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Vorschein fam, trug die Fürstin ein schlichtes, schwarzes Wolf - ohne sich selbst die fleine Neute gesichert zu haben, die für Brot fleid und hatte das Haar durch ein Spizzenfichu verdeckt. Sie und Milch, ihre jezige Nahrung, notwendig war. Wenn ihre war immer noch nett und rundlich mit ihrer schwarzen Stirn alte Magd Sophie aus ihrem beständigen Schweigen herausund ihrem hübschen, vollen Gesicht, mit den Berlzähnen trat und mit rauhen Worten scheltend weissagte, sie werde zwischen den festgeschloffenen Lippen; aber ihre Gefichtsfarbe noch als Bettlerin sterben, dann antwortete die Fürstin mit war bereits gelb und ihr Gesicht stumm und verschlossen, wie einem schmerzlichen Lächeln, dem einzigen, welches hinfort durch lange Kloftereinsamkeit erstarrt. Erst dreißig Jahre auf ihren farblojen Lippen erschien, einem Lächeln voll gottalt, hatte sie seitdem nur für Werke der Mildthätigkeit gelebt. feliger Hoffnung.
Groß war die Ueberraschung in Paris , und es gingen allerlei merkwürdige Geschichten un. Die Fürstin hatte das gesamte Vermögen geerbt, die berühmten dreihundert
( Fortsetzung folgt.)
Millionen, mit denen ſelbſt die Zeitungen sich beschäftigten. Louise" von Charpentier .
Die Lesart, die sich schließlich einbürgerte, war eine i romantische. Ein Mann, ein schwarz gekleideter Unbekannter so erzählte man war eines Abends, als die Fürstin zu Bett wollte, mit einem Male in ihrem Zimmer aufgetaucht, ohne daß fie jemals begriffen hätte, durch welche geheinte Thür er Eingang gefunden hatte. Was dieser Mann zu ihr gefagt hatte, das wußte niemand auf der Welt; aber er hatte ihr wahrscheinlich den fluchwürdigen Ursprung der dreihundert Millionen enthüllt und vielleicht von ihr den Schwur gefordert, das viele Ungemach wieder gut zu machen, wenn sie schrecklichen Unglücksschlägen entgehen wollte. Dann war der Mann verschwunden.
In der Geschichte des musikalischen Dramas hat die sogenannte Emanzipation der Massen vielleicht noch mehr Bedeutung gewonnen als in der Geschichte des Sprechdramas. Aubers Stumme von Portici" wird hier an erster Stelle genaunt; ihre Aufführung zu Brüffel 1830 wirfte geradezu als ein Haupttrieb des Aufstandes, der zur Unabhängigkeit Belgiens führte. Seither hat die Oper vieles in ihr Bereich gezogen und an musikalischer Durchbildung der Chöre nichts fehlen lassen, ist auch tiefer ins wirkliche Leben gestiegen als bloß zu verliebten und verschäferten Fürsten . Allein immer noch bleibt doch das Solo, die Aussprache der einzelnen Person, mag diese noch so typisch gefaßt sein, ihre Hauptfache. Namentlich in Deutsch land : hier hat Richard Wagner nicht nur durch ein Zurückgehen auf ideale Fernen, sondern auch erst recht durch eine Konzentration auf noch zu emanzipieren ist, Deutschland den richtigen Boden bildet? den Sologefang gewirkt. Ob für eine Emanzipation dessen, was da man mag es bezweifeln nicht nur wegen der uns eignen Unmündig feit weiter Streise, sondern auch noch aus einem andren Grunde. Bei uns hat der Künstler wenig Fühlung mit dem Boltsganzen, und dieses wenig Fühlung mit der Kunst. Eine Hauptschuld daran trägt die unleidliche Betrachtung der Kunst vom fittlichen Standpunkt aus, dent fie ja niemals widersprechen fann, so wenig wie ettva die rote Farbe und ein Viered einander widersprechen können. Man erlaubt uns nicht das Schauen um des Schauens, das Phantasieren um des Phan tafierens willen; immer muß gleich die Motal oder die Polizei dabei sein. Damit mag es auch zusammenhängen, daß wir, zumal in ihrer Aeußerungsweisen, mit dem Ueberbrett!, uns mur lächerlich gemacht haben. In Paris hat nicht nur, wie wir hören, die Bohême den Pariser dazu erzogen, Kunst als Kunst zu nehmen, sondern fie war eben auch möglich, weil ihr ein altheimisches artistisches Fühlen entgegentam.
Seit fünf Jahren war sie nun Witve, und-- geschah es wirklich, um einem Befehl aus dem Jenseits zu gehorchen, oder hatte sich vielmehr ihr redlicher Sinn empört, als fie die Aften über ihr Vermögen in Händen hatte? That sache blieb, daß sie nur noch in einer Fieberglut von Entjagung und Vergeltung lehte. Bei dieser Frau, die niemals geliebt hatte und die nicht hatte Mutter sein können, entfaltete sich der ganze Schatz zurüdgedrängter Liebe, vor allem die vergebliche Liebe zu einem Kind, zu üppigen Blüten, zu einer wahren Leidenschaft für die Armen, die Schwachen, die Enterbten, die Leidenden, deren gestohlene Millionen sie in Verwahr zu haben glaubte und denen sie dieselben in königlicher Frei- Norden, keine rechte Boheme haben und mit dem fünstlichen Züchten gebigkeit, in einem Regen von Almosen zurückzuerstatten schwur. Bon mun ab bemächtigte sich ihrer eine fire Jdee und bohrte sich tief in ihren Geist ein. Sie betrachtete sich nur noch als einen Banfier, bei welchem die Armen dreihundert Millionen niedergelegt hätten, damit sie zu ihrem Besten möglichst vorteilhaft verwendet würden; sie war von da ab nur noch ein Buchhalter, ein Geschäftsführer, und lebte in Zahlen, inmitten einer Zahl von Anwälten, Baumeistern und
Arbeitern..
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mit dem in solchen Fällen üblichen Erfolg, d. h. einem, der vor andrem kaum viel anders gewesen wäre, nur daß ein Bemühen um noch mehr Erfolg deutlich zu merken war. noch mehr Erfolg deutlich zu merken war.
Den Ausdruck, den ihr der Dichter Murger mit seineuz Zigeunerleben" gegeben, hat Puccini in seiner Bohême" neu ge faßt. Wir hatten ja mit dieser Oper bereits im Vorjahre zu thun gehabt. Auch hier mehr die einzelnen Figuren, als Masse und Straße! Ein musikalisches Bühnenwert aber, das nicht bloß Bilder und Einzelfiguren aus dem Bohemeleven bringt, das ganz und gar Außerhalb hatte die Fürstin große Geschäftsräume mit den Gesamtcharakter dieses Lebens vorführt, feine Lofalfärbung, fein ctwa zwanzig Angestellten eingerichtet. Bei ihr zu Hause, Atmen und Rufen, sein Zusammenhalten und Auseinandergehen, das in ihren drei engen Zimmern, empfing sie nur vier oder fünf tann, wenn gut gemacht, ein Lieblingsstück des Volkes werden. Das Vermittler, ihre Adjutanten. Dort brachte sie ihre Tage am wird wahrscheinlich Charpentiers neue Oper Paris " werden. Und Schreibtisch zit, wie der Leiter großer Unternehmungen, in das ist vorläufig mit Recht und Unrecht der Musikroman" flöfterlicher Abgeschiedenheit, fern von den Zudringlichen, geworden. Seit der Premiere in der Opéra comique 31 Paris, Louise", Dichtung und Musik von Gustav Charpentier, unter einem hoch angeschwollenen Haufen von Papieren. Ihr 2. Februar 1900, die einer der gewaltigsten Opernerfolge überhaupt Traum ging dahin, jegliches Weh zu mildern, von dem Kinde war, ist der Dichtermusiker ein Liebling des großen und zumal des an, das über sein Dasein Schmerz empfindet, bis zum Greise, leinen Paris , aber auch des Auslandes geworden, in so hohem Maße, der nicht ohne Schmerzen sterben kann. Während der lezten daß den Louise" Aufführungen auf verschiedenen deutschen Opernfünf Jahre hatte sie das Geld mit vollen Händen hinausbühnen unser Opernhaus schon vor Jahresfrist nachfolgen wollte geworfen. In La Villette hatte sie die Marien- Strippe" e- und merkwürdigerweise sein Versprechen bereits jebt eingelöst hat. gründet, mit weißen Wiegen für die Kleinen, mit blauen Vorgestern( Mittwoch) fand hier die erste Berliner Aufführung statt. Bettchen für die Größeren, eine großartige, luftige Anstalt, die schon von dreihundert Kindern besucht war; ferner im Vorort Saint- Mandé eine Waisenanstalt" Bum heiligen Die Handlung des Stüdes? Es muß nicht immer gehandelt Joseph", in welcher hundert Knaben und hundert Mädchen sein. Weltgeschichte und Dramenstoff, zumal Romanstoff, können eine Erziehung und Ausbildung erhielten, wie man sie in nicht nur aus Begebenheiten, sondern auch aus Zuständen und Dis Bürgerfamilien bekommt; schließlich in Chatillon ein pofitionen bestehen. Daß Louise, die Arbeitertochter, ihrer zantenden Bfründnerhaus für Greise, in welchem fünfzig Männer und Mutter und ihrem entgegenkommenderen Vater entflieht, um sich mit fünfzig Frauen Aufnahme finden fonnten, sowie ein Spital dem Künstler Julien zu vereinigen; daß sie von der begeisterten mit zweihundert Betten in der Vorstadt Saint- Marceau. Boheme- Menge zur Muse des Montmartre, des Stadtviertels der Letztere Anstalt war eben erst eröffnet worden. Aber ihr Künstler, gekrönt wird; daß die Mutter fie zum franken Vater nach Lieblingswerk, dasjenige, welches in diesem Augenblick ihr tehrt: das ist zusammengenommen lange nicht so wichtig und wert Hause ruft, und daß sie schließlich doch wieder zur Freiheit zurück ganzes Herz in Anspruch nahm, das war ein Heim der voll, wie die berühmten Rufe von Paris ", die recitativischen AnArbeit", ihre ureigne Schöpfung, ein Heim, welches die preisungen der Straßenhändler, nicht so wichtig und wertvoll wie die Zwangserziehungs- Anstalt ersetzen sollte, und in welchem reich verstreuten und noch reicher wiederholten Begeisterungs- und dreihundert Kinder, je hundertundfünfzig Mädchen und Behaglichkeitsthemen der Bohemiens, und ist offen gesagt- recht hundertundfünfzig Knaben, die auf dem Pariser Pflaster von sehr sentimental. Ja, überhaupi: Charpentiers Stück ist ein Meisterder Liederlichkeit, vom Verbrechen hinweg aufgelesen waren, werk, und die Bohême hat er als Dichter und als Komponist von durch libevolle Pflege und Erlernen eines Handwerks zu guten Einzelheiten wirklich in leuchtender Anschaulichkeit vor uns gezaubert. Nur das Ganze fann uns weder durch seinen dichterischen Menschen heranwachsen sollten. Stern noch durch die Grundzüge seiner Musik als ein wirkliches DarAußer diesen verschiedenen Gründungen hatten bestellen der Bohème, ja selbst nur überhaupt einer eigenartigen Welt, deutende Geldspenden, eine tolle Verschwendung im Wohlthun erscheinen. Nein: das ist ein herrliches Geschenk für sie, aber nicht binnen fünf Jahren fast hundert Millionen aufgezehrt; noch von ihr; das ist ein Liedwerk, das nicht schwer zu eltvas von einige Jahre so weiter, dann war die Fürstin ganz verarmt, Zigeunertum weit, weit Entferntem umgewandelt werden und in
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