Zlnterhaltlmgsblatt des Vorwärts; Nr. 170. Dlenstag, den 1. September. 1903 22] (Nachdruck verbaten.) Die Hebenbacher. Roman von Anton v. P e r f a l l. Burgl drängte das Blut zu Herzen. Sie gab sich den Anschein, die Frage überhört zu haben, und fuhr mit Lorenz zu sprechen fort. Doch der Alte, längst daran gewöhnt, nicht beachtet zu werden, begann wieder von neuem, in seiner vorgebückten Stellung, ohne mir aufzusehen. Ich hör' ja net guat, aber an Schnall hat's scho auf amal thau!" Jetzt wurde Lorenz aufmerksam.An Schnall in der Kammer drin?" l Ach was, wird halt d' Bretterwand a bißl sich g'riihrt hab'n," meinte Burgl iwenn er amal was hört, übertreibt er's ja glei." Vielleicht hat's geistert," sagte Lorenz lachend..Is heut scho so a Nacht! Wia i da beim Nachbar vorbei bin mit mein Wag'l, thuat's da auf einmal an Schroa, z'nächst neben mir in der Finsrern, daß ma selb'r's Gruseln kemma is. 's Füchsl is grad aufg'stieg'n. Grad derweil i umschau, springt wer über d' Licht'n, die zum Fenster'rausg'fall'n is. No, der Geist war glei derkannt" Lorenz sah auf die sich entfärbende Burgl und lachte hell auf.I glaub' gar. Du fürchtst Di. Ah, des is guat! Weißt, wer der Geist war? Die Resl, die Lehnerresl!" Brirgl atmete erleichtert auf. I Hab' glei an'n Flori denkt, Hab' a g'moant, i seh' sich was rühr'n unter d' Bäum. Drum Hab' i Di glei g'fragt, ob er dahoam is. Was nur g'habt hab'n muaß?'s war a ganz b'sondrer Schroa." Lorenz schüttelte nachdenklich den Kopf. Des is schon die Rechte! Umanan streina in der Nacht, so a jungs Madel. Da kann ma si leicht was denk'n," be- merkte Burgl gehässig. Das amal uet, was Du meinst," entgegnete Lorenz scharf.D' Resl is a brav's Madel, da is nix drüb'r z'red'n." Burgl zuckte die Achseln und stand auf. A Schnall war's," begann von neuem der Vater, welcher die ganze Zeit über nachgegrübelt,grad als wenn als wenn" Er machte dje Bewegung des Zerreißens mit beiden Fäusten. Hast denn Du davon nix g'hört?" fragte Lorenz die Bäuerin, welche sich mit dem Geschirr zu schaffen machte. Ach was! I war ja in der Kuchl  , hätt's ja hören müassen. Laß'n do red'n." Hab a no g'rufen, wer da is, aber niemand hat g'antwort't," sagte der Alte von neuem, nach einer längeren Pause. Lorenz zündete sich gelassen seine Pfeife an. Burgl atmete auf. Da plötzlich stand er auf.Muaß do nach- schaun" und schritt auf die Kammer zu. Burgl vertrat ihm den Weg mit einer auffallenden Heftigkeit. Laß Di do net von dem Alt'n stimma. Nix is,� sag' i Dir." No, nacha is halt nix. Vorsicht kann net schad'n bei dem G'sindl, was si heutzutag umanand'treibt." Jeder weitere Widerstand von feiten Burgks wäre ver- dächtig gewesen. No, laß mi do z'erst a Licht ansteck'n drin." Sie eilte voraus in die Kammer. Lorenz trat unter die offene Thür. Burgl schleuderte hastig einen Pack Kleider auf die Seite, dann flammte das Licht auf in ihrer Hand. Sie war kreideweiß. So, jetzt schau Di halt um." Ihr Auge folgte jeder seiner Bewegungen. Er unter- suchte das Schloß der auf den Gang führenden Thür, guckte hinter den Ofen, untersuchte die Fenster, welche wohl ver­schlossen waren, öffnete einen Schrank, plötzlich wandte er sich und warf einen Blick auf die Truhe. Burgl saß darauf. Steh amal auf." Burgl bewegte sich nicht, aber das Licht schwankte be- denklich in ihrer Hand. Aufstehn sollst," befahl jetzt energisch der Bauer. Sie erhob sich langsam, automatisch. Hätte Lorenz sie scharf angesehen, sie hätte ihm alles gestanden. Doch dieser blickte nur auf das Bündel alter Kleider, das auf der Truhe lag. A was, is ja z'dumm! Zu so aner Zeit! Lass' ma's!" sagte Burgl. Dabei wandte sie sich rasch mit dem Lichte, um die Kammer zu verlassen. Da blitzte es auf dem Boden, dicht vor Lorenz' Füßen. Er bückte sich rasch. Was hast denn no'rumz'krama?" fragte Burgl, doch der Atem stockte ihr. Lorenz drehte ein glänzendes Zwanzigmarkstiick zwischen den Fingern, bald dieses, bald fein Weib fragend anblickend. Hast Dn das verlor'n?" fragte er, während sein Blick sich von neuem auf die Truhe richtete. Sie tappte, schwer atmend, nach ihren Taschen.Wär' wohl inögli. Ja, ja, wird scho so sein." Da stand sie wie eine Bildsäule. Lorenz trat an die Truhe, warf mit einem Griff den Pack Kleider hinweg und beugte sich auf das geöffnete Schloß. Ein Fluch dröhnte durch den engen Raum, der schwere Deckel flog auf. Das Licht entglitt Burgks Händen und erlosch am Boden. Lorenz eilte wortlos hinaus in die Wohnstube, ergriff die Lampe und beleuchtete das Innere der Truhe. Die Wertpapiere waren unberührt, der Sack mit den Thalern ebenfalls. Das beruhigte ihn einigermaßen. Als er auch das Gold in der Holzschale erblickte, stutzte er. Zum Vergnügen sprengt man doch keine Kasse. Dann ergriff ex die Schale und ging damit in die Stube. Siecht hast g'hört," schrie er dem Vater zu.Einbroch'n hab'ns, die Truha aufg'sprengt! DaS war der Schnall> und Du" Er sah sich nach Burgk um. Sie saß in der dunkelsten Ecke völlig apathisch. Du hast nix g'hört in der Kuchl  ? Das is aber sonderbar. Aber jetzt laßt's mi nur zähl'n" Er leerte die Schüssel auf den Tisch.Zwölfhundert Mark miiassen's sein." Er zählte hastig.Vierhundert fehl'n," rief er dann.Am helllichten Tag!'s Haus voller Leut! A eiserne Truha! Ja, Herrgott!" Dank'n sollst linsern Herrgott, net fluach'n," begann jetzt der Großvater, der hinzugetreten war.Hätt' ja all's nehma könna" Lorenz hatte in seinem Zorn gar nicht daran gedacht. Er stutzte. Recht hast schon! Das is aber sonderbar!'s Gold wenigstens! Grad vierhundert Mark!" Das is do sehr einfach," sagte jetzt Burgl in einem zu- versichtlichen Tone.Der Mensch hat den Vater frag'n hören, wer da is. Da hat er schnell an Griff g'macht und is durch" Und is durch" wiederholte Lorenz nachdenklich. Plötzlich erhellte sich sein Ailtlitz.Wann hast denn Du den Schnall g'hört?" fragte er den Alten. Kurz, eh' Du kemma bist." Hallo!" rief Lorenz, von einem Gedanken erfaßt.Jetzt weiß i, was der Schroa bedeut', den i g'hört Hab'." DaS war ja d' Resl, sagst." War's scho, aber ohne Grund schreit ma net so und der Grund is der Lump, der Einbrech'r. Sie hat'n g'sehn vielleicht hat er ihr droht vielleicht Hab' i'u selb'r g'sehn zwisch'n die Bäum' z'samm'hänga thuat die Sach!'s beste wird sein, ich frag' grad'raus, und zwar heut no glei!" Damit stand er auf. Burgl rang um Fassung, um einen Ausweg, wenigstens für den Augenblick. Wenn er jetzt Resl fragte, war alles verloren. Sie zweifelte nicht, daß Lenz den Schrei verursacht hatte. Das wär' no schöner! Glei so a G'schrei macha und d' Leut verdächtigen!".». D' Leut verdächtigen? Welche Leut denn?" fragt« Lorenz erstaunt.