,M waren schon Schaben hineingekommen.'' stammeltehie Muller.„Deine Schuld, weil Du nicht darauf acht gegeben hast—Laß Du ihn aber noch dazu einem Juden verkauft hast—"„Ich bitt' Dich, sag's ihm nicht..„Nein, er braucht's nicht zu wissen-- aber mir borgstDu das Armband— ich geh' heut' wohin, wo ich fein ausschau'nwill, man soll wissen, daß ich aus einem guten Haus bin, dasist mir wichtig*.. also mach' keine G'schichten, Mutti, undgieb's her."Lachend zog sie ihr die Schürze herunter, nahm der vorUufregung schier Gelähmten das Armband von dem knochigenHandgelenk und legte es um ihren runden, weißen, jugend-lichen Arm.<£% war das Werk eines Augenblicks.„Gut steht's, was?— Viel besser als Dir, Mutti, daskannst Du mir glauben. Adieu! Hab' keine Angst, ichverlier' Dir's nicht, bin vor dem Vater wieder zu Haus'."Sie winkte der Hilflosen, deren Augen sich mit Thränenfüllten, verheißend zu und hüpfte zur Thür hinaus.Frau Resel zündete schon„die Gas" an, als Tini vonihrem Besuch zurückkam.Sie war sehr aufgeregt, ihre Wangen brannten, ihreAugen leuchteten, neugeweckte Hoffnungen, ein gesteigertesLebensgesühl sprachen aus ihrer Haltung und ihren Mienen.Auf dem Gange kam ihr Luise entgegen.Einen Augenblick war es, als wolle sie auf sie losstürzen,es wäre ihr ein Triumph gewesen, ihr zuzurufen: Ich warbei ihm— ich habe Talent— er hat's gesagt— er wird michumsonst unterrichten— ich geh' zum Theater! Die Augen,die Luise gemacht hätte! Das zu sehen!— Aber sie bezwangsich, niemand sollte davon erfahren, vorderhand niemand—■.später werden es alle wissen, wenn sie in die Oefsentlichkeittritt, wenn sie berühmt wird. Sie drückte die Lippen festaufeinander, dann, Luisens Neugier zuvorkonunend, rief sieihr zu:„Ich war bei meiner Pathin, ich mußte Kaffee trinken,d'rum bin ich so erhitzt— mein Gott, ich glühe!"10. Kapitel.' Das in Oestreich beliebte System des Sichfortwurstelnswurde auch von den Wittes mit anerkennenswerter Geschicklich-keit befolgt. Aber je mehr Witte sich mühte, seiner Finanznotabzuhelfen, er kam immer tiefer hinein. Er war tüchtig inseinem Fache, wenn er auch nichts Besonderes leistete, was nichtHunderte ebenfalls zuwege gebracht, aber seine Muster warenbeliebt und er durfte mit Recht behaupten, daß die Firma, dieklein angefangen, zum guten Teil ihm ihren Aufschwungverdankte.Der verstorbene Chef hatte dies stets willig anerkannt,wenn auch mehr mit Worten als mit Thaten, denn die Ge-haltsaufbesserringen, welche er ihm gewährte, hielten der zu-nehmenden Teuerung eben nur die Wage. Sein Sohn undNachfolger zeigte ein schlechteres Gedächtnis für die Verdienstefeines Modellzeichners. Gleichwohl hielt Witte den Zeitpunktgekommen, um eine bedeutende Erhöhung seines Gehalteseinzukommen.Der Chef wies ihn nicht ab, aber er suchte unter allerleiVorwänden, den Bescheid hinauszuschieben.Er war eben ein Neuling im Geschäft und, was Willenoch schlimmer dünkte, ein Neuerer.Er huldigte jenen, wie Wille sich ausdrückte, verrücktenAuffassungen und Ideen, welche damals in Wien in der Kunstund, von ihr inspiriert, auch im Kunstgewerbe hervortraten.Das Publikum verhielt sich spröde dagegen, es lachte undspottete über die„Secession", wie diese Richtung in Wienbenannt wurde und wollte davon nichts wissen. Trotzdem griffsie um sich, wie ein Uebel.Von den Architekten begünstigt und geführt, begann dasKunstgewerbe, namentlich in der Ausstattung der Jnnenräume,stark secessionistisch zu arbeiten.Tie Umwälzung war da, ihre Ursachen waren nurWenigen klar geworden. Es war die vervollkommnete Technik,die neu konstruierten Maschinen, die auch hier, wie aus andernGebieten, revolutionierend wirkten.Man sparte dadurch an Arbeitskräften, man konnte minder-welliges Material verarbeiten, durch neu angewandte Methodenden Stoffen Feuer, Glanz und Glätte geben, durch Einfachheitin der Zeichnung rascher vorwärts kommen. Man konntebilliger produzieren, billiger vellaufen.„Billig, billig, billig! Massenproduktion für die Massen!"war die Parole.War es bisher der Adel, die Plutokratie, welche dasKunstgewerbe, allerdings spärlich, in Nahrung setzten, so warjetzt das Bedürfnis nach geschmackvoller Ausschmückung feinesHeims in breitere Schichten gedrungen und konnte bei derBilligkeit der Produkte auch befriedigt werden. Was früher ineinigen Exemplaren hergestellt wurde, fabrizierte man jetzt zutaufenden, und siehe, der früher so exklusive Adel und dieoberen Zehntausend kauften mit Vorliebe diese billige Ware,weil sie billig war, weil sie Mode war. Mit der Demo-kratisierung der Gesellschaft ging die Demokratisierung derKunst Hand in Hand.(Fortsetzung solgt-ZiHuö dem Musikleben.Wer im Chore mitzusingen pflegt, der wird sich dielleicht schonmanchmal gewundert haben, daß da meistens nur eine einzige vonden vier zusannnenklingenden Stimmen(oder wie viel es eben sind)etwas selbständiges in einer gut zusammenhängenden Tonfolge, einesogenannte Melodie, zu singen hat. Die übrigen Stimmen findgegenüber dieser einen(nieist der obersten) Stinime unselbständig,lediglich Begleitung: noch dazu eine, die in recht wenig sinnvollenToufolgen einherznschreiten hat. Seltener bekommen alle Stimmenihren Anteil an der Führung des Ganzen: und wenn, dannscheint trotzdem das Ausschreiten der meisten Stinunen mehrim Dienste des augenblicklichen ZusammenllingcnS zu stehen, sogarmit starken Zumutungen an sprunghaste Schritte, als eine der-nünftige Gangart der einzelnen Stiinmen darzustellen. Ob es damitstüher nicht besser war als jetzt? Ob nicht ältere kirchliche GesängeStimme für Stimme gesanglicher waren als neuere weltliche? Obnicht manches Ueberwiebene'der musikalischen Moderne gerade daraufzurückgeht? Und ob nicht bei der Unterweisung im musikalischenBilden der entscheidende Fehler begangen wird, zu sehr nur dasZusammenklingen und zu wenig das Nacheinanderklingen von Tönenzu lehren?Mit dieser Skizze eines Zweifels, der sich in manchem Sänger regenmag, haben wir versucht, ohne Appell an besondere theoretische Keimtnisseeine theoretische Richtung verständlich zu machen, die vor einiger Zeithäufiger vertreten war und die jetzt wieder in einem Vortrag eifrigverfochten worden ist. den am 14. d. M. Herr Otto Fiebachvor einem geladenen Kreise gehalten hat. Es kann hier nicht unsreSAmtes sein, die Begeisterung des Vorwagenden für den„reinen, ab-soluten Contrapunkt" und seine Bekämpfung der„Harmonielehre"als der bloß„accordischen" Stimmführung, des„Krebsschadens dermodernen Komposition", auseinanderzusetzen und auf seine ein-leitenden Erörterungen einzugehen, die das Wesen der Musik in teil-weise zuweffender Weise als StimmNngsausdruck darzulegen suchten.Ins Unrecht setzt ihn die thatsächliche Entwicklung der Musik seit derNeuzeit(speciell seit Rameau im 18. Jahrhundert) jedenfalls. Zurückgeht es nun einmal nicht. Allein Einseitigkeiten zu ergänzen und Auswegeaus unsrem eng beschränkten Tonsysstni, das dem Reichtum vergangenerund auch stcmder gegenwärtiger Musik nicht gerecht wird, zu finden:dazu dienen solche Ueberweibunaen einer konservativen Kritik ganzgut. Aeltere Mnsiksteunde denken dabei wohl noch an Männer inBerlin wie E. Grell und H. Bellermann zurück. Und darin unsermusikalisches Bewußtsein aufzurütteln ist wertvoller, als unsrenMännergesang mit einer Ausspielung des angeblich Natürlichen gegenvermeinlliche Künstlichleit zu krittfiercn.„Weder Silcher noch Hegar,sondern reiner Satz l"— Dieses Wort O. Fiebachs ist eine Ver-lemumg geschichtlicher Thatsachen, doch aber tausendmal vernünftigerund fruchtbarer als das„Silcher gegen Hegar."Und ebenso hat man von einem so tief gehenden Standpunktaus mehr Recht, gegen das Unzulängliche der gegenwärttgenOperettenkomposition aufzuweten, wie es auch jener Vorwagendethat, als wenn man es etwa vom Standpunkt des Verlangens nachmehr„Melodie" oder gar von dem einer sittlichen Entrüstung übereine„frivole" Musik aus thut(eine solche giebt es in diesem Sinneüberhaupt nicht). Fortwährend wird geklagt, daß in der modernenKunst und auch anderswo so viel Sweben nach absonderlicherOriginalität tobe. Unsre Operettenkomponisten und ihre Textmacherbeladen sich mit einem solchen Ehrgeiz nun einmal gar nicht. Siesind das Gegenteil vieler ihrer Sujets und Helden und könntenetwas von der Unsinnsphantasttk dieser ganz gut brauchen.Während O. Fiebach ungefähr so denkt, daß die durch unsrejüngeren musikalischen Meister verschüttete alte Welt der reinenSttmmführung noch lebe und ausgegraben werden müsse, habenzwei Olmützer Gymnasialprofefloren, Bruno und Roderich Benarius,die Idee, daß in Poinpeji unter dem Lavaschutt noch wirkliche Men-schen leben, und wollen sie durch ein vom ersteren erfundenesSprengmittel ausgraben. Knapp vor der Abreise hat aber der ge-swenge Roderich Konflikte mit seiner Gymnafialjugend und schläftdurch eine ihm heimttickisch dedicierte, mit einem Schlafmittel ver-setzte Cigarre ein. Im Traum sieht er sich mit(Onkel Bruno inPoinpeji. wie sie die Sprengung vornehmen, und erblickt nun wirk»liches pompejanischcs Menschenleben, wobei allerdings Onkel, Kusine,Kollegen usw. ebenfalls pompejanische Menschengestalten angenommenhaben.Mit seinem Chlinder und seinem böhmischen Deutsch erweckt erunbändige Heilertelt, zumal bei der schönen Jone, besteht aber einenTierkampf so glänzend, daß er Jone heiratet und sie samt ihrer