mobilfahrten. Die Nation, deren Vertreter siegt, hat Recht. Stehtbei den Differenzen die nationale Existenz selbst auf dem Spiel, soempfiehlt sich als äußerstes Mttel ein internationales Wettreden derStaatsoberhäupter: wer das letzte Wort behält, in dessen Sinnefällt die Entscheidung.Heute befinden wir uns erst am schüchternsten Anfang der Eni-Wicklung des Wettsports zu seinem wahren Ztulturberuf. Mt unwiderstehlicher Naturgewalt aber drängt die Geschichte zu dem an-gedeuteten Ziel hin. Der Wettweltfriede naht und mein sehr zu-treffendes Wort geht seiner Erfüllung entgegen: Der Wettsport istdie Mathematik des Weltgeistes I—c.Kleines f eirilUton.tn. Der Salat. Der lange Krüger that sehr pfiffig und wichtig,als er aus dem Kabinett des Chefs in das Comptoir trat. Ver-stöhlen winkte er den andern„jungen Männern" zu und flüsterte:„Heut is wat losl"Allgemeines Aufhorchen und Zusammenrücken.„Baumbachen seine Olle ist da— mit'n Pompadour!"„Na— und?"„Und? In'n Pompadour war'n Topp. Und im Topp waritalienischer Salat. Sonst präpelt der Olle zwei jekochte Eier zumZrühstück. Also?" Krüger sah siegessicher auf die andern.„Dashat'ne Bewandtnis!"„Krüger!" Der erste Buchhalter sah ihn forschend über dieBrille an:„Haben Sie den italienischen Salat wirklich gesehen?"„Ob! Leibhaftig! Baumbach wollt'n beiseite schieben— bisich'raus war, verstanden? Blinkte der Ollen zu als wie: wartedoch noch! Aber die merkte nischt und packte aus. Zwei Besteckeund'ne Weinpulle. Also: los is wat!"„Aber was?" Acht grübelnde Köpfe.„Halt!" Der Buchhalter lief zu seinem Pult und kehrte miteinem Notizbuch zurück:„Hier stehen sämtliche Familienfestlich-leiten verzeichnet." Er blätterte. Ein leiser Pfiff.„Geburtstag!Der Alte wird fünfzig heute!"„Hurra!" rief der lange Krüger mit gedämpfter Stimme.„Kinder, es is so prachtvolles Wetterl Wir müssen feiern."„Feiern?" Der Buchhalter blickte wieder über die Brille.„Machen Sie sich man keine Illusionen, Krüger. So lange ich hierim Geschäft bin, haben wir noch keinen Wochentag frei gehabt."„Der Olle is ooch noch nie fünfzig Jahre geworden," entgegneteKrüger.„Aber wenn wir'n jratulieren und'n Präsent über-reichen..."„Präsent?" Sieben Kehlen entrüsteten sich.„Jatvoll!'n Präsent!" Der Lange nickte gewichtig.„Krüger wird ihm'nen Chronometer spenden!" spottete einer.„Nee," wehrte der lachend ab.„Wir machen's billiger. Wennjeder fünfzig Pfennige schmeißt..."„Macht vier Mark," rechnete der Buchhalter.„Was wcllenSie denn damit? Dafür giebt's nichts."„'Ne janze Masse," behauptete Krüger.„Zmn Beispiel:'nStadtbahnabonnement dritter."„Einen Monat frei rasieren," spöttelte ein andrer.„'N Stammseidel aus Lehm," schlug ein dritter vor...'N Füllfederhalter."„'N Blumentopp."„Schnupptabaksdose."'„Cigarrenspitze."„Ansichtskarten-Album.*"„Halt!" Krüger sprang vom Tisch, auf den er sich gesetzt.„Wir spenden'n Spazicrstock!"„Der Alte braucht keinen," meinte der Buchhalter.„Hat nochtiie'n Stock gehabt."„Desto besser."Nach langem Hin und Her wurde endlich der Vorschlag desLangen accepticrt, gesammelt und Krüger beauftragt, sofort ineinem nahen Laden das Geschenk zu besorgen.Das geschah sehr schnell. Er brachte außer dem Stock sogarnoch ein kleines Rosenbouquet, das am Griff befestigt wurde. Dannschritt man zur Wahl eines Sprechers. Dieselbe fiel einstimmigauf Krüger.„Machen wir!" Und er setzte sich sofort in Bewegung, gefolgtvon den übrigen.—Baumbach, der Chef, saß mit seiner Frau noch beim italienischenSalat, als es klopfte. Wütend sah er auf, riß sich die Serviettevom Halse und öffnete die Thür:„Was ist los?"„Hochverehrter Herr Prinzipall" Krüger stand, im Halbkreisvon seinen Kollegen umgeben, und präsentierte den blumen-Geschmückten Stock.„Wieder ist ein Jahr vergangen und ein hoher«eiertag angebrochen. Fünfzig Jahre haben Sie heute vollendet—fünfzig Jahre des Fleißes und der Anstrengung, voll von Sorgenund Mühe, aber auch reich an Erfolg. Aus kleinen Anfängen habenSie das Geschäft zu seiner jetzigen Höhe emporgcbracht; ein Welt-shaus ist heute die Firma Baumbach—"„Machen Sie's kurz," knurrte der Gefeierte.„Hochverehrter Herr Prinzipall Auch Ihr Personal glaubtEn diesem Feiertage nicht achtlos vorübergehen zu sollen. DeshalbIjat man mich beauftragt. Ihnen unsre Gratulation und diesenSpazierstock zu uberreichen als ein Zeichen unsrer Verehrung. Ge-ehrter Herr Baumbachl Der Mensch soll nicht nur arbeiten—"„Nanul" Das Gesicht des Prinzipals bewölkte sich.„Rein, Herr Baumbachl Der Arbeit soll die Erholung folgen.Wer Tag für Tag hinterm Pult gesessen und Zahlen gebüffelt hat.der darf auch einmal feiern und spazieren gehen. Deshalb wähltenwir diesen Spazierstock als Präsent. Wenn, wie heute, es einenhinauszieht in die grüne, lachende Flur, wo die Quellen rauschenund die Vögel singen—"„Schluß mit der Chose, ja, Krüger? Machen Sie sich nicht zugroße Unkosten. Ich verstehe schon."Der Lange verbeugte sich, überreichte den Stock und rief:„Unser verehrter Chef und seine hochverehrte Frau Gemahlin, sieleben— hoch— hoch— hoch!"Frau Baumbach knixte, die Serviette vor der Brust. DerPrinzipal lachte in kaum verhaltenem Aerger:„Sie sind'n freund-licher Mensch, Krüger. Also ich danke Ihnen, meine Herren. LassenSie auf meine Rechnung'n paar Münchener holen. Um Mittagschließen wir,— weil die Flur lacht und die Vögel singen, nichtwahr, Herr Krüger?"Dankesäußerungen. Verbeugungen. Abgang.Und während sich Baumbach von neuem die Serviette umknotete,murrte er:„Verfluchte Bande! Mußt Du auch mit Deinem Salathier angetanzt kommen!"——„Sunawcnd" in der Wachau. Wir lesen in der Wiener„Zeit": Die„goldene" Wachau, der Strombezirk der Donauzwischen Krems und Melk, hält bekanntlich jeden Vergleich mit dengepriesensten Landschaften des Rheingebietes aus. Namentlich dieRomantik Dürnsteins, das hinter epheuumsponnenen Mauern aufstromumrauschten Felsen zu Füßen der Höhe, von der die alteKuenringer Feste niedergrüßt, seinen Dornröschenschlaf schläft, suchtihresgleichen. Dasselbe gilt von Weißenkirchen, von St. Michael,auf dessen morschem Kirchendache sieben rätselhafte Steinfigurensitzen, von Spitz, das sich malerisch um den„Tausendeimerberg"aufbaut, und von Aggstein, dessen imposante Trümmer, von blutigenErinnerungen umwittert, aus finsterem Tannicht hervorragen.Abgesehen von den Hochsommertagen, die auch schon in dieses Para-dies Gäste aus dem verhältnismäßig nahen Wien locken, ist es hierfast immer einsam. Nur zu„Johanns"(24. Juni) kommen Neu-gierige aus allen Teilen des Landes gezogen, um eines dergrandiosesten Schauspiele mit anzusehen, die sich auf heimischemBoden erhalten haben: die Feier der„Sunawend". Wenn nämlichdie Sonne kaum hinter die westlichen Hügel des Waldviertels hinab-gesunken ist, wenn sich das Zwielicht von Kuppe zu Kuppe spinnt, wirdes plötzlich im Thal und auf den Höhen lebendig. Ein Summenbieler Stimmen scheint sich mit dem Gemurmel des Stromes, mitdem Geflüster der Wälder zu vermischen, und sobald die erstenSterne durch die duftigen Nebel in der Tiefe flimmern, zuckt Feuer-schein von allen Gipfeln auf und ein Riesenbrand scheint die Kämmeder Gebirgsketten zu beiden Seiten der Donau ergriffen zu haben.Zu Häupten steiniger Halden werden lodernde Fackeln geschwungen,um bald da, bald dort in tollen Sprüngen, von Klippe zu Klippesausend, bergab zu jagen. Und während die Burschen diesen Irr-lichtern uralte Lieder nachsingen, beginnen zitternde, flackernde, baldverlöschende, bald hochauflodernde Lichter den Strom hinabzutreiben:die schwimmenden Johannisfeuer, die wie glühende, funkelnde Augenlautlos dahintreiben, bis sie im Osten mit dem Sternengeflimmereiner mondhellen Johannisnacht zu verschmelzen scheinen.—ti. Ein einzigartiger Beruf. In Wien ist neulich in der Personvon Magdalena Gelly eine Frau verstorben, die auf der Erde wohlnicht ihresgleichen gehabt hat. Sie hatte es zum Beruf erwählt, ihrlebendiges Ich zu anatomischen Studien herzugeben, namentlich zusolchen an den Atmungsorganen. Die berühmtesten Wiener Aerztehaben sie seit 20 Jahren als Unterrichtsgegenstand für die Studentenbenutzt. Diese Stellung verdankte die Frau einer eigentümlichenBefähigung, über die fraglichen Organe durch ihre Willenskraft zugebieten. Sie konnte ihre Stimmbänder minutenlang unbeweglicherhalten, sogar wenn sie berührt wurden, und so waren die Studentenin der Lage, an ihr zum Beispiel die Betrachtung des KehlkopfesübungSweise in einer Vollkommenheit kennen zu lernen, wie sie sonstan einem lebenden Menschen nicht denkbar gewesen wäre. Die Fraubesaß sogar die wunderbare Begabung, gewisse Hindernisse, die sichder Untersuchung häufig entgegenstellen, künstlich hervorzubringen,und gab dadurch den angehenden Aerzten eine unvergleichliche Ge-legenheit, sich in der Ueberwindung solcher Schwierigkeiten zu üben.Andrersetts hatte sie eine besondere Empfindlichkeit der Schleim-häute erworben, die ihr gestattete, jeden Fehler in der Untersuchungselbst zu fühlen und anzugeben. Sie konnte stets genau sagen, inwelcher Lage sich ein in ihrer Nase, ihren.Kehlkopf oder ihren Schlundeingeführtes Instrument befand, so daß danach der Student auf einVersehen aufmerksam wurde und es verbessern konnte. Dannförderte sie schließlich aus ihrem großen schwarzen Beutel, den siestets bei sich hatte, eine ganze Sammlung von Gegenständen zu Tage.die sie sich als Fremdkörper in die verschiedenen Teile der Luftwegeeinführte, wo sie dann aufgefunden werden sollten. So hat sich diemerkwürdige Frau wirklich gewisse Verdienste um die Heilkundezu erwerben gewußt. Sie selbst stand sich gut dabei, denn sie erhieltfür jede Sitzung zwei Gulden und genoß den Vorzug, von Aerztenersten RangcS begehrt und von einer zahlreichen Studentenschaft alsVersuchskaninchen geschätzt zu werden. Ein Ersatz wird für sie