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Feuer, doch ohne Affettation... Ich übte eine Rolle an ihr und sie und des Konterfeis aber wird weder das Hogarthsche Autograph an fam mir mit einer andren entgegen; wir spielten mit vielem Ernst den Spiegel gesteckt, noch das Hogarthsche Bild im Salon aufgehängt die Komposition eines schlechten Dichters, und jetzt thut es uns haben: dafür war beides zu ungeschmeichelt. wieder leid, daß wir die Zeit so verdorben haben." Und dieses Aeußerste egoistischer Blasiertheit wird, sehr charakteristisch für Tied wird der Frankfurter Zeitung " geschrieben: Die vom Reichs­Wie schwört man einen Meineid? Aus Mittelfranken selbst, zugleich als Rück- und Umschlag eines überschwänglichen, justizamt eingesetzte Kommission zur Vorbereitung der Revision des fentimental- romantischen Empfindungslebens dargestellt. Als einen Strafprozesses hat sich legthin mit der Frage der Neuregelung des Schwärmer sieht man Lovel seine Bahn beginnen. Wenn wir unsrer Phantasie erlauben, zu weit auszuschweifen, wenn wir alle Re- Beeidigungsverfahrens beschäftigt, insbesondre ob der Voreid durch gionen der Begeisterung durchfliegen geraten wir endlich in ein den Nacheid zu ersetzen und in welchem Abschnitt des Verfahrens Gebiet so excentrischer Gefühle, daß die Seele ermüdet zurüdfällt... die Beeidigung zu bewirken sei. Man hüte sich vor jener Trunkenheit des Geistes, die uns zu lange Meineide erzielt werden wird, bleibe hier außer Erörterung. Wie Db durch die eine oder andre Regelung eine Verringerung der der Erde entrückt; wir kommen als Fremdlinge wieder hinab, die die tägliche Erfahrung beweist, find in unsrer Bevölkerung An­doch die Schwingkraft verloren haben, sich über die Wolfen zu er heben." Das Ungenügen an den schalen Freuden der Erde ", die Klage, schauungen verbreitet, wonach unter gewissen Kautelen Meineide ruhig daß ein Genuß nie unser Herz ganz ausfüllt", das nagende Ge- geschworen werden können und das Gewissen nicht im geringsten be­läftigen. So kann man z. B. im Allgäu sich einen Meineid ganz fühl einer ewigen Herzensleerheit" erinnert hier und dort an Faustische Empfindungen. Es wäre interessant, zu verfolgen, wie gut leisten, wenn man ihn zugleich wieder abschwört". Dieses Ab­dieser hier von Tied gezeichnete neue, theoretisierende und ästhetischwören geschieht in der Weise, daß der Schwörende, wenn er seinen fierende Egoistentypus, der bald in krampfhafter Ueberhebung sein Rücken legt. Was mit der rechten Hand geschworen wird, wird mit rechten Arm zur Eidesleistung emporhebt, seinen linken Arm auf den Ich als Einzigen" die Welt als Eigentum des Einzigen" pro- der linken Hand wieder abgeschworen, und der Eid geht dann durch", flamiert, bald zerfnirscht sich im Gefühle der absoluten Ohnmacht der Meineid kann so der Seele nichts anhaben. Der Richter im All­windet, mannigfach abgewandelt und modifiziert, in der späteren gäu sieht deshalb immer scharf darauf, daß der Schwörende seine Litteratur immer wieder auftaucht. Besonders in der Decadenten " linke Hand nicht auf den Rücken legt, dann allein hat er eine Ge­und" Fin de Siècle "-Dichtung, die in den neunziger Jahren des währ, daß kein Meineid geleistet wird. neunzehnten Jahrhunderts als Neuestes und Allerneuestes aus­gerufen wurde, trifft man auch mancherlei verwandte Züge, wie diese Richtung auch sonst in vieler Hinsicht auf die Romantik zurück­weist. Der Klassische Roman dieser Decadence, von einem wahr haften Dichter geschrieben, Garborgs" Müde Seelen", ist zugleich eine unvergleichlich feine naturalistische Studie modernisiert­romantischer, des Jugendzaubers, der sie ehedem umgab, entkleideter Seelenstimmungen. Typisch an so manche Lebensläufe der alten Romantikern erinnernd, ist Garborgs Schilderung, wie der an Leib und Seele bankrotte Schöngeist sich zuletzt in einen katholisierenden Kirchenglauben flüchtet.

( Schluß folgt.)

Kleines feuilleton.

Ein andres Mittel, seine Seele durch den Meineid nicht zu ge fährden, fennt man im bayerischen Wald; hier weßt sich derjenige, der einen Meineid schwören will, bei seinem Eintritt in den Gerichtssaal an dem Thürpfosten; er" läßt dann seine Seele draußen", und er kann ruhig schwören, was er will, ohne Gewissensqualen zu riskieren; denn der Teufel kann mum seine Seele nicht holen.

In manchen Gegenden glauben fich die Leute vor dem Teufel auch schon dann gesichert, wenn die Fenster des Gerichtssaales ge schlossen find, und sie hüten sich sofort, die unwahrheit zu sagen, wenn der Richter die Fenster öffnen läßt, da nun der Teufel ohne weiteres herein kann.

Gegenüber solchen Anschauungen macht es nichts aus, ob der Eid vor oder nach der Aussage geleistet wird; denn diejenigen, die einen Meineid leisten wollen, finden wie gezeigt, immer Mittel und Bege, die Unwahrheit zu sagen, ohne ihre Seele in Gefahr zu bringen. Hier hilft mur eines: das Volk auf eine immer höhere Bildungsstufe zu bringen und dadurch seinen Sinn für Wahrhaftiga und Ehrlichkeit immer mehr zu schärfen.-

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Theater.

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on. Ungeschmeicheltes von Hogarth . Unter den englischen Malern des achtzehnten Jahrhunderts ist, wenn nicht der größte, so doch ficher der berühmteste William Hogarth ( 1697-1764), der Meister des Sittenbildes. Seine hervorragendsten Leistungen, von denen die Freie Boltsbühne( Metropol Theater):" Im Hinter Dies Driginale zum wertvollsten Besitz der Londoner Nationalgalerie ge- hause". Drama in vier Aften von Ernst Preczang. hören, während zahllose Kopien in alle Welt gegangen sind, vor mal handelt es sich um die Uraufführung eines neuen Dramas und allem die Bildercyklen heirat nach der Mode", die Parlaments- zugleich um einen neuen Autor aus unsrer Mitte. Würden nun selbst wahlen" und das Leben eines Wüstlings" find für die Kulturgeschichte auch nur wenige der Erwartungen, die wir an diese schöne That des ebenso bedeutsam wie für die Kunstgeschichte; denn sie bieten mit Vereins knüpfen, erfüllt werden, so bleibt diesem letzteren doch das realistischer Lebenswahrheit in großen Zügen, die rasch zu übersehen Verdienst, weitere Kreise nicht nur neuerdings auf seine vollstünft sind, ein ungeschminktes Bild von den englischen Zuständen der Zeit, lerischen Bestrebungen hingelenkt zu haben, sondern auch gleichzeitig den das die regierende Kaste übel mitnimmt. Sie sind gemalte Satire Schöpfungen unsrer Dichter eine immer fräftigere Wellen schlagende und legen in jedem Strich Zeugnis ab von dem unverwüstlichen Anteilnahme nach außen erringen zu helfen. Ernst Preczang ist Humor des großen Malers, der alle Schattierungen der Komit mit uns kein Fremder. Als Lyriker hat er edle, eigne Töne. Auch als gleicher Meisterschaft beherrschte: vom trockenen Humor bis zur Dramatiker versucht er sich nicht zum ersten Male. Daß er auf diesem beißenden Schärfe. Er verstand aber nicht allein mit dem Pinsel so hart umstrittenen Felde ein tüchtiges Stüd vorwärts gegangen ist, Satire zu malen, sondern auch sie mit der Feder zu schreiben, zeigt sein fociales Drama" Im Hinterhause". Der einfache Titel Eine fagt nicht viel obschon die Schriftstellerei sonst nicht sein Feld war. oder doch alles; wir wissen schon, wo es empfindliche Probe bon Hogarthschem Sarkasmus erhielt und was werde: sich abspielen Der Lebenstampf einer ein englischer Lord, als der Maler noch jung war und sich Arbeiterfamilie, umbrandet von Not und Elend, bon fieges und niederbrechender Sorge und mit Anfertigung von Porträts seinen Unterhalt verdienen mußte. froher Hoffnung und Ber Da saß ihm einst ein Edelmann von ungewöhnlicher Häßlichkeit und zweiflung. Der Mann infolge eines rheumatischen Leidens zum Mißgestaltung zur Aufnahme. Hogarth vollführte feine Aufgabe mit Invaliden geworden, zu einer Zeit, da er noch lange nicht der Arbeit aller Meisterschaft; aber er hielt sich streng an die Lebenswahrheit, entsagen zu sollen geglaubt hatte. Unerträglich ist solch ein von ohne die Schönheitsfehler seines erlauchten Kunden im mindesten unfreiwilliger Unthätigkeit aufgezwungenes Dasein. Nur ein Genuß­auszumerzen. Der var nun von dem ungeschmeichelten Porträt nichts füchtler, ein professioneller Faulenzer vermag sich damit abzu­weniger als erbaut und dachte nicht im Traume daran, das be- finden; nimmer ein Mensch, der gewohnt ist, für seine Familie stellte Werk einzufordern, geschweige für etwas zu bezahlen, dessen zu schaffen, nimmer einer, der auch zugleich für die wirtschaft­er liche Besserstellung er liche der täuschende Aehnlichkeit mit der eignen werten Person Arbeiterklasse, der er angehöri, nicht anzuerkennen gesonnen war. Hogarth aber, der sich Wort und That einsette. Nun ohnmächtig zusehen, wie fich in dem üblichen chronischen Dalles junger Künstler be- Weib und Tochter für ihn Tag um Tag, Jahr um Jahr radern und fand, dachte ebensowenig daran, auf seine Forderung zu mühen wie ist das möglich, ohne daß er am Leben verzweifelt. verzichten. Nachdem er einige Zeit vergeblich auf sein Honorar ge- Besser ein selbstmörderisches Ende. Aber da bricht doch noch ein Tauert hatte, begann er den edlen Lord darum zu treten. Er wieder- Lichtschimmer herein. Eines Tages bietet ihm die Fabrikdirektion holte die Mahnung des öfteren; der biedere Kunde reagierte aber einen ausfömmlich bezahlten Poften als Werkstattmeister an. durchaus nicht. Indes der junge Künstler wußte sich zu helfen. Er Endlich wird nun seine Qual ein Ende haben. Doch wie er erfährt, schrieb dem vornehmen Herrn folgende Karte:" Mr. Hogarth über- daß er als Streitbrecher dienen solle, da weist er das Anerbieten mittelt Lord N. N. seine pflichtschuldige Hochachtung. Da Mr. Hogarth mit Empörung zurück. Treu fich selbst und der großen Sache, der findet, daß Ew. Lordschaft nicht die Absicht haben, das für Sie ge- er zeitlebens zugeschworen, tritt er ins alte Glend zurück und geht malte Bildnis zu acceptieren, so werden Sie wieder davon lieber freiwillig in den Tod. Sein Weib ist freilich von andrer Art. benachrichtigt, daß Mr. Hogarth feines Geldes dringend bedarf. Sie hat's nie begreifen fönnen, daß man dejalen" Brot und Wenn daher Ew. Lordschaft es nicht binnen drei Tagen abholen Existenz opfern könne, daß man noch was anders sein müsse, als lassen, so wird es unter Hinzufügung eines Schwanzes und etlicher bloß ein Arbeitssllave; und auch die Tochter ward es müde. So andrer fleiner Anhängsel an Mr. Hare, den berühmten Menagerie- nimmt diese schließlich den Verführer zum Mann, um versorgt zu befizer, abgeliefert werden. Mr. Hogarth hat es nämlich bedingungs- fein. Nur der junge Fabrikler, dem sie ursprünglich und der ihr weise diesem Herrn als Reklamebild zum Aushängen versprochen, von Herzen zugethan war, ist vom Schlage des Alten. Weil das im Fall Ew. Lordschaft es ablehnen." Umgehend ward das Geld Mädchen nicht Kraft und Mut in fich fühlt, ihm zu folgen und weil eingeliefert, das Porträt abgeholt. Der Empfänger des Dentzettets er erkennt, daß er, will er seinem flaffenbewußten Arbeiter­

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