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ja, fie mußte sogar gelegentlich für sie arbeiten. Aber es gab als die bemerkenswertesten Mitglieder der antarktischen Tiergruppe dafür eben keine Abhilfe. Sie konnte sich ihre Stellung nicht gelten können. wählen, sie mußte nur darauf bedacht sein, daß ihr Lohn überlebenden Vögel von unschäzbarer Bedeutung, und speciell die Teil­Für den reisenden Forscher sind diese in großen Kolonien sechzehn Pfund das Jahr betrug, und jede Unbequemlichkeit, lebenden Vögel von unschäzbarer Bedeutung, und speciell die Teil­die die Stelle sonst mit sich brachte, ruhig in den Kauf nehmen. dürften schwerlich im stande gewesen sein, den unerhörten Strapazen nehmer der vor kurzem glücklich geborgenen Nordensköld- Expedition Der Kampf, den Esther kämpfte, war ein geradezu einer zweimaligen Ueberwinterung erfolgreichen Widerstand zu heroischer, es war der Kampf einer Mutter für das Leben ihres leisten, wofern jene seltsamen Urbewohner der Eiswüste mit ihrem Kindes gegen alle die Mächte und Gewalten, die die Civilisation| blutreichen, nahrhaften Fleische und ihrem warmen Federkleide den gegen die niedrig und illegitim Geborenen ins Feld führt. schmachtenden Reisenden nicht den erforderlichen Schutz gegen Hunger und Kälte geboten hätten.

Heute ist sie in dieser Stellung; aber welche Sicherheit hat sie, daß sie sie behalten wird? Ihre ganze Eristenz hängt davon ab, daß sie sich ihre Gesundheit erhält, und außerdem hängt sie noch von den Launen ihrer Herrschaft ab.

Esther fannte die Fährlichkeiten ihres Lebens jetzt schon genau, und wenn sie an einer Straßenecke eine unglüdselige Mutter traf, die ihr eine braune Knochenhand unter ihrem zerlumpten Shawl entgegenstreckte und für das kleine Kind, welches sie in ihrem Arme hielt, bettelte, so überlief es sie eis­falt und sie zitterte am ganzen Körper.

Auch sie brauchte nur drei Monate außer Stellung zu sein, und auch sie würde auf der Straße herumirren als Blumen­verkäuferin, Streichholzverkäuferin oder...

Aber es wollte scheinen, als wären derartige Befürchtungen grundlos. Seit einiger Zeit hatte sie Glück. Sie war in einem reichen Hause im Westend von London . Ihre Herrin war gütig zu ihr, und sie stand mit den andern Dienstboten auf gutem Fuß; und wäre nicht ein unglückseliger Zufall dazwischen­gekommen, so hätte sie sich diese Stellung wohl zu erhalten

gewußt.

Die jungen Söhne des Hauses waren gerade während der Sommerferien zu Hause. Eines Abends, als sie in ihr Zimmer hinaufgehen wollte, ging Master Harry an ihr auf der Treppe vorüber, und sie trat bescheiden zurück. Er aber blieb stehen, sah sie an und lächelte ihr zu.

"

"

Wissen Sie, Esther, daß ich Sie furchtbar gern habe?" fagte er, Sie sind wahrhaftig das hübscheste Mädchen, das ich kenne. Wollen Sie nächsten Sonntag mit mir spazieren gehen?"

"

Master Harry, wie können Sie so zu mir sprechen! Bitte, Jassen Sie mich durch!"

( Fortseßung folgt.)]

( Nachdruck verboten.)

frühlingsleben am Südpol .

Aehnlich wie in der hohen Arktis dürften in absehbarer Zukunft auch die weiten Einöden des Südpolargebietes ihre mannigfaltigen Geheimnisse den rastlosen Trägern der internationalen Polarkunde entschleiert haben. Die Namen Gauß"," Discovery"," Antarktik " und vor allem Southern Croß", das Fahrzeug Kapitän Borch­grevinks, dem es vergönnt war, das für die Hochseeschiffahrt so be­deutungsvolle Problem des südlichen Magnet- Centrums zu lösen, Tegen rühmenswerte Beweise dafür ab, mit welchem wagemutigen Eifer die Erschließung des antarktischen Circumpolargebietes neuer dings in Angriff genommen worden ist. Manche der bisher ge­wonnenen Erfahrungen deuten darauf hin, daß die äußere Natur in beiden Polgebieten im wesentlichen von verwandten biologischen Gefeßen und Einflüssen beherrscht wird, so namentlich im Hinblick auf diejenigen Erscheinungen der organischen Welt, die dem Kreise der niederen Plankton Wesen angehören. An höher organisierten Wesen ist die antarktische Fauna arm, weit ärmer noch als das Nord­ polarmeer , das außer den eigentlichen Tiefseebewohnern auch auf seinen zahlreichen Streu- Inseln neben mannigfachem Kleinwild ( Blau- und Eisfüchsen, Lemmingen, Schneehasen usw.) eine ganze Reihe von Repräsentanten der höchstentwickelten Säugetierklassen es sei nur das stattliche Wildren, der Moschusochie und der Eisbär genannt- beherbergt, ganz zu geschweigen von den zahl­lofen Schwimmvogelarten vom Geschlechte der Aiken, Scharben, Lummen und Polarmöven, die fast in allen arktischen Meeren vor kommen und hier in zuweilen myriadenhafter Menge die bekannten " Vogelberge" bevölkern. Alle diese buntwechselnden Erscheinungen, die der Polarlandschaft ihr charakteristisches Gepräge verleihen, fehlen am Südpol und werden hier durch Gestalten ersetzt, deren Fremd­artigkeit dem Beobachter auf den ersten Blick verrät, daß er einer durchaus eigenartigen, in sich abgeschlossenen Welt gegenübersteht. Als eine der merkwürdigsten Vertreter dieser seltsamen Fauna fann vor allem die farbenprächtige Sippe der Riesen- oder Kaiser- Pinguine gelten: jene abnorm gestalteten Vögel, die in ihrer würdevoll gravi­tätischen Haltung einigermaßen an den aufrechten Gang des Menschen erinnern, mit ihren zum Fluge untauglich gestalteten, statt deffen in veritable Fischflossen umgewandelten Flügelrudimenten und der seidenweichen, zerschliffenen Befiederung einen völlig für sich abge­sonderten Rangplatz einnehmen und zusammen mit der ebenso wunderlich anmutenden Erscheinung des gigantischen See- Elefanten

" Der Anblick des ersten Pinguin- Zuges", so erzählt Borch­ grevink , löste bei uns einsamen Polarreisenden stets eine Fülle buntwechselnder Stimmungen und Eindrücken aus. Er verhieß uns Frühling und lichte Tage, Sonnenschein und Wärme, Lebensfreude und neues Hoffen auf bessere Zeiten!...

In endlosem Reigen rücken die Kolonnen des Vogelvolles beim Eintritt des Frühlings heran. Einer hinter dem andren herschreitend, wandern die stolzen Vögel über den zu Eis erstarrten Ocean dahin, südwärts, dem fleinen Bolareiland entgegen, das sie seit Jahr­zehnten, vielleicht Jahrhunderten zu ihrer Brutstätte erforen haben: eine fümmerliche Heimat, die auch diesem genügsamsten aller Bolar­vögel nur unter Mühen und Anstrengungen das Nötigste zum Unter­halt darbietet. Weiß wie frisch gefallener Schnee leuchten die fülbernen Vorderleiber dem Beobachter entgegen; bald hat die erste Kolonne den Beobachtungsposten der Forschungsexpedition passiert, und im Rücken angesehen gleicht der norwäris schreitende Zug mit den schwarzblau gefärbten Rüdenfedern einer feierlichen Begräbnis­prozession, die in melancholischer Grandezza ihrem Bestimmungsorte austrebt. Jedes einzelne Mitglied des Zuges hält seine nadten, nur zustrebt. Jedes einzelne Mitglied des Zuges hält seine nadten, nur mit Schuppen besetzten Flügel wagerecht ausgestredt, der Weg über das violett schimmernde Eis birgt manche verräterische Spalte und Unebenheit, und die massiven Schwimmfüße geben dem großen Körper nur eine schlechte Stüße.

Schon nach wenigen Augenblicken haben die vorne mar schierenden Pinguine einen spiegelglatten Pfad hergestellt, auf dem die nachfolgenden Kolonnen wie auf sauber polierten Parkett dahin­schreiten. Nun ereignet sich ein grotesker Zwischenfall. Einer der imposanten Vögel hat bei einer zufälligen Wendung des Kopfes den Standpunkt ihrer menschlichen Beobachter ausgekundschaftet und stapft nun, nach einem Augenblick namenloser Verblüffung, der ihm einen ebenen Heerstraße hinweg mitten in den glizernden Schnee hinein, freundschaftlichen Kniff von seinem Hintermann einträgt, von der den Kurs gerade auf die befremdliche Erscheinung im Pelzkleide zu­nehmend. Sein Beispiel findet unverzügliche Nachahmung, und nach wenigen Minuten sind wir von einer Gesellschaft neugieriger Pinguine umgeben, die sich mit ihren leuchtend weißen Westen und den glänzend schwarzen Schwalbenschwänzen ausnehmen wie eine Korona gelehrter Universitätsprofessoren, die im Begriff steht, einem unglücklichen Examinanden auf den Leib zu rücken. Das akademische Tentamen wird mit einem vielstimmigen Colloquium eröffnet, worauf ein alter, am Schnabel schon ganz eisgrau ausschauender Pinguin- Senior, offenbar der Vertreter des anatomischen Faches, sich uns mit einigen watschelnden Schritten nähert und uns ein paar reelle Schnabelhiebe Tiefquart und Terzen versezt. Ein Genosse beeilt sich, ihm dabei in der Weise zu sekundieren, daß er unsre dicken Renntier­fleider durch energisches Zerren auf ihre Haltbarkeit prüft. Wir selbst stehen unbeweglich auf einem Flede und weiden uns an dem hilflosen Erstaunen des hochgelehrten Kollegiums, das seine ganze bisherige Erfahrungswelt durch unser unmotiviertes Erscheinen über den Haufen geworfen sieht. Die Okular- Inspektion scheint den Wissensdurst der würdigen Korona endlich zufriedengestellt zu haben; nach abermaligem akademischen Colloquium, aus dem auch der in die Pinguinsprache nicht näher Eingeweihte deutlich die Freude heraus­hören kann, daß man allhier einer neuen, bis dahin völlig un­bekannten Pinguin- Art auf die Spur gekommen ist, wird der unter­brochene Marsch in gewohnter Weise fortgesetzt.

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Die übrigen Kolonnen haben inzwischen ihren Vortrab bis weit nach Süden hin vorgeschoben. Hier und da erheben sich große Bad­eisblöcke, die dem wandernden Vogelschwarm ein unübersteigbares Hindernis entgegenstellen. Aber das Hemmnis erweist sich immer nur als ein scheinbares, denn die rüstigen Wanderer wissen sich überall mit dem Terrain auf das meisterhaftefte abzufinden. Mit großer Vorsicht wird ein Eisberg erflommen, worauf man mit gleicher Sorgfamkeit den Abstand bis zur nächsten Blockeiswand prüft. Kommen Eisspalten und schroff abfallende Vertiefungen in den Weg, so mißt jeder Bogel mit geübtem Blick die Entfernung von der einen zur andren Seite, worauf er nach mehreren zögernden Anläufen mit einem gewaltigen Sprunge die Kluft überwindet. Wenn der Sprung glückt, verteilt der befiederte Turner einen Moment am jenseitigen Stande, mustert noch einmal die Länge des Abstandes und giebt seiner Genugthuung durch triumphierendes Geschrei Ausdruck. Aber nicht immer geht es bei diesen gymnastischen Ererzitien nach Wunsch des fühnen Springers zu. Alle Augenblicke geschieht es, daß einer beim Abspringen ausgleitet oder auch die Distanz nicht richtig abschätzt und dann als lebendige Latine blikschnell in die Tiefe rollt. Gigen­tümlich genug verleßen sich die dergestalt abgestürzten Tiere nur in den seltensten Fällen, und nach einigen Augenblicken sieht man den Verunglückten für gewöhnlich in sichtlich beschämter Haltung hinter feinen voraufgehenden Kameraden wieder einhertrotten.