Kesen� ich werd' Dich nie vergessm. Und ich werde mich so nach Dir bangen; schreibe mir manchmal, ja? Ich möchte doch wissen, wie es Dir geht, und wenn ich mich draußen verheiraten sollte, dann werde ich es Dir schreiben, dann mutzt Du zu mir kommen� und das Baby bringst Du dann auch mit." Glaubst Dil vielleicht, daß ich ohne ihn kommen würde? SSieb ihm noch einen Kutz, bevor Du gehst." Adieu, Esther, adieu!" Jenny ging und Esther blieb allein zurück; sie wußte, daß sie nun ganz allein in der Welt war, und sie mutzte an den Abend zurückdenken, wo sie von dem Hospital nach Hause ge- gangen war; wie grau und kalt und hart und fremd ihr da die große Stadt erschienen war! Nun war sie ganz allein in dieser großen Wildnis mit ihrem Kinde, für welches sie viele, viele, lange Jahre würde arbeiten müssen! Würde ihr das möglich sein? Würden ihre Kräfte dazu ausreichen? Hatte sie eigentlich recht daran gethan, Jenny das Geld zu geben, welches doch ihrem Kinde gehörte? Nein, sie hätte es ihr nicht geben sollen; aber sie wußte ja kaum mehr, was sie that, sie war noch so schwach und die Nachricht von dem Tode ihrer Mutter hatte sie so überwältigt! Nein, sie hätte des Kindes Geld nicht hergeben dürfen! Aber vielleicht würde doch noch alles gut werden! Wenn die Oberin ihr nur eine Stelle als Amme besorgte! Dann würde sie schon durch- kommen. Sie beugte sich herab über das schlafende Baby. Also uns wollen sie trennen," flüsterte sie ihm zu,ja, mein anner Liebling, es wird schon so sein müssen, es wird nicht anders gehen!" » Am nächsten Tage konnte Esther vom Bett aufstehen, und sie verbrachte einen Teil des Nachmittags in einem be- quemen Lehnsessel. Mrs. Jones kam sie besuchen, und die kleine, alte Frau erschien ihr jetzt wie eine gute, alte Freundin. Esther erzählte ihr alles von dem Tode ihrer Mutter, von der projektierten Abreise ihrer Familie. Nur noch eine Woche etwa lag zwischen ihr und dem Beginn des fürchterlichen Kampfes, vor dem sie Angst empfand. Sie hatte gehört, daß die meisten Wöchnerinnen nur vierzehn Tage in dem Hospital behalten wurden, und in der That kam drei Tage später die Oberin eilig in ihr Zimmer hinein. Es thiit mir sehr leid," sagte sie,wirklich sehr; aber wir erwarten eine Reihe neuer Patienten, ich muß Ihr Zimmer frei bekommen. Es thut mir leid, denn ich sehe, daß ihr beide noch sehr schwach seid!" Was? Ich auch?" rief die Frau in dem andern Bett. Ich kann ja noch kaum stehen� ich kann noch nicht durch das Zimmer gehen." Es thut mir sehr leid, aber es kommen neue Patienten und die Zimmer müssen gereinigt werden. Wißt Ihr schon, wohin Ihr gehen werdet?" Ich habe nur eine Schlafstelle," sagte Estherund nur noch zwei Pfund fünf Schilling in der Tasche." Wozu nehmt Ihr uns überhaupt auf, wenn Ihr uns auf die Straße rauswerft, bevor wir noch kriechen können?" sagte die andre Frau;ich wünschte, ich hätte mich lieber er- tränkt Ich war schon nahe daran; hätte ich es gethan, so wäre es für mich und das grme Kind jetzt am besten." Ich bin an diese Art Undankbarkeit schon gewöhnt," sagte die Oberin ruhig.Sie haben Ihre Entbindung be- haglich und unter guter Pflege überstanden, und Ihr Baby ist vollkommen gesund: versuchen Sie nur, es auch so zu er- halten! Haben Sie Geld?" Nur vier und ein halb Schilling." Haben Sie Freunde, Verwandte, zu denen Sie gehen können?" Nein." Dann müssen Sie eben ins Armenhaus gehen." Tie Frau erwiderte hierauf nichts; und in diesem Augen- blick kamen schon zwei Schwestern herein und begannen sie mit Gewalt anzukleiden. Von Zeit zu Zeit fiel sie ihnen halb ohnmächtig in die Arme. Herr Gott, ist das'ne Arbeit," sagte die eine Schwester, da hängt sie einem nun wie ein Klumpen Blei im Arm. Aber wenn man aus das Gerede hörte, so müßte man sie alle mindestens einen Monat hier behalten." l Fortsetzung folgt.), pkachdruck verboten.) Simäermamis Glück und Snde. Von Karl Busse  . Den Fuhrwerksbesitzer und Spediteur Gundermann liebte in der ganzen Stadt niemand so recht. Doch war er weit und breir bekannt und wenn er, gleichsam widerwillig, vor jemand die Mütze zog, so beeilte sich der so Gegrüßte, recht höflich zu danken. Vor zwanzig Jahren war er als simpler Knecht nach Polajewo ge- kommen, schon damals mürrisch und verschlossen. Einen Sonntag gab es für ihn nicht; er arbeitete in einer heftigen Art weiter, ab wäre alles und jedes, womit er zu thun hatte, sein Feind. Wie andre pfiffen und sangen, so fluchte und schimpfte er. Und genau so unfteundlich wie gegen die Menschen war er gegen das Vieh. Er liebte seine Pferde nicht, er schlug sie und quälte sie unnütz. Aber er hielt sich zu ihnen, weil sie ihn weniger genierten als die Leute. Niemals sah man ihn auf dem Tanzboden, niemals im Wirts- Haus. Und wenn andre sich Sonntags putzten, trug er mit einer Art zorniger Freude seinen schmierigen Alltaaskittel und die fettige Mütze durch die Straßen. Er stand im Dienst bei einer Witwe, die nach dem Tode ihres Mannes das Fuhrgeschäft übernommen hatte, aber nur wenig davon verstand und vor allem die Knechte kaum bändigen konnte. Wilhelm Gundermann war auch ihr gegenüber nicht liebenswürdig. Aber sie sah so viel, daß er am meisten arbeitete und sich weder um die Weibsleute, noch um den Brannt- wein kümmerte. Was that er da mit seinem Lohn? Sie schüttelte den Kopf und wollt' einst ein Gespräch über seine Privatverhältnisse mit ihm anfangen. Doch er schnitt es sofort ab. Als er zwei Jahre bei ihr in Dienst stand, verheiratete sie ihre Tochter nach dem Rheinland hin, und in der nun folgenden, schwer getragenen Einsamkeit bekam sie Lust, selbst auch wieder in die Ehe zu treten. Sie war üppig und umfangreich, stand im Anfang der Vierziger und war sich klar darüber, daß nur ein tüchtiger Mann das Geschäft zur alten Höhe bringen könne. Doch wie sie sich auch umschaute sie fand nichts Passendes. Eines Tages sah sie durch das Fenster auf den Hof, wo Wilhelm Gundermann gerade die Pferde vor den schwerfälligen Rumpelkasten spannte. Der Rappe mochte unruhig gewesen sein, denn der Knecht lästerte schrecklich und schlug das Tier dann. Es hieb aus. aber der Knecht war bei seite gesprungen. Und plötzlich ging durch den Körper der Frau ein Zucken. Sie sah nur die eine Hälfte des Gesichtes von Wilhelm Gundermann, diese aber war verzerrt in grenzenloser Wut. Im nächsten Augenblick schlug der Knecht blind und toll drauf los, in einem Jähzorn, der nichts mehr von sich selbst wußte und der eignen Gefahr nicht achtete. Einen Augenblick hatte die Witwe das Fenster aufreißen und den rüden Patron anfahren wollen. Dann zitterten die fleischigen Hände nur, starr und seltsam sahen die Augen hinüber. Sie fürchtete sich vor dem Knecht, sie selbst duckte sich vor dem elemen­taren Ausbruch solcher blindwütiger Leidenschaft. Und seitdem war alles Befehlende aus ihrer Stimme' verschwunden, wenn sie dem Manne Aufträge gab. Immer öfter blickte sie nach draußen, als müsse sie das An- und Abschirren überwachen. Wenn sie seinen Schritt hörte, hatte sie ein leises Gruseln, daL sie merkwürdig erregte.Der weiß, was er will." dachte sie stets von neuem. Gegen den würde selbst der Ungefügigste nicht zu mucksen wagen." DaS ging eine geraume Zeit. Äeußerlich veränderte sich gar nichts. Und innerlich? Je nun, die Witwe überzeugte sich stets mehr davon, daß dem Geschäft eine tüchtige Kraft fehle. Dabei dachte sie an Wilhelm Gundermann, wie er das Pferd geschlagen. Und sie dachte weiter, ein wie merkwürdiger Mensch er sei... ganz anders als die übrigen... nie betrunken, kein Schürzenjäger... eigent- lich also solide und doch gar seltsam. Es war ihr. als verberge sich etwas hinter ihm, ein Geheimnis, etwas Schreckliches. Vielleicht hat er gar einen Menschen erschlagen. DaS Gruseln und die Neugier ward immer größer. Da trat der Knecht eines Sonntags früh aus dem Stalle. Die andren waren längst fort. Frau Franken," rief er mit seiner heiseren Stimme hinüber. Und als sie hörte, meinte er auch, eS sei ein Schade in, Stalle, der repariert werden müsse. Sie war schon im Staat, aber sie besann sich keinen Augenblick, sondern nahm das gute Kleid auf und be- trachtete den Schaden gründlich. Da warf der Wind die Stallthür zu. daß es leise dämmerig im Ramne ward. Das kleine, spinnwebüberzogene Fenster oben ließ nicht viel Licht ein. Und die Witwe hatte mit einemmal wieder das seltsame, aus Furcht und Neugier, Scheu und Bewunderung gemischte Gefühl. Wenn er sie jetzt schlug, wie er das Pferd ge- chlagen? Ihr Atem ging kurz, sie war rot. Frau Franken." sprach der Knecht dann und knüpfte einen Knoten in die Peitsche,was denken Sie wohl, was Sie haben wollten, wenn Sie daS Geschäft verkauften... mit allem drum und dran!" Ueberrascht sah sie ihn an. Wollen Sie's denn kaufen?' Ich? Wer sagt das? Wer redet davon?' Seine Augen ftmkelten böse; wie zum Schlage hatte er die Peitsche in der Hand. Sie ftihlte die Schwäche in den Knien.