Bogens derart gegen das aufgehäufte Material schwirren zu lassen, daß die Fasern gründlich durch einander gewirbelt werden, bis sie schließlich beim Herabfallen eine lockere, ziemlich gleichmäßige Schicht auf dem Arbeitstische bilden. Der Arbeiter bildet nun aus dem für einen Hut bestimmten Material zwei lose, dreieckige Lagen, welche durch vorsichtiges Drücken mit der Hand oder durch behutsames Hin- und Herschieben mittels eines aufgesetzten siebartigen Gerätes der- filzt werden. Tann werden durch weiteres Verfilzen mit der Hand zwei Seiten zu einem sogenannten Stumpen verbunden, der wie eine kegelförmige Mütze aussieht. Die weitere Verdichtung des Filzes erfolgt durch das Walken. Diesem Zwecke dient ein Walkkessel, dessen breiter, nach innen geneigter Rand den Walktisch bildet; er bietet in der Regel fünf bis sechs Leuten Platz zur Arbeit. Im Kessel befindet sich eine aus Wasser und einem Zusatz von Schwefelsäure bestehende Flüssigkeit, welche beständig heiß gehalten wird. Der Filz wird immer wieder in die Flüssigkeit getaucht und dann auf dem Walk- tische aus freier Hand oder mit Hilfe eines Rollholzcs bearbeitet, und zwar bald auf der Außenfläche, bald durch Umdrehen der Stumpen auf der Innenfläche. Bei dem Waltverfahren verringert der Stumpen immer mehr seine Größe; er schrumpft mehr und mehr zusammen, bis er schließlich V- seiner Dimensionen verloren hat. Ist die Verdichtung und Verkleinerung bereits weit genug vor- geschritten, so wird das Material mit einer Bürste bearbeitet, welche man öfter in die heiße Beize taucht. Der Stumpen wird nun auf einen hutförmigen Block gebracht und weiter mit der Bürste behandelt, wobei gleichzeitig die heraus- stehenden Stachelhaare mittels eines Werkzeuges entfernt werden, das sich in die vorstehenden Haare eindrückt und sie herausreißt. Die Spitze des Stumpens wird auf dem Block durch Strecken, Drücken und Bürsten verbreitert; hierauf wird der Rand über dem Block ab- gebunden und durch ähnliche Behandlung gestreckt und gedichtet. Das Bürsten giebt dem Material auch jenen Lüster, welcher die neuen Filzhüte so gefällig erscheinen läßt und der leider so bald schwindet. Der gewalkte und geformte Hut wird dann nur noch gefärbt, mit Schellack oder Leim gesteift und zugerichtet, endlich gefüttert und eingefaßt. Seit einer Reihe von Jahren bedient man sich auch einer Maschine, welche die langen, groben Haare mittels einer mit schraubenförmig gestellten Messern besetzten rotierenden Welle fein säuberlich fort zu rasieren hat. Das Walken ist eine sehr anstrengende und ziemlich langweilige Beschäftigung; es erfordert drei bis vier Stunden, und auch der geschickteste Arbeiter kann während eines Tages kaum mehr als drei Hüte fertig walken. Bei der Herstellung von Castorhüten oder andren Fabrikaten, welche mit einer feineren Decke versehen werden, geschieht das Plattieren natürlich während des Walkens. Man bildet ein Fach des edleren Stoffes, zieht dieses über die gröbere Filzkappe und walkt dann beide Schichten zusammen. Soll die Filzfabrikation durch Maschinen erfolgen, so müssen Pelzhaare und Wolle getrennt und für sich bearbeitet werden, und zwar beginnt die Maschinenarbeit schon bei den Fellen. Das Roh- Material für Haarhüte besteht aus Hasen« und Kaninchenfellen, welche in getrockncteni Zustande auf den Markt kommen. Nach dem Beizen werden die Vließe einer schnell rotierenden Bürstcnwalze aus- gesetzt: dann werden die Haare durch eine Schermaschine vom Felle getrennt. Bei diesem Verfahren kommen natürlich auch die groben Haare mit unter das brauchbare Material. Um diese zu entfernen, bedient man sich einer Maschine, welche gleichzeitig die Haare auf- zuWirbeln und untereinander zu werfen hat, wie ich dies oben bei der Handarbeit geschildert habe. Die Maschine wird als„Haarblase- und Mischmaschine" bezeichnet. Solch eine Maschine besteht aus mehreren Kammern, vor deren Eingangsöfsnungcn je eine Bürsten- walze rotiert. Man führt die Haare der Walze zu, und diese besorgt nun von selbst das Ausbürsten und Sortieren des Materials. Der entstehende Luftstrom treibt die feineren und leichteren Haare in den oberen Teil der Kammer, wo sie von einem Transportband auf- genommen und der nächsten Bürstenwalze zugeführt werden. Da- gegen fallen die groben Haare nach unten aus ein schräg gestelltes Brett, wo die weitere Ausscheidung des brauchbaren Materials er- folgt. Aus der letzten Kammer kommen die Haare, nach gründlicher Mischung in diesem Teil der Maschine, in Form eines losen endlosen Bandes heraus. Die für einen Hut erforderlichen Mengen werden durch ein Gewicht festgestellt und in den Stumpenformer gebracht. Der Stumpenformer ist eine sehr interessante Maschine. Die wollartige, lockere Masse wird abermals auf einem endlosen Trans- portband ausgebreitet und einer„Speiscwalze" zugeführt, welche das Material wieder einer rotierenden Bürste überliefert.' Diese treibt das Material in einen kastenförmigen, horizontal angeordneten Kanal, der sich aber nach der einen Seite hin immer mehr und mehr verengt und in eine Kante ausläuft. An dieser Stelle befindet sich ein langer, senkrechter Spalt, vor welchem aus einem kastenförmigen Untersatz eine große, durchlöcherte Kupferglocke in Form eines hohen, ziemlich spitz zulaufenden Hutes rotiert. Aus dem kastenförmigen Untersatz und der Glocke wird nun mittels einer Luftpumpe die Luft abgesaugt, und es entsteht ein lustvcrdünnter Raum. Die Haare im Kanal werden durch den kräftigen Luftstrom erfaßt, sie stiegen gegen die Glocke und werden hier fest angesaugt. Da die Glocke um die vertikale Achse rotiert, so wird nach und nach die ganze Glocke von der Haarschicht bedeckt. Der Arbeiter reguliert den Zustrom der Haarmasse durch einen vor dem Spalt angeordneten Schieber und vermag auf diese Weise zu bewirken, daß die Glocke sich mit einer gleichmäßigen Haarschicht bedeckt. Ist dann die für einen Hut erforderliche Schicht aufgebracht, so umhüllt er sie mit einem feuchten Tuche, nimmt die Form einschließlich der Deckschicht herunter und taucht das Ganze in heißes, angesäuertes Wasser. Dabei verfilzt sich das Material bereits so weit, daß der dünne, kastenförmige Filzstumpen zur weiteren Be- arbeitung abgehoben werden kann. Nun erfolgt das Walken der Filzkegel, von denen immer eine größere Zahl zusammengethan Ivird. Sie werden mit einer grob gezahnten Walze bearbeitet, wobei sie nicht allein dichter werden, sondern auch, wie bei der Handarbeit, in.mer mehr einschrumpfen, sich also Der Hutform nähern. In manchen Fabriken wird mit der zunehmenden Dichtigkeit des Filzes der Druck der Walze vermehrt. Außerdem kommen sogenannte Filz- mühlen zur Verwendung, welche mit einem Fallhammer ausgerüstet sind. Der Fallhammer fällt auf das Walkbrctt nieder, auf welchem das Material ausgebreitet liegt, und wird nach jedem Fall wieder automatisch aufgehoben. Das Walkbrett ist durchlöchert, so daß der von unten kommende Dampf das Material durchströmen kann. Zum Zwecke des Scherens wird der Hut auf eine Kegelform gezogen und unter einem Schermesser durchgeführt, welches mit schneller, kreis - förmiger Bewegung alle vorstehenden, gröberen Haare entfernt. Viele Mühe machte es auch, die Spitzen der Filzkappcn zu be- seitigen. Die Spitze wird während des BeHandelns der Stumpen auf dem Formkörper bald nach innen, bald wieder nach außen ge- drückt, wobei sie mehr und mehr einschrumpft und schließlich eine Reihe ringförmiger Falten bildet, welche nun unter häufiger Be- Nutzung mit heißem Wasser von Hand ausgewalkt werden. Dabei er- hält man endlich den stachen oder flachgewölbten Deckel, welchen fast alle modernen Hüte besitzen. Um die gescherten und bearbeiteten Filzflächen immer mehr zu glätten, kommen Schleifmaschinen zur Anlvcndung; das Verfahren wird vielfach als„Bimsen" bezeichnet. Der Filz wird dabei über cylindrische, oben gewölbte Formen gezogen, die auf schnell rotierenden vertikalen Wellen sitzen. Derartige Formen sind stets in größerer Zahl rings um einen Arbeitstisch angeordnet, so daß stets mehrere Arbeiter an jedem Tisch beschäftigt werden können. Während des Rotierens drückt der Arbeiter Sand- oder Schmirgelpapier gegen die Filzflächen und fährt mit seiner Arbeit so lange fort, bis der Filz vollkommen glatt und gleichmäßig geworden ist. Weitere Verfahren bestehen im Steifen, Bügeln und Staffieren der Hüte. Beim Steifen werden die Außenseiten des Filzes mit einer Appretur getränkt, die heute wohl meistenteils aus einer weingeisthaltigen Schellacklösung besteht, welche den Hut wasserdicht macht. Beim Bügeln bedient man sich einer Art Drehbank; auf der Spindel sitzt eine Form, auf welche der Hut gezogen wird; während er rotiert, wird das Bügeleisen gegen die Filzflächen geführt. Das Staffieren besteht endlich in dem Ein- fassen des Randes, des Futters und Schweißleders, wobei zum Teil sehr sinnreiche Nähmaschinen zur Anwendung kommen, deren Stoff- drücker der gewölbten Form des Hutes angepatzt ist. Es giebt heute eine ganze Reihe von Maschinenfabriken, welche sich mit der Herstellung von Specialmaschincn für die Hutfabrikation beschäftigen, namentlich in Offenbach , Bremen und Liegnitz . Auch die amerikanischen Maschinen dieses Gebietes werden sehr gerühmt, doch werden die deutschen Maschinen in großem Umfange exportiert, woraus man aus ihre hervorragende Leistungsfähigkeit schließen darf. Wer nun m Erwägung zieht, welche außerordentliche Mühe und wieviel Zeit die Herrichtung eines feinen Filzhutes verursacht, obwohl das Verfilzen des Materials an und für sich höchst einfach ist, der wird die großen Preisdifferenzen der Filzhüte begreifen. Form und Größe fallen dabei nicht so sehr ins Gewicht, wie die größere oder geringere Feinheit des Materials und dessen mehr oder minder sorgfältige Bearbeituvg.— Fred Hood. Kleines f einUeton. — Aus den Erfahrungen eines Klavierlehrers. Der Klavier- lehrer am Pariser Konservatorium M. Albert Lavignac berichtet über seine Erlebnisse und Erfahrungen als Lehrer. Die Leipziger Signale teilen aus diesen Wahrnehmungen die folgenden mit: „Mein Fräulein, dieses Adagio haben Sie gehudelt. Bitte noch einmal, aber ruhig und in gleichmäßigem Tempo I" Das Fräulein sieht den Lehrer mit dem Sterbeblicke des an- geschossenen Rehes an, spielt und läßt die großen Thränentropfen über die Backen rinnen. Wehe dem Mitleidigen I Er provoziert einen Weinkrampf. Der Gewitzte läßt die Kleine spi'clen und— heulen. Eine andre, von der trotzigen Art, weint nicht, aber karikiert das Adagio zu einem Trauermarsch, bis der Lehrer sie fortschickt. Alle ohne Ausnahme, die streng tugendhaften, wie die eigentlichen gamines versuchen es, den Mann im Lehramt für sich zu gewinnen und für ihre Stimmungen gefügig zu machen. Jede bringt zum Unterricht eine kleine Geschichte oder wenigstens eine Miene mit, die gefragt sein will: Warum so traurig? Warum so lustig? Warum so böse? Das sind die schlimmsten und schwierigsten Versuchungen. Ein richtiger Musiklehrer mutz für Geschichten und Mienen gleichgültig scheinen, darf es aber nicht immer sein, wenn die Trauermicne bei einer ernsthaften Schülerin ernsthaft ist. Es giebt wirklich manchmal Katastrophen zu verhüten. War's aber doch Komödie, dann rettet nur ein derbes Kreuzmillionendonnerwetter das gefährdete Ansehen und führt die kleine Kokette in die Bahn des Respekts zurück. Vor. allem kein Gespräch mit einer Schülerin unter vier Augen!_ Dia andren glauben dann, es gebe eine Begünstigung. Die Begünstigte
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21 (29.4.1904) 85
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