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Dr. H. Laufenberg.

( Nachdruck verboten.)

Die Wanderung der Erdpole.

Kolonisationsepoche auf der Heranziehung deutscher Ele-| gesellschaft wirtschaftende Kloster unter allen Produktionsformen bis­mente. Schon der Schußbrief, den Kaiser Conrad her mit derselben Notwendigkeit verfallen mußte wie die andren 1150 Anselm bon Havelberg ausstellte, spricht diesen Großbetriebsformen seiner Zeit.- Grundsatz deutlich aus. Weil die Burgen und Ortschaften des Bis­tums, heißt es dort, durch die häufigen Einfälle der Slawen so ver­wüstet und verfallen, daß sie fast unbewohnt seien, so verleihe er, der Kaiser, dem Bischofe das Recht, ohne jemandes Widerspruch Kolonisten darin anzusiedeln, aus welchem Volk er wolle und könne". Ueber das Verfahren, das bei der Kolonisation der Spree  - und Havelgebiete eingeschlagen ward, wissen wir, auch soweit die Klöster in Betracht kommen, nichts Bestimmtes. Doch deutet manches darauf hin, daß wir uns dasselbe entsprechend dem Vorgehen der schlesischen Biasten zu denken haben, die neben den kleinen flawischen deutsche  Dörfer anzulegen pflegten. Jedenfalls erklärt sich so am leichtesten das Nebeneinanderliegen deutscher und wendischer Hufen, wie wir es außer in Kezin auch in den zauchischen Dörfern Alt- Langerwisch und Wildenbruch treffen. Ferner sind in diesen Gegenden fast noch häufiger als in der Altmark   Paare benachbarter Dörfer gleichen Namens, die durch Groß" und" Klein"," Deutsch  " und" Wendisch" unterschieden werden. Während in der Altmarkt die Trennung in der Regel bestehen bleibt, sind sie hier häufig zusammengewachsen. 1197 bestand z. B. ein Dorf Porats und daneben Slawisch  - Borats; 1375 giebt es nur ein Baret." So würde sich auch am leichtesten die an­fehnliche Menge von Kirchen und Kapellen erklären, die meist aus dem 13. und 14., zum Teil selbst aus dem 12. Jahrhundert stammend, sich noch jetzt in manchen dieser Gegenden finden.

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Die kolonisatorische Thätigkeit Lehnins   ist leider nicht mehr in ihren Einzelheiten aufzuhellen, da die Klosterdokumente zumal aus der ersten Zeit, nur sehr unvollständig erhalten sind. Die umfangreichen Güter der Abtei lagen größtenteils in der Zauche, im Barnim   und Teltow  , fie erstreckten sich westlich der Zauche bis in das Magdeburgische Gebiet. Um 1234 werden als zu den Befizungen des Klosters gehörig genannt: Arendsee  , Tribustdorf, Bnedewisch, Stolzenhagen, Neuenhof, Woltersdorf  , Klosterfelde  , Schönerlinde und Arnstorf  , wozu 1242 Zehlendorf   tritt. Außer für Schönerlinde find Vögte und Hofmeister Lehnins auch für Mühlenbeck   bezeugt. Aus den letzten Zeiten des Klosters, in denen die Germanisierung freilich als in der Hauptsache seit langem vollzogen gelten muß, mag erwähnt sein, daß 1459 Kurfürst Friedrich II.   der Abtei das Recht verlieh, in dem Städtchen Werder   Jahrmärkte abzuhalten, und daß 1476 die Drte Schildow, Basdorf   und Wilmersdorf   erworben wurden.

Vollständiger unterrichtet sind wir über die Entwicklung von Lehnins   bedeutender Tochtergründung, des zuerst im Barsteinsee er­bauten Klosters Mariensee, das wenige Jahre später( 1273) nach einer Insel des Choriner   Sees bei Eberswalde   verlegt ward und von dieser den Namen erhielt. Nach der Bestallungsurkunde verliehen ihm die brandenburgischen Markgrafen die Höfe Paliz, Plawe, Brodewin und Chorin   mit den" Sümpfen" Rosin, Crummensee, Brodewinschese, Wittense, Dunelse, der große und der kleine Choriner   See nechst dem dazwischen liegenden Hügelland und den in den Seen liegenden Inseln. Daneben erhielt das Kloster zwei hundert Hufen Land. Lehnin   trat Jädickendorf und Woltersdorf  mit hundert Hufen ab. Bis zum Schluß des Jahrhunderts erwarb Chorin   neben dem Patronat, dem Hospital und der Kirche in Oder­ berg   durch Kauf, Tausch oder Schenkung an wesentlichen Bejizungen Barstein, das Dorf Ziethen, das Dorf Rogäsen, das Dorf Brißke, Binnow, Schönermark  , Lichterfelde  , Kunikendorf und Barzdin. In Sen ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts fielen ihm u. a. zu: die Dörfer Ober- und Niederlupe, Altenhof, der Kietz bei Lunow, die Dörfer Lüdersdorf, Serwest, Herzsprung, Goltze, Buchholz, Groß Ziethen. Als Bischof Ludwig von Brandenburg 1335 Chorin   die Zehntenerhebung in allen Besitzungen desselben überließ, zählte er folgende als Güter des Klosters auf:" Choryn, Goltiz, Bricefe, Groß- Cyten, Bucholt, Serwtiz, Hertsprunt, Stoltenhagen mit dem beiliegenden Kyz, Luderstorp, Parsten, Brodewin, Ober­und Unter- Lypa, das Hospital in Oderberg   mit Barsdin." Daneben werden 19 Höfe in Richenberg, 6 in Sconenvelde, 5 in Bergers­torp, 8 in Crussow, 13 in Sconermarke, 4 in 3droye bei Vorsten­berg" erwähnt. Außerdem finden sich noch die Allode Peliz, Plawe, Buzhowe und Altena   mit der Flur Boghofen", sowie der alte Herrensiz mit dem beiliegenden Dorf bei Lunow". Damit hat das Kloster den Höhepunkt seiner kolonisatorischen Thätigkeit erreicht. Die späteren Erwerbungen dienen in der Hauptsache nur mehr dazu, seinen Reichtum zu vermehren, für die Germanisierung der Mark entbehren sie der tieferen Bedeutung.

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Man sollte auch von unsrer Erde, die sich rastlos um sich selbst und um die Sonne bewegt, erwarten, daß ihre Pole die Ruhepunkte in der Erscheinungen Flucht" bedeuten, und man hot of tunge geglaubt. Schließlich erweist sich ohor in auen Fällen das Gesetz von der Wandelbarkeit unter Dinge als ausnahmslos. Schon als man vor Jahrzehnten nach einer Erklärung für die große Eiszeit zu suchen begann, kam man auf die Vermutung, die Erdpole könnten vielleicht nicht immer dieselbe Lage besessen haben wie heute. Erst feit verhältnismäßig wenigen Jahren aber weiß man ganz bestimmt, daß die Pole ihre Lage verändern. Im Jahr 1885 wurde von dem deutschen Astronomen Küstner und von dem amerikanischen  Astronomen Chandler gleichzeitig und unabhängig die Entdeckung ge= macht, daß die geographische Breite eines Orts nicht immer dieselbe bleibt, sondern kleinen Veränderungen unterworfen ist, die sich bei der Genauigkeit der heutigen Messungen bemerkbar machen. Man glaubte bald festgestellt zu haben, daß dieser Wechsel periodisch im Zeitraum von 12-14 Monaten erfolgte. Daß wirkliche Schwankungen der Erdachse dabei vorliegen, wurde außer Zweifel gesetzt durch die Beobachtungen von Marcuse   auf Honolulu  , das genau auf dem entgegengesetzten Meridian liegt wie Berlin  , und die Ver­änderungen der geographischen Breite daher in durchaus entgegen­geseztem Sinn zeigen mußte und thatsächlich zeigte. Nunmehr wurde die Beobachtung dieser Erscheinung durch eine Reihe von Stern­warten aufgenommen; man kam bald dahinter, daß der Nordpol   eine höchst unregelmäßige Linie um eine feste Mittellage beschrieb, die er niemals zu erreichen scheint, obgleich er sich nicht weiter als S Meter von ihr entfernt.

Wie hat man sich nun das merkwürdige Verhalten der Erde vorzustellen?

Es handelt sich eigentlich nicht um Schwankungen der Erde selbst, die allerdings zur Folge haben, daß sich die Pole auf der Erdoberfläche verschieben. Die Erde hat ein Gewicht von rund sechs= tausend Trillionen Tonnen, und darum ist ihr wohl eine ziemliche Stabilität zuzutrauen. Nun wirken aber sehr viele und mächtige Kräfte darauf hin, ihr Gleichgewicht zu stören. Man bedenke nur, daß die Veränderungen des Luftdrucks, ie wir im Barometer be­obachten, auf einem größeren Teil der Erdoberfläche Schwankungen der Belastung um viele Millionen Kilogramm bedeuten. Außerdem arbeiten die Flüsse fortgesetzt an der Verlagerung mächtiger Massen sowohl von Wasser wie von festen Stoffen, die Meeresströmungen ändern ihre Richtung, ihre Temperatur und damit ihr Gewicht, große Vulkanausbrüche zerstreuen ungeheure Mengen von Gestein als Asche über weite Gebiete, und so giebt es viele Erscheinungen, die die Erdkugel veranlassen können, ihre Gleichgewichtslage um einen wenn auch kleinen Betrag zu verändern. Die Folge dieser That­sache drückt der Physiker mit den Worten aus, daß der eigentliche Pol der Erde, d. h. das Ende der Drehungsachse, einen Kreis um den Trägheitspol beschreibt. Ein Umlauf vollzieht sich in etwa 430 Tagen. Da nun aber die Trägheitsachse selbst dauernd Kleine Stöße empfängt und dadurch aus ihrer Lage gerüttelt wird, und da sich diese Stöße in dreifacher Verstärkung auf die Drehungsachse übertragen, so kommt innerhalb jedes Jahres noch eine zweite Kreis­bewegung der Pole zu Stande, deren Radius jedoch nie über eine Zehntel Bogensekunde beträgt.

Aus diesen Säßen ist zu entnehmen, daß man schon ziemlich weit in das Gesetzmäßige der Polschwankungen eingedrungen ist und Professor Chandler hat versucht, eine mathematische Formel zu finden, nach der sich die Lage der Pole für jede Zeit in Ver­gangenheit und Zukunft berechnen ließe. Dieser Versuch ist nicht ge= lungen, die Bewegung ist vielmehr zu verwickelt und von Umständen abhängig, die sich, wie z. B. große Vulkanausbrüche, nicht auf lange Beit voraussagen lassen. Da es nun aber für mancherlei wissen­schaftliche Arbeiten der Himmelskunde und der Erdmessung notwendig ist, die Lage der Erdpole jederzeit genau zu fennen, so bleibt nichts übrig, als ihre Wanderung unter ständiger Aufsicht zu halten. Dies ist seit etwa drei Jahren geschehen nach dem Plan, der vom gebracht worden ist. Dr. Ristenpart hat diesem bedeutsamen wissen­schaftlichen Unternehmen und seinem vorläufigen Ergebnis im letzten Heft der Umschau" eine fesselnde Beschreibung gewidmet. Das Hauptverdienst um das Zustandekommen der Forschungen ist Professor Albrecht in Potsdam   zuzuschreiben, und deutsche Gelehrte sammeln und verarbeiten die ihnen aus allen Weltteilen zufließena den Messungen.

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Sind somit die Verdienste der beiden Klöster um die Kulti- Geodätischen Institut in Potsdam   ausgearbeitet und zur Ausführung vierung und Germanisierung der Mark unleugbar große, so erzeugt doch auch hier, wie dies bei den mittelalterlichen Vorläufern dieser Tetzten Kolonistenmönche in gleicher Weise der Fall gewesen, der wachsende Reichtum rasche Verwilderung. Schon 1339 wies Papst Benedikt XII  . drei Aebte aus der Nachbarschaft Lehnins an, einen an einem Adeligen und vier Dienern in den Räumen des sie beherbergenden Klosters verübten Mord zu untersuchen, eine That, die eine zehnjährige verwüstende Fehde Herauf- Um die Verschiebung der Erdpole dauernd zu verfolgen, zar beschworen hatte, und deren der Abt und seine Mönche selber und eine fortgesetzte Beobachtung an wenigstens vier Punkten der Erd­zwar von eignen Drdensgenossen vor dem päpstlichen Gericht zu oberfläche notwendig, die genau in derselben Breite und um atroc Avignon   bezichtigt wurden. Gerade der große Landbesitz ermöglichte 90 Grad der Länge von einander entfernt liegen mußten. es den Klöstern in jener vorwiegend naturalwirtschaftlichen Zeit, sich wurden im ganzen sechs Orte in 39 Grad S Minuten nördlicher im Widerspruch zu ihren auf der eiguen Arbeit ruhenden Anfängen Breite ausgewählt, nämlich einer in Japan  ( Mizusawa), einer in in Ausbeuter- Organisationen zu verwandeln, ein Schicksal, dem Innerafien( Tschardschui), einer in Südeuropa  ( Carloforte auf trotz vorübergehende Verdienste das mit den Mitteln der Klassen- Sardinien  ) und drei in Nordamerika  ( Gaitherburg in Maryland  ,