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Burgls. Um fo mehr erschrat er über den Anblick der Frau.[ wir waren gute Freunde, trotz aller Stimmgewaltigkeiten, Diese feuchten, unruhig flackernden Augen, diese dunkelroten und haben sehr doucement eine Flasche Rotwein zusammen getrunken. Flecke auf den eingefallenen Wangen weissagten nichts Gutes. Und schließlich haben wir geschlafen. Der Franzose liebt die Musik. Sie erkannte ihn wenigstens, sprach ganz vernünftig, auch das Schlafen ging nicht ohne Musik ab. Schließlich hat einer Reveille gepfiffen. Da umwehte uns vom Aermelmeer her schon nur zu vernünftig. Sie habe die Krankheit schon lange in Seeluft. Wir waren in der Heimat von Pierre Lotis Pêcheurs fich verspürt, schon seit dem Tode ihres Mannes. So ein d'Islande   angekommen. Seebrise und ein herzhaftes Morgenniesen. Schreck lasse immer etwas zurück. Das Schlimme sei nur, Aber das Thalatta!" mußte ich mir noch aufsparen. Brest   ist ganz daß es gerade jetzt sein müsse, zur Erntezeit und der Flori fort. hinten in Frankreich   Finistère  - Ende ewig weit und ich finke Diese völlig flaren, nüchternen. Auseinandersetzungen, wieder in ein Schlümmerchen. ohne die leiseste Anspielung auf die jüngsten Ereignisse, auf ihn selbst, waren Urban unheimlich.

War das Absicht oder hatte sich eine Lücke gebildet in ihrem Gedächtnis, hatte das Fieber sein Bild aus ihrem Herzen gebrannt?

Doch nur zu bald wurde ihm Aufklärung! Burgl veränderte plötzlich den Ton. Eine heftige Unruhe packte sie, die Vorstellungskreise verwirrten sich. Doch er achtete nicht darauf.

Sie rief wieder seinen Namen, bald voll Sehnsucht, voll freudigen Erfennens, bald angstgequält, bei ihm Schutz suchend. Sie drängte sich an ihn, sie umflammerte seine Hände, Bilder quälten sie, Gestalten haschten nach ihr.

Lorenz! Was willst denn von mir? hab' Dir ja nir gethan. Der Lenz war's ja. Nein! Nein! I laß mi net Urban! Urban! Hilf mir, um Gottes Erbarmen! Heb's do auf, das Goldstück!"

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Hoch über Morlair bin ich aufgewacht. Hoch über Morlaix  ! denn der Zug fährt über den Riesenviadukt, der höher als die Kirch­türme dieser Stadt ist. In zwei hohen Bogenetagen spannt er sich über Stadt und Fluß. Wir blicken in die engen, netten Straßen, wir entdecken im Vorbeifahren ein paar der schönen, alten Häuser und wir sehen die Menschen unter uns klein wie die Kazen. In Morlaix  ist eine große Tabakmanufaktur, wo fast 2000 Arbeiter beschäftigt werden. und unter anderem ist die Stadt berühmt, daß in ihr die lichtbringende schwarze Kunst des Johann Gutenberg   ihre erste Stätte in der Bretagne   fand. Allerdings hat sie hier nicht viel Licht bringen tönnen. Das macht, daß fie sich in einem Kloster der Schwestern Des heiligen Franziskus Heimat gesucht hatte. Davon ist sie stets schwarz geblieben; aber des Lichtes mußte sie entbehren. Und ent­behrts bis auf den heutigen Tag.

Sanft träumt der Eloru in die Nade de Brest  . Kein Eilen, fein Schwellen, zur Mündung zu gelangen: ein breites, stilles Wasser, das der See schon gehört, ehe es in fie eingeflossen, das schon See geworden, da es noch Fluß ist. Nun fährt der Meerwind über es her, nun schweben die weißen Möwen darüber, seine Wellen um das Große, das über dem leisen Wasser schon waltet und dem fräuseln und es ist alles so friedlich und traumhaft, so unbekümmert

Ihre verzerrten, schreckerfüllten Züge verklärten sich dann wieder, die zusammengekrümmten Finger liefen sanft über sein Haar, Dann folgte völlige Erschöpfung, ein unruhiger Schlaf. Er saß dabei wie ein Verdammter, den Blick unverwandt es sich ergeben, ehe es wußte, daß es das thun müßte. gerichtet auf dieses glühende, zuckende Geficht, diese ge- Stadt Landernau zu Meere, die er eben noch gespiegelt, die Giebel schlossenen Lider, unter denen die Bilder des Grauens rollten, auf diese ewig beweglichen Lippen, die sich bald einzogen wie im Krampfe, bald weit offen standen in lähmendem Ent­ſetzen.

Und der Fluß trägt noch die Sagen und Träume der alten und Türme der alten Bauten, das bunte Gewinkel und Gewürfel­und die Brüde mit den alten, grauen Häusern, die auf ihr stehen. Es sind fanfte Träume, die der freundliche Eloru in sachtem Raunen zu Meere trägt, daß sie verloren und vergessen in dem Unendlichen, das alles verschlingt und darin nichts Zeitliches gilt.

Er merkte darüber nicht die Veränderung, die um ihn borgegangen. Die tiefe Dämmerung, die sich herabsenkte auf Gott sei Dank, hinter mir liegt Brest  , das zugige, schmutzige die Kammer, obwohl es kaum fünf Uhr war, den stoßweisen Brest  . Schön aufgebaut, wenn man's vom Meere aussicht, innen Wind, der das Haus erschütterte, in den Bäumen und die richtige Festung, und der richtige Marinehafen. Militär, Militär. Sträuchern sein pfeifendes Spiel trieb. Erst als die beiden Fensterflügel flirrend aufsprangen und der weiße Vorhang bis zum Bett herüberflatterte, erwachte er aus seinem Brüten. ( Schluß folgt.)

In Finistère  .

( Nachdruck verboten.)

Reife- Aufzeichnungen von Wilhelm Holzamer  .

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Militär. Ein Gemeinwesen, das den Eindrud macht, für sich selbst gar nicht zu existieren, unentwickelt, im militärischen und Festungs­charakter festgelegt. Nicht Raum für sich, enge Straßen, wintelige, zusammengeklebte Viertel, alles im Bann von Wällen und Kanonen­von Wällen und Kanonen alles starrend, weit in das Land hinaus, und der Hafen erfüllt von eisernen Kolossen, den grauen Kriegs­schiffen, die das Meer bedrohen und beherrschen.

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aus.

eine

Die Heide färbt sich braun. Erika blüht und die stacheligen Ginster, Landes" genannt. Sie geben als Häcksel Futter für den Winter und Brennmaterial. In hohen Hecken grenzen sie die Felder, die Weiden  , die Gehöfte. Sie sind widerstandsfähig, das drückt ihre Farbe so deutlich wie ihre Form Widerstandsfähig muß hier alles sein, die Kühe, die Pferde schöne reine Rasse die Schafe, die Pflanzen, die Mauern und Häuser und die Menschen. Ueber diese Gegenden fuhren heftige Stürme und beständig drohen sie ihnen. Das giebt dem Charakter des Landes etwas Hartes, Berwittertes, Erprobtes. Diesen strengen Ernst, dieses Einsame und Verschlossene, das harte Arbeit den Men­schen giebt, die zugleich auch stets gefaßt sind, jede Frucht ihres schweren Mühens einzubüßen. Ueber diesem Land droht beständig das Unwetter. Hinter ihm lauern die Gefahren des Meeres, düster ist sein Gepräge, eine düstere, verbissen- starre Melancholie.

( Schluß folgt.)

Kleines feuilleton.

Es ist eine endlos lange Fahrt von Baris nach Brest  , besonders wenn man nicht Schlafwagen erster Klasse, sondern dritter Klasse im vollgefüllten Train de Plaisir zu bedeutend reducierten Preisen fährt. Da muß alles Plaisier werden: daß man aufeinander gepfercht ist wie die Schafe, daß der Wagen schollert und schaukelt, daß man vor lauter Reisegepäck nicht weiß, wohin man die Füße seßen soll, daß die Bänke hart und unbequem find, daß alle Fenster offen sind und der Gegenzug einem in Ohren und Zähne fährt und all' die andren schönen Sachen, die einem schaudern machen würden, wenn man vorher an sie dächte, und die man doch erträgt, da sie über einen kommen. In der That ist uns der Humor nicht aus­gegangen. Wir haben uns unterhalten und gescherzt, einander bei­gestanden und das Unangenehme auf die leichte Achsel einander ge= hoben, wir haben unsre Bagage zurecht gerückt und unsre Futterage ausgeframt, wir haben zusammen bewundert die schönen Wälder und Felder, die Schlösser und Städte und Dörfer, an denen wir vorbeifuhren und die schönen Sterne, die in die flare Nacht blickten; wir haben zusammen geschimpft, über Militär und Steuern, über bt. Bei den astronomischen Instrumenten aus China  . Die die Ausschlachtungen, die die Reichen an den Kleinen verüben: Freunde der Treptow- Sternwarte hielten am Sonntag Métro und das schreckliche Unglück, und wir haben Mittel ersonnen eine Sigung ab, nicht im freundlichen Treptow, am Riesenfernrohr, Kapital und Ratschläge gegeben, und die einzigen und unbedingten dem jetzt schon sieben Jahre alten und trotzdem in seiner Eigenart Lösungen klipp und flar dargelegt, wie das alles anders gemacht noch unübertroffenen modernen Instrument der Himmelsforschung, werden könnte, gemacht werden müßte, wie die Aktionäre gezwungen sondern vor der Orangerie im Park von Sanssouci   bei Potsdam  , sein würden, mit weniger Gewinn zufrieden zu sein und den Fahrgästen wo die alten, aus China   überführten Instrumente auf­eine höhere Sicherheit garantiert wäre. Und noch andre große Lebens- gestellt sind.. Direktor Archenhold erläuterte dieselben Staats-, Verkehrs-, Handels- und Gewerbefragen haben wir endgültig sowie ihren besonderen Wert in eingehendem Vortrage. gelöst, und kein Parlament wird es uns gleich thun, am aller- m ganzen haben fünf Instrumente dort Aufstellung ge­wenigsten das franzöfifche. Dann haben wir gesungen: Oh funden, von denen das älteste ein aus dem 13. Jahr­! und wie! Viens Poupoule" und" Voilà le bon fromage!" hundert stammendes Univerſalinstrument ist, bas sämtliche Oh mir flingen noch die Ohren!" Da war eine Schusters Bestimmungsstücke bei der Stellung eines Sternes mit großer Ge­frau, in der habe ich eine Primadonna entdeckt. Mon Dieu! Mit nauigkeit zu messen gestattet. Gewiß sind unsre modernen Instru so einem Organ kann man die ganze Welt ausschreien. mente diesem alten überlegen, schon weil sie mit Fernrohren ber Ihre Stimme ist noch schlimmer als die meine und bunden sind, als auch weil die Anwendung des Mikroskops die

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der habe ich schon das Schlimmste zugetraut gehabt. Aber genaue Ablefung einer viel weiter getriebenen Teilung der Kreise