anständige Dame sein? Glauben Tie nicht, daß sich etwas Passendes eher bei... den andren Damen finden ließe?" Madame Reliure(sichtlich betroffen von der Richtigkeit dieser Beobachtung, die sie selbst natürlich niemals zu machen gewagt haben würde):Wie recht Sie haben I Solche Damen brauchen immer jemand, um gewisse kompromittierende Briefe zu schreiben. gewisse delikate Missionen auszuführen... und wie Sie sehr richtig bemerkten da man das alles nicht für sich thut, was ist weiter Unmoralisches daran? Absolut nichts I(Vollständig be- ruhigt durch diese Ueberlegung.) Also sagen Sie mir, bitte, gnädige Frau, ob Sie mich bei einer dieser Damen.. Madame Saintre(lachend):Aber erlauben Sie mal solchen Umgang habe ich nicht I" Madame Reliure(ihrer schönsten Hoffnungen beraubt): Wirklich nicht?(Sich verbessernd) Ich wollte sagen: das versteht sich natürlich von selbst I..." Madame Saintre(höchst belustigt):Die einzige Per- son, welcher ich Sie empfehlen könnte, wäre ein Herr." Madame Reliure(furchtsam):Alleinstehend?" Madame Saintre:Alleinstehendl" Madame Reliure :Achl(Wieder hoffend:) Er ist wohl schon alt, so daß niemand auf die Vermutung kommen wird..." Madame Saintre(die ihren Gast absolut nicht beruhigen will):Durchaus nicht! Er ist noch gar nicht alt!" Madame Reliure(zaghaft):Dann ist er wohl ge- lähmt? Schwach? Krank?" Madame Saintre(unbarmherzig): ,. Ebensowenig!" Madame Reliure(sucht sich verzweifelt an irgend einen falschen Trost zu klammern):Nun ja, aber wenn Sie mir garan- tieren, daß er es nie an der nötigen Achtung fehlen lassen wird..." Madame Saintre(ihr auch diesen letzten moralischen Trost raubend):Leider kann ich Ihnen nichts Derartiges garan- tieren." Madame Reliure(einen Entschluß fassend):Gott , was ist denn weiter dabei? Da es doch nun einmal die einzige Stelle ist, welche Sie für mich haben... Es wäre sehr liebenswürdig von Ihnen, wenn Sie die Sache in die Hand nehmen wollten...(erhebt sich, um zu gehen) und zwar so schnell wie möglich, ja?" Madame Saintre(welche nur mit Mühe das Lachen unterdrückt):Seien Sie ganz ruhig!" Madame Reliure(zögernd und errötend):Vielleicht sagen Sie dem Herr» gleich, daß ich eine anständige Frau bin... eine sehr anständige Frau!..." kleines feiiiUetou. zg. Sturm. Mittag war's und doch ein Dämmcrdunkel, als sei die Sonne ertrunken in dem grauen Meer von Wolken, das sich weit über den Horizont hinauszog und sich gegen den Zenit hin zu schwarzen, drohenden Wänden mit zackigen Spitzen türmte. Kein Tropfen fiel, und doch lag's wie ein Schleier auf Wald und See, Feld und Haus. Der Bauer, der am Hügclabhang hinter dem Pfluge einherschritt, das Pferd, welches sich kräftig in die Riemen lege» mußte, wenn es bergauf ging, sie waren nur in verwaschenen Umrissen sichtbar. Stand man oben auf dem Hügel und blickte über die ncbclumwogte Masse der dunklen Föhrenkronen, über den See hin- weg durch eine lichte Leffnung im jenseitigen Wald, dann schwammen einige mächtige schwarze Fahnen vor dem in die Ferne sehenden Auge. Sie krochen langsam aus den hohen Fabrikschornsteinen, wuchsen allmählich in die Länge und Breite und hielten ihre finstere Masse zusammen wie unter gewaltigem Druck. Unbeweglich fast, in ungeheurer Länge zogen sich die Streifen wie langgestreckte Inseln in das graue Meer der Wolken. Ganz still war's. Nur hin und wieder ein kalter Windhauch, der sich leise raschelnd im Walde verlor. Unten, am Ufer des Sees, schäumte das Wasser in niedrigen Wellen zum Strand; Schwärme von wilden Enten ruderten auf dem stumpfen Spiegel umher und tauchten nach Nahrung. Schwärzlichgrau die weite Fläche, nur ein einziges fürwitziges Segel darauf wie ein heller Fleck. Die Frauen und Kinder, welche im Walde das Reisig vom Boden lesen, hören nicht dje Melodie in den Wipfeln und Zweigen, die sich allmählich verstärkt. Da steht ein alter, schiefer Kinder- wagen faustgroße Löcher mit zerfasertem Rande im Geflecht, das sich nur notdürftig noch zusammenhält, der soll gefüllt werden, bis sich ein hoher Haufen über ihn wölbt. Und jeder freie Arm soll noch ein Bündel tragen. Denn der Winter ist lang und das Holz teuer... Die Krähen krächzen durch das Gezweig. Immer unruhiger wird's in den Wipfeln. Die Wellen des SeeS schwellen und ge­raten in eine zitternde Bewegung. Ein Pfeifen und Sausen kommt durch die Aeste heran. Und plötzlich schlägt der erste Stoß herein. Die Frauen und Kinder kreischen auf und halten sich am nächsten Stamm. Da ist auch schon der nächste Schlag bei ihnen. Schreiend fliegen die Wildenten hoch. Das Wasser ist in Aufruhr bis zur Tiefe. Immer höher treiben die Wogen ihre weißen Spitzen, immer massiger zischt der schmutzige, blasige Schaum an das flache, gclbsandige Ufer. Wo ist das Segel? Dort hinten ein heller Punkt, der auf- und nieverwippt und sich zuweilen bis auf den Spiegel des Wassers neigt. Jetzt gilt's, waghalsiger Schiffer... Der Bauer hat seinen Braunen ausgespannt; trabend geht's in einer Staubwolke den Weg hinab zum Dorf, wo die Ziegel vo? den Dächern fliegen und der Wind in den Schornsteinen orgelt. Dort drüben aber, hinter der Lichtung, über den Essen der Fabriken. wühlt der Sturm in den schwarzen Rauchfahnen und zerreißt sie in unzählige Fetzen. Dann bläst sein Atem sie ins Unsichtbare... Im Walde heult eine wilde Melodie. Es ächzt und stöhnt in Wipfel und Gezweig und biegt sich in ohnmächtiger Wut. Und was sich nicht biegen will, das bricht. An allen Ecken knackt's und knistert's und wirft einen Zweig nach dem andren herunter. Immer toller wird der Tanz. Bald prasselt wie ein Regen das Holz zur Erde. Armdicke Aeste kommen herab, zerbrochen wie Streichhölzchen von der tosenden Gewalt. Eine reichliche Ernte für die Reisig- sammler. Aber die flüchten mit wehende: Röcken und fliegenden Jacken, vor sich den wippenden, humpelnden Korbwagen, der nicht recht mit ihnen will in solcher Eile. Ein meterdicker Stamm in ihrer Nähe kracht, fällt, wie Glas in der Mitte durchbrochen. Aus allen Richtungen kommen klagende, donnernde Töne. Bald stürzt hier, bald dort ein Riese. Vor einer Stunde noch reckten sie sich in stolzer Kraft empor, unüberwindlich scheinend. Nun riß der Sturm sie mit ihrem Wurzelgeslecht aus der Erde und warf sie nieder, daß der Sand hoch aufspritzte. Gerade die größten find's, die festen und unbeugsamen, welche der Sturm aus ihrem Stand- ort geworfen. Die schlanken und geschmeidigen biegen sich. Die trotzigen fallen zuerst... Das Einwintern von Topfgewächsen aus dem Freien. Ober: gärtncr A. Sliwa schreibt in der WochenschristNerthus": Mi� vieler Mühe hat der Blumenfreund im Frühjahre seine besseren- vor Frost empfindlichen Gewächse hinausgcbracht und sie in nahr- hafte Beete des Gartens eingepflanzt. Sie haben Platz und Zeit wohl ausgenutzt. Ihre Wurzeln sind weit ins lockere Erdreich hinein- gewachsen, und ihre blütenreichen Zweige oder herrlichen, beblätterten Triebe sind nach allen Richtungen getrieben. Jetzt aber tritt der Herbst sein Regiment an, und nun beginnen beim Blumenfreund wieder die Sorgen. Wie soll er die vielen Lieblinge durch den Winter bringen, wie überhaupt die großen Wurzelballen in passende Gefäße setzen? Schwer scheint das; doch leicht ist es bei einiger Sorgfalt, wenn er nur den rechten Zeitpunkt auswählt. Wartet der Blumenfreund mit dem Einpflanzen zu lange, bis Oktober oder November, wenn allnächtlich Fröste zu erwarten sind, sind gar die Pflanzen von einem Nachtfroste überrascht worden, dann ist der Er- folg sehr unsicher. Die Gewächse mögen bei dem kalten Wetter kein? Wurzeln mehr zu bilden. Sie kommen ohne jeglichen Halt in den Winter, stocken und faulen. Für das Einpflanzen ist ein ordentlicher Ballen von großer Wichtigkeit. Auf trockenem Boden, welcher keinen Ballen hält, lassen sich Pflanzen schlecht herausnehmen, wenn nicht abends zuvor durch- gegossen wird. Das Herausnehmen geschieht mit dem Spaten; man umsticht die Pflanze allseitig weit genug vom Stamm und hebt sie mit der Spatenfläche über den Boden. Zum Einpflanzen ist ein solcher herausgenommener Ballen in dem seltensten Falle gleich ver- wendbar; man müßte Riesengefäße verwenden. Ein großer Topf ist stets der Ruin für das zu überwinternde Gewächs. So klein wie möglich sind die Töpfe zu wählen, das mache sich jeder Blumenfreund zum Grundsatz. Ist es denn notwendig, solch ein Ungeheuer von Ballen herauszunehmen? Viel leichter wäre es doch, die Ballen beim Abstechen gleich kleiner zu machen. Sehr richtig aber wo bleiben denn da die Wurzeln, die doch erhalten bleiben sollen? Im großen Ballen sind sie, und daß sie erhalten bleiben, dafür bürgt unsre Geschicklichkeit. Nicht mit dem Messer behandeln wir den Ballen, indem man einfach die Teile abschneidet, die in den Topf nicht hineingehen, sondern fein säuberlich fahre man mit den Fingern um die Erde herum und löse, mit größter Schonung der Wurzeln, so viel als notwendig erscheint. Viel eher dürfen wir mehr Erde ablösen, als nachher die Ballen in den Topf hineinpressen. Dis Wurzeln hängen dann in Strähnen herunter. Es ist nur noch not- wendig, die Wurzeln gut in den Topf zu bringen. Knäuelweise dürfen sie nicht liegen. Beim Einpflanzen muß durch schwaches Hin- und Herziehen der Pflanze, welche man mit der rechten Hand hält. gute Erde zwischen die Wurzeln gebracht werden, so daß diese einzeln gebettet sind. Schnell bilden sich dann neue kleine Spitzen, und das Weitergedeihcn der Pflanzen ist gesichert. Beim Einpflanzen muß man möglichst schnell verfahren, darf auch keinen sonnigen Ort dazu wählen; Zweige und Blätter welken sonst unter den Händen. Haben die Pflanzen ihre erste ordentliche �Bewässerung erhalten, so wird ein passender Ort zum Aufstellen gesucht._ Wer Gebüsch im Garten hat, über eine dicht belaubte Laube oder eine dunkle Nordwand ver- fügt, der kann diese Orte zur Aufstellung wählen. Die Pflanzen leiden hier nicht, verzärteln aber auch nicht. In den ersten Tagen ist zuweilen nicht zu vermeiden, daß die Triebspitzen etwas welken; lange währt das Welken nicht, wenn man das Gießen und zuweilen auch Ueberbrausen nicht versäumt. Sobald die Pflanzen angewachsen sind, verlangen sie wieder reichlicher Licht und erhalten demgemäß einen helleren Stand. So lange es irgend geht, bleiben die Pflanzen draußen; Frost natürlich treibt sie ins Zimmer. Theater. Deutsches Theater.Geschäft ist Geschäft". Komödie in drei Akten von Oktave Mirbeau. Oktave Mirbeau ist weit über die Grenzen Frankreichs durch seine Memoiren einer Kammerjungfer" bekannt geworden, einer Tamm- lung bitterböser Momentaufnahmen aus dem Sexualleben hoch«