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glücklich!"
Diese Scene verwirrte Guy nicht wenig. Sie beglückte Jean sein kommunistisches Jdeal als„ cité future", als Bufunftsthn zwar, aber es drängte ihn doch, ihr zu entfliehen. Einen stadt, bezeichnete: mit demselben Ausdruck, dem wir bei Morelly langen Kuß auf die Hand des jungen Mädchens drückend, begegnen. Das muß nun in Ermangelung ausreichender Quellen dahingestellt bleiben. Und sei dem, wie ihm wolle, der Hauptlehrer sagte er: gewesen, wie sie sich in den ersten Jahren der Revolution allenthalben Petit Jeans find gewiß die socialen und politischen Verhältnisse auf dem platten Lande und auch unter seinen Augen gestalteten. Diese Dinge nehmen sich, im Lichte der heutigen Forschung gesehen, erheblich anders aus, als sie der blühenden Phantasie der liberalen Legendenschreiber erschienen sind. Die malen eine Verbrüderungsscene, wie in der Nacht des 4. August 1789 die geistlichen und weltlichen Aristokraten der National- Versammlung aus schierem Edelmut freiwillig auf alle feudalen Vorrechte verzichtet hatten, so daß auf einmal allen Wünschen der Bauern Genüge geleistet worden wäre.
„ Auf heute abend! Ich kann nicht mehr, ich bin zu Herbeline hatte es gut getroffen, gerade zu einem Zug nach Mantes zurecht zu kommen. Es war erst fünf Uhr, als er in dem kleinen Städtchen anlangte. Es gefiel ihm daselbst. Er bildete sich ein, daß Marguerite ganz glücklich hier leben müsse. Nach einem Blick auf die alte gotische Kathedrale betrat er die Rue de Chausseterie.
( Fortsetzung folgt.);
( Nachdrud verboten.)
Eine kommuniftifche Bewegung aus dem Jabre I.
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So einfach und sentimental verlief die Sache mm nicht. Die Privilegierten verzichteten am 4. August und auch nur der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe, weil sie guten Grund hatten, andernfalls einen allgemeinen Bauernaufstand zu erwarten zwar auf eine Anzahl der tollsten feudalen Mißbräuche, aber beileibe nicht auf ihre Haupteinkommensquellen, auf die Realrechte. Diese sollten vielmehr nach Beschluß der National- Versammlung fortbestehen, sofern sie nicht gegen schwere Geldentschädigungen abgelöst wurden. Diesen Standpunkt hat auch noch die ganz bürgerliche Legislative Zu den merkwürdigsten Gestalten des vorrevolutionären Frant- eingenommen. Erst der Konvent hat die entschädigungslose Aufhebung reich gehört der Pfarrer Jean Meslier , jener katholische Geistliche Sämtlicher Zehnten" beschlossen, weil die allgemeine und entschiedene des Dörfchens Etrépigny in der Champagne , der in seiner ländlichen Beigerung der Bauern ihren feudalen Peinigern auch nur einen Abgeschiedenheit die revolutionärsten Gedanken in sich entwickelt Heller zu bezahlen, gar keinen andren Weg offen ließ. Bis zu dieser hatte, ohne daß er es jedoch vor allerärmster Abhängigkeit von den Entscheidung und also noch in den Anfängen der Republik herrschte Herrschenden Gewalten hätte wagen dürfen, auch nur seine Pfarr- auf dem Lande wegen der fortdauernden Widersprüche zwischen dem finder etwas davon merken zu lassen. Erst nach seinem Tode, der gesetzlichen und dem thatsächlichen Zustand das heftigste Mißins Jahr 1729 fällt, zeigte sich das wahre Gesicht des Hungerpastors. vergnügen. Dazu kam als zweite Hauptursache bäuerlicher Un Er hinterließ ein„ Testament", das denn freilich nicht über Geld zufriedenheit das Schicksal der sogenannten Nationalgüter. Gegen und Gut verfügte, sondern ein nachträgliches, ausführliches Glaubens über diesem Gesamteigentum beties sich die Konstituante durchaus bekenntnis seines Verfassers darstellte. Er straft darin nicht nicht so zimperlich, wie gegenüber dem adligen Privateigentum. mur alle religiösen Lehren Lügen, die er notgedrungen Die Nationalgüter bestanden zunächst aus dem riesigen Grundgepredigt hatte, sondern er zieht auch mit flammendem Zorn zu befiz der Kirche, ungefähr einem Fünftel und zwar dem besten Felde gegen die ausbeuterische Aristokratie geistlichen und weltlichen Fünftel der Bodenfläche von Frankreich . Anstatt sie zu ihrem ursprüngGewandes, gegen den herrschenden Abfolutismus mit seinem ganzen lichen Zweck, der Armenpflege, zu verwenden, beutete der hohe Klerus Anhang von Schmaroßern, furz gegen alle bestehenden Gewalten, sie längst für seine Privatinteressen aus. Daß die Nationalversammlung die ihm als ebenso viele Blutsauger erscheinen. Diese revolutionäre ihre Hand darauf legte, war also durchaus in der Ordnung. Anstatt Stimmung hatte Jean Meslier , wie sich nachher beim Ausbruch der aber mun wirklich der Nation zu gute zu kommen, wurden die großen Umwälzung zeigte, mit vielen andern Pfarrern gemein, Nationalgüter zur Deckung der ungeheuren Schuldenlast in Anspruch deren Sympathien nicht der prassenden Kirchenaristokratie, sondern genommen, die der Feudalabsolutismus aufgehäuft hatte. Sie wurden ihren Leidensgefährten, den ausgebeuteten Bauern, gehörten. Einzig- zu dem Zwecke verkauft oder vielmehr verschleudert. Die Veräußerung artig erschien Meslier bloß durch die positiven Vorschläge zu einer der Nationalgüter war eine kapitalistische Gaunerei größten Stiles, Neugestaltung, die sein Testament" macht. Er gehört zu den ersten die spekulativen Geldleuten in Stadt und Land, In- und Ausland Vorläufern des wissenschaftlichen Socialismus auf französischem Boden. dazu diente, das Eigentum des französischen Volkes für einen Apfel Er war ein Kommunist von reinstem Wasser. Dazu kannte man bislang fein und ein Ei an sich zu reißen. In zahllosen Fällen famen nicht einGegenstück: die volksfreundlichen Geistlichen, die im Vordergrunde mal die Schleuderpreise wirklich ein; denn es geschah häufig, daß der revolutionären Bühne erschienen find, hielten es durchweg mit Spekulanten irgend einen zahlungsunfähigen Strohmann vorschoben, der äußersten Linken des dritten Standes", vertraten die klein- der kaufte und gleich an sie weiter verkaufte, so daß die Nation bürgerlichen Grundfäße der Jakobiner. Mit großem Eclat in den schließlich um ihr Recht total betrogen war. Auch auf die massenBordergrund der Ereignisse getreten ist der Kommunismus ja über- haften Gemeindegüter( Almenden) hatten die Geldleute schon ihr haupt erst zur Direktorialzeit durch die Verschwörung der Gleichen", Auge geworfen. Gegen den liberalen Vorschlag, diese Güter unter deren Seele der kühne„ Bollstribun" Gracchns Babeuf war. Davor die mußungsberechtigten Bauern aufzuteilen, erhoben die Kapitalisten meldet die herkömmliche Revolutionsgeschichte nichts von kommunisti - den heuchlerischen Einwand, es würden dadurch die städtischen Arschen Bewegungen. Und das wird auch wohl seine Geltung be- beiter um ihr Anrecht verkürzt; man folle die Gemeindegüter zu den halten, soweit die städtischen Centren in Betracht kommen; denn es fehlte Nationalgütern schlagen, d. H. mitverramſchen. hier die Hauptvorbedingung: ein zahlreiches industrielles Proletariat im heutigen Sinne. Dagegen find foeben frühere kommunistische Regungen nachgewiesen worden, wo man sie am wenigsten erwarten würde, nämlich auf dem platten Lande. Im letzten Hefte von La Révolution Française" teilt Edouard Campagnac") urkundliches Material mit, das die erfolgreiche kommunistische Agitation des Pfarrers Petit- Jean unter den Bauern des Dorfes Epineuil im Cher- Departement und die dadurch hervorgerufene Bewegung in dem Drte, sowie die Gestalt und das Geschick dieses Gegenstüds zu Jean Meslier in ziemlich flaren Umrissen aus dem Dunkel vergeffener Bergangenheit auftauchen läßt, obwohl die fraglichen Dokumente durchweg von bürgerlichen Anklägern, zum Teil von persönlichen Todfeinden Petit- Jeans herrühren und daher nur mit größter Vorsicht zu benußen sind.
Das waren die Umstände, die Petit- Jean zu der Ueberzeugung brachten, daß Frankreich dabei sei, die Tyrannei des Geburtsadels blos mit der des Geldadels zu vertauschen, und daß das einzige Mittel, dies zu verhindern, die Herstellung einer kommunistischen Ordnung der Dinge sei. Sein Gedankengang war offenbar der, daß nicht nur die Aufteilung, geschweige denn die Verramschung der Gemeindegüter vom Uebel, sondern daß auch die Nationalgiter den Slauen der Spekulanten entrissen und in gemeinsame Nuhung zu nehmen seien, der gleiche Kommunismus dann überhaupt auf alles Land zu erstrecken sei, wenn die Bauern vor dem Joch kapitaliſtiſcher Abhängigkeit gerettet werden sollten. Die Verhältnisse lagen im Dorfe Epinenil, dem Agitationsfeld Petit- Jeans, wie überall. Die Bauern wollten keine Zehnten mehr bezahlen und weigerten sich, Die Gestalt Petit- Jeans erinnert so stark an Jean Mestier, daß Sie jahen weiter mit Ingrimm, wie die meisten Nationalgüter der der gegenteiligen Order der National- Bersammlung nachzukommen. es nahe läge, einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Gegend von den drei fapitalfräftigsten Leuten am Drte, den Herren Kommunisten anzunehmen. Indes, wie ein persönlicher Einfluß Borgrandfont, Debize und Clermont fäuflich" erworben worden dadurch ausgeschlossen ist, daß Petit- Jean, der nach dem 1792 waren, ohne doch die Gaunerei verhindern zu können, weil die hinter ihm erlassenen Steckbrief damals 52 Jahre alt war, Ehrenmänner im Gemeinderat tonangebend waren. Betit- Jean erst ein Dutzend Jahre nach Mesliers Tod geboren war, hat auf Grund dieser Lieblichkeiten gewiß schon seit 1789 so kann er auch aus dem„ Testament" nicht den Kommunismus unter den Bauern seiner Pfarrei agitiert. Indes wissen wir feines großen Vorgängers haben fennen lernen. Er existierte nämlich aus der Zeit vor dem Sommer des Jahres 1792 weiter nichts von davon bis nach der Mitte des letzten Jahrhunderts gebrudt nichts ihm, als daß er die Bewohner von Epineuil zur Verweigerung der als ein kurzer Auszug, den Voltaire 1762 veröffentlicht hat, und Behnten angespornt hat und ihnen mit gutem Beispiel voran dieser Auszug enthält bloß ein Resumee von Mesliers religiösen Anschauungen, dagegen nicht ein Sterbenswörtchen von seinen fommunistischen Grundsätzen. Eher wäre es möglich, daß PetitJean fich gleich Babeuf an Morellys Gesetzbuch der Natur" zum Kommunisten herangebildet hätte. Dafür könnte sprechen, daß Petit
*) Un prêtre communiste: le curé Petit- Jean. Par Edouard Campagnac. La Révolution Française. 1908. Nr. 5. pg. 425 ff.
gegangen ist, indem er selber zuerst die Zahlung der Zehnten ein stellte, die auf dem zu seinem Unterhalt von ihm bewirtschafteten Grundstück lasteten. Außerdem kennen wir das Glaubensbekenntnis, das er öffentlich ablegte, als er am 23. Juni 1791 den vor geschriebenen Bürgereid leistete: es atmet glühende Begeisterung für die revolutionärsten Ideen und zeugt von beträchtlicher Bildung vor allem auf dem Gebiet der philosophischen Bewegung, die dem Jahre 1789 voranging.