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fintt Ihr nieder, um den fleinen seidenen Schuh der Erwählten zu) tüssen das anmutige, feine Kunstwerk stammt aus einer Höhle der Heimarbeit, in der fast ein Duzend menschlicher Ge­schöpfe hausen, arbeiten, tochen, schlafen, wo schon die Gefichter der Kinder zu alten, ernsten Larven erstarrt sind, die nie ein Lachen erhellt. Die duftenden Frauenhaare, die unfre Lyriker theoretisch besingen und unsre Lieutenants praktisch genießen, lösen sich unter der Kosenden Händen, die Nadeln, die sie festhielten, fallen herab diese Nadeln legten sauber in Papierhüllen ver­hungernde Arbeitssträflinge, und für 1000 Pakete zu je 20 Nadeln erhielten fie 60 Pfennig.

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dia man

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" Ja, aber' s is doch noch so talt, da kann Lenchen nich per Taille geh'n, da muß sie noch' n Jackett haben. Ich nehm' aber gar kein's, ich nehm' ihr bloß' n Tuch und Und das wirste gefälligst auch lassen. Sie hat ja noch ihr neues Winterjackett, das kann sie anziehen.

"

Nee, Friz, das kann se nich.". Die Frau wurde eifrig. Zur Einsegnung fommen je alle mit neue Frühjahrsjacketts, und ich will ihr ja auch bloß' n Tuch nehmen, für drei Mark, und

,, Und wenn wir's nicht können, wirst's lassen!"

Er stand auf und ging erregt im Zimmer auf und ab. Noch ' mal acht Mark, das kann ich ja gar nich! Was denkste Dir denn eigentlich! Du weißt ja, was ich de Woche habe; Du weißt ja ganz gut allein, daß ich das nich kann

,, Gieb ihr doch Deins; das is ja noch wie neu."

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Ich soll ihr mein Gesangbuch geben?" Sie drehte sich empört zu ihm herum:" Na, Frik. Du hast aber Einfälle, to ist' n das Mode, daß die Einsegnungsmädchen alte Gesangbücher nehmen? Das thut man doch nicht."

Auf einem der Tische, dort, wo die Kleineisenindustrie ihre Schrecken enthüllt die Hände der Heimarbeiter sind billiger als die Maschinen, welche die Fabrikation dieser Artikel leisten könnten " Ja, jal" Sie feufzte wieder.' s muß doch aber fein! Und ist wie achtlos ein Sauddin wertlosen Spieltands hingestreut. Es mit muß ich ihr auch noch' n Gesangbuch kaufen; Tante Marie" find jene Kinderuhrentohib passernen Zifferblättern, die man drehen ihr doch eins schenken, die schenkt ihr aber nu' n Mythentopf muß, wenn sich die Zeiger vorwärts bemonon fallon doch kleine Maschinen, neinse mechanisch greifende Kinder­Au& You Guzelteilen mühselig zusammen­gesetzt werden müssen. lette finger haben fie gefügt, Wenn sie 1200 Stück voll­endet haber, beträgt ihr beltsverdienst 31 Mart, 1200 Stüd 31 Mart, das Dutzend 32 Pfennige! Der Kriegsminister sprach neulich von seinem bißchen Gehalt", den 36 000 Mart. Jch rechne, wie viel von diesen Uhren er anfertigen müßte, um das bißchen Gehalt zu verdienen. Er soll nur 35 000 Mark friegen, damit die Rechnung. einfacher sei. Dann hätte er 12 Millionen Uhren im Jahre herzustellen, täglich rund 33 000 eine unlösbare Aufgabe, auch wenn er 24 Stunden des Tages ohne Pause die Finger hezen würde. So würde man sein bißchen Ge­halt mit ehrlicher Heimarbeit verdienen! Diesen schuldlos zu ewiger Verdammnis verurteilten Kindern leuchtet vergebens Sonne und Freiheit. Ihr Dasein ist auf die kleinen blechernen Räder geflochten, die sie in das Uhrgehäuse Tag für Tag, Stunde für Stunde einsetzen, festgeschmiedet von unentrinnbarer Not und im grausen Kreise rund­umm getrieben vom Hunger. Das junge Dasein ist verengt und ver­ödet zu ein paar Hantierungen, die vom Morgen bis in die Nacht in gleichem Einerlei wiederholt werden müssen.

Wäre ich allmächtiger Gesetzgeber, so würde ich verfügen, daß in jeden Gebrauchsgegenstand die vergeudete Arbeit und verdienten Pfennige in flammenden Worten sichtbar eingebrannt, eingeägt, ein­gelebt würden. Diese Zeichen würden die Träger verbrennen und die brutalsten Gewissen erweichen. Das blinde Lachen der Ahnungs­losen und die stumpfe Roheit der Ausbeuter würde angstvoll in sich zusammenbrechen. Ein Weltbrand der Welterneuerung würde hinter dem Trugbild der Schönheit die Hölle ihrer Erzeugung erscheinen lassen, aus der dann der Drang allmächtig emporflammen würde, die Menschheit von ihrer Dual zu erlösen.

Ich bin wieder auf der Straße, das Herz voll Born. Der Borfrühling ist bis auf den letzten Rest der Erinnerung tot. Da erzählen uns die Philosophen der Sattheit, wie herrlich sich die Ge­sellschaft allmählich langsam zum Besferen entwidelt. Wahrhaftig, Langsam, zum Wahnsinn langsam! Und währenddessen sinken die Geschlechter ins Grab, und unfelige Kinder fertigen blecherne Uhren, 1200 Uhren für 32 Mark. Man redet uns vor, diese Gesellschaft sei ein funstvolles ührwerk, in dem der Zeiger der Geschichte vor­wärts strebt. Eine Lüge ist's, eine verräterische Lüge! Das ist feine Uhr, die von selber geht. Eine plumpe, elende Kinderuhr ist dies Gefüge der Gesellschaft, eine Kinderuhr, an der die Thränen der Kinder rosten, und dessen Zeiger nur vorwärts kommt, wenn wir selbst uns zu ihrem Schicksal aufwerfen und sie drehen!

Kleines feuilleton.

Joo.

cr. Eine Sklavin. Es lag eine drückende Stille über der kleinen Tischgesellschaft. Vater und Mutter aßen schweigend, Lenchen, die Große, fah verschüchtert drein, selbst die sonst so hellen Stimmen der beiden Kleinen tönten gedämpft und flüsternd.

"

Was ist denn eigentlich?" fragte der Mann endlich und schob den geleerten Teller zurück.

Es antwortete niemand, aber die Mutter sagte: Du kannst abräumen, Lenchen, und wasch' auch gleich in der Küche ab."

Das war das Zeichen zum allgemeinen Aufbruch. Die Kleinen stürmten jubelnd hinaus. Der Badfisch räumte das Geschirr zu sammen und ging gleichfalls. Die Frau faltete das Tischtuch und legte es beiseite, dann räumte sie im Zimmer umher, aber unruhig und planlos; es war ersichtlich, sie hatte etwas auf dem Herzen.

Was giebt es denn?" fragte der Mann zum zweiten Male. Ach!" Sie seufzte und zupfte an der Kommodendecke, dann fam sie plötzlich an den Tisch zurück und ließ sich schwer auf ihren alten Platz fallen:" Ja, ich muß es Dir ja doch sagen, es hilft ja nichts! Es ist nämlich ach je, und ich weiß ja, wie schwer Dir's wird... und eigentlich fannst Du es gar nicht, aber es muß doch sein, ich brauch noch acht Mark. Ich muß noch' was besorgen für Renchen .

Nun war es heraus. Sie atmete tief, von einer Last befreit. Der Mann fuhr indessen auf, mit finsterem Geficht: Was brauchste? Acht Mark? Wozu denn?' s is ja alles dal"

" Na, wenn De nur Geld hast,' n neues zu kaufen," er Tachte furz auf,' n Gesangbuch für drei Mark. Weggeschmiss'nes Geld. Nachher liegt's im Kasten und se sieht's in Leben nich wieder an, j'rade wie Du und ich. " Aber es muß doch sein!" Sie blieb bei ihrem stereotypen es muß doch sein."

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Er wurde wütend: Jatvoll, es muß sein, und das schwarze Kleid mußte sein, und alles andre mußte sein.' 3 Krankenhaus für Dich muß auch noch bezahlt werden. Dis muß auch sein, sonst pfänden se uns aus, und Wein sollste auch trinken, damit De wieder zu Kräften tommst, dis muß erst recht sein.

Nee, neel Dann laß man den Wein! Dann trink' ich keinen Wein mehr, dann sparen wir das Jeld da." Sie wurde lebhaft. Und jeben's für faulen Zauber aus!" Er brummte vor sich hin. Aber Frib, so was zu sagen..." Sie nahm eine erschrockene Miene an:" Jest nennste de Einsegnung faulen Zauber. Wie fannste denn so spotten! Darum jeht's uns auch so schlecht, weil Du so' n Spötter bist!"

Ach!" Er lachte hell auf.

Der Frau traten beinah' Thränen in die Augen:" Wenn' s nach Dir ginge, brauchte Lenchen womöglich gar nich eingesegnet zu werden." Nee, stimmt, und' ne janze Menge Geld würden wir sparen und ' ne janze Menge Sorgen hätten wir weniger." Er pfiff durch die Zähne. Aber das Kind muß doch eingefegnet werden," sie schrie auf, was sollten denn alle Verwandten sagen und " Ach so, wegen der Tanten und Onkels... Er lachte wieder. Wegen der Tanten und Onkels müssen wir uns in Sorgen stürzen. Nee, jar nich wegen der Tanten und Onkels," ihre Augen funkelten auf, auch wegen der Sache. Das weißte recht gut; und wenn ich auch keine Betschwester nich bin, und eigentlich jrade so dent', wie Du, und weiß, daß' s Janze bloß so' ne... so' ne Sache is" sie hatte offenbar eine Scheu, sich darüber auszudrücken

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" dies könnt' ich doch nich, meine Tochter nich einsegnen lassen, da hätte ich viel zu ville Angst, daß dies kein Glück bringt, und daß man seine Strafe für kriegt. So hängt man denn doch an seine Grund­fäße, wo man d'rin erzogen worden is."

" Jees! Dann häng' doch d'ran und laß se einsegnen; Du läßt se ja auch einſegnen und ich red' nichts dawieder. Ich will Dir ja überhaupt nich an Deine Jefühle," er wurde ernst, nee, das weißte, das liegt mir sehr ferne.' s kann jeder denken, was er will; aber, wenn die Jeschichte sein muß, warum muß se denn mit so ville Kledage sein? Wo man schon kaum' s liebe Durchkommen hat, da soll man nu noch Kinterligtens kaufen. Zieh' ihr' n sauber'n Rock an, und kämme se glatt, dann is se auch anständig angezogen."

" Ja, ja," sie nickte vor sich hin." Dies wär' ja' n Ausweg, aber würde der Pastor se denn so nehmen? Nee."

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Dann fag' Deinem Pastor, er predigte selber, sein Herrgott sähe nich auf Kleider."

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" Nee, Friz, nu spottest De schon wieder! Laß doch man bloß' s Spotten sein, Du sollst sehen, dafür kriegen wir unsre Strafe." Jaivoll, natürlich friegen wir die," sein Unmut brach los, das is ja überhaupt so in der Welt, daß de Juten ihren Lohn und de Bösen ihre Strafe kriegen. Darum laufen ja auch so ville Lumpen ' rum und leben herrlich und in Freuden."

Nu sag' es doch man wenigstens nicht," sie rang die Hände, ja, doch' s is so, aber sprich's doch nich aus; ich hab' so' ne Angst, wenn de so was sagst. Und wenn ich auch jar nich weiß, wo vor. Aber ich hab' so' ne Angst. Das steckt noch so d'rinn."

Sie schluchzte auf, das rührte ihn sofort, er trat zu ihr und strich ihr über's Haar: Haste Angst? Nee, die sollte nich haben. Nu wein' man nich, Alte. Hier haste meinen Trauring, verseze ihn, Du wirst woll so viel kriegen, daß' s reicht für'atenchan Er legte ihr den schmalen Goldreif auf den Sie nahm ihn, noch immer schluchzend: Ja, ja ich hab auch schon d'ran gedacht, daß wirklich nichts weiter übrig bleibtischia,