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Darum eben muß ich meine Suppe heut' noch auf der Treppe essen. daß ein Zier, mag es auch noch so plump und unbeholfen scheinen, Hast kein Pech gehabt, Heinrich. Kannst in der Stub' am Tisch meist doch ein Mittel zur Hand hat, um selbst größere Feinde mit fizen. Weißt nicht mehr, daß Di früher auch mal Deine Suppe auf Erfolg aus dem Felde schlagen zu können. der Stiege gelöffelt haft."

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Dem Schlossermeister traten die Augen vor, als er schrie: Ich bin keinmal auf der Walz ' gewesen, verstanden?" Er wandte sich zum Mädchen: Der Kerl is frant; er phantasiert. Da" Er drückte dem Alten mit heftiger Geberde ein Markstück in die Hand, und mu mach, daß Du weiter kommst!" Damit verschand er im Korridor. Verwundert stand das Mädchen." Daraus werd' einer flug!" Der Alte drehte das Geldstück in seinen Händen und besah es fich," Ja ja, Fräuleinchen. Wenn der Mensch alt wird! Es is Vergeßlichkeit bei ihm. Bloß Vergeßlichkeit." Und vor sich hinkichernd, stieg er die Treppe hinab.

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Meteorologisches.

( Nerthus".)

schaft berichtete Professor Suring vom Meteorologischen Institut -In der letzten Sigung der Berliner Meteorologischen Gesell­über die Ergebnisse des internationalen Wolken­jahres. Während eines ganzen Jahres wurden von den Obser vatorien in Bossekop, Pawlowst, Upsala, Potsdam , Toronto , Blue Hill, Washington , Manila und Batavia täglich photogrammetrische Wolfenaufnahmen gemacht, um die Höhe und Geschwindigkeit der Wolken zu ermitteln. In Potsdam allein wurden 5500 Aufnahmen von Wolken in diesem internationalen Jahr gemacht, deren Ergebnisse Ein Dredjink. Der Kölnischen Zeitung " wird geschrieben der Vortragende in fesselnder Form erörterte. Die mittleren Höhen " L'Agonie", ein Roman aus der Feder Jean Lombards, hat in den der einzelnen Wolfen sind im Sommer höher als im Winter; so er­letzten Jahren in Paris und Frankreich einen ungewöhnlich starken giebt sich die mittlere Höhe der Cirrus- oder Federwolken im buchhändlerischen Erfolg gehabt, der sich ausschließlich aus der Mode- Sommer zu 9240 Meter, im Winter zu 8660 Meter. Bedeutend schwärmerei erklärt, die Sienkiewicz Quo Vadis " für Stoffe aus niedriger sind dagegen die Cumulus- oder Haufenwolfen; im Sommer dem Zeitalter Peros geweckt hatte. Bis dahin war-L'Agonie" beträgt ihre durchschnittliche Höhe 1770, im Winter 1600 Meter. stammt aus dem Jahre 1888 die Arbeit Lombards und mit ihr Die höchsten Wolken erreichten bei Potsdam eine Höhe von ihr Verfasser so gut wie unbekannt geblieben. Nur gleich nach dem 13 000 Meter, im nördlicheren Bossekop war die höchste Höhe circa Erscheinen wurde ein wenig von dem Roman gesprochen, weil beim 10 000, während sie in dem tropischen Manila 20 000 Meter betrug. Marseiller Staatsanwalt ein Antrag auf strafgerichtliche Verfolgung Die Geschwindigkeiten der einzelnen Wolfen sind sehr verschieden; Jean Lombards wegen Unzüchtigkeit seines Romans gestellt worden am schnellsten bewegen sich die höchsten Wolfen: die Cirren mit un­war. In dem Antrag den ein entrüsteter Republikaner " ge- gefähr 20-25 Meter in der Sekunde; bei den niedrigen Wolken, zeichnet hatte, hieß es. Der Buchhändler Savine hat unter andern den Cumulis, ist die Geschwindigkeit im Durchschnitt mur etwa mehr oder minder straffälligen Büchern auch einen Roman unter 10 Meter in der Sekunde, jedoch können auch hier erheblich höhere dem Titel L'Agonie" veröffentlicht, der der Moral und den guten Werte erreicht werden. Die Dicke der Wolfenschichten beträgt im Sitten durchaus zuwider ist. Der Verfasser, Herr Jean Lombard allgemeinen bei den Haufenwolken 300-360 Meter, eine Ausnahme ein Revolutionär, den ganz Marseille sehr wohl kennt, hat darin mit bilden die Gewitterwelten, die oft eine Mächtigkeit von mehreren Wohlbehagen Scenen voller Ausschweifungen in einem Maße ge- Tausend Metern haben.- häuft, wie es bisher, glaube ich noch nie ein Schriftsteller gethan hat. Ich bin der Ueberzeugung, daß das Buch für unsre schon so durch die naturalistischen Romane verderbte Jugend nur gefährlich sein kann. Sie werden also Ihre Plicht thun, wenn Sie den Ver­fasser und besonders den Verleger vor Gericht verfolgen." Der Staatsanwalt aber gab dem Ersuchen keine Folge und so blieb Lombard noch auf Jahre hinaus ungelesen und wenig genannt.­Die Geschichte wäre alltäglich, wenn nicht, wie jezt befannt wird, Jean Lombard selber jenen Brief an die Anklagebehörde geschrieben hätte.

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Aus dem Tierleben.

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Humoristisches.

Im ersten Schreck. Doktor( zum Bauern, der einen komplizierten Schenkelbruch erlitten): Ich fürchte, das wird ein langer Prozeß werden." Bauer:" Vroni, Du Gans, hast leicht den Advokaten g'rufen, statt' n Doktor?"-

Seine Auffassung. Schwiegermutter: So, die Mitgift behalten Sie und meine Tochter schicken Sie einfach zurüd ins Elternhaus!?"

Schwiegerjohn. Na ja, ich hatte doch seiner Zeit in meinem Heiratsgesuch geschrieben: Nicht konvenierendes retour.".

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Von der Schmiere. Direktor: Nein, Balthasar, den Rönig können Sie nicht in zerrissenen Stiefeln geben; wenn Sie keine halbwegs ganzen haben, müssen wir halt auf dem Theater­zettel den König als g chtfrant ausgeben und die Füße eins wicken." ( Meggendorfer Blätter ".)

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Notizen.

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Ente und Storch or ein paar Jahren konnten mecklenburgische Ernte- Arbeiter während ihrer mühsamen Beschäfti­gung eine ergögliche Episode aus dem Tierleben beobachten. Das Feld, auf dem geerntet wurde lag unmittelbar an einem kleinen Flusse, welcher zu beiden Seiten mit niedrigen Gräsern und mit Schilf bewachsen war. Schon lagen nach der Flußfeite hin die Garben Reihe an Reihe, und Meister Langbein schritt gravitätisch daher, um seinen Hunger ar den solcherorts häufigen Fröschen zu stillen. Da hörten plötzlich die Schnitter ein lautes, durchdringendes Prinzessin Braut", ein vieraktiges Lustspiel von und dabei ängstliches Geschrei einer Ente, die im Schilf fiber mußte. Hans Erdmann , ist vom Schauspielhaus zur Aufführung Die Töne erschallten gerade aus der Gegend, wo der Storch angenommen worden. in nicht zu großer Erffernung vom Flußufer jagte. Bal gewahrte Von der östreichischen Censur. Gerhart man auch die Ente wie sie den Schnabel weit aussperrte un fort Hauptmanns Drama Die Weber wurde in Graz während aus Leibeskräften schrie, während das Gefieder gesträubt vor der Tensur freigegeben. Auch Werkmanns, Liebes­war. Dabei verwandte sie keinen Blick von dem auf sie zu- sünden" dürfen im Wiener Raimund Theater auf­schreitenden Storch. Je näher dieser ihr kam, desto unruhiger vurde geführt werden, jedoch muß die Hauptrolle des Pfarrers in die das Gebahren der Ente. Plötzlich schwang sie sich auf, flog gerades- eines Bürgermeisters umgewandelt werden. wegs auf den vermeintlichen Feind den Langbein zu und warf sich mit solcher Wucht gegen die Brust des Storches, daß dieser fast cas Gleichgewicht verlor und es unmittelbar darauf vorzog, vor so einem gefährlichen Feinde das Feld zu räumen. Eine ge­raume Strecke davon ließ er sich wieder nieder, blickte Siegfried Wagners neue Oper. Der Kobold", etwas verwundert über diesen merkwürdigen Angriff um sich für deren Uraufführung anfangs Leipzig ausersehen war, wird zu und ging dann seiner gewohnten Beschäftigung nach. Die Ente erst im hamburger Stadttheater, und zwar voraussichtlich hatte das Feld behauptet. Sie quatte anfangs noch so laut wie sie schon im Januar, gegeben werden. fonnte, beruhigte sich aber bald und wackelte nun wieder dem Schilfe zu.

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Das erste große Konzert der Wagner- Vereine ( Dirigent Dr. Muck) findet am 16. November in der Phil­harmonie statt. Zur Aufführung gelangen Werke von Berlioz , Liszt und Wagner .

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Der zweite Kunsterziehungstag in Weimar . Zu den Verhandlungen, die ar drei Sigungstagen programmmäßig erledigt wurden, hatten sich gegen 300 Personen, darunter viele Schulmämer und eine Anzahl Schriftsteller eingefunden. Die Debatten drehten sich um die fünstlerische Erziehung der Jugend im Hinblick auf deutsche Sprache und Dichtung. Es wurden Vorträge gehalten über: Lesen, Vorlesen und mündliche Wiedergabe des Kunst­werks( Otto Ernst - Hamburg ) Der mündliche Ausdruck( Pfarrer Hackenberg) Der schriftliche Ausdruck( Professor Diez- Stuttgart ). Das dichterische Kunstwerk in der Schule( Heinrich Hart und Professor Zehmann- Berlin )-Jugendschriften( Wolgast - Hamburg ) Schüler­vorstellungen( Theaterdirektor Löwenfeld- Berlin) u. a. Die Tendenz der Reden ging dahin: die Jugend zu lehren, Kunst zu sehen und genießend in sich aufzunehmen, weil die Kunst eine unentbehrliche Ergänzung des Lebens ist. In den Debatten thaten sich besonders die Volksschullehrer hervor.

Das Ereignis hatte sich natürlich schneller abgespielt, als es sich erzählen läßt; höchstens ein paar Minuten hatte die Arbeit der Schnitter geruht. Nun aber drängte sich die Frage nach dem Warum auf. Was hatte die Ente veranlaßt, cinen so fühnen Angriff zu wagen? Eine Untersuchung des Uferschilfes sollte Klarheit schaffen: man fand nicht weit vom Rande das Nest der Ente mit vollem Gelege. Es war klar: die brütende Ente hatte den heranschreitenden Storch gewahrt und eine Gefahr für ihr Genist als bestehend erachtet. Zunächst hatte sie mit bloßem Schelten den Feind vertreiben wollen, und als diefes nicht half, war sie zum thätlichen, erfolgreichen Angriff über gegangen Möglich ist auch, daß die Ente in dieser Beziehung schon trübe Erfahrung mit dem Storch gemacht hatte, daß ihr bei früherer Gelegenheit vielleicht auf solche Weise ein Gelege zerstört war; denn daß der Storch sich dergleichen Räubereien zu Schulden kommen läßt, steht außer Zweifel. Interessant ist an dieser Beobachtung zweierlei: zunächst die Thatsache, daß ein im allgemeinen für Summ geltendes Tier wie die Ente von so tiefer Mutterliebe besee't ist, daß sie eine derart gewagte Abwehr unternimmt ann aber auch die Erkenntnis Merantwortl. Nedakteur: Julius Kaliski in Berlin . Druck und Verlag: Borwärts Buchdruckerei und Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW

Bei der Versteigerung des Nachlasses des Prinzen Georg oon Preußen, die dieser Tage in Berlin stattfand, wurden unter anderm für 300 Egemplare der Dichtungen des Prinzen neun art erlöst.

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