blinden Sklavin Nydia heim nach Olmütz   nimmt. Aber dort beträgt sie sich höchst ungeberdig, zieht sich sogar aus, um wieder in ihrem griechischen Gewände dazustehen, läuft damit auf die Straße usw., bis ihr Mann seine Stellung verliert. Nydia, mit den Zügen seiner Cousine, bringt ihm etwas Trost über verlorenes Glück. Wir sehen ihn kummervoll dasitzen, in derselben Stellung, in der er eingeschlafen war, bis ihn seine wirkliche Cousine weckt, da es höchste Eisenbahn nach Pompeji   sei. Fortsetzung des Kusses im Traum, Stirnreiben, und selbstverständliches Daheimbleiben in Olmütz  . Das istDer Herr Profess o'r", die Operette, die am neu- lichen Sonnabend im Gastspiel des Central-Theaters bei Kroll vorgeführt wurde, nachdem das Stück Ende des borigen Jahres den Wienem die Erstlingsfreude bereitet hat. Victor L ö o n gab hier einen Text, dem selbst der grimmigste, einen Löwen   aufLöwenbrei" zusammenschlagende, Tierbändiger nicht den leisesten Vorwurf poetischer Streberei machen wird. Man unterhält sich bei dieser geschickten Posse wirklich gut und darf sich entschieden dagegen verwahren, daß ihr im Verhältnis zu andern Operetten- und Operntexten ein Mehr an Blödsinnigkeit vorgeworfen werde. Und den Komponisten darf kein Tadel der Extravaganz treffen. Auch geht es schwerlich auf sein persönliches Unglück der Blindheit zurück, daß er in breiten Sentimentalitäten schwimmt. Das ist vielmehr nun schon einmal Sitte(und Sittlichkeit) in Operette und Tingeltangel. Nur schade, daß die Sklaverei der Sitte auch diesen Komponisten trifft. Herr Bälg von Ujj kann besseres. Ensemblegesänge lvie das Quintett zu Anfang, und Sttmmungsmalereien wie die verschiedentlichen Schlaffcenen und der- gleichen macht er sehr gut. Gelegenheiten ettva zu exotischen Originalitäten(wie z. B. bei dein Chor zu Anfang des zweiten Aktes) läßt er unbenutzt, und Humor oder Charatterkomik sind nicht seine Sache; Lachausbrüche gelingen ihm schon besser. Stets machen wir wieder die Erfahrung, daß Operetteiikomponisten, die etwas Tüchtiges können, im Verlauf des Stückes immer mehr nachlassen. Es ist eben die Sklaverei des Librettos und des Publikums- geschmackes, unter dem sie stehen. Von der mteressanten Ouvertüre an rutscht auch dieser Komponist allmählich ins Nichts hinunter. Eine Erquickung ist es, im Vergleich damit zurückzugreifen soweit ein Vergleich paßt aus G. JarnosVolkstümliche komische Oper":Der zerbrochene Krug," über die wir vor einiger Zeit berichtet haben, und deren Klavierauszug uns nachttäglich zu- gegangen ist. Auch da kein Ehrgeiz, eigene Wege zu wandeln, viel- mehr sogar ein künstliches Suchen geläufiger Wege. Aber welcher charakterisierende Humor, welche Frische in den Weisen, ohne das landesübliche Larmoyante I Derlei könnten wir in größerer Menge brauchen, und es liegt nicht an der Differenz zwischen Operette und komischer Oper, wenn man uns einer Utopie beschuldigte. Die Aufführung desProfessors" war unter Kapellmeister Arthur Peisker im Ganzen gut gelungen. Wenn aber der Vertreter der Haupttolle, Hans G o I w i g als Roderich, nun schon einmal wenig Stinime hat, so könnte er doch mindestens feme schauspielerische Leistung aus der humorlosen Starre erlösen, mit der er sie gab. Eine Rolle, die so viel Gelegenheit zu wechselnder Mimik und zu schlagenden Konttasten darbietet wie diese, kommt nicht bald wieder. Die Sängerinnen Mia Werber  und Josep.hine Vettori trugen zu dem erfolgreichen Eindruck des Stückes viel von ihren bekannten Vorzügen bei. Herr Oskar Braun ist wohl der an Gesangskunst reichste unter allen Mit- gliedern jener Operettenttuppe, soll aber dringend gemahnt sein, mit diesem Reichtum bester umzugehen und sich mcht zu über- schlagen. Wir ttäumen viel von besterer Kunst und müsten einstweilen doch froh sein, mit etwas Olmütz   oder Berlin   vorlieb zu nehmen. Wollen wir mehr, so lacht uns das Publikum aus der Künstler schwerlich. sz. Kleines feuilleton. ow. Stare im Kirschbaum. Im Garten dicht an der Straße steht ein großer Kirschbaum, darin hängt ein fürchterliches Gespenst. Wie ein heruntergekommener Mensch, ein Landstreicher, ein Mörder oder ein Gemordeter sieht es aus, entsetzlich! Die Kinder gehen scheu vorüber, obwohl die langen Aeste mit den glänzend roten Früchten so weit herüberhängen über die Straße und gar nicht zu hoch! Das Gespenst verdirbt ihnen den Appetit. Die Stare hocken mißvergnügt im Hollundergebüsch hinter der Scheune und gucken lüstern und angstvoll zugleich nach dem Kirschbaum. Meister Gutke aber reibt sich vergnügt die Hände.Das haben wir brav ge- macht!" denkt er.Diesmal soll mir keiner eine Kirsche klauen!" Wie der Wind leise ging, wackelte der alte, eingedrückte Chlinderhut auf dem Kopfe des Gespenstes, es wackelten die dürren, hölzernen Arme und die Rockfittiche. Unsagbarer Schauder ging durch die kleinen, schmachtenden Herzen der Kinder und der Stare. Und die letzteren riefen unmutig ihr Stähär Stähär, und dann flogen sie, plötzlich von Angst gepackt, hinweg und suchten nach alten, haarigen Raupen und harten, bitteren Käfern, ohne die süßen Kirschen ganz zu vergesten. Am andren Tage aber setzten sie sich wieder auf die Hollunderbüsche und riefen wieder ihr Stähär Stähär. Und ein junger Star flatterte unruhig umher und brachte dann aus seiner Kehle ein Geräusch hervor, wie wenn Meister Gutke Holz sagte. Alles ivbelte vor Vergnügen. Der junge Star, darvS geschmeichelt, miaute nun wie eine Katze, machte dann das Knarren der Gartenthür nach und schließlich wackelte er umher wie daS Gespenst auf dem Kirschbaum. Darob erntete er einen schmetternden Beifall. Und nun war er ganz übermütig geworden und meinte: Und wenn mich der Galgenkerl auf dem Kirschbaum cmspeit, ich furchte mich nicht. Und damit that er. als flöge er direkt auf den Baum zu. er kehrte aber sofort wieder um. Gar so schlimm kam ihnen das Gespenst aber nicht mehr vor wie gestern. Erstens gewöhnten sie sich an den Anblick und dann sahen sie, wie der Kerl entweder immer still>dastand, als wollte er und könnte nicht, oder aber im Winde baumelte er immer wieder auf dieselbe Weise und nach derselben Richtung ohne Abwechselung, Die alten Stare aber rieten zur Vorsicht. Man hatte schon Wunder- dinge erlebt, wie solche Gespenster tagelang unbeweglich geblieben waren, und plötzlich, wenn man sich ihnen genähert, waren sie lebendig geworden und hatten die Hände ausgestreckt oder es war gar ein Schuß gefallen und viele arme Stare hatten ihr Leben dabei eingebüßt. Der junge Star aber hielt sich mehr an seine Alters- genossen und suchte sie zu verleiten, mit ihm wenigstens auf den nächsten Baum neben dem Kirschbaum zu fliegen. Es gelang ihm mich, seinen Plan durchzusetzen und, hast du nicht gesehen! flog er mit fünf, sechs Vögeln hinüber in den alten Apfelbaum. Die Zurückgebliebenen ergriff bleiche Angst und sie glaubten, daß nun etwas llnerhörtes geschehen werde. Es geschah aber nichts, solange sie auch warteten. Und schließlich faßten sie sich ein Herz und flogen ebenfalls hinüber auf den Apfelbaum. Darob schwoll denen, die zuerst dahin geflogen waren, vollends der Kamm und nun fielen sie plötzlich, von Mut und Lüsternheit übermannt, in die Kirschen ein etwas abseits vom Gespenst. Ei,'wie sie schmeckten l Stähär! Stähär! Das war ein Genuß! Das konnten die andern nicht mit ansehen, und so fielen auch sie in den Kirschbaum ein. Und der wurde nun weidlich geplündert, denn es mochten wohl dreißig bis vierzig Stare sein. Die haben bald ein Schock Kirschen abgethan! Meister Gutke, der eben in stiller Zufriedenheit einen Stiefel besohlt und danach sich eine Cigarre angesteckt hatte, gewahrte Plötz- lich, als er durchs Fenster sah, die Bescherung. Die Cigarre fiel ihm aus dem Munde vor Schreck und Acrger. In Heller Wut riß er sein Desching von der Wand, das immer geladen war, schlich sich sachte nach der Gartenthür und puff! da fuhren die Schrotkörner in das Geäst. Die Stare flogen entsetzt davon, weit, weit, rings in die Nachbarschaft.Zum Glück haben wir kein Starleben zu be- klagen," sagte der Aelteste von ihnen.Ich hoffe aber, daß sich jeder dieses schlimme Erlebnis zur Warnung dienen lasse, damit nicht noch Aergeres sich ereigne." Man ließ es sich auch zur Warnung dienen. Den ganzen übrigen Tag und den nächsten Vormittag. Alsdann beschloß man unter Führung des jungen Stares, am Abend dem Kirschbaum wieder einen Besuch abzustatten, dabei aber genau acht zu geben, wenn jemand an der Gartenthür erschiene. Damit waren die andren einverstanden, das heißt, sie sagten bloß: Stähär! Stähär! Das be- deutet aber soviel wie: Jawohl, Du Kerl, wir sind dabei aber feste! en. Die Sprengwirkung eines Blitzes ist kürzlich unter merk- würdigen Umständen beobachtet worden. Ein 1b Meter hoher Nadelbaum, eine Himalaha-Ceder, stand dicht neben einem Hause. Die Insassen des Hauses sahen dem eingetretenen Gewitter von einem Fenster aus zu, von dem jene Ceder nicht sichtbar war. da- gegen eine nur etwa 10 Meter weiter abstehende Araucaria. Plötz- lich zeigte sich auf letzterer eine eigentümliche Feuererscheinung, als ob ein Schwärmer durch die Zweige niederging und sie zu Boden drückte. Gleichzeitig erfolgte ein furchtbares Getöse wie von tausend Pistolenschüssen, das von einem Geräusch begleitet war, als ob die Zweige der Araucaria zusammenschlügen. Unmittelbar darauf stieg eine Dampfwolke aus dem Rasen empor, auf dem die beiden be- zeichneten Bäume standen. Die Untersuchung ergab, daß der Stamm der Ceder vollständig zerstört war. Die Spitze war etwa 1l> Meter über dem Erdboden abgebrochen und anscheinend gerade herunter- gefallen, da sie dicht neben dem Stamm fast senkrecht im Boden stak. Der Hauptteil des Baumes war ungefähr 1 Meter über dem Rasen in zwei Teile zersplittert, die nach rechts und links auseinander- gefallen und auch an sich noch zerborsten waren. Die Beobachter bemertten den eigentümlichenSchwefelgeruch", der bei Blitzschlägen gewöhnlich auftritt, aber an keinem der Bäume waren Spuren von Verbrennungen zu entdecken. Der Vorgang kann sich nur so er- klären, daß sich der Saft in dem kräftigen Baum durch die Wirkung des Blitzes in Dampf verwandelte und den Stamm auseinander- sprengte. Immerhin bleibt das erwähnte Aufsteigen einer Wolke aus dem Rasenplatz merkwürdig. Man sollte nicht verabsäumen, bei Gewittern auf derartige Erscheinungen zu achten und sie an ge« eigneter Stelle mitzuteilen. Medizinisches. Wie lernen Blinde sehen? Der Augenarzt Schanz operierte, wie er in derMünchencr medizinischen Wochenschrift" be­richtet, einen sechsjährigen Knaben, dessen Sehvermögen von Geburt an infolge von Star herabgesetzt war auf Erkennen von hell und dunkel. Alle Gegenstände, die man dein Knaben in die Hand gab. betastete er nach allen Richttmgen und führte sie auch vor das Auge. Dabei stellte er sich immer gegen das Licht, legte den Gegenstand unmittelbar an die Augenhöhlenränder und zog ihn am Auge vorbei.