Sie warf einen spöttischen Blick auf die Schwägerin, die in die Aorridorthür getreten war und wieder mal Ruhe zu stiften suchte. »Miezchen/ warnte die Großmutter, aber auch Luisens Augen blitzten auf; sie lachte glucksend. Nu hättest se doch alle sechs bringen sollen, die Kinder wollen auch mal Kuchen essen." Wer Kinder... warnte die Großnmtter zum zweiten Mal. Na Mama,'s aber auch'n Skandal. Ihre drei Jungens futtern für sechse und essen mir für bald sechs Fröschen Pfannkuchen auf, und sie schenkt Rudi bloß'ne Groschendüte." Poplig," nickte Marie. Was habt Ihr denn zu lachen?" fragte©liste und kam wieder an den Tisch zurück. «Ooch wir lachen bloß," sagte Luise. Nu setz' Dich doch mal her, damir wir'ne halbe Stunde ge- mütlich plaudern können," sagte die Großmutter, ,'s is ja zu nett, daß wir mal alle zusammen sind". «Ich sitz' ja schon," lachte Guste.Wer Rudi is selig I" Wo is'n der überhaupt?" Luise horchte ängstlich auf. Er sitzt in der Küche und spielt mit dem Pferd, das Tante Marie ihm geschenkt hat," beruhigte Guste. Is denn das nicht Fritzens altes Pferd, Mieze?" Altes Pferd?" Mieze reckte sich:Das is'n sehr gutes Pferd, und mein Fritz hält sich seine Sachen; wenn da'n neuer Schwanz rankommt, iS's wie neu." Und wenn'S frisch gemalt wird, merkt überhaupt keiner, daß schon drei Jahre mit gespielt ist," meinte Luise etwas ironisch. Merkt auch keiner. Mein Fritz ist sehr ordentlich." Marie klirrte mit dem Löffel etwas hörbar gegen die Kaffeetasse:Paß man auf. daß bis Ding»ich hier gleich kaput geht. Der Rudi is sowieso so wüst und muß immer gleich alles verhunzen." Mein Rudi wüst?" Luise legte ihr Stück Kuchen hin: »Nu, so was!" Kind is Kind. Alle Kinder sind wüst," beschwichtigte die Großnmtter. Ne, meine Kinder sind nich wüst," sagte Marie,aber was macht'n der Rudi neulich? Ich will ihm was»ich geben, was er haben will, da nimmt er'n Bauklotz und schmcißt'n mir nach und natürlich fliegt er ins Fenster und'ne Scheibe is kaput." Ach je, er hat'n Dir ja gar nich nachgeschmissen, er is ihm bloß aus der Hand geflogen." Luise kani in Eifer:Und denn erzähl' man auch, was Deine Lotte gemacht hat; die legt ihre teure Celluloidpuppe auf den Herd, daß sie gleich in Flammen aufgeht." Das hat aber nich meine Lotte gethan, das hat Deine Liese angerichtet; laß Dir man richtig erzählen." Marie lachte. Nee, Deine Lotte hat's gethan und will's auf meine Liese schieben." Luise sagte es sehr bestimmt. Na, bis is ja unerhört!" Marie stemmte die Arme in die Seiten:.Gewöhn' doch Deine Jähren'S Lügen ab, wie kann den« die Liese so schwindeln?" Dis möcht' ich Dich von Deine Lotte fragen." Aber Kinder...." Die Großmutter legte die Hand auf LuisenS Schulter.Kinder, des is ja doch ganz ejal, alle Kinder machen mal Dummheiten und lügen mal, sie werden wohl die Puppe alle beide auf den Herd gelegt haben." Des i-Z ja meine Lotte nich eingefallen," rief Marie entrüstet, meine Lotte macht niemals Dummheiten, solch zartes Kind...." Nee hör' mal, was sie macht." Luise sprang auf. Vom Korridor her klang ein wildes Geheule, ein Tohuwabohu von allen möglichen quiekenden, weinenden, scheltenden Stimmen. Ein wilder Knäul über einander purzelnder Kinder stolperte über die Schwelle. Mama... Mama., »Mutta..." »Der Rudi der haut mir..." Der Fritze hat anjefangen.." Nee, Rudi reißt's Pferd de Mähne auZ.. Nee Tante,'s war de Lotte..." Muh uh uh Ein unartikuliertes Gebrüll verschlang alles Weitere. Sechs Kinderhände krallten und ballten sich um einen alten, schmutzigen, halbzerbrochenen Holzgaul. Dann rief eine helle Mädchenstimme:Die Lotte hat nämlich 's Pferd haben wollen, Tante Marie, und dann hat es der Rudi festgehalten, und dann hat die Lotte gehauen, und dann is die Mähne ausgerissen, und dann hat der Fritz auch gehauen, und dann..." Und Du sagst, daß mein Rudi'n wüster Junge is?"... Luise hatte ihren Jüngsten dem Knäuel entrissen und ihre Augen funkelten vor Wut:Da sieh' mal, wie Deine zarte Lotte oies arme Kind verhauen hat." Was muß er denn so quatsch sein mit sein'n Schimmel I Und da soll sich der Fritz wohl nich totärgern, wenn er sieht, daß sein gutes Spielzeug so verhunzt wird." Denn Hütt' er's doch behalten sollen, Hcrrjeses l Hab' Dir doch nich uni den ollen Gaul, hat hier'n großen Mund um so'n ollen Gaul..." Aber Luise." sagte die Großmutter. »Aber Mama," rief Marie,da Hörste's, wie se's macht. Immer wird se gleich ordinär, ich schenk dem Bengel'n gutes Stück." Jawoll, was Dir nich'n Sechser kostet, und denn redste noch über Guste, daß se bloß kommt mit'ner Jroschendüte." Luise sah die Schwägerin herausfordernd an. Was hat sie?" Auguste fuhr auf. »Aber Luise, das hast D u ja gesagt," rief Marie. »Nein, bitte, lüge nur nich. Du hast wir zugetuschelt,'s wär' poplich." »Jawohl, nachdem Du Dich drüber lustig gemacht hast, daß se herkommt, um Kuchen zu essen. Oder hast Du das etwa nich gesagt? Mania sag' mal, hat sie's gesagt?" Kinder vertragt Euch doch!" sagte die Großmutter.Setz' Dich doch, Gustchen I Marie setz' Dich doch I Es war doch so nett." »Ich werd' mich setzen..." Auguste griff nach ihrem Hut und warf ihren Jungens die Mützen zu.»Ich gehe. Keinen Moment bleibe ich. Ich werde bei solchen Leuten bleiben, wo man sich über de Gäste lustig macht." .Mach' daß De raus kommst." rief Luise.Mir liegt nichts an Gäste, die bloß zum Essen kommen." Und gleich fünf Mann hoch!" schrie Marie hinterher. Jawohl, fünf Mann hoch." setzte Luise hinzu. Du laß Dich noch mal sehen! Komm ja nich wieder!" Sie warf die Thür hinter der Schwägerin inS Schloß, dann wandte sie sich hoch aufatmend der Mutter und der Schwester zu:So. nu iS mir wohler. nu ich die los bin. Das sind überhaupt bloß die Jungens von die, die unsre Kinder verdorben haben." Ja," nickte Marie,natürlich nichts weiter." «So, nu komm, nu wollen wir Kaffee trinken. Und Ihr geht in die Küche und seid artig." Sie schob die Kinder, die sich schon wieder friedlich an der Hand hielten, auf den Korridor. Ja, haltet Ruhe l" rief Luise ihnen nach,und betragt Euch, wie es sich für Kinder von anständigen Leuten gehört." Aus der Gerichtspraxis. Süddeutsche Zeitungen berichten folgendes: In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde vom damaligen Landgerichte W. eine Zählung der im Bezirke vorhandenen Hengste vorgenommen. Der Gemeindevorsteher v. R. berichtete: H e n g st befindet sich in diesseitiger Gemeinde keiner, mit Ausnahme des Herrn von Hirsch, welcher aber inzwischen gefallen ist." Gendarm X., der an der Straße ein großes hölzernes K r u z i fix wahrgenommen hatte, das umzufallen drohte, veriah seine hierüber erstattete Anzeige mit dem Rubrum:»Einen sicherheitsge» fährlichen Herrgott betreffend." Ein in den Strafakten des bayrischen ehemaligen Bezirksgerichts W. befindliches Leumunds- und Vermögenszeugnis lautete: Sein Leumuth ist talentvoll und betragenswert; doch lebt er in eontumaciam(gemeint war Konkubinat). Vermögensverhältnisse hat derselbe keine." Littcrarisches. e. k. Marie Schade:Arbeit". Roman. Berlin . Konkordia. Der Titel des Buches erweckt Erwartungen, die ge- täuscht werden. Was dahinter steckt, ist eine simple Künstlergeschichte. Auf der einen Seite sieht eine Frau, die sich in der Ehe mit einem ungeliebten Mann unglücklich wähnt. Dieser Gatte ist Kaufmann seines Zeichens; einFatzke" nach dem Urteil der jungen Frau. Er heiratete sie, um sich mit ihrem Geldc ein wohllebiges Fanlenzer- dasein zu bereiten; sie nahm ihn, weil sie ein in Liebe unerfahrenes Gänschen war. Auf der andern Seite steht ein junger Bildhauer. Natürlich ist erschön", dazugenial" und sonst ein in puncto.Umgangsformen" etwas tollpatschiger Mensch. Die meisten Frauen sind sich, sobald sie Romane schreiben, daran gleich, daß sie die Dichter, Maler, Bildhauer, Musiker in ncunund- neunzig von hundert Fällen als ungeschlachte, grobklotzige blond- bärttge Vorkulttirindividuen hinstellen. Kurz und gut: die kleine unverstandene" Frau und der Plastiker werden mit einander be- kannt. Aus der anfänglichen Freundschaft wird im Handumdrehen Liebemoralische" Liebe versteht sich. Durch Zufälligkeiten erfährt der Künstler, daß die Geliebte in zwar friedsamer, aber doch unglücklicher Ehe leben muß. Es ist also das nächste, daß er sie auffordert, mit ihm zuverreisen". Zu festgesetzter Stunde verfällt die kleine Dame in ein Nervcnfieber. Er wähnt nun, sie habe ihn bloß zum Narren gehalten, und sie konnte sich ihm, trotz allernächster Nachbarschaft, nicht verständlich machen, weil sie ja im fieber lag. Beide bleiben also unbewußt nebeneinander, bis die ranke gesund ist. Jetzt kommt sie selber. Im Kranksein hat zwischen den Eheleuten ein gegenseitiges Geständnis stattgefunden: daß sie sich weder aus Liebe geheiratet, noch auch als Mann und Frau geliebt haben. Sie können also ruhig auseinandergehen. Die Frau schenkt dem Exgatten ein Landgut, damit er leben kann. Arm, wie sie nun ist, kommt sie zu dem geliebten Bildhauer, um fortan inArbeit" mit ihm glücklich zu sein. Es ist_ eine recht alt her- gebrachte Geschichte und, wenn man absieht von ein paar abgeguckten Gouvernantenansichten über Kunst und Liebe, matt wie Luisens Limonade. Schablone ist das Motiv. Schablonen sind die Menschen. schablonenhaft ist die Schreibweise. Schade um Papier und Druckerschwärze! Aus dem Pflanzenleben. e?. Fuchsien als Freilandpslanzen. Die Fuchsien gehören zu unsren beliebtesten und anspruchlosesten Zimmerpflanzen. So ziemlich jede Behandlung und Nichtbrhaudlung betrachten sie mit