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Das ,, billige Köln "

( Nachdruck verboten.)

und fein Karneval.

Bilder, die sich dann zeigen, würden Herren Roeren, wenn er fie in Berlin sähe, sehr verwertbares Material zur Kennzeichnung des fittlichen Niederganges liefern.

Wer sich an dem dreitägigen Maskentreiben auf der Straße und in den Wirtschaften bethätigen will, der bewaffne fich zunächst Der Karneval, der mit den Fasten der römischen Kirche in mit viel Geld, um den Beutelschneidereien der Kölner Wirte ges engem Zusammenhange steht, hat sich nur noch in fatholischen wachsen zu sein; dann mit verdoppeltem Trommelfell, um den Ländern erhalten. Er ist so recht das Fest der kleinbürgerlichen höllischen Lärm von hunderttausend Musik und sonstigen Marter­und fleinbäuerlichen Masse, deren Führer und Erzieher danach instrumenten zu ertragen; weiter mit einer Lunge, die das Zehna trachten, ihr Gefolge vor dem freien Geiste der Zeit zu bewahren fache des gewöhnlichen Staubes, Dunstes und Schweißes aushält, und in weiser Berechnung der menschlichen Bedürfnisse doch darauf und endlich mit einer Langmut, die die ärgsten Budringlichkeiten Bedacht nehmen, ihren Schüßlingen den Anteil ar den Freuden und Roheiten zufrieden hinnimmt, wofür er allerdings die Genugs dieses Lebens zu gewähren, nach denen auch der bescheidenste Mensch thuung hat, solche ebenfalls ausüben zu können, wofern er Freude mun einmal berlangt. Es ist deshalb kein Wunder, wenn im daran hat. katholischen Köln , wo das fleinbürgerliche, geistig sehr bescheidene Element noch eine große Rolle spielt, der Karneval fich in be­deutendem Umfange erhalten hat. Dazu kommt, daß der Kölner als Bewohner einer alten Handelsstadt von jeher ein geschäftlich reger Kopf war, der seinen Vorteil auch an Kleinigkeiten zu wahren weiß; sein Händlergeist hat sich des Karnevals bemächtigt und ihn zu einem Geschäftsunternehmen umgestaltet, von dem zahlreiche Kreise ihren Nuzen ziehen. Gleich nach Weihnachten ändern die Schau­fenster in den Geschäftsstraßen ihr Gesicht; wo bisher Kinder­spielzeug und allerhand Geschentivert auslag, da sind jeßt Karnevalkostüme, Masken und sonstiges närrisches Gerät zu sehen, und ein Gang durch die Kölner Geschäftsstraßen zwischen Neujahr und Fastnacht läßt erkennen, welche Rolle der Karneval für das wirt schaftliche Leben der rheinischen Metropole spielt.

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Als hervorragende Interessenten des Karnevals kommen vor allen Dingen die Wirte, die Hotel- und Saalbesitzer, weiter die Bierbrauer und Weinfabrikanten in Betracht. Wer es nicht anders weiß, der glaubt, daß eine Karnevalsgesellschaft sich deshalb bildet, weil eine größere oder geringere Zahl lustiger Leute das Bedürfnis hat, den Karnevalshumor zu pflegen und sich und andre zu amüsieren. Unsinn! Eine Karnevalsgesellschaft bildet sich, weil ein Wirt seinen Saal verwerten, ein Bierbrauer oder ein Bein­händler sein Getränk verkaufen will. Ein Präsident ist für die Ge­sellschaft bald gefunden, denn die Tradition bringt es mit sich, daß in Köln unter drei Personen mindestens einer ist, der das Zeug und für gutes Geld bezahlt sind diese Leute alle!- auch die Lust hat, die Leitung einer Karnevalsgesellschaft zu übernehmen; auch die übrigen Häupter, der kleine Rat", die als Lieferanten oder sonstwie an dem Unternehmen beteiligt werden, sind bald ge­wonnen; für die Reklame sorgt die durch Inserate gespeiste Orts­preffe und die Karnevalsgesellschaft ist fertig! Wer als Fremder die Sigung einer dieser Gesellschaften besucht, der wird entzückt sein über dieses in uneigennütziger Freude versammelte Völkchen, das sich da ungezwungen vereint, um im Sprudel rheinischen Humors die bekümmerte Menschheit zu erheitern. Aber in Wirklichkeit ist nicht der Humor, sondern der Profit die Triebfeder, denn alles ist bezahlte Arbeit; vom Präsidenten bis zum Thürhüter, der Nedner, der Liederdichter jeder hat seinen Vertrag oder seinen Tarif in der Tasche, ist der baren Zahlung sicher, oder hat doch die Gewißheit, daß sich seine Mitwirkung am" herrlichen vaterstädtischen Feste" in irgend einer Weise bezahlt macht.

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Aber der Karneval hat noch andre Gönner: diejenigen, die die geistige Versimpelung, selbst wenn sie eine Verschlimmerung sittlicher Zustände herbeiführt, als Gegenwirkung gegen die Aufklärung und Selbständigkeit der Massen zu schäßen wissen. Die städtischen und staat­lichen Behörden wie die bürgerlichen politischen Parteien in Köln pflegen den Karneval aufs das sorgsamste. Der Oberbürgermeister erscheint mit Beigeordneten und Stadtvätern in den Sizungen der großen Gesellschaften, er lacht, scherzt und schunkelt mit seinen närrischen Kölnern um die Wette, denn er weiß: bellende Hunde und lachende Narren beißen nicht. Auch die Offiziere nehmen an den Sibungen teil, manchmal erscheint auch ein Prinzlein mit einer Suite feudaler Boruffen aus Bonn und dann entwickelt sich unter den freien deutschen Männern" am freien deutschen Rhein " eine Liebedienerei und Winselei, deren sich der verächtlichste Byzantiner schämen würde. Die Zeiten sind vorbei, wo in den Sizungen der Karnevalsgesellschaften auch die politische Satire blühte; das Bürgertum ist patriotisch bis auf die Knochen, sein " Wiz" ergeht sich in Zweideutigkeiten, und wo das öffentliche Gebiet betreten wird, geschieht das mit allem Respekt, der den fast stets anwesenden Gästen von Rang und Stand zukommt. Köln , das in Breußen liegt, unterscheidet sich dadurch wesentlich von Mainz , wo man in den Sibungen der Gesellschaften wenigstens noch ein mann­haft wikiges Wort zu hören bekommt, während die Kölner Gesell­schaften nichts sind, als närrische Kriegervereine.

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Ohne Zweifel fann man am Kölner Karneval Gefallen finden, man muß nur bescheiden in seinen Ansprüchen und geduldig im Ers tragen von allerhand Albernheiten und Widrigkeiten sein. Vor allen Dingen darf man, wenn man sich in den Strudel hineinstürzt, nicht darüber nachdenken, was danach kommt. Den Karneval muß man als Narr unter Narren, nicht aber als socialer Sittenforscher ges nießen, sonst dürfte man Grausen empfinden vor seinen Nach wirkungen, von denen das Leihhaus, das Hospital und der Gerichts faal, im weiteren dann der beschämend niedrige Stand des politischen und geistigen Lebens in der rheinischen Hauptstadt Zeugnis ablegen. Man hat vor Jahren mal darüber gestritten, wann ein neues Jahrhundert anfängt. Die Lösung dieser Frage ist ein Kinderspiel gegenüber der Frage: wann in Köln der Karneval anfängt. Der Kölner redet von einem Fastnachtssonntag, Fastnachtsmontag und Fastnachtsdienstag; diese drei Tage bezeichnen den Höhepunkt und zugleich den Abschluß des Karnevals; fie sind freigegeben für die öffentlichen Maskeraden und Umzüge. Aber schon am Donnerstag vor dem Fastnachtssonntag beginnt mit der sogenannten Weiber­fastnacht in den Wirtshäusern und Straßen das Karnevalstreiben, allerdings noch ohne Masken, und Sonnabendabend ist Köln schon mitten drin im vollen Karnevalsrummel; dazu kommt, daß der Aschermittwoch noch als Nachfeier ausgenutzt wird, so daß also der eigentliche Karneval sich über eine volle Woche erstreckt. Aber das ist nicht der ganze Karneval. Mit dem ersten Tage des neuen Jahres beginnen die zahlreichen Gesellschaften ihre Sibungen, bes ginnen die Maskenbälle und sonstigen farnevalistischen Vers anstaltungen, und wenn man bedenkt, daß alles das seine Vor­bereitungen und Nachwirkungen mit sich bringt, so begreift man die traurige Thatsache, daß in Köln für viele Leute der Karneval über­haupt nicht aufhört, daß der richtige Kölner im Kater des vera Sei dem flossenen Karnevals bereits wieder an den nächsten denkt. nun wie es wolle: es steht fest, daß die sieben bis zehnwöchige Karnevalsperiode ihren Einfluß weit über ihre eigentliche Dauer erstreckt; den Tiefstand des politischen und geistigen Lebens in Köln darf man zum guten Teil getroft auf das Conto des Karnevals sehen.

Herr Roeren forscht mit den Seinen unterdes nach anstößigen Bildern und Schriften; er würde es auch schön von den ultra­montanen Wirten und Krämern zu hören friegen, wenn er es wagte, ihnen den einträglichen Karneval zu stören. Und dann macht die mit der Schweinerei ja ganz verträgliche Frömmigkeit ja vieles wieder gut. Wandert man in Köln während der Tage zwischen Neujahr und Fastnacht früh morgens durch die Straßen der Stadt, dann sieht man übernächtige Gestalten männlichen und weiblichen Geschlechts, in phantastische Gewänder gehüllt, vom Balle nach Hause wanken, während zur selben Stunde die Glocken zur Messe rufen und gläubige Seelen zur Kirche wallen nach Aschermittwoch wandeln auch die Kinder der Welt wieder den 28eg der Gerechten . Die christliche Frömmigkeit hat sich zu allen Zeiten und an allen Orten mit der Narrheit und dem Leichtsinn vertragen.

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Kleines Feuilleton.

em.

und

ie. Rauchschaden und Rauchverschwendung. Die Einsicht, daß die ungenügende Verbrennung der Kohle, wie sie in allen Verhält­niffen, von der Heizung in unfren Wohnzimmern an bis zu der unter den Dampffesseln in Fabriken, geschieht, nicht nur eine höchst unangenehme Verunreinigung der Luft herbeiführt, sondern auch eine große Verschwendung an Brennstoff bedeutet, hat zu unzähligen Erfindungen Anlaß gegeben. Die Rauchverzehrung, von der gewöhnlich in diesem Zusammenhang gesprochen wird, aber noch immer nicht in tadelloser Vollendung erreicht worden, so daß die Unterdrückung des Rauchschadens selbst Die Blüte des Kölner Karnevals, der Rosenmontagszug, ist ein in den Großstädten, wo man am stärksten darauf hin Ausstattungsstück, das immer prächtiger hergerichtet wird, weil immer zuwirken versucht hat, noch immer eine unvollkommene ges mehr Leute daran verdienen wollen, das dafür auch immer mehr an blieben ist. John Primrose hat neulich in Glasgow diese Frage Wiz einbüßt, denn am Wiz ist nichts zu verdienen. Die lange besprochen und eine wichtige Mitteilung über ein neues Verfahren Reihe von Wagen giebt sich als eine Sammlung riesenhaft aus zur Erzielung einer vollständigen Verbrennung der Kohle gemacht. gestatteter, möglichst alberner Rebusse, zu deren Verständnis ein Primrose hatte in seinen Fabriken viele der früheren Erfindungen umfangreiches Vorstudium gehört, das sich aber auf keinen Fall versucht, um dem Rauchschaden Einhalt zu thun. In letzter Zeit lohnt. Die großen Mastenfeste in den Hauptsälen der Stadt, machte er die Probe mit einem Ofen, der nicht nur die Rauch namentlich im alten Gürzenich, haben gewiß ihren Reiz. In dem entwicklung zu verhüten scheint, sondern auch eine ganz erheb übermütigen, bunten Treiben, das den alten Bau bis in seine ver- lich größere Ausnutzung des Brennmaterials gestattet. Von lorensten Ecken füllt, kann man sich's schon einige Stunden wohl sein der Erfindung selbst fagte Primrose nur soviel, daß die laffen; aber in vorgerüdter Stunde, wenn die Karnevalsbestie ent- Verbrennung in einer von einem Wassermantel umgebenen feffelt ist, dann wendet sich der anständige Gast mit Graufen! Die Kammer, abgesondert vom Kessel, vorgenommen wird und daß nur