„Ja, ja, wenn man in de Heede liegen kann im Sdjatten.. es zuckte etwas wie Spott um den welken Mund der Alten.„Aber stehen Se mal in de Kartoffeln und häufeln Se die, wenn Ihnen de Sonne auf'n Nacken brennt, und's is so heiß, daß Se sich kaum rühren können und Sc müssen schuften und schuften'n janzen Tag." „Ja, das ist was andres," meinte Else altklug. „Aber sehr anders I" Die Alte lachte kurz auf.„Oder wenn's sieht, daß alles so pladdert— und Se müssen raus in de Rüben oder Obst pflücken..." „Na. Regen ist für die Sommerwohnung auch nicht schön." Else machte ein Mäulchen.„Denken Sie etwa, es macht Spaß, im Zimmer zu sitzen? Und in was für Zimmern noch dazu. Alle so klein und eng... Und wir gehen doch in ein richtiges Dorfhaus, wo noch schwarze Kachelöfen drin stehen— aber eigentlich ist das gemütlich und so poetisch." „Ja, für'n paar Tage." Die Alte legte die blaue Bluse bei Seite und nahm die rosa.„Aber wohnen Se man'n janzes Jahr drinl Und s« sagen schon selber, Fräuleinchen, de Stuben sind eng; was wollen Se denn sagen, wenn im Winter alles naß is und man keinen Ofen nich warm kriegt und der Wind durch alle Luken pfeift?" „Na. in solchem Hause miet' ich einfach nicht." erklärte Else in weiser Entrüstung. „Nee?" Frau Jäger lachte wieder.„Ja, wenn Sie hinzieh'n, zieh'n Se in'ne Villa; aber wenn Se auf's Jut arbeiten müssen, wie unsereins, denn müssen Se schön nehmen, was Se kriegen, denn können Se man jrade zufrieden sein, wenn Ihnen das Jut'ne Bude jiebt, die Ihnen nicht über'n Kopp zusammenfällt." „Achl" sagte Else; sie wußte nichts andres zu sagen. Frau Jäger schüttelte den Kopf:„Nee, ich möcht' nich wieder auf's Land, wenn ich auch hier auf'n Hof wohne und auch meine Arbeit habe und manchmal bis in de Nacht sitzen muß. aber ich bin doch mein eigner Herr und kann mir'ne Wohnung suchen wie ich will, und thun was ich will, und mehr verdiene ich auch als bei die Schufterei da draußen, wenn's auch nich viel is." „Aber all die Felder und Wälder und all das Schöne draußen, vermissen Sie denn das nun gar nicht ein bißchen?" rief Else ver- wundert. „Das Schöne?" Die Alte ließ die Arbeit sinken und sah das junge Mädchen über die Brille an.„Ja, Fräuleinchen, was hat >dcnn unsereins vons Schöne da draußen. Das Schöne, das is für de Leute auf's Jut oder für de feinen Sommergäste, aber doch nich für ecnen, der arbeiten muß; der hat schon in de Stadt von's Schöne nichts, aber noch viel weniger auf's Land."— Kulturgeschichtliches. — Die Beizjagd in O st Preußen schildert Paul Dahms im„Archiv für Kulturgeschichte"(Bd. 2. 1904): Während diese Art Sport in dem bewaldeten Prcußenland ursprünglich kaum betrieben sein konnte, war sie im benachbarten Polen bereits zu hoher Blüte gelangt. Bevor der deutsche Ritterorden nach Preußen kam, wurde die Jagd vorwiegend mit Habicht und Sperber betrieben, während der seltenere Wanderfalke nicht immer leicht zu beschaffen war. Seit dem 14. Jahrhundert besaß Preußen in der Beschaffung dieses Bogels einen bedeutenden Aus, bis es schließlich von Holland abgelöst ivurde, dessen beste und zuletzt einzigste Falkenschule im Dorfe Falkenwerth in Flandern noch Jahrhunderte lang bestand. Nach dem Wanderfalken wird im Treßlerbuch von Marienburg, daS aus dem Ende des 14. Jahrhunderts stammt, am häufigsten der „muserhabich" genannt; die Bezeichnung Mäusehabicht hängt nicht mit Maus, sondern mit Mauser zusammen; jedesmal wurde das Gefieder schöner, und mit der Zahl der Lebensjahre wuchs der Wert des Vogels. Als man später im Ordensland mit großem Eifer Falkenfang und Falkendressur betrieb, lernte man alle Beizvögel, welche fortgesetzt begehrt lvurden, mit bestimmten Namen benennen, während alle minderwertigen oder gar wertlosen Raubvögel mit dem Kollektivnamen Blaufuß bezeichnet wurden, der ursprünglich dem Edelfalken aus dem Südosten Europas zukommt, da im ersten Jahr seine Wachshaut, seine Fänge und sein Oberschnabel rein blau sind. Die vom Hochmeister ausgesandten Falkner scheinen ihr Hand- werk besonders auf der Kurischen Nehrung betrieben zu haben, doch war auch die Falkenstätte auf der Frischen Nehrung recht ergiebig. Auch der Falkenfang in Kurland gehörte in späterer Zeit dem Herzog von Preußen; desgleichen war auf Gotland , das der preußische Orden eine Zeitlang besaß, ein ziemlich reichlicher Fang. Die Zahl der erbeuteten Vögel schwankte naturgemäß. So erfahren wir aus dem Jahre 1400, daß 75 Falken geliefert wurden, während vier Jahre darauf die Ziffer nur 20 erreichte, wohlverstanden, nur von der .Kurischen Nehrung. Die größte Sendung über Königsberg betrug 78 Stück. Aber auch als Geschenke liefen Falken ein. Trotz mannig- facher Irrtümer und selbst sicherer Ungcnauigkeiten glaubt Dahms nachrechnen zu können, daß von 1399 bis 1409 mindestens 1555 Falken nach Marienburg kamen, von wo alle nordischen Höfe mit Beizvögeln versehen wurden. 1390 entstand daselbst die erste Falkcnschule, der sich bald andre in Preußen anreihten. Die größte Zahl der versandten Falken betrug 135 im Jahre, sie sank bis auf 40, durchschnittlich wurden 97 erreicht. Das Jagdvergnügen war außer dem Hochmeister nur den obersten Gebietern und Komturen erlaubt. nur zuweilen wurde sie einzelnen Konventsbrüdern erlaubt oder jungen Ritterbrüdern gestattet, bei letzteren war diese Jagd wohl auch mehr den praktischen Bedürfnissen der Küche gewidmet, um Geflügel zum Mahl zu erhalten. Wenn auch die Erfindung deS Schießpulvers die Jagd mit dem Beizvogel nicht sonderlich be» einflußte, so machte der dreißigjährige Krieg ihr vielfach den Garaus.—(„GlÄbus".); Gesundheitspflege. ss. Ist Kakao nahrhaft? Der Kakao erfreut sich einer Bevorzugung nicht nur, weil er weniger bedenkliche Stoffe enthält als der den nervösen Leuten nicht zuträgliche Skiffee und Thee . sondern auch weil er im Ruf eines bedeutenden Nährwertes steht. Ein Mitarbeiter der„Blätter für Volksgesundheitspflege" macht nun darauf aufmerksam, daß der Kakao in letzterer Hinsicht ge- wöhnlich überschätzt wird. Allerdings hat der Kakao im Vergleich zum Kaffee und Thee auch in dieser Hinsicht einen Vorzug, weil er mehr Eiweiß und Fette enthält. Nun wird aber das Fett der Kakao- bohne größtenteils bei der Verarbeitung in den Fabriken entfernt. ehe das Pulver in den Handel kommt. Für den Gebrauch gilt sogar der Kakao als der beste, der am gründlichsten entölt ist. Wenn man sich weiterhin einen Begriff von den Nährstoffen machen will, die man mit einer Tasse Kakao, wenn sie nur mit Wasser gekocht ist, zu sich nimmt, muß mm, in Rechnung ziehen, wie viel oder vielmehr wie wenig von dem Kakaopulver dabei verwandt wird. Drei gehäufte Theelöffel auf 100 Gramm Wasser werden die meisten Hausfrauen schon als Verschwendung betrachten, und doch stellen sie höchstens 20 Gramm Kakao dar. Nun besteht der Kakao etwa zu V. aus Fetten und zu etwa V, aus Eiweiß, so daß man sich mit der einen Tasse jenes übermäßig starken Kakaos nur etwa 0 Gramm Fett und 3 Gramm Eiweiß einverleibt. Das ist immer noch besser als gar nichts, aber man sollte doch wenigstens wissen, daß der Genuß von Kakao in der gewöhnlichen Zubereitung dem Menschen keine Nähr- stoffe zuführt, die etwa andre Nahrungsmittel entbehrlich machen könnten. Daher sollte der Kakao namentlich für Kinder stets mit Milch zubereitet werden, wodurch das Getränk selbstverständlich weit nahrhafter wird, und außerdem noch mit einem reichlichen Zusatz von Zucker. Unter diesen Bedingungen ist am Kakao nur noch der Umstand auszusetzen, daß er stark sättigt und die Eßlust für andre Speisen von größerem Wert beeinträchtigt. Dasselbe gilt begreif- licherweise von der Chokolade. Daraus ergiebt sich, daß niemand, der irgend einen Widerwillen dagegen hat, zum Genuß von Kakao gezwungen werden noch sich selbst zwingen sollte. Schließlich ist eine Tasse von nicht zu starkem Thee und dazu 1— 2 Eier sowohl an Nährwert wie an Verdaulichkeit ein weit besseres Frühstück, denn mit einem Ei wird dem Körper doppelt so viel Eiweiß und fast dreifach so viel Fett gegeben wie mit einer Tasse Kakao. Ihren besonderen Wert wird die Chokolade immer für Jäger und Touristen behalten, denen sie«ine vorzügliche Erquickung und die Möglichkeit giebt, ihren Hunger zu betäuben, ohne deshalb ihr Gepäck erheblich zu beschweren. Im Haushalt aber sollte man Kakao und Chokolade zur Bestreitung des Frühstücks nicht so ohne weiteres bevorzugen und gänzlich ver- meiden, wenn man zu Verdauungsbeschwerden neigt.— Humoristisches. — Seidig.„Warum g'rad' der Strohkopfbauer die größt'n Erdäpfel hat I S o d u m m wia d e r— bin i' aa' l"— — Schrecklich.„... Sage mir nur, warum macht denn Deine Frau seit einigen Tagen gar so ein grantiges Gesicht?" „Ach, die ärgert sich schrecklich... denn sie weiß eine Menge Neuigkeiten— und ist total h e i s e r I"— — Tief gesunken.«Wie der Mensch nur so'runter- kommen kann! Der Huber Maxl war früher Bierführer und jetzt fahrt er's Wasserfatz von der Straßenreinigungs- g'sellschaft I"—(„Fliegende Blätter .") Notizen. — Paul Lindau ist von der Leitung der von ihm vor 25 Jahren begründeten Monatsschrift„Nord und Süd' zurück- getreten.— — Im Dresdener Schauspielhause wurden die drei Einakter„Das Vaterunser" von Fran?ois Coppü, „Lydia" von Franz Gensichen und„Die Banausen- s ch l a ch t" von L e o L e n z bei ihrer Erstaufführung mit großem Beifall aufgenommen.— — Albert Geigers Drama„M a j a" ist vom Karls- ruher Hof-Theater zur Aufführung angenommen worden. «.Ein altägyptischeS Hans wurst- Theater, das von dein Archäologen Cayet im Verlaufe seiner Ausgrabungen in Antin oö entdeckt worden ist, wird in Paris in einem Saal des Muses Guimet ausgestellt. Dieses kleine Theater war für die Er- ivachsencn bestimmt.— t. Für die Ursachen desRegens hat Rüssel der Londoner Meteorologischen Gesellschaft unlängst vier Erklärungen gegeben: Als erste nimmt Rüssel das Aussteigen feuchter Luft an den Abhängen von Gebirgen; als zweite daS ziemlich plötzliche Eindringen einer Luftmasse in eine andre, die aus einer entgegengesetzten Richtung kommt und über oder unter der Gegenströmung weiter fließt; als dritte das Aufsteigen mehr oder Iveniger feuchter Lust bis zu einer Höhe, in der die Verdichtung des Wasserdampfs platzgreist, wobei oft die Wärmestrahlung gegen den Weltraum hin und auch elektrische Ladungen mitwirken; als vierte die Vermischung von Luftströmen verschiedener Richtungen.— Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner , Berlin.— Druck und Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanstalt Paul Singer LcCo..Berlin SW,
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21 (19.6.1904) 119
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