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Du hast, meiner Seel, ganz recht, wenn Dich das nicht anstrengt... Ich, weißt Du, ich leide schon an Rheumatismen." Er machte sich in einem Lehnstuhl breif und ergriff ein Zeitungsblatt. Kümmere Dich nicht um mich, empfange die Leute weiter, wenn ich Dich nicht störe... Ich bin zu früh ge­kommen, weil ich zu meinem Arzte mußte und ihn nicht antraf."

genommenen tadellosen Haltung eines gesezten jungen spielte. Ihm war ja die glückliche Gabe eigen, zu glauben, Mannes, der seine Gesundheit nicht weiter zu verderben sobald das Gedeihen seiner Pläne es erheischte. wünscht, geblieben war. Er äußerte die größte Nachsicht, wenn ,, Kurz, mein Herr," fuhr jetzt die Gräfin fort, ich bin nur an ihm nichts gefährdet war. zu einem Schritte entschlossen, der mir bisher widerstrebte... Ja wohl, nie war mir der Gedanke in den Kopf gekommen, Geld arbeiten zu lassen und verzinslich anzulegen: altväterische Lebensansichten, Bedenken, die nachgerade etwas einfältig werden, ich weiß es wohl; aber, was fann man wollen? Man handelt nicht leicht den Anschauungen zuwider, die man mit der Muttermilch eingesogen hat hat... So bildete ich mir ein, nur vom Grund und Boden, nur vom Großgrundbesitz dürften Leute unfres Standes leben... Leider ist es mit dem Groß­grundbesitz Die Gräfin errötete leicht, denn jegt gelangte sie zum Eingeständnis ihrer bisher so sorgsam berhehlten Verarmung. " Ist es nicht viel mehr mit dem Großgrundbesig fuhr sie fort. Wir zum Beispiel sind sehr hart mitgenommen worden. Ein einziges Pachtgut bleibt uns übrig. Um die Gräfin nicht in Berlegenheit zu bringen, fiel Saccard eifrig und feurig ihr in die Rede:

In diesem Augenblic trat der Diener ein und meldete, die Gräfin Beauvilliers wünsche empfangen zu werden. Saccard geriet etwas in Verwunderung, obwohl er im Heim der Arbeit" bereits seine vornehme Nachbarin getroffen hatte, wie er sie nannte.

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Er gab den Befehl, fie sofort hereinzuführen, rief dann den Diener noch einmal herein und gebot ihm, alle Leute fort­zuschicken; er sei müde und sehr hungrig.

Als die Gräfin eintrat, wurde sie Marimes gar nicht ge­wahr, da ihn die hohe Stuhllehne verbarg. Saccards Ver­wunderung stieg, als er bemerkte, daß die Gräfin ihre Tochter Alice mitgebracht hatte. Dies verlieh dem Besuch eine größere Feierlichkeit seitens dieser beiden so traurigen und so blassen Frauen: die Mutter hager, schneeweiß, von altfränkischem Aussehen, die Tochter schon ältlich und unschön mit ihrem allzu langen Hals. Mit aufgeregter Höflichkeit schob er ihnen Stühle entgegen, um seine Hochachtung nachdrücklicher zu zeigen.

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Gnädige Frau, ich fühle mich außerordentlich ge­ehrt. Wenn ich das Glück haben könnte, Ihnen nützlich zu sein" Mit großer Schüchternheit unter ihrer stolzen Haltung legte endlich die Gräfin den Beweggrund ihres Besuches dar. Mein Herr, ich bin infolge einer Unterredung mit meiner Freundin, der Fürstin Orviedo, auf den Gedanken ge­kommen, Sie aufzusuchen... Ich gestehe, daß ich zuerst ge­schwankt habe; denn in meinem Alter ändert man seine An­fichten so leicht nicht, und ich habe immer vor den heutigen Dingen, die ich nicht verstehe, eine große Scheu empfunden. Schließlich habe ich mich mit meiner Tochter hierüber aus­gesprochen und halte es jetzt für meine Pflicht, über meine Bedenken hinwegzugehen, um das Glück der Meinigen zu sichern."

Im weiteren Verlaufe ihrer Rede sagte sie, die Fürstin­habe ihr von der Banque Universelle erzählt, die allerdings in den Augen der Profanen bloß eine Kreditanstalt sei wie die andern auch, aber in den Augen der Eingeweihten eine un­widerlegliche Rechtfertigung in sich trage, einen so hohen und verdienstlichen Endzweck, daß auch das ängstlichste Gewissen verstummen müsse. Sie sprach zwar weder den Namen des Papstes, noch denjenigen Jerufalems aus, so etwas sagte man nicht, das begeisternde Geheimnis flüsterte man bloß in gläubigen Kreiſen, aber aus jedem ihrer Worte, aus jeder ihrer Anspielungen und Andeutungen fühlte man einen Glauben, eine Hoffnung heraus, welche ihrem Vertrauen auf den glücklichen Erfolg der neuen Bank eine wahrhaft fromme Inbrunst verlieh.

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Saccard selbst mußte fich über die verhaltene Erregung der Gräfin und das Beben ihrer Stimme wundern. Nur im Iyrischen Ueberschwang seines Feuereifers hatte er bis jetzt Jerufalem erwähnt; eigentlich gab er auf dieſen thörichten Plan nicht viel, da er etwas Lächerliches darin witterte; er war vielmehr geneigt, ihn aufzugeben und selbst darüber zu lachen, falls er mit Spottreden aufgenommen würde. Der rührende Besuch dieser gottesfürchtigen Frau, die auch noch ihre Tochter mitbrachte, die vielfagende Art, mit der sie zu verstehen gab, daß sie mit allen den Ihrigen, daß der gesamte französische Adel ihm blindlings trauen und folgen würde, dies machte einen lebhaften Eindruck auf ihn, gab dem bloßen Traum eine greifbare Gestalt und erweiterte sein Arbeitsfeld ins Ungemessene. Es war also wahr, hier lag ein Hebel, mit dessen Hilfe er demnächst die Welt aus den Angeln heben könnte.

Mit seinem raschen Anpassungsvermögen überblickte er mit einem Male die neugeschaffene Lage und sprach ebenfalls in geheimnisvollen Worten von jenem in aller Stille er strebten Endtriumph; seine Rede war von Inbrunst durch glüht, über ihn war thatsächlich der Glaube gekommen, der Glaube an die Vortrefflichkeit des Aktionsmittels, welches ihm die jetzige kritische Lage des Papittums in die Hände

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Aber, gnädige Frau, niemand lebt ja heutzutage vom Grundbesit Das fogenannte Domanialvermögen der alten Zeit ist eine abgelebte Form des Reichtums, die jetzt jede Daseinsberechtigung eingebüßt hat. Sie verursachte geradezu eine Stockung und Stauung des Geldes, deffen Wert wir seitdem dadurch verzehnfacht haben, daß, wir es teils in Gestalt von Papiergeld, teils in Gestalt von allerhand Handels- und Finanzeffekten in den Kreislauf des Verkehrs geworfen haben. So wird die Welt neu gestaltet werden. Denn nichts war möglich ohne das Geld, das flüssige, strömende, überall eindringende Geld, weder die praktische Anwendung der modernen Technik, noch der endgültige, all­gemeine Weltfriede... O, der Bodenbesiz! Er ist zu den alten Postkutschen gewandert. Mit einer Million Grund­besig berhungert man, man lebt mit dem vierten Teil dieses Kapitals, wenn es in guten Geschäften zu fünfzehn, zwanzig, ja dreißig Prozent steckt."

Mit ihrer stolzen Traurigkeit nickte ihm die Gräfin leicht zu:

" Ich verstehe Sie nicht recht; wie gesagt, ich gehöre noch einer Zeit an, zu welcher solche Dinge wie etwas Schlechtes und Verbotenes erschreckten.. Aber ich stehe nicht allein, ich muß vor allem an meine Tochter denken. Im Verlaufe einiger Jahre ist es mir gelungen, etwas beiseite zu legen, o... ein geringes Sümmchen

Sie errötete abermals.

Zwanzigtausend Frank, die bei mir zu Hause in einer Schublade schlummern. Später könnte ich vielleicht Ge­wissensbisse darüber empfinden, daß ich das Geld so unfrucht­bar habe liegen lassen; da ferner Ihr Unternehmen ja ein gutes Wert ist, wie meine Freundin mir anvertraut hat, da Sie auf dasjenige hinarbeiten wollen, was wir alle mit unsren heißesten Wünschen herbeisehnen, so wage ich mich vor... Sturz, ich werde Ihnen Dank wissen, wenn Sie mir einige Aftien Ihrer Bank reservieren wollen, für etwa zehn- bis zwölftausend Frank. Ich habe darauf Wert gelegt, daß meine Tochter mich hierher begleitete, denn ich verhehle Ihnen nicht, daß das Geld ihr gehört."

( Fortsetzung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Seltfame Vogelnefter.

Die Lenztage im Februar wurden jubelnd von unsrer heimischen Bogelwelt begrüßt. Ein Sänger wedte den andern, die Liebe war bau. Alljährlich sehen wir die geflügelten Baumeister bei der Her in ihren Herzen erwacht, und rüstig flogen die Frühbrüter zum Nest­stellung ihrer Brutstätten und stets mit neuer Bewunderung.

Da giebt es die Flechtenden oder Korbmacher , wie der Storch und Eichelhäher. Als geübte Weber ergößen und der Pirol und Rohrs sänger, feine Filzmacher sind die Finken, die Uferschwalbe versteht zu minieren, der Specht ist ein rüstiger Zimmermann, die Sing­drossel kittet beim Nestbau und die Hausschwalbe mauert. Es giebt aber Abstufungen unter diesen luftigen Technikern vom Stümper bis um vollendeten Meister, der sich nebenbei auch durch Originalität viel, reicher wird aber die Ausbeute an solchen Originalwerken, wenn auszeichnet. Schon unsre heimische Vogelwelt bietet des Seltsamen wir unter den Bögeln fremder Zonen Umschau halten.

Ueber Mittelafrika und Südasien bis nach Neu- Guinea sind die Nashornvögel verbreitet, so genannt, weil sie auf ihren großen,