel finden würden, unter deren Menschen lauernd wie am Waldrand umber. menschenfreundlichen Bewohnern ihnen ein herrliches Leben bevorstehe. Nach viermonatlichem Kampf mit den Bogen erreichten sie irgendwo im indischen Ocean- das bezeichnete Ziel, eine freis
Saccard war innerhalb der Gitter stehen geblieben und schaute nach der Thüre hinauf, die zum Maklerzimmer führte.
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