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Widerwille padte Urban, der alte Bauernstolz erwachte in ihm. Friede!" darum war es ihm gerade zu thun, aber er mußte sich bezwingen. Er wolle ja nichts als Rache an seinem Todfeinde, dem Achenbacher, und dazu war das Volk schon recht.
Er ließ den geschwätzigen Mann stehen und trat ein. Er trank aus jedem Glase, drückte jede Hand. Was war er denn in Osterhofen ? Ein ruinierter Bauer, und hier der gefeierte Volfsmann, auf den man seine Hoffnung setzte.
Der Achenbacher stampfte unterdessen ohne Aufenthalt an Ser Spike seiner Ortsgenossen durch den tiefen Schnee nach Hause.
Solang der Weg durch das Dorf ging, schwieg er beharrlich, als er aber am letzten Hause vorüber war, blieb er mitten im Schneetreiben stehen.
Jetzt red's, Leut!" begann der Achenbacher, sich auf den Bergstock stüßend. ,, Wollt Ihr mit mir durch dick und dünn gehn, oder wollt's nachgeb'n? Bleib' i für Euch der Achenbacher oder bleib' i's net? Grad wiss'n muaß t's. Sie werd'n nir unversucht lass'n, uns zu benachteiligen. Unser Heiligstes werden s' anpacken, und von oben wird ihnen no g'holf'n werd'n dazua.' s is amal so, man fürcht das G'sindel und will's g'winna. Der Bauer is ja alleweil a sicherer Mann. Also, was wollt's?"
3'sammhalt'n woll'n wir! Unser Recht woll'n wir, und Du sollst es wahr'n, wia's alle Achenbacher g'wahrt hab'n."
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Der Mann, welcher diese Worte sprach, war vom Alter gebeugt sein weißes Haar flatterte im Schneesturm unter dem breitrandigen Hut der Fönmooser von Osterhofen . Die Autorität des Achenbachers war durch seinen Ausspruch von neuem gesichert. Alle übrigen stimmten ein. Lorenz war sichtlich befriedigt, aber er wollte gleich jetzt sehen, wie weit die Leute gesonnen wären, mit ihm zu gehen.
Durch den treibenden Schnee erblickte man den massiven Bau der Osterhofener Kirche, die verschneiten Kreuze auf dem Kirchhofe. Er wies mit dem Bergstocke darauf.
„ Das erste wird sein, daß s' die Pfarrei nach Seehamm verleg'n.' s is schon lang im Werk, die saubre Sach, nur i bin alleweil no im Weg g'stand'n. Wenn's so weit komma sollt i fuach mein Herrgott da, wo ihn die Achenbacher von eh' g'suacht hab'n, und werd'n a find'n ohne Pfarrer. Koan Schritt thua i in d' Seehammer Kirch. Wollt Ihr's a so halt'n?"
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Diese Frage wurde nicht so rasch beantwortet, auch der Fönmooser schüttelte das graue Haupt.
,, Ah, das kann ja do net sein. So an alt's Recht," meinte er zagend.
An's fann sein heutigentags," erwiderte Lorenz, und wann a Recht 3'alt is, macht ma a neu's. Drum frag' i Euch."
Ja, wenn d' Weiber net wär'n," meinte ein andrer. Und wia is denn nacha mit der Seelsorg, wenn oans am Sterbbett liegt und er fommt net, der Pfarrer?" ein andrer. A kritische Sach des-"
Also auf deutsch , ös wollt's unfern alten Osterhofener Herrgott, der seit vielen hundert Jahr'n ober'n Altar hängt, verlass'n, bald's die Seehammer woll'n?"
Diese Wendung Achenbachers wirfte.
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Da stieg ihm die Nöte ins Geficht. Er wußte sehr wohl, warum ihn die schöne achtzehnjährige Burgl dem bildsaubern, um fünfzehn Jahre jüngeren Lehner vorgezogen oder, besser gesagt, warum ihr Vater, der Stillerbauer, ihn vorzog, weil er wohlhabend geworden durch den gewonnenen Prozeß, der Lehner verschuldet. Weil er der Achenbacher war, der Herr Bürgermeister, der Erfte im ganzen Thal. Er wußte auch, daß gerade der letzte Umstand den hartnäckigen Widerstand des schönen Mädels gebrochen. Was kümmerte sich die um die hundert Tagwerk Wald, die Ehrfurcht hatte sie nachgiebig gemacht und jetzt
So a Weib is ja nur um den Nam' z'thuan, von der Sach versteht's ja nig, daß er do no derselbe is, dasselbe Ansehn hat, mehr vielleicht.-Und jetzt is der andre Bürgermeistergrad um so viel Jahr 3'spät. Wenn ihr der Gedanke fäm'- wenn's ihn jetzt anders anschaun that'- gar im still'n a Freud hätt' drüber!
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Aber das is ja a Unsinn! Hass'n wird's ihn, no mehr als' n so schon haßt. Ja, sie haßt ihn, seltsam, aber es is so. Bei jeder Gelegenheit kommt's zum Vorschein, gar, seitdem er vor zwölf Jahr'n, zwei Jahr nach ihrer Hochzeit, die Kramertochter g'heirat hat- und da denkt er an so was! ,, A Narr bist, a recht'r Narr!" murmelte er vor sich hin, gebeugten Hauptes.
Er mußte bei dem Lehner- Anwesen vorüber. Laute Stimmen ließen ihn aufblicken.
Ein Schneeblock rollte die Anhöhe hinab, gerade auf ihn zu, eine grüne Furche in dem Weiß der Schneedecke ziehend. Hinterher lief ein halbwüchsiger kräftiger Junge mit erhittemt Antlig, an der Hand ein Mädchen mit sich ziehend, dessen aufgelöstes, üppiges Blondhaar um ein feines Gesichtchen, von der flaumigen Frische eines Pfirsichs, flog. ( Fortsetzung folgt.),
Der erste Spiritist.
gleitenden geistigen Kämpfe begegnet man in der MenschheitsIn Zeiten tiefgehender socialer Umwälzungen und der sie bes geschichte stets gewissen Gedankenrichtungen, die eine unmittel bare Beziehung zwischen der diesseitigen Welt und dem Ueberfinnlichen herzustellen trachten. Nicht nur die herrschenden Klassen, die sich in ihrer Machtstellung bedroht fühlen, auch jene Unter schichten des Voltes, die vor der neuen Wirtschaftsweise rettungslos bersinken, suchen vielfach in der Anlehnung an die vermeintliche Wirk samkeit überirdischer Mächte die Stärke und vor allem die Hilfe, die das haltlos gewordene eigne Selbst nicht mehr zu gewähren vermag. Je nach den Zeitverhältnissen, in denen sie auftreten, nehmen der artige Strömungen naturgemäß verschiedene Formen an. So kannte die untergehende römische Welt die Besessenen, die Teufelsbeschwörer, deren Amt die katholische Kirche bis zur Stunde konserviert hat, sowie die mystischen Verzückungen der Gnostiker und Neuplatoniker. Das Mittelalter, zumal in seiner zweiten Hälfte, besaß seine Schwarzfultiviert neben dem Gesundbeten und der wahrsagenden weisen Künstler und den„ Satansdienst" der Heren. Die Gegenwart dagegen Frau, die ihre Kundschaft sogar auf dem Wege des Zeitungsinserats anwirbt, spiritistische Cirkel, Journale und Erscheinungslehren.
So verschieden jedoch der heutige Spiritismus sich im Vergleich zu den geheimen Wissenschaften" früherer Jahrhunderte zu geben bemüht, er ist deshalb keine neue Erscheinung. Schon das ausRecht hat er! Das darf net sein! Na, das darf net gehende Mittelalter und die erste Reformationszeit hat in dem sein. Unsern Toten z'liab net, unsern Kindern 3'liab net.lassischen Lande des Aberglaubens und der Bauberei, in England, Abg'macht! Lorenz, fümmer Di net, wir bleib'n bei unsrer fein Auftreten gesehen. Und damals bereits haben seine Adepten die Kirchen, und unser Herrgott selb'r muaß uns recht geb'n." Wahrnehmung machen müssen, daß die Geister von allen Eigen Jezt wußte Lorenz, daß seine Macht die alte geblieben, haften die des Betrügers anscheinend am besten zu vermitteln ver stehen. jetzt konnte er den Bürgermeister schon verschmerzen.
Die Männer gingen über den Kirchhof. Jeder suchte feine Gräber auf, las die halb erloschenen Namen, die alten Jahreszahlen, als ob er das Bewußtsein seines Rechtes stärken wollte in dem drohenden Streite. Auch Lorenz stand lange mit entblößtem Haupte vor dem moosbedeckten Grabstein der Achenbacher an der Kirchenwand und murmelte ein Gebet. Dann trennten sich die Wege.
Der Achenbacherhof lag auf einsamer Höhe, die ganze Landschaft beherrschend. Lorenz hatte noch einen mühsamen Weg über tiefverfcheite Felder Jekt, allein, übermannte ihn von neuem der Zorn über den Sieg des Lehner.
Was wird sein alter Vater dazu sagen? Er hatte ihn schon längst darauf vorbereitet, aber er lachte ihn einfach aus. Der verschuldete Lehner Bürgermeister an Stelle eines Achenbachers! Der Gedanke hatte keinen Raum mehr in dem alten Gehirn. Und sein Weib erst!
Gewiß liegt ettvas Eigenartiges in dem Eifer, um nicht zu sagen, in der But, mit der am Ende des Mittelalters das Studium der sogenannten schwarzen Künste betrieben ward. Während die Haerefie das Bestehende auf dem Wege der Kritik weiterzubilden trachtete, suchte der Occultismus die natürliche Entwicklungs reihe bewußt zu überspringen und unmittelbar zu den letzten Schwarzkunst für viele damals das revolutionäre Denken in seiner Ursachen der Erscheinungen vorzubringen. So mag gerade die höchsten Form dargestellt haben, weshalb wir ihr denn auch eine Reihe der wichtigsten Entdeckungen und selbst neue Wissenschaftsgebiete, wie das der Chemie, verdanken, ohne die wir uns die Gegenwart nicht vorzustellen vermögen. Diesen Gefichtspunkt wird man im Auge bes halten müssen, gegenüber dem Aberglauben, der Leichtgläubigkeit feiten jener Zeit vielfach behaftet sieht. Unter diesen ist die Figur und dem Charlatanismus, womit man die gelehrtesten Persönlich des Engländers Dr. Dee nicht die am wenigsten interessante.
Geboren zu London im Jahre 1527, widmete er sich mit größtem Eifer den humanistischen und mathematischen Studien und gelangte auf den Universitäten Englands und des Kontinents bald zu Ruf