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irgend einem philharmonischen Konzert ebenfalls zur Geltung kommen bedeutete: ich will mitgehen; ball" wird gesagt statt: ich will tönnte. Um der kunstvollen Motivarbeit willen würde Charpentier mit dem Ball spielen". Diese Eazivörter werden sehr bald ver­nicht der Liebling seines Heimatbodens, des Montmartre, geworden drängt durch die ersten Anfänge einer wirklichen Sakbildung. Zus sein. Er ist es vielmehr deshalb geworden, weil er eine gute Musik nächst werden immer zwei oder mehrere Haupttvörter einfach aus geschrieben und diesem Boden gewidmet hat, als weil er diesen Boden einander gereiht ohne jede Verbindung und ohne jede grammatische hat erflingen lassen. Massenaufzüge auf der Bühne thun's an sich Flexion. Ein Kind rief im zwölften Monat:" papa, mama"; das noch nicht; und was Louise und Julien einander vorsingen, ist fein sollte eine Erzählung sein und ausdrücken: Papa brachte mich zue Tomponierter Schmachtgefang des internationalen Opernbodens. Als Mama". Die meisten Anfänge zur Sahbildung treten jedoch erst sentimentalen Komponisten von Stimmungseindrüden hat man ihn viel später hervor. Nur in einzelnen Fällen verursachen lebhafte ja bereits vor seinem Weltruhm gekannt. Nun aber geht er fast Affekte des Kindes ein Hervorstoßen furzer Säße, wie überhaupt ganze Alte lang fogar ins Lamentable und Larmoyante und Lang- die Affektsprache der normalen Entwicklung vielfach weit voraus weilige. Ueber vier Stunden zieht sich, einschließlich der langen greift. Daher sind auch die ersten Säze vielfach Wunschfähe. Das Pausen, die Oper hin; immer und immer wieder schmachten sich die Kind Steinthals sprach als einen seiner ersten Sätze: papa hut Zweie au, und jede Gelegenheit wird benüßt, um Rhetorit loszulassen.( der Papa hat den Hut aufgesetzt). Preher berichtet als ersten Sah Baris wird mehr angehimmelt, als wir eigentlich von ihm erfahren. seines Kindes:" heim mimi"( ich möchte heim gehen und Milch Doch sobald die Massenfiguren auftauchen, steigert sich die Kunst trinken) und bald darauf: papa mimi"( Papa hat die Milch ver des Komponisten zu seiner eigentümlichen Höhe. Das Jneinander schüttet). Im weiteren Fortschritt werden längere Sätze durch An­arbeiten der Pariser Rufe und Stimmungsäußerungen, zum Teil einanderreihen von Worten aufgebaut und steigern sich zuweilen zu hineingeflochten in die Liebeslyrit, ist ganz einzig gemacht, das Auf- ganzen Erzählungen, ohne daß eine Konjugation hervortritt. Ein ziehen der Festteilnehmer zur Krönung sogar so, wie wir es von Kind erzählte im 26. Monat:" fallen tul bein Anna ans"( Hans Wagner nicht besser denken können. Und dabei immer die vornehme, ist an das Bein des Stuhles gefallen, auf dem die Anna saß). Oder: bescheidene Faktur im Orchester, meist mit einer wohlerwogenen Aus- atten beene titten bach eine puff anna"( Wir waren in Garten, lese der Instrumente, nur manchmal wie im Schrecken auffahrend. haben Beeren und Kirschen gegessen, in den Bach Steine geworfen Wäre Charpentier ein berechnender Effektmacher, so würde er wahr- und sind der Anna begegnet). Preyers Arel bildete folgenden merk­scheinlich nicht der Versuchung erlegen sein, im dritten Aft in den würdigen Sah: mini atta teppa papa oi"( Die Milch wurde auf tollen Festjubel eine grellen Bruch hineinzubringen. Wie in ober den Teppich geschütter. Papa jagte pfuil). Um die Ausbildung der baherischen Volfsstüden dann, wann der Schuhplattler am lustigsten einzelnen grammatischen Formen festzustellen, haben sich amerika tollt, der Intriguant hineinschießt, so steht hier plöblich inmitten nische Psychologen bemüht, Vokabilarien von Kindern anzulegen, der Festesfreude die dunkle Gestalt der Mutter Louisens. Meine in denen die einzelnen Worte nach Kategorien eingetragen wurden. Rachbarn haben mir hoffentlich mein Pfui Teufel!" nicht übel Harlow Gale überwachte in Gemeinschaft mit seiner Frau feine drei genommen. Charpentier hat das anscheinend ganz naib gemeint, Stinder 2 Jahre lang täglich und führte genau über ihre Gespräche nicht raffiniert, wie Ponchielli ähnliches in der Gioconda " gethan Brotokoll, so daß er die Statistik der vorhandenen Worte durch eine hat. Selbst Meherbeer würde vielleicht diesen Effekt milder aus Statistit über die Häufigkeit ihres Gebrauchs ergänzen konnte. Ju geglichen haben. Allein der bescheidene, so gar nicht posierende Mann, allgemeinen ergiebt fich für das erste und zweite Lebensjahr des der sich uns da nach den letzten Aktschlüssen wiederholt zeigen mußte, indes ein beträchtliches leberwiegen der Hauptwörter und Zeit­hat wahrscheinlich feine Ahmmg von Unnatur und fällt darum deito wörter, während die Eigenschaftswörter start zurüdtreten. unbedenklicher hinein. Und daß er des tiefsten und echtesten fünft- tinder beobachten zuerst das Ganze, nicht die Teile. Nach John Terischen Wirkens fähig ist, das zeigt der ganz einzige Schluß des Dewey hatte ein neunzehn Monate alter Knabe im ganzen 115 Ganzen, der uns mit allem Bisherigen, mit den unsäglichen Breiten Wörter. Von diesen waren 60 Proz. Hauptwörter, 20 Broz. Zeit­und den manchmal recht sehr verschwimmenden Themen versöhnt. wörter, aber nur 11 Proz. Eigenschaftswörter; daneben besaß er Die Binde Dazu trug denn auch die Darstellung, war sie gleich nichts vier Umstandswörter und sechs Ausrufungswörter. Eigenartiges und kaum tiefer vorbereitet, viel Gutes bei. In erster wörter, Verhältniswörter und Fürwörter fehlten gänzlich. Auch Reihe möchten wir Herrn Hoffmann und Frau Goebe als die die andern Statistiken lieferten ähnliche Ergebnisse. Ueberraschend Eltern Louiſens nennen: so schön und zugleich sprechend hört man erscheint es, daß die Zeitwörter nicht in einer relativ größeren Zahl nicht bald wieder singen. Fräulein De stinn hatte in der langen vorkommen, do Vorgänge, Ereignisse und Handlungen die Kinder Titelrolle eine um so schwierigere Riesenaufgabe zu bewältigen, als weit mehr interessieren als ruhende Gegenstände und deren Eigen ihre Stimme nicht ebenso blühend an Schönheit wie gewaltig an schaften. Das Rätsel löst sich, wenn man die Häufigkeit des Ge­dramatischer Straft ist, und als sie sich erst allmählich frei singen" brauchs der einzelnen Wortilaisen mit in Betracht zicht. Nach der mußte. Im übrigen müßten wir beinahe die ganze Personalliste des Gebrauchsstatistit von Gale sind in dem wirklichen Sprechen des Opernhauses abschreiben und charakterisieren, da die meisten ersten Kindes die Beitwörter über alle andern Wörter ganz außerordentlich Kräfte auf die kleineren Maffengestalten verteilt waren. Die Regie wörter, während es sich 1322 mal mittels der ihm verfügbaren Zeit­überwiegend; eines feiner Kinder sprach an einem Lage 372 Haupt­Droefchers glänzte wieder stark im Großen und schwächer im Kleinen, und die Dirigierung Dr. Mud s fand ihre verdiente Extra- bildete Amerikaner 60 Proz. Hauptwörter, also genau so viel wie wörter ausdrückte. Dagegen gebraucht nach einer Statistik der ge­Anerkennung. das Kind, aber nur 11 Broz. Zeitwörter, nur halb so viel wie das Kind, dagegen 22 Proz. Eigenschaftswörter gegenüber 9 Proz. beim sinde. Im Intereſſe des Kindes herrschen Vorgänge und Thätig feiten vor, während der Erwachsene eine weit größere Fülle von Eigenschaften benennt als das Kind.

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So haben wir denn auch den gefühlvollen Lavisen- Roman aus Paris und feine, alles in allem wirklich kunstvolle Rettung durch die Mufik glüdlich hinter uns und wünschen ihm das Beite. Vielleicht trägt er dazu bei, auch in uns etwas von dem Pariser Weltgut de rein artistischen Fühlens und der Achtung auf die heimische Pro­

duktion keimen zu lassen.

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Kleines feuilleton.

SZ.

Kulturgeschichtliches.

y. Bilder aus dem Familienleben in der guten, alten geit. Das goldene Zeitalter unfrer Schwarzen hat be fanntlich in Wirklichkeit erheblich anders ausgesehen, als es sich in den poetischen Phantasien romantisch angehauchter Gemüter aus c. Der Sprachschatz des Kindes. Jedes Elternpaar, das die nimmt. Das gepriesene Mittelalter entspricht, mit nüchternem Auge Entividklung seiner Kinder beobachtet, nimmt mit besonderem Inter - betrachtet, den vorgefaßten Meinungen der Leute, deren Ideal in esse die ersten mühsamen Sprechversuche wahr. So einfach diese der Vergangenheit liegt, nicht im mindesten: ebensowenig, wie ersten Versuche des Kindes, Worte zu bilden, den meisten erscheinen auf andren Gebieten, auf dem der Sittlichkeit. Wenn man mögen, so erheben sich doch für den Psychologen eine ganze Reihe den Maßstab unfrer Sittlichkeitsapostel von der Centrumspartei an die schwieriger Fragen, die schon zahlreiche Forscher beschäftigt haben. fromme Glaubenszeit anlegen wollte, so täme sie sehr schlecht weg. Eine zusammenhängende Darstellung der Sprachentwicklung des Welche weitherzigen Begriffe der christliche Adel deutscher Nation in Kindes giebt der Züricher Professor E. Meumann in einer der Blütezeit des Rittertums hatte, geht zur Genüge aus der fleinen Schrift, die er unter dem Titel Die Sprache des Kindes" allbekannten Thatsache hervor, daß der ganze Minnesang sich um in den Abhandlungen der Gesellschaft für deutsche Sprache in Zürich Liebesverhältnisse mit verheirateten Frauen dreht. Und tief blicken soeben veröffentlicht hat. In einem besonderen Abschnitt ftellt er den läßt auch ein Vers, der sich bereits bei Gottfried von Straßburg eigentlichen Werdegang des Sprechens in Säßen in den Hauptstadien findet: der Entwicklung dar. Die Sazbildung beginnt beim Kinde, wie jetzt übereinstimmend angenommen wird, mit den sogenannten Sak­wörtern", d. h. mit einzelnen Wörtern, welche für das Kind die Be deutung von ganzen Säßen haben. Die ersten Worte des Kindes bezeichnen nach Meumann nicht einen einzelnen Gegenstand oder Vorgang, sondern sie drücken in der Regel einen Wunsch, ein Be­gehren oder eine Gemütsstimmung aus, also etwas, was der Er­ivachsene mit einem Saße bezeichnen würde. Der Physiologe Preher, der an seinem Knaben Agel zahlreiche Beobachtungen angestellt hat, führt an, daß das Wort tul" bei seinem Kinde heißen konnte: 1. mein Stuhl fehlt; 2. mein Stuhl ist zerbrochen; 3. ich möchte auf den Stuhl gehoben werden; 4, hier ist mein Stuhl ust. Ein andres Kind fagt Garten" und meint damit, ich möchte in den Garten gehen"; ein Kind sagt bellt", wenn es fagen wollte: der Hund bellt";" bab" sollte heißen: meine Kinderwärterin ist brav";" mid"

Minne, aller herzen künigin diu ist umb kouf gemeine."

Zwei Jahrhunderte später( 1438) bemerkt die Reformation Kaiser Sigismunds, das erste revolutionäre Manifest in deutscher Sprache, latonisch: niemand haltet die ee, als recht wär". Ein niederdeutscher Dichter stellt die Behauptung auf, unter den erwachsenen Mädchen finde man kaum eine Jungfrau. Aus dem Gebiete der allgemeinen Nebensarten führt zu fonkreten Fällen hinüber eine meriwürdige Sammlung von gerichtlichen Verhandlungen, die gegen Ende des Mittelalters der Nürnberger Rechtsgelehrte Albrecht v. Eyb anlegte. Davon beziehen sich neunzehn auf Ehesachen , die zwischen 1450 und 70 in den fränkischen Städten Bamberg , Eichstätt und Nürnberg vor den Richter gebracht wurden. In zwei Fällen handelt es sich um Bigamie, in drei um Ehebruch. Da flagt z. B. die Nürnberger