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besondere Beachtung. So dürfte z. B. innerhalb der fortwährenden| vollen einen leeren Teller hin, und als Edison erwachte und den Not an guten Lenoren ein Gastspiel willkommen sein, das neulich im leeren Teller vor sich fah, rieb er sich die Augen, begriff nichts und Theater des Westens der Tenorist Christian Hansen fagte schließlich: Saprifti, bin ich zerstreut! Ich habe gegeffen- und begann. Er besibt eine wirkliche, nicht nur scheinbare Tenorstimme erinnere mich dessen nicht mehr!" Bekannt ist die Geschichte von von hohem, lhrischem Klang und ist auch so weit geschult, daß Einzel- Newton, der sich ein Ei zum Frühstück tochen wollte. Als das heiten, wie z. B. Ungleichmäßigkeiten im Ausspinnen hoher Töne, Mädchen in fein Bimmer trat, fand es den in Nachdenken ver wohl mit der Zeit nachgeholt werden können. Dramatisches Spiel sunkenen Herrn mit dem Ei in der Hand, das er aufmerksam be fehlt ihm aber noch sehr. Es handelte sich damals um den" Postillon trachtete, während in der Kasserolle, in der das Waffer tochte, seine bon Lonjumeau". Dieses einigermaßen wirklich musikalische Scherz- Uhr lag. Ein andrer Denter, dessen Name verschwiegen wird, ging spiel wurde an jenem Theater besser gesungen, als sonst dort gesungen eines Tages auf der Straße, ohne aufzusehen. ohne aufzusehen. Er stieß eine Dame, in dem Glauben, zu werden pflegt. Dazu half nicht nur der oft gerühmte Herr Emil an daß es ein Hund Stammer mit; auch Jenny Fischer machte ihre gesangs- sei, rief er: Aus meinem Weg, dummes Vieh!" Als er technisch reiche Rolle gut. Allerdings können wir nur über einen Teil seinen Frrtum bemerkte, entschuldigte er sich vielmals. Ein Stück der Aufführung berichten. Der Ruf zum Anhören derselben fam uns weiter wollte er die Straße überschreiten, in deren Mitte eine Kuh so spät zu, daß nur die schleunigste Eile noch einen Bruchteil fürs stand; diesmal glaubte er, es mit einer Dame zu thun zu haben. Anhören retten konnte. Da wir neulich schon die Schwierigkeiten Er blieb also stehen, zog den Hut und sagte mit liebenswürdigem berührt haben, die es hier für Menschen und Kritiker giebt, so darf Lächeln zu der Kuh: Ich bitte tausendmal um Verzeihung, gnädige auch wohl diese Kleinigkeit als ein Beispiel für viele erwähnt Frau, erlauben Sie, daß ich über die Straße gehe." Ein ähnliches werden. Abenteuer erzählt man sich von dem Walzerkomponisten Metra. Zwei Wochen nach seiner Hochzeit mit einer amerikanischen Sängerin besuchte sein Freund Arsène Houssahe, der als Zeuge bei der Hochzeit gewesen war, das junge Paar in seinem Hause in der Avenue Wagram. Er fand die junge Frau flagend und ganz in Thränen aufgelöst. Sie erzählte ihm, daß ihr Mann am Abend vorher ohne Hut heruntergegangen wäre, um eine Zeitung zu kaufen und nicht zurückgekommen sei, Wo war er? War ihm ein Unglück zugestoßen? Was sollte sie thun? Die Tage vergingen Zugleich mit dem Genannten Konzentrierte die anscheinend und eine Woche später traf Housfaye zufällig in einem Dmnibus metra." Du bist ja ein netter Ehemann, jagte er zu ihm. bereits beliebte Sopranistin Theodora Salicath. Ihre Hoffentlich hast Du Deine Frau wieder aufgesucht?" Unmög Stimme ist etwas scharf und nicht immer ganz rein, wohl aber reichlich, lieber Freund, dente Dir, ich kann mich nicht befinnen, wo ich an Klangfarben, an Nuancen der Stärke und an energischem wohne. Seit einer Woche fuche ich vergeblich meine Wohnung und Nicht übergehen möchten wir einen Anfänger, Herrn Raoul ich bin schon ganz verzweifelt." Dft ist es Geistlichen passiert, in ihrer Predigt Worte zu gebrauchen, die nichts weniger Stromfeld, der so viel ernstes Streben und Können zeigte, daß als heilig waren. So traf einmal ein englischer Prediger, wir über seine mannigfachen Unvollkommenheiten hinaus auf eine als er sich zu seiner Kirche begab, unterwegs eine Fisch gute Zukunft für ihn hoffen können. Von dem, was aus den Mängeln händlerin, die ausrief: Wer fauft schöne Karpfen, ganz und Vorzügen feines Gefanges in weiteren Streifen interessieren frisch? Sie find lebendig, lebendig! U- u- u!" dürfte, erwähnen wir nur die Erscheinung, daß der Sänger von einer anfänglichen Befangenheit an gegen Ende des Konzerts hin in seinen Leistungen beträchtlich vorwärts schritt. Es ist interessant zu hören, wie in einem solchen Fall die Klänge anfangs boll von Ge­räuschen sind und sich dann über diese hinaus immer reiner erheben.

Manche nicht üble Gesangsstimme ist uns in den letzten Tagen noch untergekommen. Sc der Tenor Rudolf Scheffler, mit einer gut tenorigen, zarten, hübschen Stimme, die, abgesehen von einigen Einklemmungen der Töne, nicht wesentlich berbildet ist, aber für schiverere Aufgaben noch lange nicht zureicht, besonders infolge einer Armut an Klangfarben und ähnlicher Langweiligkeiten. In der Weiterbildung dieser Stimme werden hoffentlich auch die Kon­sonanten nicht vergessen.

Ausdruck.

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Als er nun

seine Predigt begann, sammelte er sich und sagte: Sehr geliebte Brüder, wenn der Sünder seinen Fehlern, Satan und der Eitelkeit der Welt entfagt, kann er sicher sein: seine Seele wird gerette werden und bleibt lebendig, lebendig! U- u- u!" Diese letzter Worte sprach er mit der Intonation, wie die Fischweiber sie an­Auch im Theater tommt oft ein plötzliches des Gedächtnisses und Geistesabwesenheit bor. Bernhardt   betritt daher nie die Bühne, ohne sich das Stück genau anzusehen, selbst wenn sie die Kamelien­dame spielt. Madame Patrick Campbell, die große englische   Schau spielerin, hat auch dieses plötzliche Stocken des Gedächtnisses erfahren müssen. Vor etwa zehn Jahren betrat sie einmal die Bühne, und als sie ihre Antwort geben mußte, war sie wie von einer Lähmung betroffen: sie wußte ihre Rolle nicht mehr, eine Rolle, die sie über dreihundert mal gespielt hatte; sie wußte nichts, absolut gar nichts mehr. Diese Gedächtnisstockung dauerte mehrere Minuten; sie wußte jedoch ihr Publikum durch eine so dramatische und schmerzvolle Mimit zu fesseln, daß man nichts bemerkte; aber der Seelenzustand der Schauspielerin während dieses Anfalls war schrecklich.

Schade, daß die sonst sympathische Stimme der Sopranistin wenden. Rosa Halpern allzu flimmernd und zitterig ist und manche Bersagen selbst leicht herauszubringende Vokale zu sehr zerdrückt, als daß wir Sarah an ihre Leistungen anders als mit dem Wunsche nach einer gründ­lichen Weiterbildung zurückdenken möchten, die aber in diesem Fall ebenfalls der Mühe wert sein dürfte. Mit der Genannten zusammen konzertierte ein Violinmeister, der bereits längst zu den bestbekannten zählt: Franz Ondricet. Vielleicht ist gerade der Umstand, daß der Künstler in eine frühere Zeit zurückreicht, der Grund davon, daß wir hier einem energisch gestaltenden Spieler begegnen, von so festen und reichen Accenten, wie wir sie für gewöhnlich nicht zu hören pflegen. Wir meinen damit nicht nur Sarafate. Wohl aber dürfen wir uns einmal erlauben, Musik als dasjenige zu definieren, was jenseits des Sarasate   beginnt und diesseits des Joachim noch immer nicht zu Ende ist. Der eben genannte Meister gab neulich zusammen mit Eugen d'Albert   ein Sonaten- Konzert, in welchem wir wiederum die überaus reiche, aber bereits gar zu minutiös feine Welt bewundern konnten, die Joachims Eigen ist. Ob es sich da um ein Einschrumpfen früherer Größe durch das Alter, oder vielleicht um einen allmählich veränderten Maßstab des Hörers handelt? Jedenfalls haben wir hier allerwahrhafteste Musik bor uns; und bei der allgemein herrschenden Verwirrung darüber, was künstlerische und was andre Musik ist, können wir nur wünschen, daß Meister Joachim häufiger zu hören wäre, als in den etwas ertlufiveren Konzerten, in denen er meistens spielt. Dagegen möchten wir nicht raten, den großen Saal der Philharmonie für solche feinste Vorführungen zu benußen; in diesen weiten Räumen fann eine folche Leistung geradezu überhört werden.

Kleines Feuilleton.

SZ.

c. Die Zücken des Gedächtnisses. Das Gedächtnis ist, wie Montaigne   gesagt hat, der Behälter des Wissens. Es spielt uns in deffen oft genug die merkwürdigsten Streiche, die sehr komplizierte Phänomene sind und die zu erklären sehr schwierig ist; oft ver­wandeln sie uns in Don Quixotes, die eine fire Jdee zwingt, gegen nicht bestehende Windmühlen zu kämpfen... Ein Mitarbeiter des " Globe" illustriert dies an einigen Beispielen. Edison, der ein ganz borzügliches Gedächtnis haben soll, leidet oft geradezu an Geistes­abwesenheit. Als er eines Tages mehrere Stunden lang über ein physikalisches Problem nachgedacht hatte, begab er sich mit seinem Assistenten ins Eßzimmer und setzte sich zu Tisch. Nachdem er fich bedient hatte, dachte er wieder über das Problem nach, ließ den Kopf auf die Brust fallen und verfiel in Schlaf ohne gegessen zu haben. Inzwischen stellte der Assistent statt des

Bratenduft und Silberklang. Der Kölnischen Zeitung  " wird geschrieben: Unter verschiedenen Einkleidungen wird folgende Ge­schichte überliefert: Ein armer Schlucker fauert sich an das Fenster eines Garkochs und zieht, um sein trockenes Brot zu würzen, wäh rend des Kauens mit geblähten Nüstern den Duft ein, der von den lieblich zischenden und brodelnden Töpfen und Pfannen aufsteigt. Der geizige Garkoch behauptet, der Baungast begehe, indem er den Bratenduft einfange, einen Diebstahl, und verklagt ihn. Der Richter läßt ein Silberstück auf dem Tische tanzen und fällt den Spruch, der Koch sei durch den Klang des Geldes für den Geruch seines Bratens bezahlt. Rabelais  , für lodende Küchendüfte sehr empfänglich, hat die artige Geschichte dramatisch dargestellt; sie spielt vor der Garlüche des Petit- Châtelet und die Stelle des Richters vertritt ein auf gut Glück zur Entscheidung des Streites gewählter Spaßmacher, der die Münze genau untersucht, ehe ihr Klang den verblüfften Koch bezahlt. Die Revue des études rabelaisiennes" teilt über den Ursprung der Anekdote folgendes mit: Schon vor dem Erscheinen des Bantagruels erzählte man sie in Frankreich  ; das salomonische Urteil wird Guillaume de Tignonville   zugeschrieben, der von 1401-1408 Ober­richter von Paris   war. Der Vorgang soll sich in der Rue St. Martin abgespielt haben, und der Geruchdieb, den Rabelais   einen faquin, Sert, Salunken nennt, soll ein Schusterbube namens Facin gewesen sein. Weit vor dem 15. Jahrhundet aber wird die Geschichte im Novellino, einer von Boccaccios Decameron in den Jahren 1280 bis 1290 ver­öffentlichten italienischen Novellensammlung erzählt, sie ist hier nach Alexandria   unter die Türken verlegt. Die Novellensammlung enthielt feine Driginaldichtungen, sondern Poesien aus zweiter Hand; die Spuren des Bratenduftes lassen sich bis zu den Legenden der Tumulen, einer vorderindischen Raffe, von der wir eine ausgezeichnete Litteratur besitzen, und der Khmer, eines der bedeutendsten Völker Hinterindiens, verfolgen. Die Kleine Anekdote ist also eine altehro würdige Reliquie, die vor vielen Jahrhunderten vom fernen Asien  nach Europa   gewandert ist.-