-
499
werden englische und indische Baumwollen- und Wollenstoffe, Stupfer- Dörfer tauchen auf, brei, vier mit einem Male: weit verstreut und Emaillegeräte aus Indien , Thee, Seide, Baumwolle, Pferde und doch zugleich sichtbar. man tann tief hineinschauen in und Efel aus China . Zybikow hat aus Lhassa zahlreiche Photo: das Land. graphien und Zeichnungen mitgebracht, die das Leben und die Sitten Dörfer, eins wie das andre: Ein grüner Busch aus dem Felde des Landes illustrieren. Er beabsichtigt, ein Buch über seine große aufleuchtend niedere Häuser dazwischen, Tagelöhnerhäuser aus Reise zu schreiben. Fachwerk und Feldsteinen, mit Rohr und Stroh gedeckt; hoch über alle ragt die Kirche und dicht daneben liegen Gut und Schloß.
Kleines feuilleton.
c. k.
er. Das Land. Je weiter der Zug hinauskam, desto mehr ver schwanden die Spuren der großen Stadt. Ein paar Straßen noch als legte Ausläufer, ein paar Vororte, drin die Mietstaserne mit der Villa zusammen schon das Dorf überwanden; dann verschwanden auch die. Das Land begann. Dieses weite Land, wo die Felder fernhin gehen und die Wasser blinken, wo der Wald wie ein Traum aus der Ebene auftaucht und entschwindet.
Es fährt sich wundersam durch das Land, wenn alle Felder voll Aehren und jeder Wegrain voll Blüten steht, wenn über die Wiesen der Heuduft weht und die Lerchen trillernd ins Blaue steigen.
Das fährt sich wundersam! Der Zug geht langsam; ein Bug mit Wagen vierter Klasse, der hat es nicht so eilig. Man wird geschüttelt, ehe man an sein Ziel kommt; aber man sieht, was am Buge vorübergleitet. Und es gleitet viel vorbei.
Wälder, wie man sie gar nicht kennt, da drinnen bei der großen Stadt. Buchenwälder, dunkel und dicht, wo kein Sonnenstrahl durch die Zweige gleitet. Wälder, in deren Tannengrün sich licht und hell die Birken mischen. Wälder voller Hügel und stiller Gründe, wo aus dem Dickicht der Hirsch heraustritt, um im hohen Wiesengras zu äsen. In den Coupees rufen sie und jubeln:" Der schöne Wald, der schöne Wald!"
Aber noch schöner ist das freie Land.
Ach, dieses Land! Endlos dehnt es sich in die Weite, endlos, verschwimmend mit dem Horizont in graublauen Duftwogen, blühend
an allen Ecken und Enden.
Graugrün, schimmernd wie Seide, wiegt sich das Korn im Sommerwind, goldgelb leuchtet der Raps, üppig im Kraut steht der Kartoffelader, dürftiger Boden und doch mit Frucht gesegnet. Fruchtgesegnet das ganze Land. Aus jeder Scholle teimt es und wächst und sprießt hundertfach, tausendfach: Nahrung des Menschen, Frucht... Brot.
O, du gesegnetes Land, das des Menschen Brot in solcher Fülle trägt!... bu herrliche Erde, wo jede Ackerkrume dem Menschen Frucht und Nahrung bietet!..
In der vierten Klasse sind sie zusammengerückt, die lange Fahrt hat die Fremdesten mit einander vertraut gemacht. Die Frauen schwazzen. Mit unterdrückten Stimmen teilen sie einander ihre fleinen Leiden und Freuden mit. Die große Blasse mit dem mageren Geficht, einem Geficht des Elends und der Not, läßt die Blicke hinschweifen über das grüne Land. Wie ein Seufzen kommt es über ihre schmalen Lippen: Ja hier wächst allens-, hier wächst's auch ' n Armen in' n Kochtopp rein; wir in der Stadt wir können's mit Jeld nich bezahlen."
Nee dett is richtig, wenn man so sieht, wie hier's Korn wächst und in der Stadt is's Brot so teuer".
" Auf's Land hat der kleenste Arbeiter mehr zu essen wie in der Stadt."
" Na gewiß doch," sagt eine Männerstimme, sie flingt etwas höhnisch, sie spricht in dem reinen Hochdeutsch und den scharf accentuierten Lauten Bommerns. Dem fleinen Arbeiter gehört sie an, der in der Mitte des Wagens steht. Er hält sich an dem Lederriemen, der von der Decke niederhängt. Er mißt die Frauen mit einem spöttischen Blick: Nee... das ist auch nicht so. Was denken Sie sich denn? Der fleinste Arbeiter soll mehr haben wie in der Stadt? Wenn er nur so viel hätte! Die Ernte" er macht mit der Hand eine Bewegung über die Felder die Ernte, die hat der Gutsherr der Arbeiter nicht".
-
-
Arbeiterhütten, Kirche, Gut: der Rahmen, drin sich hier das Leben abspielt, das Leben auf dem Lande.
hier ist alt. Jahrhunderte hat sich an diesen Stätten dasselbe Leben Die Kirchen find alt, Jahrhunderte alt. Das heißt, das Leben abgespielt.
Arbeiterhütten, Kirche, Gut..
Armut lebt, und die Kirche über allem. Armut, die für den Reichtum schafft, Reichtum, der von der
Die Kirche, die da sorgsam wacht, daß auch die Armut fein ges nügsam bleibe, und nicht begehrlich schaue nach den Gütern dieser Welt. Arbeiterhütten, Kirche, Gut; und ringsumher des Feldes Frucht, die Frucht, die für die Hütte nimmer reift. Man müßt' fie's denken lehren." einmal und bläst den Dampf der kurzen Pfeife noch dichter vor Der Graubart sagt es noch sich hin!
-
- Eine fönigliche Holz- Bibliothek. In seinen Erinnerungen aus dem italienischen Feldzug von 1860 erzählt üst o w, welcher als Oberst- Brigadier der Süd- Armee mit dabei war, von seinem Aufenthalt in Caserta : General Medici wohnte in dem Flügel des Schloffes, in welchem König Ferdinand II. von Neapel gewöhnlich fich aufgehalten hatte. Eines Tages suchte ich Medici, fand ihn aber nicht daheim; da ich wußte, daß er bald kommen mußte, wartete ich auf ihn und zwar im Schlaf- und Toilettenzimmer weiland Ferdinands II. Ich bemerkte in demselben eine Bibliothek in einen Glasschrank. Um die Zeit des Wartens mir zu verkürzen, wollte ich mir ein Werk aus derselben nehmen. danach fand ich, daß die Bibliothek alle Blüten, alle großen Ero scheinungen der italienischen Litteratur seit dem sechzehnten Jahrhundert enthielt, offenbar von einem vorzüglichen Kenner dieser Litteratur ausgesucht und nach Fächern mit der größten Sorgfalt und Kenntnis zusammengestellt. Ich hatte endlich meine Wahl getroffen und wollte mir jest das Buch herauslangen; während ich den Schrank zu öffnen suchte, kam ein alter Aufwärter heran und sagte fopfschüttelnd und grinsend: " Es ist nichts, es ist Holz!" Ich verstand anfangs nicht, was der Kerl meinte, mochte und konnte nicht daran glauben, aber es verhielt fich, wie er sagte. Die Bücher waren überzogene, forg fältig mit den Titeln in Goldbuchstaben versehene Holzstücke. Und diese Bibliothek diente lediglich als Schirm für den Toilettenraum Ferdinands II. , in welchem auch der Nachtstuhl stand. So behandelte Ferdinand die italienische Litteratur. Der Hohn springt in die Augen, doppelt, wenn man bedenkt, daß diesem Menschen doch die Mittel nicht fehlten, die Bibliothek fich wirklich zu verschaffen, und daß ein wirklicher Gelehrter sich dazu hergegeben haben mußte, diesen Wandschirm zu arrangieren.-
-
Theater.
Belle Alliance Theater( Das„ Waldler"- Ensemble): " Der Schnizerfranzl von Waldenkirchen". Volksstück mit Gesang und Tanz in vier Aften von Fr. Seuffert. Musik von Franz Voith. Die Heimatkunst" sproẞt an allen Ecken und Enden. Db und welchen Gewinn die Litteratur und die Theaterei davon haben werden, das zu entscheiden, mag dem alles verschlingenden Vater Chronos überlassen bleiben. viel ist aber sicher: die Dramen- Sparte wird um zahllose Stücke von problematischer Gattung und zweifelhaftem Wert bereichert. Die Schauspielkunst als solche dürfte dagegen durch die bäuerliche Volkskunst weder geschädigt noch sonstwie beeinträchtigt werden. Sie büßt nichts von ihrer Exklusivität ein, wenn sie ins " Js richtig!" Der alte Graubart nickt und bläst ein paar Bolt hinabsteigt und dessen urwüchsige gesunde Kraft und Natürlich Rauchwolfen vor sich hin. Er spricht mehr zu sich als zu den andern, feit auf sich wirken läßt. Unter Umständen kann sie auch Succurs als framte er in halbverblaßten Erinnerungen. Is richtig, ich weiß erhalten von ursprünglichen darstellerischen Talenten, die, jenem es, ich bin gebürtig da oben bei Pölig. Ich weiß es: Felder voll volklichen Nährboden entwachsen, zu hoher künstlerischer Leistung 3- Korn an allen Enden, und die Ernte bringt an de Tausend, aber fähigkeit hinansteigen. Jedenfalls bedeutet die allenthalben mein Vater saß in' ner Hütte, wo' s Wasser von de Wände lief, erwachende Liebe ländlicher Volksschichten zur Theaterspieleret und wenn wir Sonntags Specftippe hatten, denn war's' n Fest, und ein günstiges Symptom. Sie zeugt von der Zunahme geistiger und dabei hat er gearbeitet für's Gut bald an die dreißig Jahr." tünstlerischer Interessen und es wäre unbillig, diese Liebe und Ein Gemurmel läuft durch den Wagen. Eine Frau jagt fläglich: persönliche Bethätigung durch hämische Kritik hintenanzuhalten. Von Un dat geht nu noch so ville so dat geht se alle fo... allen deutschen Volksstämmen hat wohl der bayrische die musikalische und mimische Begabung als besonders ausgeprägtes Erbteil von Natur aus empfangen. Der oberbayrischen Theatertruppe der Schlierseer und Tegernseer Bauern hat sich nun auch ein Ensemble niederbayrischer Waldler" zugefellt. Dies Bölfchen bewahrte in seiner stillen abgeschlossenen Waldheimat noch mancherlei urwüchsige Elemente, bie wo anders schon verschwunden sind, die aber, in Norddeutschland zumal, fast gar nicht bekannt sein dürften. Das eingangs genannte Bolts stück, mit dem die Waldler am letzten Sonnabend ihr hiesiges Gastspiel einleiteten, besißt mun zwar keinerlei künstlerische Qualitäten. In stofflicher Hinsicht ist es sogar sehr auffällig von Benno Schackerl und der Polizeidiener Wamperl beweisen. Auch geht darin nichts vor, was man nicht schon aus den Repertoirestücken der Schlierseer" kennt. Es ist ein grob gezimmertes Dilettantenstück. Desgleichen wird sich niemand darstellerife Qunst erwarten. Das
11
**
Die for de Güter arbeiten, die denken nur nich dran." Man müßte fie's denken lehren," meinte ein Dritter, ein stämmiger Geselle mit blizenden Augen, er gehörte zu dem kleinen Pommern und dem Graubart und nickt ihnen herausfordernd zu: " Man müßt sie's denken lehren."
Und die beiden nicken wieder nachdenklich und trozig zugleich: " Jawohl, man müßt es!"
Und immer weiter rollt der Zug durch das Land, und immer üppiger dehnen sich die Felder.
Auf den Wiesen weiden die Rinder, Pferde tummeln sich in der Koppel. Sensenschlag flingt: Sie sind in der Heuernte. Tausend Raucheneggers Jägerblut" abhängig, wie namentlich der Bader Hände regen sich geschäftig; wenn der Zug vorüberbraust halten fie eine Sekunde inne. Rotglühende Gesichter wenden sich herauf, gebräunt von der Sonne, abgehezt von der Arbeit. Ein Winken, ein Tücherwehen. Alles vorüber.
.
"