Mer den Plan, das Mer, das sich schon oft genug zur Genüge aus- gegeben hat. Es ist also kein Gesamtbild etwa, das sich hier ergiebt, sondern ein ganz einseitiges Bild deutscher Kunst. Mit Raummangel ist das nicht zu entschuldigen. Es ist offenbare Absicht, im eignen Hause sich als Herr zeigen zu wollen. Aus diesem Grunde geht man so verschwenderisch mit den Wänden um, daß Maler, die schon längst bekannt und abgethan sind, hier mit Kollektivausstellungen prunken, als gälte es, ihnen erst Ansehen zu verschaffen. Am tollsten und groteskesten treibt es Themistoklcs von Eckenbrecher  . Er ist mit mehr als 30 Arbeiten vertreten, von denen eine immer fader als die andre ist. Wie Oeldruck wirken diese Bilder. Sie sind von der Art, wie man sie schon vor zehn Jahren verlachte. Die Photo- graphic ist eine hohe Kunst dagegen. Immerhin besser ist der sattsam bekannte Hermann Schnee  . Er gicbt allerdings auch nur das allerthatsächlichstc. Einige kleineStädtchen" sind doch wenigstens etwas. Sonst must man auch hier ein Fragezeichen vor die ganze Kunst setzen. 80 Bilder hat er hier. Ebenso steht es mit Alfred Schwarz  . Meist sind sie affektiert und platt. Nur das Bild von Frl. Agathe M." ist wenigstens natürlich undFrl. A. Wüllner" wenigstens einfach. Aber wenn jemand das Malen von Porträts sich so zur Hauptaufgabe macht, dann sollte er sich einmal fragen: was bezweckt ein solches, was will es? Schwarz ist mit 13 Bildern vertreten. Neben Eichels sentimentalem Gepinsel und Kiesels kalkig-bunter Kunst,' neben Zieglers platten und leblosen Bild- nisseu, neben F e ch n e r s abziehbilderarttgen Porträts ist Schwarz allerdings schon etwas besser. Nur U t h rechtfertigt künstlerisch seine Kollektivausstellung. Er hat allerlei feine Stimmungen. Ein Platz im Nebel. Feine Interieurs. Studien von Höfen. Eine Dorf- strasse.>' leberblick über Dächer. Farbig feines Sehen zeigt er. Er setzt die i.ialerischen Effekte energisch hin. Und dann wird er wieder ganz weich. Kubierschkys(München  ) Kollektivausstellung zeigt nur tonlose und verwaschene Sachen. Hauptsächlich sind es Landschaften, die hier am ehesten noch befriedigen können. Die Natur zwingt, wenn überhaupt im Künstler noch Ehrlichkeit lebt, zur Wahrheit uiid Einfachheit. Um nun diese Bilder zu finden, müssen wir in den Nebensälen suchen. Da finden wir künstlerische Bescheiden- heit. Da finden wir ein Suchen, und kein genügsames Protzen. Eine Ahnung von Kunst lebt hier noch. Und Farbigkeit wird nicht zum Gcmcngsel und Gemanschc. Ein farbig gelungenerWinter- nachmittag" von O. Ackermann. Eine schwere Dorfstimmung von Altenkirch. Ein kräftigerSonnenuntergang" von B a e r. Pflügender Bauer(Frühling") von Becker.Heidclandschaft" von Beckmann. Eine feineSiesta" von B u r g e r. Ein lichter Florentiner Garten" von Busse. Ein malerischerSonnen- Untergang" von C o u r t e n s.Bei Chatam" von C ron e, wo die Farben gut aufgelöst sind. Ein in Graugrün zusammen- gestimmtesPorträt" von Maria Davids. Dettmann zeigt inAltes Haus im Mondlicht", waS er früher war. Seine andren Sachen sind schlecht. Er wirtschaftet jetzt mit dem grellen Regen- bogen, den er überall anbringt, und mit sentimentalen Motiven. Breite, eigen gesehene Landschaften in grauer Tempera von Dill. Ei»Märkisches Dorf" von Douzette  . Einfache landschaftliche Motive von R. E s ch k e. Lichte Stimmung(Wiese und Wald) von F e h r. Oskar F r e n z e I hat einen ganzen Saal angefüllt. Seine Arbeiten sind ruhig. Er übertreibt nicht. Wald, blaues Wasser, weite Flächen stellt er in kleinen Stücken oft bescheidentlich zusammen und erreicht da eine einheitlich-intime Wirkung. Riesengebirgs- ftimmungen von Freudemann. Ein Eisbär an einer Klippe von Friese. Stimmungsvolle Studien von Fanny v. Geiger- W e i s h a u p t. Eine warmeAbendsonne" von Margot G r u p e. Lebendige Farben inBlumen" undAlte Frau" von A. H a l m i. Breite und groste Wirkungen erstrebt L. H ä n f ch. Ernst Hardt  giebt fein beleuchteteHäuser am Wasser". Heimes einen farbigen Wintertag". Schwer, aber feierlich in der Stimmung istSonne im Winkel" von Hermanns. Hans Hermann giebt, wie vor Jahren schon, Marktscenen, meist aus Holland  . Frisch gesehene Landschaften von H o ch. Dunkelbraunes Gemäuer im Grünen stellt Hoffmann-Fallersleben zusammen. Feinen Luft- ftimmungen geht Jülich   nach. Breite, beinahe dekorative Wirkung holt Kayser-Eichberg aus der Mark heraus, wobei er zu- weilen zu sehr ins Aeußerliche verfällt. Marie Keller malt rote Nelken, natürlich, ohne Prätension, ein übertrieben geschmackvoll arrangiertes Stillleben.zu schaffen. Von Klohtz erfreuen wieder zarte märkische Stimmungen. Ein vielversprechendes Talent ist Alex. K o e st e r. Seine vier Arbeiten zeigen Enten im Wasser, in vcr- schicdencn Beleuchtungen, so farbig frisch gesehen, dah einem die Bilder sofort auffallen. Dettmann gab einmal in seiner früheren, guten Zeit ein ähnliches Motiv in gleicher Frische. Auster diesen sind noch folgende Namen anzuführen: Kuhnert (feinfarbige Geierperlhühner), M e w e s(Motive aus der Mark), Munkäczy(farbig fern), der ein wenig kalte Nordenberg, O b st(duftig), O'Lynch von Town(feingestimint), Priem (breit wogende Felder), Rettich(ftisch und lebendig), Einmy Schulze(eigen gesehen), S e g i s s e r(eigenartig in der Erfassung des Landschaftlichen), Stern(Hofstimmung), Thierbach(Dorf zwischen Höhen in feinem Licht), Ubbelohde(Blumen im Korn), Vorgang(ein lichter Sommertag). Anna Wolkenhauer(ein- fache Waldstudie), Frieda Ehrhardt(Kinderbild), Grohmann (rote Häuser). Von Dresdenern sind noch zu nennen: Joh. Müller, Pieffch- mann, Kolbe, Krause z von Karlsruhern Nagel, Göhler, Psarr: i von Berlinern Müller- Schönfeld, Oenicke, Eharlotte Roland, Saltzmann, Türcke, Wildhagen, Feldmann, Geyer, Hertel, Kall  - morgen. Klein- Chevalier, Kohtz, Langhammer, Liedtke, Looschen; von Düsseldorfern Nikutowski, Wille, Jungheim, Kampf, Liesegang; von Münchenern Palmiö, Thallmaier, Matingzeck. Diesen schliesten sich an: Müller-Kaempf(Hamburg  ), Rettich(Mecklen- bürg), Holzapfel(Kassel  ), Mathies- Diasuren(Halle  ). Unter den Holländern fallen M e l ch e r s und M e s d a g auf. Unter den guten Arbeiten überwiegen Düsseldorf  , München  , Dresden  . Unter den Berlinern sind auffallend viel Damen. Der groste Saal, in dem die Plastik zum grasten Teil Auf- stellnng fand, hat eine neue Wandverkleidung in Graugrün erhalten. Friese ziehen sich oben herum und Blumen unterbrechen mit ihrem Grün die Monotonie. So wird die Einförmigkeit der Bildhauer- kunst«inigermasten wohlthuend verdeckt. Denn auch hier herrscht eine erschreckende Erfindungsarmut. Und die wenigen Motive, die scheinbar eine Abwechslung hineinbringen, sind einem schon von anderSher bekannt. Leider hat man gerade wieder bei solchen inhalt- lich besseren Stücken die Empfindung, der Erfinder wäre darauf gekommen, weil sich solche Motive im Lauf der letzten Jahre als wirkungsvoll erwiesen. So z. B. begegnet man mehrfach einem Stier. Tuaillon hatte auf der Frühjahrs- auSstellung einen solchen. Ernst M. G e y g e r, der auch mit einem Stier vertreten ist, zeigt originales Fühlen in seiner Schöpstmg. Eine kraftvolle, elementare Wucht lebt in diesen Gliedern. Es ist eins der besten Stücke. So scheinen denn die Sachen, die man stofflich schon als neu begrüstt, nicht einem inneren Drange des schaffenden Künstlers zu entsprechen. Doch diese Werke find auch wenig hier. Sie sind zu zählen. Sonst giebt es wieder die übliche Auswahl. Man kann solche Künstler nicht namentlich nennen, sondern sie werden nach Massen rubriziert. Da sind erstens einmal solche, die unentwegt irgendwelche offiziell und patriotisch bekannte Persönlichkeiten oder historische Köpfe in Gips oder Marmor nach- bilden. Ihr Streben scheint künstlerische Kraft von vornherein aus- zuschalten. Sie übertragen photographisch augenblickliche Treue und Trivialität auf die plastische Arbeit und geben schlecht und recht die Oberfläche wieder, die sie eben nur sehen. Nirgends ein Bilden, nirgends ein Wollen. Dann kommen solche, die mit Vorliebe weibliche Akte, weniger männliche, hinstellen. Auch sie löblich sanft und nicht nach der Natur arbeitend, sondern die strengen, harten Lmien phantasievoll verschönernd, so daß etwas heraus- kommt, was nie und nirgends Begebnis war, sondern in der lahmen Einbildungskraft der Schöpfer besteht und die ebenso lahme Einbildungskraft müstig schlendernder Besucher gemütlich au- regt. Nicht genug zu verdammen ist diese Fälschung der Natur. Man stelle neben solch weichlich-süstliches Werk einen Meunier l Doch diese Plastiker wären noch zu verstehen. Denn ihre Natur ist so. Nun kommen aber die, die einen weiblichen Akt effektvoll drapieren. Sie kokettieren und reizen mit halbvcrhüllter Nacktheit, stellen irgend einen hohlen Phantasiekörper hin, hängen ihm Schmuck um Hals und Stirn, und nennen dieses unkünstleriche Werk andeutend:Favoritin". Oder:Sklavin  ". Dann siegt diese süste Gestalt geknickt am Boden. Schön must sie auf jeden Fall sein. Aber nicht nach den Schönheits- regeln, die die einfache, wahre Natur bildet, sondern nach der Phantasie spekulierender Künstler, die dann die einzelnen Körperteile auch recht ins Licht setzen. So fehlen allenthalben die Ziele. In bequemer Weise geht die Kunst hier ihren Gang. Konjunktnrcu aus- nutzend, bewährte Motive von neuem ausschlachtend. So kommen »och die hinzu, die in Allegorie arbeiten.Eine Mutter". Oder: Seelenkampf". Bei einer solchen Allegorie geht es meist etwas aufgeregt und wüst zu, um die Hohlheit durch eine äusterlich groste Geberde zu verdecken. Weit aufgerissene Augen. Fäuste. Gespreizte Finger. Oder sie setzen eine in diesem Fall natürlich bekleidete weibliche Figur auf eine» viereckigen Steinklotz, auf dem steht:ape morts". Natürlich must es französisch sein;Den Toten", das wäre zu einfach. Austerdem hat's Bartholoms so gemacht. Ueberhaupt wird viel und gern mit dem Tod gewirtschaftet. Dann sieht man recht viel Dackel getreulich und ohne Kunst nachgebildet. Es giebt eben viele Jagdliebhaber. So familiär wirkt das alles. Als fühlten sich die Künstler alle unter sich. Einer giebt sogar eine weibliche Büste, schreibt darunter:Meine Schwester Jlla". Oder ein ander- malDer Herr Bankdirektor Mayer". Immer mit voller Namens- nennung. Damit zugleich die einzige Rechtferttgung ihre? Werks andeutend. Einer schreibt sogar unter einen lebensgroßen AktGretchen". Eine frische Bildnisstudie von Arthur Bous,Läufer" von Götz, eine eigenartige Büste von K l e t t, ein einfach und fest gesehenes.Pferdebildnis" von Kuebart, einBogenschütze" Letoin-Funckes, einfache Tierstudien von Pallenberg(immerhin anerkennenswert), eineBadende" von Pöp pelmann(seit Klinger sehr beliebt und mehrfach hier vertreten), eine im Fsiist der Bewegung leichte FigurTrinkendes Mädchen" von Seifert, sachliche Bildnisse von Steiner(neben so viel Hohlheit sich heraus- hebend) das Md etwa die Werke, die einem auffallen. Doch must man sich immer gegenwärtig halten, daß unter Blinden der Einäugige König ist. Dah es eine einfache Kunst giebt. die ruhig und ehrlich sucht und ihre stillen Wege für sich geht, das merkt man hier nicht. Man hat den Eindruck, es wird hier nur für das Publikmn gearbeitet und bewährte Mottve werden ausgemünzt und ausgeschlachtet. Die Plastik ist die herbste Kunst und will zum Menschen, zum Körper hinführen.