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Na ich dachte

" Genieren? Jch? Warum denn?" Marthas Augen öffneten sich verwundert. Ein rascher Blid streifte ihr schlichtes, schwarzes Wolltleid- ach komm nur. Ohne noch eine Erwiderung abzuwarten, schob sie die Cousine nach vorn in den Salon. An der Gastrone brannten alle fünf Flammen, im blendenden Glanz lag die gute Stube" da.

tongregation, um durch eigens delegierte Richter wiederum geprüft die ganze pooplige Berwandtschaft.". Eie fchloß mit einem hellen zu werden. Darauf wird in die Kritif des Thatsachen Lachen und trat vor den Spiegel, um ihren breiten Sammetgürtel materials eingetreten, mit der man sich der man sich freilich schneller noch tiefer zu schieben. abzufinden weiß. Auch diesmal wird der Nachweis" Ist Dir wohl nicht recht?" fragte sie dann plötzlich; sie hatte in der Hauptsache durch die Aussagen von Zeugen geführt, für deren ein Zuden in Marthas Gesicht gesehen: Komm nur, tomm, Du Vernehmung die Grundsätze des Kriminalverfahrens Anwendung brauchst Dich ja nicht zu genieren." finden. Soweit es sich um wunderbare" Vorgänge handelt, soй bas Urteil wissenschaftlicher Autoritäten eingeholt werden; wenn ein solches nicht zu erlangen ist, kann jedoch auf päpstlichen Dispens Davon Umgang genommen werden. Hat die Nitenkongregation die neuen Akten auf die formelle Richtigkeit des Verfahrens hin geprüft, so wird in die Erörterung ihres Inhalts eingetreten. Zwischen diefer und der Prüfung der Aften soll ein Zeitraum von fünfzig Jahren liegen, doch kann der Papst auch von der Einhaltung dieser Bestimmung dispensieren. Die Erörterung geschieht in drei Kongregationen. Endlich findet eine General Kon­gregation statt, die das Urteil fällt. Der Papst pflegt dasselbe anzuhören und sich den endgültigen Entscheid vorzuhehalten. Dieser erfolgt in Form eines päpstlichen Defretes, worauf noch eine zweite General- Kongregation sich mit der Frage beschäftigt, ob nun ohne Bedenken zur Publizierung der Seligsprechung geschritten werden könne. Jezt erst wird der Tag für den öffentlichen Aft festgesetzt.

Die Weitläufigkeit des Verfahrens, das das Schwergewicht auf den öffentlichen Ruf des zu Beatifizierenden legt, findet seine Er­flärung in dem Umstande, daß die Seligsprechung als auf das engste mit der kirchlichen Doktrin, der Frage der Rechtgläubigkeit zusammenhängend betrachtet wird. Soll später der Beatifizierte heilig gesprochen werden, so erfordert dies ein nochmaliges Verfahren Betreffs der inzwischen produzierten Wunder", über die ein neues Defret verfaßt werden muß. Ein eigens dazu bestellter Anwalt hat alle etwaigen Bedenken geltend zu machen, er führt daher den Namen advocatus diaboli, Advokat des Teufels.

Die Beatifikationsfeierlichkeit besteht in der Verlesung des über die Seligsprechung ausgestellten päpstlichen Breves, die in Anwesen­heit der Kardinäle und Konsultoren der Ritenfongregation, des Kardinal- Grzpriesters, der Kanoniker und Kleriler der vatikanischen Kirche in dieser letteren vollzogen wird; zugleich wird das verdeckt auf dem Altar liegende Bildnis des Seliggesprochenen enthüllt und dreimal beräuchert, worauf ein feierliches Hochamt folgt. Die Heiligsprechungen finden in der Basilika des Vatifans statt. Der Papst, die Kardinale, Bischöfe, Prälaten und die Beamten der Kurie wohnen der Feier bei. Nach ziveimal vergeblicher Aufforderung zur Kanonisation, die die Wichtigkeit des Attes symbolisieren soll, thut der Papst erst bei der dritten seinen Ausspruch, in dem er zur Ehre der heiligen Dreieinigkeit, zur Verherrlichung des fatholischen Glaubens und zur Förderung der chriftlichen Religion in der Ge­walt unsres Herrn Jesu Christi  , der heiligen Apostel Petrus   und Baulus und aus eigner Macht" erklärt und verordnet, daß der Selige in das Verzeichnis der Heiligen aufgenommen werden solle. In dem nachfolgenden Hochamt werden beim Offertorium noch cine Anzahl von Gaben dargebracht, denen man jegt eine ausschließlich finnbildliche Deutung unterlegt, die jedoch die ursprüngliche Bedeutung jenes Teiles der Messe noch dentlich erkennen lassen. So bringt der erste Kardinal zwei Wachskerzen, der erste Gesandte oder an seiner Stelle ein Kardinal eine Wachsterze und zwei lebende Turteltauben in vergoldetem Bauer dar. Der zweite Kardinal opfert zwei große Brote, das eine vergoldet, das andre versilbert; der zweite Gesandte oder statt feiner wieder ein Kardinal eine Wachsterze und zwei weiße Turteltauben in versilbertem Bauer. Der dritte Kardinal legt zwei Fäßchen Wein, das eine vergoldet, das andre versilbert, auf den Altar; der dritte Gesandte, bezw. ein Kardinal, eine Wachsterze, sowie ein buntbemaltes Bauer voll verschiedenartiger lebender Bögel.

In früheren Zeiten war die Feier der Kanonisation beträchtlich einfacher. Der Papst pflegte nach Abfingung eines Hymnus das Wort zu ergreifen, um die Heiligkeit des zu Kanonisierenden zu preisen und den Tag, an dem sein Gedächtnis begangen werden sollte, zu bestimmen. Dagegen wurde häufig der Leichnam des Kanonifierten erhoben und öffentlich zur Verehrung ausgestellt. Heute geschieht dies nicht mehr. Dafür pflegt die Kanonisations­Bulle das Leben des neuen Heiligen und den Prozeß der Heilig sprechung umständlich zu erzählen.

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H. Laufenberg.

Kleines feuilleton.

ot. Bei den Zanten. Na, Martha, endlich! Ich dachte schon, Du kämst wieder nicht."

Frau Emmy hatte selbst geöffnet, sie nahm die Cousine gleich am Arm und zog sie beinah stürmisch in den Korridor hinein.

Martha lachte:" Ich werde nicht kommen, wenn Tante Marie hier ist, so oft fährt doch die nicht von Tresden nach Berlin  ." " Nicht wahr? Und auf ihre alten Tage. Nun zieh Dich aber rasch aus, wir warten schon alle."

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Alle? Ja, hör mal, Du hast wohl große Gesellschaft?" Mit einem bestürzten Blid maß Martha die elegante Toilette ber jungen Frau, irisblaue Scide mit breitem Cremefpißenbesaß: " Du schriebst doch nur von einem Kleinen verwandtschaftlichen Kaffee." " Na weiter ist doch auch nichts. Tante Käthe ist da und Tante Liese mit ihrer Lotte, und Tante Hedwig und na und überhaupt

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Es blendete überhaupt alles hier; die weiße Tafel, das weiße Porzellan und die schweren Seidenkleider der Damen, die von Spizzen und Juwelen strohten. Und mitten in all dem blendenden Glanz stand Martha in ihrem schmucklosen Wollfleide, wie ein dunkler Kler. Tisch, nidte hier und gab da die Hand. Ach Tante Liese"" Lag Sie fam fich aber gar nicht flerig" vor. Sie trat an den Lotte" und trat dann zu der alten Dame auf dem Sopha: Tante Marie, wie ich mich freue, Dich einmal wiederzusehen.

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ihr Stiel- Lorgnon von oben bis unten. Du bist nicht gerade häßlich Also das ist Martha!" sagte die alte Dame und maß sie durch geworden. lang plöblich getünstelt. Mit hastigem Dank nahm sie die Kaffee­ Hübsch aber gerade auch nicht." Martha Tachte, aber ihr Lachen tape, die Emmy   ihr bot.

Buckerts waren alle nicht hübsch." Sie schlachtet nach ihrer Mutter," sagte Tante Hedwig, die

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Martha."

einem gravitätischen Nicken:" Na Deine Eltern sind nun auch tot, Gutmütige Durchschnittsgesichter," bestätigte Tante Marie mit " Jaivohl, Tante Marie, seit drei Jahren." Mariha   hielt die Augen gesenkt.

bemerkte Tante Hedwig zu Tante Marie. Es ist recht traurig, daß sie ihr nichts hinterlassen haben,"

" Gar nichts?" Tante Marie schlug die Hände zusammen. ,, Gott   Tante, was ich danach frage. Martha richtete sich auf: " Ich verdiene, was ich brauche, und überhaupt die schönen Bücher und Sammlungen, die Papa getauft hat und.

Jawohl, Bücher und Sammlungen Tante Liese nickte, sie lächelte mit heruntergezogenen Mundwinkeln: Gott, daß ein Lehrer nicht viel sparen kann, weiß man ja; aber dann noch Bücher und Zeichenmappen kaufen... da hätte er doch lieber das Geld binlegen sollen, dann hättest Du wenigstens tausend Mark gehabt, für die alten Scharteken bekommst Du das noch gar nicht mal wieder." " Will ich auch gar nicht. Was denkt Ihr denn? Die alten Scharteten sind mir unbezahlbar, wie kann ich die für meine Arbeiten und Studien gebrauchen." " Martha schreibt nämlich für Zeitungen," erzählte Emin, Ja sie verfaßt Schriften," sette Tante Hedwig hinzu. Ach was," sagte Tante Marie.

" Ich übersetze Englisch   und Französisch, Tante," erklärte Martha, und jetzt schreibe ich auch Kunstberichte.

" Da kommst Du wohl mit sehr vielen Herren zusammen?" fragte Tante Liese spibig.

" Ja, das ist wohl nicht zu vermeiden, Tante." In Marthas Augen blikte es ironisch.

" Ist Dir denn das nicht furchtbar genant? Da würde sich meine Lotte genieren."

"

Dann geniert sie sich wohl auch auf Bällen und Kränzchen?" Aber erlaub' mal, das ist doch ganz etwas andres, da bin ich doch dann auch immer dabei."

Das zu vergleichen," entrüstete sich Tanie Stäthe, nein Mariha  , Du hast wirklich Ansichten."

" Dies haben alle die, die Schriften verfassen," nidie Tante Hedwig.

" Du müßtest heiraten, Martha," entschied Tante Marie, Du müßtest wirklich heiraten."

" Run Tante, vielleicht macht es sich noch; ich habe aber vorläufig noch keine Lust."

,, und wohl auch keinen Mann dazu?" fragte Tante Liesens Lotte.

Ja, der war da gewesen," schrie Emmy  ; der lange Braus meister Beter hat sie haben wollen."

Aber Emmy  ," Martha fuhr auf. Die junge Frau ließ sich in deffen nicht beirren:" Gewiß hat er Dich haben wollen, Marthal ' n Mann mit Geld, der heut ne eigne Brauerei hat, und da jagt das dumme Schaf nein!"

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Aber Eminy, das gehört doch hier nicht her." Marthas Stimme zitterte. Ich hab Dir gesagt, daß ich ihn hochschäße, aber wir passen nicht zusammen."

Mit' nem Mann, der Geld hat, paßt man immer zusammen," warf Tante Käthe ein.

Und das war also wirklich ernsthaft?" Tante Marie schüttelte den Kopf: Das ist unverzeihlich, liebe Martha, tönnte man es nicht wieder zusammen bringen?"

Er nimmt Dich heute noch," rief Emmy  . Na, Martha, überlege, dann hast Du Deine Billa  , Deinen Wagen und schöne Toiletten."