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Was aber erträumen Sie für Marguerite?" " Ach, Herr Doktor, ich würde es ihr so gern gönnen, daß sie noch fünf, sechs Jahre fern von allen itebeln der Welt fich ihres Lebens freut!"
Nicht für mich selbst... Aber wahrlich, wie sollte man| teit, wie er dabei vorging. Er legte das Tier auf die linke Seite es nicht für die Seinen sein? Ich kann noch begreifen, daß und band ihm drei Beine zusammen, das linke Borderbein aber man für seine Person das Feuer nicht scheut, aber der Gedanke, ließ er frei. Dann schnürte er ihm einen dünnen, weichen Lederdaß man Wesen in die Welt setzt, um sie ins Feuer zu Kopf des Schafes so, daß die beiden wagerechten, Kortzieher ähuriemen mehreremale sehr fest um das Maul. Darauf legte er den schicken...!" lichen Hörner den Boden berührten, und stellte sich auf sie. Das Schaf lag jest wie in einem Schraubstock mit seinem Kopf am Boden festgenagelt. Als Sampo Singi so weit war, steckte er Daumen und Beigefinger der rechten Hand in die Nasenlöcher des gefangenen Schafes, um es durch Ersticken zu töten. Ich sah heimlich nach der Uhr, wieviel Minuten hierzu erfoderlich sein würden, vergaß nachher aber, das Resultat aufzuschreiben; doch erinnere ich mich, daß es eine geraume Zeit dauerte und für mich eine entsetzliche Bein war, das arme Tier zappeln und zucken zu sehen, während seine Augen immer weiter aus ihren Höhlem traten. Die ganze Zeit über betete der Alte mit verzweifelter Zungengeläufigkeit Om mani padme hum", was mich an die Art der Muselmänner, Schafe zu töten, erinnerte. Wie um ihr eignes Gewissen zu beruhigen und dem Schöpfer zu schmeicheln, plappern auch sie Gebete zum Lobe des Ewigen her, während sich der kalte Stahl von unschuldigem Blute
Guy drückte ihm die Hand und ging. Unterwegs fuhr er fort, an die Dufrênes zu denken. Er besuchte Diabetiker, Nerven- und Gichtkranke und einen Krebskranken. Angesichts dieser armen Leidenden gedachte er, welch ein ungeheurer Mut dazu gehören würde, das Leben anzunehmen, wenn die Wahl einem freistünde. Dieses kranke Fleisch, dieses gemarterte Gehirn, diese hinfälligen Herzen und diese zerrissenen Nerven! Diese ewige Unruhe, diese Angst, diese Qual! Und diefer wenig mitleidvolle Mensch hatte den aufrichtigen Wunsch, daß diejenige, die er beraubt hatte, keine Kranken in die Welt jezzen möge.
Ganz erfüllt von diesem Gedanken kam er wieder nach Hause, und da er Marguerite bei seiner Frau und seiner Schwiegermutter antraf, schien es ihm, als sei sie wirklich etwas blaß. Das erweckte seine Unzufriedenheit. Er blieb einige Augenblicke nachdenklich und sagte dann zu seiner Schwiegermutter:
Möchten Sie sie nicht nach Aulnettes mitnehmen? denke, das wird genügen, um sie vollständig wieder zustellen."
Ich
her
,, Aber mit dem allergrößten Vergnügen," sagte die alte Dame. Alle vier sahen sich lächelnd an. So mochten Familien zu Saint- Pierre gelächelt haben, wenige Minuten bevor der Feuerregen die ganze Stadt verschlang!
( Fortsetzung folgt.),
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Bei tibetanifchen Nomaden."
1. August. Als ich mit den Worten:„ Drei Tibeter kommen auf Besuch" geweckt wurde, regnete es merkwürdigerweise nicht. Ich sprang auf und versteckte die Kleinigkeiten, die einen geheimnisvollen Fremdling hätten verraten können. Zwei Männer und eine Frau erschienen; daß sie in friedlicher Absicht kamen, sah man schon von weitem, denn sie führten ein Schaf am Stricke und trugen verschiedene Sachen.
Sampo Singi führte wieder das Wort und reihte seine Delikatessen an unserm Feuer auf. Ach, was für schöne Sachen; jezt würden wir nach der knappen Kost der letzten Tage wie Fürsten tafeln! Ein großes Stück Fett( Mar), ein Napf faure Milch( Scho), eine hölzerne Schale mit Käsepulver( Tschorá), eine Kanne Milch ( Oma) und einen Klumpen Sahne( Bema): konnten wir uns ein Tutullischeres Frühstück wünschen?
Alles war Primaware, außer der Sahne, die beinahe an einen Bund auf einandergelegter, bedenklich russiger und haariger Hautlappen erinnerte. Das Käsepulver ist eines der Ingredienzien der " Tsamba", die im übrigen aus Mehl, Thee , Fett- oder Butterſtüden, was man gerade hat, alles in einer Schüssel verrührt, zu bestehen
rötet.
Endlich wurde das Schaf still, feine Beine fielen schlaff nieder, mitanzusehen, ohne sie verhindern zu dürfen. Ich hütete mich aber und Sampo Singi richtete sich auf. Es war hart, diese Tierquälerei wohl, mich und meine Gefühle zu verraten, und im übrigen ist auch jede Einmischung in alte, feststehende Gebräuche völlig mußlos.
Sodann frühstückten wir miteinander von den gekauften Milchspeisen, und die Hunde erhielten zum Lohn für ihren tadellosen Wachtdienst eine tüchtige Portion Fleisch. Die Frau war von ihrem Beuge derart entzückt, daß sie ganz den Appetit verloren hatte und nur war die der Männer; das struppige schwarze Haar war in zwer bald diesem, bald jenem von uns freundlich zunickte. Ihre Kleidung Böpfe geteilt, ftand aber eigentlich in rattenschwanzähnlichen Büscheln nach allen Ecken und Enden. Sie trug Filzstiefel mit einfacher Buntstickerei, die einst recht hübsch gewesen war. Wie fie es angefangen hatte, so fabelhaft schmußig zu werden, wie sie war, begriff ich nicht, beneidete sie aber aufrichtig darum. Meine vermutlich feinere Haut wurde unaufhörlich vom Regen rein" gewaschen, auf ihrer Haut aber saß die Schmutzschicht so dick und kompakt, daß sie mit Aussicht auf Erfolg als Treibbeet für Frühkartoffeln hätte benuẞt werden können. Die Poren in der Gesichtshaut der Tibeter müssent verschwunden sein; jedenfalls ist es sicher, daß ihre Oeffnungen beständig verstopft bleiben.
Das Zelt war von all den Regenschauern, die es eingefogen hatte, Sampo Singi half uns bereitwillig beim Beladen unsrer Tiere. doppelt so schwer geworden.
Er
Der ehrliche Nomade wünschte uns glückliche Reise nach Lhasa und angenehmen Aufenthalt in dieser Stadt, und der Lama versicherte, er habe dies in so manierlicher Weise gethan, daß ihm die lamaistischen Finessen sichtlich nicht fremd seien. Es war ihm augenscheinlich nicht darum zu thun, uns noch hier zu behalten; sonst hätte er uns gewiß vor dem bevorstehenden Tagemarsche gewarnt. sagte nur, daß wir einen Paß zu überschreiten hätten und daß der Weg nach Lhasa überall deutlich erkennbar sei, weiter nichts. Wir versprachen, ihn auf dem Rückwege wieder aufzusuchen, Wir thaten dies auch, aber ohne Erfolg, denn er hatte seine Penaten bereits nach andren Weidepläßen geflüchtet.-
Kleines feuilleton.
pflegt. Ich muß gestehen, daß es mir nie gelungen ist, mich an dieſe licht flimmert, weiche Teppiche auf dem Boden, reich gedeckte Tafeln
von den Mongolen hochgepriesene Delikatesse zu gewöhnen.
Um so besser wußte ich die faure Milch zu würdigen. Sie übertraf alles, was ich mir hatte denken können, und hätte mir ein höheres Wesen, als sie verzehrt war, unter allen Delikatessen der Erde freie Wahl gelassen, so würde ich ohne Zögern um noch etwas faure Milch gebeten haben! Sie war dick, weiß und säuerlich; in der ganzen Welt hat die Scho" der Tibeter nicht ihresgleichen! Alles dieses sowie das Schaf sollte nun bezahlt werden, und Echagdur zog einige chinesische Silberstücke hervor. Sampo Singi wog fie und fand sie gut, erklärte aber, nur Silbergeld von Lhasa annehmen zu können. Da wir solches nicht besaßen, prüften wir ihn auf seine Empfänglichkeit für blauen chinesischen Stoff, und das wirkte. Mit wahrem Genusse strich er darüber hin und ließ ihn zwischen den Fingern rauschen; er besah ihn in der Nähe und aus der Ferne, mit einem Worte: er hatte angebissen. Die Augen seiner Gattin glänzten vor Begierde. Wir hatten von diesem Zeuge zwei Patete zu Tauschzwecken mitgenommen, und Campo Singi, wollte das eine haben. Das asiatische Parlamentieren und Feilschen be gann, und schließlich mußte er sich mit 12 Ellen, dem dritten Teile eines Paketes, begnügen. Pferde konnte er jedoch nicht entbehren, so sehr wir ihn auch in Versuchung führten. Als der Handel abgeschlossen war, hielt jede Partei die andre für übervorteilt.
Nun baten ivir Sampo Singi, das Schaf zu schlachten und zu zerlegen, dann sollte er als Lohn für seine Gastfreiheit und für die uns erwiesen Freundlichkeit das Fell behalten dürfen; hiermit war ev sehr zufrieden. Ich beobachtete mit diplomatischer Gleichgültig
*) Aus: Sven Hedin Im Herzen von Asien". illustrierte Bände, 20 M.( Leipzig , F. A. Brockhaus.)
th. Bei den Puppen. Ein großer Saal, über dem das Glüh voll Blumen, Silber und Krystall. Zierliche gepugte Figürchen an allen Ecken und Enden. Es ist Kinderball. Die fleinen Dämchen prunken in Sammet und Seide, die kleinen Herrchen schauen wichtig und geziert darein. Ein paar sind gerade bei der Verbeugung, andre präsentieren Kuchen und Bäckereien, ein Dritter hat den Arm um die Taille seiner Partnerin gelegt, als wollten beide jeden Moment davonwalzen.
Sie thun es aber nicht, fie bleiben ruhig stehen, immer mit dem gleichen dumm- holdseligen Puppenlächeln. Es sind nämlich Buppen; der große Saal ist das prächtig dekorierte Schaufenster eines Großbazars. Weihnachtsausstellung.
Draußen vor den Scheiben staut sich die Menge. Alles bleibt stehen, Alt und Jung, Arm und Reich, staunt, bewundert, lacht und giebt seine Meinung zum besten. Selbst die Allereiligsten, die eben noch im Sturmschritt liefen, Hemmen den Fuß, sobald sie an die Puppen fommen.
Die Puppen beherrschen die Straße. Man hat für nichts mehr Auge und Ohr, als für sie, nicht einmal für die armen Kinder, die frierend am Straßenrand stehen und mit dünnen, zitternden Stimmchen ihre armselige Weihnachtsware ausschreien:' n Sechser die Knarre,' n Froschen der Hampelmann!"
"
Was gelten alle Hampelmänner und alle armen Kinder der Welt? Die Puppen sind Trumpf.
Am feligsten sind die Kinder. Die Kleinsten sind durch die Barrieren hindurch geklettert; da stehen sie nun und drücken bas Näschen an die Scheiben und können sich kaum trennen:„ Ach, Mama, sieh mal, sieh mal!"
Mama, da stehen Gläser auf dem Tisch!"