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bisher nicht ganz aufgeklärt war, bis auf den Grund, nachdem der jenigen, welche Halbtot gewesen, durch Anhauchen wieder lebendig bekannte bayrische Publizist und Politifer A. Memminger das ganze gemacht. Ihre schwarze Rage habe gesagt: Es kommt jemand", urkundliche Material*) ausgegraben und zu einer unfrer interessanten oder Es ist jemand draus". Die Mäusegeschichte macht den Wahn­fulturgeschichtlichen Studie verarbeitet hat, bei deren Leftüre man finn der Ronne ganz offenkundig. Nicht aber für das geistliche fich staunend fragen möchte, wie solch ein Höllenbrueghel von Aus- Gericht, mit vielleicht einer Ausnahme. Es beschließt, der Gerechtig geburten   des Narrenhauses noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts, feit" freien Lauf zu lassen und bloß die Here der Gnade des Fürst­im Zeitalter der Aufklärung dem civilisierten Europa   vorgeführt bischofs und des weltlichen Gerichts zu empfehlen. werden konnte: wenn man nicht bedächte, daß in diesen Anfängen Dem Fürstbischof es war gerade ein neugebackener, Karl des 20. Jahrhunderts erst kurze Zeit verflossen ist, seit der Teufel Philipp Graf von Greiffenelau muß bei der ganzen Sache nicht Bitron und seine Schwanzhaare Furore machten und Gläubige übermäßig wohl zu Mute gewesen sein. Er holte nämlich im fanden. Mai 1749 ein Gutachten der Würzburger   theologischen Fakultät ein, Die unglückliche Maria Renata Singer   von Moffau war Sub- die aus lauter Jesuiten   bestand. Die Herren Professoren bejahten priorin des Prämonstratenfer- Nonnentlofters Unterzell bei Würzburg   die Frage: Können bei einer Besessenheit die bösen Geister zu der und seit fünfzig Jahren Insaffin des Klosters, als sie im Jahre 1749 Aussage gezwungen werden, ob die Besessenheit ein Teufelswerk als siebzigjährige, körperlich und geistig gebrochene Greifin von sei"? verneinten nicht die Frage: Können die bösen Geister durch ihrem schrecklichen Geschick ereilt wurde. Es war schon seit Jahren Beschwörungen zu der Aussage gezwungen werden, durch welche in Unterzell nicht richtig. Im Jahre 1746 war die junge Nonne Zauberer oder Hegen eine solche Beseffenheit veranlaßt wurde?", Maria Cäcilia von Pistorini, die thatsächlich an Fallsucht und Hysterie sondern erklärten bloß die Angeberei dritter Personen für gefährlich. litt, durch den Klosterprovifor Pater Siard in sachverständige Be- und zum dritten gaben sie auf die Frage, welcher Glaube handlung genommen. Der gute Mann glaubte, sie sei von einem den durch die Beschwörungen bearbeiteten bösen Geistern beigemessen Teufel besessen, und versuchte den Dämon aus ihr heraus zu be- werden könne, wenn die Aussagen beständig gleich lauten, die weife schwören, nach seiner voreiligen Meinung mit gutem Erfolg. Die Antwort, daß man einigen Glauben an solche Aussagen nicht ab Bistorini war aber nachher wieder mit dabei, als im Jahre 1748 weisen dürfe. Zum Schluß erklären sie mit einem Satz des Jesuiten  der große Teufelsfput in Unterzell losging. Es war eine ganz Lessius: Wenn der böse Geist die verborgenen Zauberer oder deren frankhafte Gesellschaft, die in dem Kloster unter für Verbrechen offenbart, so ist das Bekenntnis nicht rundweg zu ver­Geist wie Körper gleich nachteiligen Existenzbedingungen werfen, weil bei schweren Verbrechen keine Indicien geringschäzig zusammengesperrt war. Mindestens ein halbes Dutzend unter behandelt werden dürfen; weshalb der Richter durch den Sinn einer den Nonnen war teils geradezu verrückt, teils wenigstens im aller- folchen Angeberei heimlich für sich ohne Bedenken eine Belehrung höchsten Maße hysterisch. Sie hatten die abenteuerlichsten Wahn- schöpfen kann, so daß er gewichtigere Indicien daraus ableiten vorstellungen und Marotten und tobten schließlich nach einem kann."

gangbaren Ausdruck wie beseffen". Ihre geistlichen Berater hatten Nach diesem Hohn der Gottesgelahrten auf Vernunft und gar feinen Zweifel, daß fie wirklich besessen feien, gingen wieder Wissenschaft bekamen nun die Juristen das Wort. Das Blut­mit Exorcisieren an die Arbeit und suchten herauszubringen, woher gericht ging einfach nach den Vorschriften der Carolina zu Werke. die bösen Geister kämen. Und es war bald heraus, wer als Urheberin Es fand die Verbrechen der Maria Renata   durch ihr eignes Ge des ganzen Unheils anzusehen sei: Niemand anders als die Subpriorin ständnis und die Aussagen ihrer Mitschwestern vollständig bewiesen des Klosters, die ihrer Strenge wegen bei den geistlichen Schwestern und verurteilte daher die Angeklagte am 18. Juni 1749 zum Scheiter­und ihrer Sparsamkeit und Selbständigkeit wegen bei den Patres, die Haufen. Aus besonderer Milde ward die Sentenz dahin geändert, amtlich in dem Nonnenkloster zu thun hatten, vor allem dem Probst daß die Here erst geköpft, ihr Leichnam verbrannt werden soll. Und des benachbarten und vorgesetzten Mönchsklosters Oberzell nichts in dieser Weise geschah am folgenden Tage der Justizmord. Das weniger als beliebt war. Von den Besessenen und deren Dämonen Schlachtopfer wurde hingetragen. Ein gleichzeitiger Bericht erzählt einstimmig der Hegerei beschuldigt und auch sonst sehr stark belastet, erbaulich, wie der Kizinger Scharfrichter das Schwert entblößt und jay Maria Renata   bald hinter Schloß und Riegel. An ihrer Schuld mit einer so ausnehmenden Geschicklichkeit den Kopf abgehauen, daß tonnte gar kein Zweifel sein, denn fie leugnete ja gar nicht, fondern alle Umstehenden das vollkommenfte Vergnügen über diesen so geftand ihren Bund mit dem Teufel und ihr ganzes Treiben offen glücklichen Vollzug haben verspüren lassen." Der Kopf war zum ein: sie war nämlich selber durch das Narrenhaustreiben um sie her warnenden Exempel auf einen Pfahl gesteckt, während der Rumpf angestedt; ihre nachherigen Aussagen find so treuzkonfus, daß sie auf den Scheiterhaufen geworfen wurde. ohne weiteres irren Geistes erklärt werden muß. Ihrem Bekenntnis war außerdem mit sehr schlagenden Gründen nachgeholfen worden. Bei ihrer Einsperrung hatte man sie, um ein Geständnis zu er pressen, mit unbarmherzigen Schlägen bedacht, besonders hatte der Pater Siard ihr unter Faustschlägen ins Gesicht ge­fagt: Canaille, willst Du nicht gestehen?" Sie hat nachher, wie urkundlich feststeht, erklärt, daß sie ein weit mehreres als fie auf sich gehabt, aus alleiniger Forcht der etwa zu gewardenten ( gewärtigenden) Schlägen bekennet und eingestanden habe". Es ist das weiter nicht bemerkenswert; denn das Gesez erlaubte ja An­wendung der Folter zur Ueberführung mutmaßlicher Heren.

An Ort und Stelle hielt der Jesuit Gaar als sogenannter Galgen­pater eine Predigt, die unter Berufung auf einschlägige Bibelstellen haarscharf bewies, daß alles nach Gottes Wort und von Rechts wegen vor sich gegangen fei. Er ristierte auch eine Vermutung, warum Gott  die ganze Sache habe geschehen lassen, und da scheint ihm die Haupt­fache: wegen denen Ungläubigen. Diese müssen aus dermahliger Begebenheit unwidersprechlich erkennen, daß auf der Welt seien Heren und Zauberer, mithin auch Tenfel, von welchen fie ihre Künste erlernen. Gehet hin, ihr Atheisten, nach Unterzell, um jene Ordenspersonen, welche Maria Renata   bezaubert, an­zuhören. Was gilts, ihr werdet gestehen, daß in diesen Aus den Protokollen der Vorvernehmung und des Hauptverhörs Menschen etwas mehr als ein Mensch verborgen sei. Weilen vor dem geistlichen Inquisitionsgericht seien nur einige von den aber die einheimische Feind oder Geister in denen Besessenen auf die verrüdtesten Sachen hervorgehoben, die da ganz ernstlich als töd- Kirchenbeschwörungen gedemütigt, endlich auch ausgetrieben werden, liches Belastungsmaterial aufgezeichnet sind. Die altersschwache so müssen wir daraus schließen, daß sie einem weit mächtigeren Greifin, die so gebrechlich ist, daß fie auf einem Seffel zum Geist, nemblich Gott, welchen die Kirch anruft, unterworfen feien: Verhör hingetragen werden muß, sagt aus, der Teufel fei alle Psalm 33, Vers 8, merkt es doch, ihr Unweise unter dem Volt, und Montage zu ihr gekommen, um mit ihr zu buhlen; das werdet einmal wißig, ihr Narren." müßte ein dummer Teufel gewesen sein! Die Inquirenten aber gehen der Sache bis in unsägliche Einzelheiten nach. Klar ist danach, daß die Angeklagte auch nächtlicher Weile zum Heren­tanzplay geritten ist. Daß sie ihren Schilderungen dieser Luftbar­feiten und jenes Umgangs mit dem Teufel wiederholt hinzufügt, sie glaube, daß es mehr im Traum geschehen, sie hätte im Schlaf mit dem Teufel gefündigt, aber nicht wachend, ist natürlich ganz un erheblich. So werden auch ihre und der Besessenen Aussagen, wonach sie die Mitschwestern und auch Mönche verhert hat, so daß sogar mehrere gestorben, für bare Münze, nicht für leere Träume und verrückte Hirngespinste von Tollhäuslern genommen. Das non plus ultra find die Stellen der Protokolle, wo davon die Rede ist, wie dann ihr lasterhaftes Leben entdeckt worden". Die Aermste schiebt es auf die Kazen. Das Kloster sei nämlich so voll Mäuse und Ratten gewesen, daß es jeder Nonne erlaubt worden sei, sich eine Katze zu halten, um unter dem Ungeziefer aufzuräumen. Sie selber hat sogar drei gehalten. Diese drei Kazzen aber wären drei Teufel gewesen, welche geredet sowohl in ihrem Zimmer als in dem Klostergang, die Nonnen hätten abends und in der Nacht solches gehört und darauf acht gehabt, und wäre eine große Furcht im Kloster gewesen, da solches Reden eine Nonne der andern gefagt und geklaget, so haben sie es dem Probst ans gezeiget, daß meine drei Kazen redeten." Auf die Frage, ob sie Mäuse gemacht habe, erwidert Maria Renata  , sie habe bloß die­

") Das verherte Kloster. Nach den Aften dargestellt von A. Memminger, Redakteur und Abgeordneter. 1904. Memmingers Verlaasanstalt, Würzburg  . Preis M. 2,50.

Diesmal hatte sich die Jesuitenschlanheit aber verrechnet. An statt als ein neuer Beweis für die Größe und Wahrheit der fatho­lischen Kirche und Lehre angesehen zu werden, lieferte das Verfahren gegen Maria Renata   den ungläubigen Feinden der Alleinselig­machenden Wasser auf die Mühlen. Ueberall in der civilisierten Welt erhob sich über den Würzburger Herenbrand ein Schrei der Eutrüstung, in den sogar ein paar katholische Geistliche einstimmten, Das einhellige Urteil der aufgeklärten öffentlichen Meinung blieb denn doch, wie das Urkundenmaterial zeigt, nicht ohne Eindruck auf den Fürstbischof und seine pfäffische Umgebung. Es schreckte sie von einer Wiederholung der Prozedur ab. Diese wäre sonst bloß folge­richtig gewesen. Die berrüdten Nonnen von Unterzell blieben nämlich auch nach dem Tode der Subpriorin behert und gaben nun weitere Personen als der Bauberei schuldig an. Aber man hatte genug und ließ nun endlich die Aerzte in ihr Recht treten. Maria Renata   blieb also das letzte Opfer, das der Herenwahn in Franken gefordert hat.- A. Conradh.

Kleines feuilleton.

ur. Himbeeren und Brombeeren. Es giebt eine Pflanzens gattung, die nennen die Botaniker mit dem lateinischen Fach­ausdruce Rubus  . Das ist eine der formenreichsten Sippen, die wir tennen, und es giebt Forscher, die sich nur allein mit ihr beschäftigen. Da existieren Hunderte von Arten, und außerdem vermehren die