R. Breyer(Berlin); der Beschluß ist nicht gut. Diese„Dame inRot" ist wohl geschmackvoll gesehen, jedoch will das Bild so auf-dringlich geschmackvoll und virtuos sein, daß man von dieser Art un-angenehm berührt wird, kritisch wird und dann spürt, wie kalt diesesBild ist. Beinahe tot. Die äußerlich sprühende Farbigkeit ist nichtwarmes Leben, sondern nur Mache.Bei Liebermann mutz man immer wieder die zähe Energiebewundern, mit der er sich selbst in Zucht nimmt. Er ist kein Genie.Dock, immer wieder stellt er seinem großen Talent Aufgaben, die ihnein Stück weiter bringen, und jeder Schritt ist ein Versuch, der seinenHorizont erweitert.L. v. H o f m a n n, der den Schwerpunkt seines Wirkens nachWeimar verlegt hat, begnügt sich hier mit kleinen Bildern, die zumTeil schon bekannt sind oder ihn von keiner neuen Seite zeigen.Korinths„Grablegung" ist eine technisch gut gelösteKompositionsstudie.„Tini Senders" ist ein Modell, daS für ihnpaßt. Er hat sie nicht sonderlich geistvoll, nicht sonderlich tief so— heruntergemalt.Bei L e i st i ko lr> dient Technik nur dazu, eine Innerlichkeit zuvermitteln. Sein„Sommer" mit den grellen, klaren Farben, seinweicher gestimmter„Herbst", sein„Abend" mit der weithin träumen-den Melancholie— all das sind echte Leistikows, die zu langem Be-trachten, zum Nachdenken und zum Träumen einladen.S l e V o g t gießt«ine Phantasie in Gelb und Blau. DieTänzerin„Marietta de Rigardo". Slevogt stellt sich immer Auf-gaben. Er wird immer kräftiger, vielseitiger. Das ganze Bild stecktvoll verhaltener Bewegung.T h o m a's„Fortuna", die auf der Kugel über ein stilles Thalhingleitet und seine„Träumerei an einem Schwarzwaldsee" sind insich so einheitlich, daß man nur zu folgen braucht. Dann weisen sieeinem den still umschlossenen, eignen Sinn ihres Schöpfers.Edel und groß ist der malerische Vortrag Trübners. EinStiMeben von Alice Trübner, der Gattin des Malers, zeigtdeutlich seinen Einfluß.E. Ullmanns(Paris) Porträt„Dame nähend" interessiertdurch die Art, wie die Figur in den Raum gesetzt ist. Es reizte denMaler, das Fallen und leichte Fließen des Kleides wiederzugeben.Alle Vielfarbigkeit ist vermieden. Das Körperliche ist gut gelungen.d'E s p a g n a t(Paris) umgiebt seine Figuren mit einer dickenKonturlinie, so daß sie sich von der Luft vollkommen trennen. Da-durch erreicht er eine erhöhte, vereinfachte, bemahe dekorative Deutlich-keit. Auch die Farben liebt er einfach und klar. Jntereffmit wirddieses Experiment bei dem„Festzug in Tanger", wo der Maler mitdieser Manier ein Gewimmel buntgekleideter Menschen meistert unddamit Ruhe in dieses Durcheinander bringt, ohne zu verflachen.Ein feines Stück in Charakteristik und Komposition ist die„Brctonische Messe" von L. Simon(Paris). Man muß sich dajeden einzelnen Kopf und die Haltung jedes Körpers ansehen. Jedereinzelne Blick ist da lange beobachtet. Und trotzdem fällt das Ganzenicht auseinander und löst sich in Einzelheiten auf. Die Einheitlich-keit, die doch vorhanden ist, wirkt andrerseits nie störend, tritt niezu deutlich auf. Reifes Können spricht daraus.Die„Dame mit dem Strickstrumpf" von Valloton(Paris)wirkt wie ein Witz. Diese beinahe gehirnlose Dame reizt die Lach-muskeln unwillkürlich.Besnard wird in letzter Zeit etwas allzu leicht und beinihetrivial. Etwas schimmerte diese Art von Zeit zu Zeit bei ihmdurch. Bei dem„Studienkopf" kommt das nun ganz kraß zum Aus-druck. Es ist schade, daß dieser begabte Farbenvirtuose sich dazuhergiebt, einen so häßlich faden Mädchenkopf auszustellen, der einemN. Sichel Ehre machen könnte. Nur die Hand läßt den feinerenKönner ahnen.C o t t e t- Paris interessiert durch die schwere, wuchtige Art. dieder Franzose seinen Bildern verleiht, mögen sie nun die festlichePracht bretonischer Bauerngewänder oder einen düsteren Strand oderdie dämmerige Lust der Kneipe schildern.Noch bleibt von den Franzosen C a r r i ä r e s blasse Art zuerwähnen, die die Menschen wie hinter einem Schleier verschwindenddarstellt, wobei jedoch die weiche Art plastischen Empfindens auffällt,die die Form der Dinge heraushebt.Merkwürdig berühren die Bilder des Schweizers H o d l e r. Erbesitzt ein dekoratives Empfinden. Ein großer Zug ist ihm nichtabzusprechen. Auf dem Bilde„Rückzug von Marignano" kommt derAnsturm nach vorn gut heraus und die zurückflatternde Fahnedarüber bringt wiederum eine gewaltige Wucht in das Bild, einestarke Einheitlichkeit, die recht dekorativ großzügig wirkt.Aehnlich merkwürdig mutet zuerst auch der andre SchweizerC. Ami et an.„Mutter und Kind" sitzen in grell gelbem Blumen-feld. Ein seltsamer Schatten verdunkelt sie vorne. Hinten stehteine Reihe blütenweißer Bäume.Die Porträts des Holländers I. Veth fallen auf durch ihreharte, sachliche Auffassung. Es steht ein Charakter dahinter.Namentlich daS Bild der im Bett liegenden alten Frau— Grauund Schwarz, ganz einfache Farbenflächen— ist in der eindring-lichen Wirkung des Seelischen sehr gesteigert. Unwillkürlich fteutsich das Auge an dieser sorgsamen und sauberen Technik diesesHolländers, der dennoch den Gesamteindruck nicht vernachlässigt undtrotz penibelster Arbeit nicht kleinlich wirkt.B o s ch- R e i tz(Holland) stellt in einem kleinen Bild„Hafenvon St. JveS" Schiff an Schiff, Barke an Barke; Mast reiht sich anMast. Er stellt das Ganze in so eigentümliches, gelbes, gleich«mäßige? Licht, daß eine stille Atmosphäre umfließend alles eint.Man weiß nicht mehr recht, ist das Wirklichkeit oder Traum.Aeußerst fein sind die beiden Interieurs des Holländers Dreh»dorff. Sie wecken Erinnerungen wt die guten, alten Holländer.Das eine ist licht und hell, die Sonne scheint ins Zimmer. DaSandre, ein wenig düster, ist in Grün gestimmt. Sehr)ubtil sind aufbeiden Bildern die Farbenwerte abgewogen.Die Arbeiten von B u y s s e(Gent) zeichnen sich durch eine leise,aber gleichmäßig festgehaltene Stimnmng des Lichts aus.„Deralte Schimmel" steht gut zu dem hellgrünen Gras.„Letzter Strahl"giebt eine Vorabendstimmung.Ein andrer Belgier, E. Claus, bietet eine prächtige Sinfoniein Grün und Weiß,„Haus im Schnee". Die Sonne beleuchtet klardie grünliche Front des Hauses und schimmert auf dem Schnee, eineköstliche Winterluftstudie. Abgedämpfter, stiller ist das„Kleefeld".Des Schotten D a m e r o n„Schloßansicht" mutet ganz alt«meisterlich an. Das Bild ist in ehrwürdigen, braunen Tönen ge«halten. Es spricht eine alte Tradition aus diesem Bilde.Weshalb L a v e r y(London) seine oberflächlich gesehene Gesell-schastsdame„Venus" bezeichnet, ist unerfindlich. Es ist specifischenglischer Gesichtstypus, der nicht allzu sellten ist. Er ist ein Mode-maler mit ziemlich äußerlicher Manier.Robinsons(New Jork)„Orangenmarkt" wirkt trotz derMschung der Techniken nicht kräftig. Das Bild wirkt flach undunlörperlich. Auch in der Lust haperts. Die Früchte erscheinen trocken.Ein duftig verschleiertes Bild in zartbraunen Farben ist der„Frühling" des Russen Walter.M a l j a v i n e(Rußland), der ein russisches Bauernmädchen giebt,zeigt sich diesmal von besserer Seite als im Vorjahre, wo er ein un-endlich großes Bild mit mehreren Frauen gab, das er das roteLachen nannte. Es war ein richtiges Ausstellungsbild. Hier be-weist er sein Können und eine ursprüngliche Kraft der Anschauung.Diese hünenartige Gestalt, von der man eigentlich nur die Augenaus dem zurückgebengten Kopf leuchten sieht, ist umhüllt von einemprachtvoll farbigen Stoff, der mit sichtlicher Freude in all seinemecht russischen Prunk gegeben ist. Die Durchführung dieses an sicheinfachen Vorwurfs zeugt von kraftvollem Temperament.Hans v. Volk mann- Karlsruhe weiß das Leben der Land-schaft groß zu gestalten.„Die Dockweiler Mühle" giebt ihm Gelegen-heit, alle Farbenwerte der Lufterscheinnng so fein zueinander zustimmen, daß auch nicht die kleinste Dissonanz den Frieden diesesTraumes stört.Ein andrer Landschafter, A l b e r t s(Berlin), malt die„blühendeHallig im Mai", mit dem intensiv Hellrosa Schimmer über derFläche, mit dem Bach, dem kleinen Holzsteg darüber, und links liegtdas von Büschen umrahmte Gehöft. Das ganze Bild frei im Räumeund zart in der Farbe. Der Himmel steht weit und licht überder Ebene. Es ist ein feines Naturempfinden in Ulberts. Er willnicht das, was er in der Natur sieht, zu einem„auffallenden" Bildübertreiben. Andrerseits kopiert er auch nicht die Natur. Er gehtdem einfachen Zug nach und läßt sein Gefühl hineinströmen in dieDinge außer ihm, in denen er sich dann ausgiebt. Darum wirkenseine Landschaften so ungezwungen.Fein ist Modersohns„In meinem Garten". Bunte Blumenüberall. Eine Laube. Ein Kind mit einem rechten dummen Kinder-gesicht. In der Mitte des Beetes eine mächtige Silberkugel, in dersich das Haus verzerrt spiegelt. Eine wundervoll geschlosseneStimmung. Die„Moorlandschast" ist düster im Ton, aufgehelltdurch einen leuchtenden Strich am Horizont und dadurch um so un-heimlicher.Es ist interessant, eiranal einen Stoff verwendet zu sehen, derdurch seine großartige Kraft und räumliche Weite, durch das Jnein-anderspielen der Lichter jeden Künstler reizen muß: Der Bahnkörpermit seiner Unzahl von Geleisen und Weichen und Zügen. DiesesGebiet ist noch so gut wie unbeschritten. B a l u s ch e.k hat sichnun damit beschäftigt. Früher gab er Berliner Typen.Nun erhebt er sich aus dem Anekdotenhaften und strebtdahin, Größe zu schildern. Leider blieb die Kraft hinter demWollen zurück. Auch die Beleuchtung ist unsicher. Sein Bild istnur eine exalte, korrekte Rechnung. Man weiß nicht, ist es Dämmerung,ist es Nacht. Bei Dämmerung müßten die Konturen mehr in-einandergchen, in der Nacht die Lichter Heller strahlen. Es fehltdie Lust. Dieses Gewirre ist nachgezeichnet, nicht nachempfunden,nicht wiedergeboren. Darum fehlt die Einheitlichkeit. Und die Zügerechts müssen sich in acht nehmen, daß sie sich nicht in die Flankefahren.Bon dem jungen Nachwuchs sind zu nennen: Baum, Herr«mann, Block, Brandenburg, Lepsius, v. König,v. Kardorff, Hübner, Heilemann, Hancke, Edel,Feld, Walser, Spiro und noch manche andern, deren Aufzählungermüden würde, die aber auf gleichem Niveau mit den Genanntenrangieren.Die Plastik ist diesmal nicht zahlreich und auch nicht hervor-ragend vertreten. Die besten Arbeiten sind von Tuaillon(Rom)und Mathias Streicher(München.) Von ersterem Künstler isteine verkleinerte Nachbildung seiner bekannten Amazone, die zwischenNationalgallerie und Museum steht, zur Aufftelluna gelangt. Siesteht sehr günstig. Niemand, der die Ausstellung besucht versäume,