Weib nehmend Aber eine unzweideutige Bosheit liegt in folgendenbeiden Aussprüchen:„Wenn ein Mann eine Frau und einen Centesimoverliert, so wird er den Centesimo vermissen", und„Die Natur hatdie Frauen und die Kirche zu deren eigenen Schaden schön gemacht".Wie Frauen sein sollten, ist schwer zu sagen. Die Frauen des„duftenden Paradieses" bei den Türken bestehen nur aus Moschusund Rosenduftessenzi aber selbst dort ist es fraglich, ob die Männernicht irgend etwas ausfindig machen, worüber sie brummen können.Der Schotte legt ein Bekenntnis nieder in dem Sprichwort:„Mädchensollten sanft und bescheiden sein, schnell zum Hören, langsam zumReden". Im selben Sinne heiszt es:„Traurig ist die Frau, diekeine Zunge hat; aber wohl dem Mann, der sie bekommen hat". Dochdie Schotten urteilen noch nicht so streng über Frauen wie viele andereNationen. Sie erkennen zwar,„dah Mädchen und Gläser sprödeWare sind", daß es„Besser ist. halb gehängt als unglücklich geheiratetzu sein"; aber sie sagen wenigstens nicht so viel über die Falschheitder Frauen. Die Spanier sind am sarkastischsten in ihren Sprich-Wörtern:„Es ist wahr, es giebt viele gute Frauen; aber sie sindalle schon unter der Erde".—„Eine Frau soll nur dreimal im Lebendas Haus verlassen: wenn sie getauft, verheiratet und begraben wird".—„Wer einen Aal beim Schwanz und eine Frau beim Wort nimmt,kann wohl sagen, daß er nichts hat." Besonders die Witwen kommenschlecht weg.„Eine Witwe mit drei Kindern heiraten heißt vier Diebeheiraten", oder:„Eine muntere Witwe muß entweder verheiratet,begraben oder in ein Kloster gesperrt werden".—Völkerkunde.— Die Heiligkeit des Ganges ist von dem gesamten Hindu-tum. nicht nur von den Anwohnern des Flusses anerkannt; in allenGerichtshöfen Indiens leistet der Hindu den Schwur auf das Ganges-Wasser, wie der Mohammedaner auf den Koran. Weil außerdem dieVerwendung des heiligen Wassers bei verschiedenen heiligenCeremonien, wenn nicht gerade vorgeschrieben, so doch dringendempfohlen ist, wird ein schwunghafter Handel mit GangeSwasser überganz Indien betrieben. Wochen und Monate sind oft die Trägerunterwegs, die den kostbaren Stoff in ihre Heimat bringen. EinesAbends— schreibt Richard Garbe in seiner unter dem Titel„Bei-träge zur indischen Kulturgeschichte" jüngst veröffentlichten Samm-lung von Aufsätzen(Berlin, Gebr. Paetel),— stieß ich eine Stundevor Benares auf ein Pilgerlager, das etwa vierzig Brahmanen ausReva in Ccntralindien aufgeschlagen hatte», einfache Leute mitländlichen Sitten und einer bei Brahmanen seltenen Bescheidenheitund Freundlichkeit des Wesens. Sie waren nach Benares, derheiligen Stadt, wo der Ganges schmutziger ist als irgendwo sonst, ge-kommen, um von dort Gangeswasser in feinster Qualität, echtenBcnares-Ausbruch, zu holen; wenn sie mit geringwertigerem Ganges-Wasser hätten vorlieb nehmen wollen, so würde ihnen der Fluß inetwa der Hälfte des Weges erreichbar gewesen sein. Jeder Pilgertrug in üblicher Weise eine Tragbahre mit zwei kugelförmigen vcr-schlossenen Körben, und in jedem Korbe befanden sich nach Angabe derLeute einige zwanzig Flaschchen, so daß sie mit der reichen Ausbeutevon im ganzen mehr als sechszehnhundert Flaschen in ihre Heimatzurückkehrten. Ueber jeder Tragbahre war ein roter Baldachin ange-bracht mit mehreren gleichfarbigen Fähnchen und einigen Glocken, diebei der Bewegung erklangen. Als die Pilger es sich zur Ruhe bequemmachten, stellten sie diese Utensilien in einem Quadrat zusammen.Meine Aufforderung aber, einen Korb zu öffnen— ich wollte gern dieForm und Größe der Flaschen kennen lernen— lehnten sie ab mit derfreundlichsten Miene und der in Indien üblichen Bittgebärde, dasheißt unter Vorstreckung der beiden zusammengelegten Hände; siedürften, sagten sie, das Heiligtum meinen Blicken nicht aussetzen—als ob ich nicht täglich in Benares so viel GangeSwasser sehen konnte,als ich wollte!—Medizinisches.— Kochsalz und Nierenkrankheiten. Der„K ö l n i-schen Zeitung" wird geschrieben: Bei den mit Eiweiß-auSscheidungen und Wassersucht verbundenen Nierenleiden, wozu vorallein die Brightsche Krankheit gehört, hat in der Neuzeit ausichließ-liche Milchdiät einen besonderen Ruf, wogegen der Genuß vonFleisch in solchen Krankheitsfällen auf Grund von Erfahrungen be-sonders bei den französischen Aerzten höchst verpönt ist. Worauf diegünstige Wirkung der Milch, die nachteilige deS Fleische? beruht, wußteman nicht, doch will neuerdings ein Pariser Arzt, Dr. Widal, den Grunddafür entdeckt haben. Kochsalz ist im gewöhnlichen Leben ein kaum insGewicht fallender Speisezusatz, vorausgesetzt, daß die ehrsame Hausfrauaus allzu großer Verliebtheit nicht die Suppe versalzt; in derArzneiknnde aber hat das gewöhnliche Salz schon seit langem einengroßen Namen. Einspritzungen von Chlornatrium-, d. h. Kochsalz-losungen in die Blutbahn erwiesen sich in manchen Fällen als lebens-rettend, wo alle andren Mittel versagten, und die Heilwirkungen derKochsalzquellen sind schon von alters her bekannt. Ueberhaupt spieltdas Salz im tierischen Organismus eine hervorragende Rolle, wieschon daraus hervorgeht, daß Hunde, deren Nahrung man eine Zeit-lang jeden, auch von Natur in dieser befindlichen Salzgehalt ent-zieht, durchweg nach fünf bis sechs Wochen verenden. Ander-seits hat Dr. Widal gefunden, daß Salz in der mit Albu-minurie verbundenen Nierenentzündung wie ein wahres Giftwirkt. Er behandelte einen Nierenkranken, bei dem sichjedesmal wassersüchtige Anschwellungen und Eiweißausscheidungeneinstellten, wenn er andre Nahrung als Milch nahm. Besondersbedenklich wurden diese Erscheinungen einmal nach dem Genuß vonFleisch, wichen dann aber wieder in vier Tagen bei Milchdiät. Alsjedoch nunmehr Dr. Widal der Milch des Kranken 10 Gramm Kochsalz zusetzte, wurden die Erscheinungen folgenden Tages gerade soschlimm wie nach dem Genüsse von Fleisch, und als man daraufFleisch ohne Salz gab, verschwanden sie ebenso wie vorher nachungesalzener Milch. Danach wäre die Besserung oder Ver-schlimmerung in dem Befinden von Kranken der gedachten Art nichtauf die Wahl der Nahrungsmittel an sich, sondern auf deren geringerenoder größeren Salzgehalt zurückzuführen.—Aus dem Tierleben.— Das Wiesel als Vogelfeind. Unter den vielenFeinden, denen unsre nützlichen Vögel, insbesondere jene, die aufdem Boden, in Hecken ec. brüten, ausgesetzt sind, steht das Wieselobenan. Wer schon Gelegenheit hatte, schreibt Rebholz in der„Dresdner landwirtschaftlichen Presse", diesen flinken und blut-dürstigen Strauchritter bei seinen Räubereien zu beobachten, und da-bei sah, wie der mordlustige kleine Kerl alles, von der Spitzmausbis zum Hasen, vom Zaunkönig bis zum Fasan— mit blinder Wutanfällt und tötet, der kann sich einen Begriff davon machen,welch enormen Schaden das Wiesel namentlich unter denVögeln und deren Brut anrichtet. Daß es auch die Mäuse imFelde vermindert, soll nicht beswitten werden, doch ist in sogenanntenMäusejahren, Ivo die Mäuse zu Hnnderttausenden erscheinen undsich täglich um Tausende und Abertausende vermehren, die Mithilfedes Wiesels an der Bekämpfung zwar erwünscht, aber in ihrerWirkung ziemlich belanglos. Hier kann nur. wie es auch imletzten Winter geschah, gründliche Nässe helfen. Die Zahl derWiesel, die Gärten und Felder durchsweifen, wird zimreist unter-schätzt, da man die kleinen scheuen Tierchen nur selten sieht. Wiehäufig sie aber sind, mag aus der Thatsache hervorgehen, daß inzwei kleinen Kastenfallen, die in der Nähe der Höchster Farbwerkeam Eisenbahndamm aufgestellt waren, im Laufe des letzten Herbstesgegen 40 Wiesel gefangen wurden. Da braucht man sich nicht zuwundern, wenn keine Lerchen-, keine Wachtel-, keine Hühncrbrut mehraufkommt; denn wenn nicht schon der brütende Vogel von demWiesel aus dem Neste geraubt wird, so fallen ihm die Jimgen umso sicherer zum Opfer. In Anbetracht des großen Schadens, dendas Wiesel namentlich unter den insektenftessenden Vögelchen an-richtet, haben sich in manchen Gegenden die Bezirks- bezw. Kreis-Verwaltungen veranlaßt gesehen, ftir die Vertilgung deS Wieselseine Prämie bis zu einer Mark das Stück gegen Ablieferung desSchwanzes des getöteten Tieres zu bezahlen.—Humoristisches.— Unterschied.„Wieviel Kinder haben Sie, Herr Rentier„Ich habe vier Söhne und einen Lieutenant."—— Lebensweisheit.„Ja. Modele, in die jungen Jahr.sell isch ma gar dumm! Wann i als Junger so g'scheidt gewesenwar als wia jetzt— Teifel, sell war schv langweilig g'wesen."—— Mahnung zur Mäßigkeit.„Herr Kramer. iS Wöhr,daß der Schnaps schädli is?"„O na! Aber holt mäßig muaßt'n trinka, nöt in der ganz'nStadt rumsaufa. WoS Du brauchst, kannst all's von mir hab'n.—(„Simplicisfimus".)Notizen.— Das Lessing-Theater eröffnet am 1. August seineSchauspiel-Saison mit Sudermanns„Johannisfeuer".—— Die Direktion des Wiener Hofburg-Theaters hatOctave Mirbeaus dreiaktiges Schauspiel„Geschäft i stGeschäft" in Max Schönaus Uebersetzung zur Aufführung in dernächsten Saison angenommen.—— Die Morwitz-Oper veranstaltet am Schluß dieses Monatsdie Erstaufführung der lyrischen Oper„Fedora" vonUmberto Giordano. Der Text ist von Arturo Colautti nachdem gleichnamigen Drania Sardous gearbeitet und von LudwigHartmann verdeutscht.—— Johann M o st giebt seine Memoiren in Heften heraus.Der Preis betrögt 1 M. pro Heft. Adresse: Redaktion der„Freiheit".34SS, dritte Avenue, New Dork City.—— In Kopenhagen tritt am 4. August die internatio»nale Erdmessungs-Konferenz zusammen, auf der alle ander Erdmessimg beteiligten Staaten vertreten sein werden.—— Bei der Oeffnung eines antiken Grabes in Romfand man das Skelett einer Frau mit einem vorzüglich gearbeitetenvollständigen Gebiß aus Gold.—t. Die Erdbebenzonen der Erde. Der erfahreneErdbebcnforscher de MontessuS hat gefunden, daß ein Gürtel von1b Graden auf einem großen Kreis, der die pacifischen Küsten vonAmerika und Asien berührt, S4 000 durch Erderschütterungen bekannteOertlichkeitcn einschließt. Es giebt nur noch eine Zone auf derErde, die eine ähnliche und noch größere Bedeutung für die Verteilung der Erdbeben besitzt, nämlich eine Zone von gleicher Bretteauf einem großen Kreis, der durch das MitteUändische Meer, denKaukasus, den Himalaya, Indien, Neuseeland und die Antillen ver-läuft. Er umschließt 84 000 Schüttergebiete. Außerhalb dieserZonen liegen verhältnismäßig nur wenige Ursprungsorte von Erdbeben.—Bero,. Redakteur: Julius tkaltstt in Berlin.— Druck und Verlag: Vorwärts Buchdruckerei und Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Verlin 8W